Anlage-Umwelt-Debatte PDF

Title Anlage-Umwelt-Debatte
Author Yannick Wagner
Course Persönlichkeitsentwicklung und Erziehung I
Institution Universität des Saarlandes
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Summary

Anlage-Umwelt-Debatte...


Description

Anlage-Umwelt-Debatte

Forschungsperspektiven zur Analyse von Entwicklung • • •

Individuelle Perspektive: Individuum wird im Lauf seiner mit sich selbst verglichen Universelle Perspektive: abstrahiert vom Einzelfall, allg. Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung werden beschrieben Differenzielle Perspektive: Entwicklung von Persönlichkeitsunterschieden im Sinne von Abweichungen von der durchschnittlichen Entwicklung

Problematisierung anekdotischer Einzelfallberichte • •

Vergleichsmerkmale systematisch selektiert eingeschränkte Variabilität bestimmter Merkmale in einer Population → identisches Genom keine notwendige Bedingung für das Auftreten derartiger Übereinstimmungen zwischen zwei getrennt aufgewachsenen Personen → Übereinstimmungslisten sprechen für die Bedeutung von Sozialisationsfaktoren

Einfluss der Anlage •

Untersuchungen von Chromosomenanomalien, genetisch bedingten Stoffwechselstörungen, populations-genetische Untersuchungen mit Gruppen unterschiedlichen Verwandtschaftsgrades - Entstehung und Ausprägung biologischer und psychischer Merkmale - Steuerungsfunktion der Gene noch nicht im Detail bekannt - psychische Merkmale nicht direkt beobachtbar, keine einfachen Kausalketten von Genen zu Merkmalen Heritabilitätsschätzung

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interindividuelle Unterschiede auf der Ebene beobachtbarer Merkmale (Phänotyp) und der Ebene des Genotyps werden miteinander in Beziehung gesetzt Anteil der genetisch bedingten Varianz an der phänotypischen Varianz eines Merkmals in einer Population = Heritabilität (H) Problem: Schätzung der phänotypischen Varianz des Merkmals (z.B. Intelligenz) in einer Population 2.Problem: Schätzung der genotypischen Varianz von Merkmalen humangenetische Theorien → Bestimmung des Grades der genotypischen Ähnlichkeit für Personen unterschiedlichen Verwandtschaftsgrades - Eltern und Kinder sowie Geschwister und zweieiige Zwillinge: 50% genetische Übereinstimmung - eineiige Zwillinge: 100% genetische Übereinstimmung identisches Genom → Merkmalsunterschiede umweltbedingt nicht-identisches Genom → Merkmalsunterschiede anlage- und umweltbedingt identische Umwelt → Merkmalsunterschiede genetisch bedingt



intra-Klassen-Korrelationen des Merkmals als Schätzwert der Heritabilität

Probleme der Heritabilitätsschätzung durch Zwillings- und Adoptionsstudien • •



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Populationsabhängigkeit von H H als Maß der Erblichkeitsschätzung aus differenzieller Perspektive → keine Schlussfolgerung über die Anlagebedingtheit der Hervorbringung eines Merkmals → keine Schlussfolgerung über die Veränderbarkeit eines Merkmals → keine Schlussfolgerungen (welcher Art auch immer) auf der Ebene des Individuums Faktoren, die für interindividuelle Unterschiede verantwortlich sind, müssen nicht identisch sein mit Faktoren, die intraindividuelle Veränderungen, also Entwicklung, hervorrufen wir können keinesfalls davon ausgehen, dass alles Vererbte grundsätzlich unbeeinflussbar und alles Erworbene grundsätzlich änderbar ist gravierende methodische Probleme

Thesen von Herrstein & Murray • • •

der IQ der Weißen ist im Schnitt 15 Punkte höher als der Schwarzen die Unterschiedlichkeit der Intelligenzausstattung ist „natürlich“, weil duch die weitgehende genetische Determination des IQ bedingt die erblich fixierte Unterschiedlichkeit rechtfertigt es, dass die (z.B. bezüglich der Hautfarbe oder der Schicht) verschiedenen Gruppen von pädagogischen Maßnahmen unterschiedlich profitieren dürfen

Einfluss der Umwelt • •

Watson: extremer milieutheoretischer Optimismus direkte Schätzungen - Konstruktion von Umwelttaxonomien - Problem der Verhaltensrelevanz: objetive vs. subjektive Umwelt? - Ausgehen von subjektiver Umwelt → mögliche Vermischung von Anlage- und Umweltfaktoren

Genotyp-Umwelt-Interaktionsmodell 1) Passiver Zusammenhang biologische Eltern schaffen Erziehungsumwelt, welche die Entwicklung des Kindes direkt oder indirekt beeinflusst 2) Evozierender Zusammenhang Genotyp des Kindes provoziert bestimmte Reaktionen 3) Aktiver Zusammenhang Genotyp des Kindes beeinflusst Selektion und Auswahl von Umwelten •

ständiges Wechselspiel zwischen Veränderungen des Organismus und Veränderungen der Umwelt

Beispiel einer spezifischen Genotyp-Umwelt-Interaktion • •

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Caspi et al.: Dunedin-Längsschnittstudie Gen-Umwelt-Interaktion für antisoziales Verhalten: → Zusammenspiel zwischen erfahrener Kindesmisshandlung und Aktivität des MAOA-Gens 500 männliche Probanden 4 Indikatoren für antisoziales Verhalten 1) antisoziale Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV 2) Zahl der Verurteilungen wegen Gewalttätigkeit 3) Selbstbeurteilung antisozialer Tendenzen 4) Beurteilung durch Bekannte



genetisch bedingte unzureichende MAOA-Aktivität scheint die Entwicklung antisozialer Tendenzen zwar nicht allgemein, aber nach erfahrener Kindesmisshandlung zu fördern

Schätzung der Varianzanteile verschiedener Eigenschaften •

Kombinatiosstudien von Zwillings- und Adoptionsstudien

German Observational Study of Adult Twins (GOSAT) • • • • • •

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eingebettet in die Bielefeld Longitudinal Study of Adult Twins (BILSAT) bislang umfangsreichste Zwillingsstudie in Deutschland Erstellung des ersten deutsche Zwillingsregisters mit über 1100 Zwillingspaaren Ziel: Identifizierung von genetischen und Umwelteinflüssen auf Persönlichkeit und Intelligenz Stichprobe: 300 eineiige und zweieiige Zwillingspaare zwischen 18 und 70 Jahren multimethodaler Ansatz zur Erfassung der Persönlichkeitseigenschaften - Selbsberichte - Bekanntenberichte - Beobachtungsdaten → Minimierung des Einflusses systematischer Urteilsverzerrungen auf die Schätzungen Erfassung kognitiver Fähigkeiten: IQ-Tests, Reaktionszeitaufgaben Ergebnisse: - h² (allg. Intelligenz) = .64, h² (Reaktionszeit) = .39 → substanzielle genetische Einflüsse - keine bedeutsamen Unterschiede in der Erblichkeit zwischen verschiedenen Persönlichkeitsunterschieden (Big Five) - Unterschiedlichkeit (Gesamtvarianz) über alle Persönlichkeitsmerkmale - zu 42% durch genetische Einflüsse - zu 25% durch Einflüsse der geteilten Umwelt und - zu 35% durch Einflüsse der spezifischen Umwelt erklärt → ähnliche genetische Einflüsse bei Verhaltensbeobachtungen wie bei Beurteilungen in Fragebögen genetische Einflüsse auf Ebene der Persönlichkeitseigenschaften besonders ausgeprägt, wenn die Verhaltensweisen über verschiedene Situationen

zusammengefasst werden → spricht dafür, dass Verhaltenstendenzen in den Genen verankert sind, nicht aber besondere spezifische Verhaltensweisen

KoSMos •

zentrale Befunde: - bedeutsame genetische Effekte (im Mittel a²=.49) → stellen die vielfach angenommene große Veränderbarkeit der Motivation in Frage - großer Einfluss der nicht-geteilten Umwelt (e²=.51) → potentielle Veränderunsmöglichkeiten durch spezifische Interventionsmaßnahmen

Resümee • • • • • •



Aussagekraft von Erblichkeitkoeffizienten in hohem Maße eingeschränkt Schätzung methodisch in viele Hinsicht problematisch → gezogenen Konsequenzen sind zu hinterfragen Anlageunterschiede sind unleugbare Enwicklungsbegebenheiten; dies schließt pädagogische Einflussmöglichkeiten nich aus ABER: ein extremer milieutheoretischer Optimismus ist auf der Basis bisheriger Befunde genauso wenig gerechtfertigt wie ein milieutheoretischer Pessimismus es ist naiv anzunehmen, dass man alle Menschen zu den gleichen Entwicklungsergebnissen führen kann solange Unterschiede noch auf Umweltvarianz zurückgeführt werden können: genetisches Potenzial einer Population durch die gegebenen Umweltbedingungen nicht voll ausgeschöpft - Förderung möglich und auch angezeigt Analyse des komplexen Zusammenspiels von Anlage und Umwelt - fördernde, behindernde, kompensierende Umweltwirkungen?...


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