Chromosomenstörungen PDF

Title Chromosomenstörungen
Author J D
Course Medizinische Fragen bei Menschen mit geistiger Behinderung
Institution Universität zu Köln
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Medizinische Fragen bei Menschen mit geistiger Behinderung Chromosomenstörungen

Grundlagen 1 • Chromosomen sind Bestandteile von Zellen auf denen Erbinformationen gespeichert sind • Mensch: 46 Chromosomen in 23 Paaren, davon • 1 Gonosomenpaar (Geschlechtschromosomen X und Y) • 22 Autosomenpaare • Jedes Paar hälftig von Vater und Mutter • Frau 46, XX (Karyotyp) • Mann 46, XY (Karyotyp)

Grundlagen 2 • Chromosomenstörungen entstehen durch Fehlverteilung von Chromosomen oder Chromosomenbruchstücken auf die Tochterzellen während der Reifeteilung (Meiose).

Grundlagen 3 Man unterscheidet numerische und strukturelle Chromosomenanomalien: – Die meisten numerischen Chromosomenstörungen sind mit einem Überleben nicht vereinbar und führen meist bereits vor der Geburt zum Tod. • Monosomien (betroffenes Chromosom nur einfach vorhanden) • Trisomien (betroffenes Chromosom dreifach vorhanden) • Polysomien (betroffenes Chromosom mehrfach vorhanden) • Triploidien (gesamter Chromosomensatz ist dreifach vorhanden) – Bei den strukturellen Anomalien hängt das Ausmaß der Beeinträchtigung von dem Ausmaß der Abweichung vom normalen genetischen Material ab.

Grundlagen 4 Außerdem unterscheidet man autosomale Störungen und gonosomale Veränderungen. • Autosomale Chromosomenstörungen – Numerische Störungen • Monosomien (sämtlich nicht lebensfähig) • Trisomien (Trisomie 13,18, 21 lebensfähig, alle anderen nicht) – Strukturelle Störungen 1

• grundsätzlich an allen Chromosomen möglich • unterschiedliche Lebensfähigkeit und Auffälligkeit je nach Ausmaß • Partielle Monosomien (z.B. Cri du chat Syndrom) • Partielle Trisomien

Grundlagen 5 • Gonosomale Störungen – Numerische Störungen • Monosomien (z.B. X0: Ulrich Turner Syndrom) • Polysomien (z.B. XXY: Klinefelter Syndrom, Vielzahl sonstiger Störungen möglich) – Strukturelle Störungen • Sehr variable klinische Ausprägung • meist lebensfähig

Down-Syndrom (Trisomie 21) • Häufigkeit: 1:650 Lebendgeburten • Verschiedene zytogenetische Ursachen – Freie Trisomie • 95% der Fälle • 47, XY (t21) oder 47, XX (t21) • Risiko steigt bei höherem mütterlichen Alter – Translokationstrisomie • Ca. 4% der Fälle • Nur ein Teil des Chromosoms 21 dreifach vorhanden • Erhöhtes Wiederholungsrisiko – Mosaik • Ca. 1-2% der Fälle • Entsteht während der ersten Zellteilungen des entstehenden Kindes • Trisome Zellen und normale Zellen nebeneinander im selben Körper • Auffälligkeiten/ Symptome geringer ausgeprägt Es kommt zu altersbedingten Veränderungen der Bindeproteine, welche an Kraft verlieren oder abgebaut werden. Dies sorgt für eine Fehlverteilung der Chromosomen in den Eizellen. 11.-15. SSW: Messung des Ödems zwischen Haut und Weichteilgewebe im Nackenbereich über der zervikalen Wirbelsäule des Fötus. Ist sie auffallend vergrößert, spricht das für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Fehlbildungen. Erkennungsrate Trisomie 21: ca. 70-80%. Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) 2

- ab der 17. SSW möglich - wird ab 35 Jahren (Mutter) angeboten, d.h. von der Krankenkasse bezahlt - bei ca. 0,3-0,5% der Amniozentesen kommt es zur Fehlgeburt Noch ein paar Zahlen..... • pränatale Erkennungsrate für Trisomie 21: ca. 75 % • Abbruchrate für Föten mit Down-Syndrom: ca. 90% • in Deutschland leben ca. 30.000 bis 50.000 Menschen mit Down Syndrom • 3-4 % aller Neugeborenen haben eine „Fehlbildung“ Spätabtreibungen nehmen weiter zu. Das statistische Bundesamt gibt an, dass es 2006 in Deutschland 183 Spätabtreibungen gab. Bis 2013 gab es eine Steigerung von 307,1 Prozent. Insgesamt wurden 3.703 Abtreibungen medizinisch begründet - also mit der Gesundheit der Mutter. Dabei ist es egal, ob es sich um die sehr greifbare körperliche Gesundheit oder eine psychische Belastung handelt. Nach der Down-Syndrom Diagnose brechen 90 Prozent der Frauen die Schwangerschaft ab. (Quelle: Zeit-Online, 09/2014) In der Schweiz werden dem Bundesamt für Statistik zufolge jährlich nur noch weniger als 90 Menschen mit Trisomie 21 geboren. 2015 kamen in Dänemark nur noch 31 Kinder mit der Behinderung zur Welt. (Quelle: Spiegel, 03/2017) Phänotypische Merkmale: – Kleinwuchs, kurze plumpe Hände und Füße, Vierfingerfurche und Sandalenlücke – Mikrozephalie, flacher Hinterkopf – Flaches Profil mit breiter flacher Nasenwurzel – Enger Augenabstand, Lidachse von innen unten nach außen oben, Epikanthus, Brushfield-spots – Offenstehender Mund, groß wirkende Zunge – Tiefsitzende, kleine, runde Ohren, enger Gehörgang – Kurzer, breiter Hals „Stiernacken“ – Überstreckbare Gelenke • Mögliche Begleitfehlbidungen: – Herzfehler (50%) v.a. AV-Kanal oder ASD – Magendarmfehlbildungen (Stenosen und Atresien, v.a. Duodenalstenose) – Konnatale (angeborene) Störungen des Knochenmarks (erhöhtes Leukämierisiko, ca. 1%) – Schwerhörigkeit (75%), Sehschwäche (50%) – Schilddrüsenunterfunktion – Hüftfehlbildungen 3

– Schlaf-Apnoe-Syndrom (50-75%) • Entwicklungsprognose: – Minderwuchs, Untergewicht (bis zur Pubertät), muskuläre Hypotonie – Psychomotorische und geistige Retardierung (IQ 35-65) – Verzögerte und gestörte Sprachentwicklung – Infektanfälligkeit – Im höheren Alter (> 40 Jahre) präsenile Demenz – Lebenserwartung ca. 60 Jahre • Therapeutische Optionen: – Krankengymnastik – Ergo-, Logopädie – Heilpädagogische Frühförderung – Hilfsmittelversorgung – Suffiziente Behandlung der Begleiterkrankungen

Edwards - Syndrom (Trisomie 18) • Häufigkeit: 1/5000, 2/3 weiblich, hohe intrauterine Absterberate, korreliert mit Alter der Eltern, 95% freie Trisomie • Phänotypische Merkmale: – Kleiner, flacher Schädel, betontes Hinterhaupt, tiefer Haaransatz – Kurzes, breites Mittelgesicht – Kurze Lidspalte, Ptose, Epikanthus – Schmale, prominente Nasenwurzel – Kleiner Mund, Mikrognathie, schmaler Gaumen, reduzierte Mundöffnung – Beugekontraktur der Finger, Fingerüberlagerungen, Schaukelfüße – Kurzer Hals • Häufige Begleitfehlbidungen: – Herzfehler (ca. 60%) – Ösophagusatresie – Plexuszysten (ca. 43%) – Omphalocele (ca. 25%) – Meningomyelocele – Lippen- Kiefer- Gaumenspalte – Weitere Fehlbildungen aller Art • Entwicklungsprognose: – Schwere Gedeihstörung – Schwere geistige Retardierung – Schwere motorische Retardierung bei muskulärer Hypotonie, später Hypertonie • Therapeutische Optionen – Rein symptomatisch (z.B. Sondenernährung) Prognose: • Großteil verstirbt im ersten Lebensjahr -> 40 von 100 erreichen den ersten Geburtstag • 15 von 100 Mädchen erreichen das fünfte Lebensjahr (Mädchen haben eine bessere Prognose) Befragung von zwölf Eltern eines Kindes mit Edwards-Syndrom: "Die Eltern der Kinder, die länger als ein Jahr überlebten, berichteten rückblickend, dass die meisten Kinder im Laufe des ersten Jahres Dinge verfolgen lernten, erste einfache Laute bildeten, sich auf die Seite rollten, responsiv lächelten, nach Dingen griffen und vertraute Erwachsene wiedererkannten. 4

In den nächsten beiden Jahren gelang in vielen Fällen das gestützte oder freie Sitzen. Sie merkten sich, wo sich ein attraktiver Gegenstand befand, machten erste Ansätze zur Nachahmung, beteiligten sich an Babyspielen und verstanden Ankündigungen im Alltag.

Pätau - Syndrom (Trisomie 13)

• Häufigkeit: 1:5.000 -10.000 Lebendgeborene • Hohe intrauterine Absterberate • Gehäuftes Auftreten bei älteren Eltern • Phänotypische Merkmale: – Kleiner Kopf (Mikrocephalie), Kahnschädel, Kopfhautdefekte – Tiefliegende Augen – Breite Nase – Kleines Kinn – Tiefsitzende Ohren – Schmaler Thorax – Überlappende Finger, Beugekontraktur der Finger • Häufige Begleitfehlbildungen: – Hirnfehlbildungen – Herzfehler (80%) – Nierenfehlbildungen – Fehlbildungen des MagenDarmtraktes – Lippen-Kiefer-Gaumenspalten – Knochenfehlbildungen (Rippen, Wirbelkörper) – Überzählige Finger, Zehen • Entwicklungsprognose: – Schwerste geistige und motorische Retardierung – Krampfanfälle – Wachstumsstörungen – Hohe Frühsterblichkeit (90% versterben im ersten Jahr) • Therapeutische Optionen: - Gegebenenfalls Therapie der Begleitfehlbildungen und der Krampfanfälle • Prognose: - Großteil verstirbt im ersten Lebensjahr: Ursache Organfehlbildungen - 3 von 10 Mädchen ➔ 5 Jahre - 1 von 10 Mädchen ➔ 10 Jahre - Jungen sterben früher als Mädchen

Cri-du-chat-Syndrom (Partielle Monosomie 5p) • Deletion (Stückverlust) eines Stückes am kurzen Arm des Chromosoms 5 (STRUKTURELLE Abberation) • Häufigkeit: 1:50.000 Lebendgeborene • 5:1 mehr Mädchen • Kein Einfluss des elterlichen Alters • Phänotypische Merkmale: – Kleiner Schädel (Mikrozephalie) – Runde, volle Backen – Breite flache Nasenwurzel – Syndaktylien (zusammengewachsene Finger oder Zehen) – Charakteristischer katzenartiger Schrei • Begleitfehlbildungen: 5

– Fehlbildungen aller Organsysteme möglich aber relativ selten

• Entwicklungsprognose: – Keine sichere Lebenszeitverkürzung – Meist starke Verzögerung der motorischen Entwicklung – Meist starke Verzögerung der Lautsprachentwicklung – Kognitive Behinderung mit individuell unterschiedlichem Schweregrad – Unterdiagnostizierte Erkrankung • Therapeutische Optionen: – Ggfs. Therapie von Begleitfehlbildungen – Frühförderung, Logopädie, Ergo-/Physiotherapie

Ulrich Turner-Syndrom (Monosomie X0) • Häufigkeit: 1:2500 der lebendgeborenen Mädchen, häufig zusätzlich strukturelle Auffälligkeiten des X- Chromosoms • Phänotypische Merkmale: – Minderwuchs – Flügelfell (Pterygium colli) – Schildthorax – Stranggonaden, Unfruchtbarkeit • Häufige Begleitfehlbildungen: – Herzfehler, v.a. Aortenisthmusstenose, Aortenstenose, Pulmonalstenose • Entwicklungsprognose: – Normale geistige Entwicklung – Drohend soziale Isolierung in der Pubertät • Therapeutische Optionen: – Therapie mit Geschlechtshormonen ab dem Pubertätsalter – Ggfs. Wachstumshormon Auffällig sind immer die nichtfunktionierenden Eierstöcke und damit der Mangel an weiblichen Geschlechtshormonen nach der Pubertät sowie der Kleinwuchs. Aufgrund des Mangels an Geschlechtshormonen sind die Patientinnen meistens unfruchtbar. Mädchen mit einem UlrichTurnerSyndrom werden unbehandelt nur circa 145 Zentimeter groß, da vor allem der Wachstumsschub in der Pubertät ausbleibt

Klinefelter-Syndrom (Gonosomale Trisomie XXY) • Häufigkeit: 1:1000 der lebendgeborenen Jungen • Phänotypische Merkmale: – Hochwuchs – Häufig Fettleibigkeit – Kleines Genitale – Häufig Brustentwicklung (Gynäkomastie) – Unfruchtbarkeit • Häufige Begleitfehlbidungen: – Keine 6

• Therapeutische Optionen: – Ggfs. Therapie mit Geschlechts -hormonen ab dem Pubertätsalter – Pädagogische Beratung der Eltern

• Entwicklungsprognose: – Meist normale geistige Entwicklung, jedoch niedrigere Intelligenz als bei chromosomal unauffälligen Verwandten – Infantiles Verhalten, drohende soziale Isolierung in der Pubertät 50% der Kinder benötigen Förderung durch Logopädie, insbesondere in den Bereichen der Artikulation und in der Fähigkeit Zusammenhänge wiederzugeben (Sprachverarbeitung).

Fragile-X-Syndrom • „Martin Bell Syndrom“ • Nach Trisomie 21 häufigste Form der genetischen geistigen Retardierung • 2-6 % der Kinder mit unklarer geistiger Retardierung • 1:1000 bei männlichen NG • 1:2000 bei weiblichen NG • Unterschiedlich stark ausgeprägte Intelligenzminderung • 12 % autistische Züge • Ca. 20 % Epilepsien • Ab dem Kleinkindalter Gesichtsdysmorphie: • Längliches Gesicht • Mittelgesichtshypoplasie • Große prominente dysplastische Ohren • Molekulargenetische Ursache sind übermäßig viele Wiederholungen bestimmter Sequenzen im FMR1 Gen (fragile X mental retardation gene) des X-Chromosom • Schwere der Erkrankung kann in nachfolgenden Generationen zunehmen • „Lücke“ im X-Chromosom/ Brüchigkeit als Hinweis

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