Title | Entwicklungssoziologie |
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Course | Einführung in die Entwicklungssoziologie |
Institution | Universität Bayreuth |
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Entwicklungssoziologie Zusammenfassung. 2013/2014...
Einführung in die Entwicklungssoziologie Dieter Neubert WS 2013/14 Drei Komponenten der Entwicklungssoziologie: - Soziologie der Entwicklungsländer/ -prozesse und –politik Was ist Entwicklung? - Veränderung zum Guten: improvement - Nachholen/Richtung auf ein bekanntes Ziel: Teleologie - Gerichteter Wandel: Orthogenese Entwicklung der Entwicklungssoziologie: - 1950er/60er: Entwicklungsoptimismus, Modernisierung - Ende 1960er: Modernisierungstheorien ↔ Abhängigkeitstheorien - 1980er: Empirische Wende - 1990er: Globalisierung und Transformation
Theoretische Konzepte I. Einführung I.1 Definitionen Enwicklungssoziologie: - Entstehung in Nachkriegszeit, entwicklungspolitische Zielorientierung - Untersuchung von sozialen und kulturellen Voraussetzungen und die Folgen von Entwicklung und Unterentwicklung - Soziologie der Entwicklungsländer - Modernisierungs- und Abhängigkeitstheorien (beginnen bereits bar Marx, Lenin; damals noch ≠ bzgl. E. der E.-länder) - Projekt der Moderne: Rationalität, Vernunft (Mensch ist selbsthandelndes Individuum), Mündigkeit, Naturbeherrschung (wird aktiv angestrebt) Entwicklungsländer: - Entwicklungsland vs. Industrieland (implizit: Entw. entspricht Industrialisierung) Unterentwickelte Länder: - werden durch Prozess der Entw. in Industrieländern an Entw. gehindert → Abhängigkeitstheorien Dritte Welt: - Begriff aus Nachkriegszeit - Blick ≠ auf Industrialisierung, sondern auf „Kalten Krieg“ (Ost-West-Konflikt) - Streit der Systeme: Kommunismus vs. Kapitalismus - = Dritter Weg zwischen den global gegensätzlichen Ideologien/Theorien Globaler Süden: - ≠ geografisch, sondern strukturell → indiziert strukturelle Benachteiligung - pointiert Gegensatz zum Norden 1
II. Entwicklung als Industrialisierung und Modernisierung II.1 Einführung -
Mod. = geprägt durch: Vernunft, Mündigkeit, Naturbeherrschung, Nachholen, Teleologie, Prozess mit definierten Ziel, begann in Europa, USA Moderne als Prozess: Verschiebung der Verfügungsräume (durch Unterwerfung), beschleunigter Wandel, Ambivalenz (≠ automatisch positiv, Bsp.: Atomkraftwerk)
II.2 Rostow (Haupttheoretiker) II.2.1 Fünf Stadien wirtschaftlichen Wachstums (≠ kontinuierlicher Prozess; Gegenentwurf zu Marx, Engels; Weg von Tradition in Moderne) 1. Tradition (= vielfältig, wandelbar, wird deutlich durch): - vor-Newtonsche Wissenschaft (Innovation wurde ≠ gezielt betrieben) - vor-wissenschaftliche Technologie (Rad, Pflug), Vorherrschaft der Landwirtschaft - spontane, unsystematische Innovation, geringe Mobilität - traditionelle Kosmologie, Fatalismus (Menschen können ≠ Einfluss nehmen) - personale Beziehungen (innerhalb der Gesellschaft) → es gibt trad. und mod. Gesellschaften → Wir kommt es zum Übergang? 2. Schaffung der Voraussetzungen für den Take-Off: - Tradition wird ins Wanken gebracht - Mechanisierung, von Agrarwirtschaft zu Industrie und Dienstleistungen, Bsp.: Spinnerei, Dampfmaschine, fossile Energien werden eingesetzt - von Region zu nationalen u. internationalen Bezügen (Veränderung des Handels) - Verlagerung des Kapitals von individuellem Reichtum (Häuser, Diener) in produktive Bereiche (Straßen, Eisenbahn, Schulen, Fabriken) = produktiv, treibende Kraft - Bewertung ≠ durch Herkunft, sondern Leistung (Leistungsprinzip, Unternehmerbild) - Umwelt ≠ gegeben u. veränderbar, sondern offen für rationale Beeinflussung mit dem Ziel des Fortschritts (→ man möchte die Welt besser machen) - neues generatives Verhalten/Verständnis (neues Weltbild entsteht) u. Aufklärung (Mensch soll selbst handeln); Bsp.: jetzt bekommen auch Mägde ein Kind 3. Take-Off (großer Wendepunkt, Dauer: 10-20 Jahre): - alte Widerstände gegen Wachstum überwunden (→ Beschleunigung) - Kräfte des ökon. Fortschrittes bestimmen Gesellschaft u. techn. Innovation - gemeinsame Gruppeninteressen, Institutionen bilden sich heraus, Bsp.: Entstehung der Gewerkschaften → Versuch mit Gegensätzen umzugehen) - Industrielle Revolution mit großen Veränderungen in kurzer Zeit - Beginn: starker Stimulus (Rev., techn. Innovation; günstige oder verschlechterte int. Bedingungen, Bsp.: weniger Import führte in Australien zur erhöhten eigenen Prod.) 3.1 Ökonomische Prozesse im Take-Off: - hohe Investitionsrate von 10%, neue Techniken in Landwirtschaft u. Industrie - neue Industrien weiten sich schnell aus, hohe Profite, Reinvestitionen - teilw. hohe Einkommen → Sparen (→ Bankwesen zur Kapitalsnutzung) - zufließendes ausländisches Kapital - Schlüsselsektoren bzw. –industrien als Antriebskräfte (oft: Eisenbahn) 4. Weg zur Reifung (Dauer: 40 Jahre): - langer Prozess mit stetiger Investition von 10-20% - Bevölkerungswachstum (verbesserte Medizin/Hygiene) → mehr Arbeitskräfte 2
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Gesellschaft organisiert sich nach effizienter Produktion (Urbanisierung, ziehen in Städte, werden auf dem Land ≠ gebraucht) - Diversifizierung der Wirtschaft (neue Branchen entstehen, Bsp.: Chemie- u. Elektroindustrie → bieten/ benötigen neue Technologien), Verschiebung der Schlüsselindustrien = erreicht, wenn mod. Technologien bei meisten Ressourcen Anwendung finden 4.1 Gesellschaftl. Veränderungen auf dem Weg zur Reifung: - Veränderung der Arbeiterschaft: mehr Qualifikation, mehr Angestellte, Herausbildung der sozialen Frage (Armut ↔ Reichtum, aber auch wachsende Mittelschicht) - neue Eliten und Unternehmertypen (→ professionelle Manager) - Modernisierung ist abgeschlossen 5. Massenkonsum (Modernisierung = abgeschlossen): - ausreichende Güterproduktion ≠ techn. Problem → Suche nach neuen Zielen - Schlüsselbereich der Wirtschaft: Produktion von hochwertigen, dauerhaften Konsumgütern (Bsp.: Kühlschränke, Autos) → USA als Maßstab (überholt Engl.) 5.1 Drei Hauptziele in Konkurrenz um Ressourcen: - nat./internat. Interesse an Macht, Einfluss → Ressourcen für Außenpolitik u. Militär - Bev. will mehr soziale Sicherheit, verbesserte Dienstleistungen, mehr Freizeit (Wohlfahrtsstaat) → Interesse an Erleichterung von Leben u. Arbeit - Interesse an Konsumausweitung über Grundbedürfnisse hinaus 5.2 Massenkonsum: amerikanischer Weg - ab 1900: Auto, Wohnungsbau (Geld für individuellen Konsum verwendet) - Depression in den 1930er Jahren - begrenzte Wohlfahrtsorientierung, dafür Konsumorientierung (Auto = Wohlfahrt) - relativ hohe Arbeitslöhne (da wenig Sozialabgaben → ermögl. höheren Konsum) 5.2 Massenkonsum: europäischer Weg - sozialistische Bewegungen fördern starke Wohlfahrtsorientierung - niedrige Löhne (hohe Sozialabgaben) → wenig Konsum, ≠ breiter Wohlstand - Rezession in Europa steht Mk im Weg (nach 1. u. 2. WK) → erst danach Mk 5.3 Massenkonsum: zwei Wege - westl. Länder haben Mk erreicht, aber untersch. Wege (USA im Gegensatz zu Dtl. ≠ bereit für Sozialschwache aufzukommen) → ≠ eindeutiges Entw.-muster - in jedem Stadium untersch. Wahlmöglichkeiten → von Ländern untersch. genutzt - Gewöhnung an best. Dinge → Veränderung der Konsumbedürfnisse, neue Standards - Kritik: ≠ Aufklärung darüber, was nach Massenkonsum/Moderne kommt II.2.2 Modernisierung der Entwicklungsländer - Afrika, Lateinamerika, Asien werden selbe Stadien durchlaufen, wie Ind.-länder → nachholende Modernisierung (Prozess wird in Entw.-ländern nachgeholt) - Diagnosen: Reife für Indien, China ca. 2000, Reife in anderen Ländern → 2020 → bei einigen ja (Singapur, Südkorea, Taiwan, Malaysia), in vielen Fällen nein (Laos, Bali) Aufgaben der nachholenden Modernisierung - Stärkung nicht-ind. Bereiche (Extraktion, d.h. Landwirtschaft, Rohstoffexport; Dienstleistungen, Infrastruktur) = Basis für Take-Off - Aufbau produzierender Sektoren (hohe Wachstumsraten, Reinvestitionen) - Förderung von Kapitalbildung (durch gute Einkommen, Sparen) 3
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Verlagerung von Aktivitäten mit schnellen Gewinnen in Ind. Bauern für Marktprod. gewinnen (Sinneswandelt notw.) Politisch: Durchsetzung von Modernisierungspolitik Aufbau eines Verwaltungs- u. Militärapparats (mit loyalitätssichernden Gehältern)
Besonderheiten der nachholenden Modernisierung (alle außer Engl.) - techn. Entw. weiter fortgeschritten, andere Schlüsselindustrien (z.B. IT-Bereich) - verbesserte Medizin, Hygiene → schnelleres Bev.-wachstum, v.a. im Süden → Gefahr erhöhter Arbeitslosigkeit, Probleme bei Ernährungssicherung - Bindung wichtiger Ressourcen a.G. milit. Konfrontation (Ost-West-Konflikt) - Technologietransfer/-sprünge (z.B. Mobiltelefonie) - intern. Hilfe unterstütz Modernisierung in Entw.-ländern II.2.3 Rostows Vorgaben für Entw.-politik - Einsatz neuer Agrartechniken (grüne Revolution) → Problem: wenig geeignete, motivierte Techniker zur Verbreitung, Umweltprobleme - stabile, verlässliche, langfristige Hilfe → begrenzte Aufnahmefähigkeit, da Voraussetzung für Take-Off fehlen - Entw. = Aufgabe der Verantwortlichen in Entw.-ländern II.2.4 Kritik an Rostow - Mod. = an ökon. Wachstum festgemacht (für R.: Entw. = Wachstum) - ≠ begründet warum Stadien und ≠ Prozess, Ende = Massenkonsum → weitere Entw.? - ≠ Wort zu Markt- u. Planwirtschaft (Ost-West-Konflikt), streng gegen Kommunismus - = Theoretiker der Industrialisierung, ≠ der Kapitalisierung - Weltmarkt nur beiläufig erwähnt (Analyse nur von einzelnen Ländern) - sieht so aus, als hätte jedes Land gleiche Chancen zur Entw. (aber: untersch. Wege) - postulierte Entw.-logik hat sich ≠ generell entfaltet - Postulat einer automatischen, quasi-naturgesetzlichen Entw.
II.3 Neil J. Smelser: Gesellschaftliche Modernisierung II.3.1 Veränderungen im Verlauf der Modernisierung - Technologie: von Nutzung trad. Techniken → Nutzung von wiss. Erkenntnissen - Landwirtschaft: von Subsistenz → marktorientierte Produktion - Produktion: von menschl., tierischer Arbeitskraft → Maschinen (Rationalisierung) - Stadt-Land: Urbanisierung Grundlegende Prozesse sozialer Modernisierung - Strukturelle Differenzierung, Integration, Soziale Unruhen (→ da ungleiche Entw.) II.3.2 Smelser Variationsfaktoren (Variation…) - vormoderner Strukturen (Werte, Wohlstand, pol. Unabhängigkeit) - im Antrieb für den Wandel (ökon. u. pol. Druck), im Weg zur Mod. - des Inhalts/Zeit von dramatischen Ereignissen (Kriege, Revol., Naturkatastrophen) → weniger homogen, systematisch (≠ Rostow), keine Vorhersage mögl. (da Prozess) II.3.3 Gesellschaftliche Differenzierung - autonomes Wirtschaftssystem: Markt, Lohnarbeit (≠ mehr an Ort, Familie gebunden) - spezifische Bildungsinstitutionen (Schule ≠ mehr in Familie) - funktionale Beschränkung der Familie: Sozialisation, emotionale Grafikation (= Rückhalt), Veränderung soz. Beziehungen - Differenzierung von Wertesystemen: Säkularisierung (= versch. Systeme zur gleichen Zeit → viele Institutionen), Meritokratie 4
II.3.4 Gesellschaftliche Integration - neue Institutionen (→ Bündelung von Interessen) - soz. Sicherung außerhalb der Familie (Gesundheitssystem, Kranken-/Rentenversich.) - Urbanisierung (→ verändert Bedeutung älterer Institutionen) - Schaffung eines öffentlichen (pol.) Raumes (→ heute: Medien, Zeitung) II.3.5 Einflussfaktoren auf soziale Unruhen → „Anomie“ - Ausmaß der sozialen Entwurzelung (→ neue Bedingungen notw.) - Strukturelle Komplexität der Gesellschaft zu Beginn - Zugang der benachteiligten Gruppen zur Sozialpolitik - alte, bestehende soziale Konfliktlinien - Ausmaß von Außeneinflüssen auf Auseinandersetzungen
II.4 Bewertung der Modernisierungstheorien II.4.1 Schwächen - Def. von Entw. fehlt, praxis- u. empiriefern, Ziele u. Erklärungen ≠ untersch. - Theorien = stark eurozentrisch, Teleologie (→ Endpunkt = unklar, automatisiert) - Entw. ohne Mitwirkung der Menschen (→ Quasi-Naturgesetzlich) - Mod. = einseitig als endogener (innerhalb eines Landes) Wandel verstanden → int. Zsh. = unberücksichtigt II.4.2 Gründe für weiteres Interesse an Mod.-theorien - beleuchtet endogene Entw.-faktoren, verweist auf Mögl. nachholender Entw. - nach 1990: westl. Entw.-weg = Vorbild für Osteuropa, Dritte Welt
II.5 Kleinbauern aus der Sicht der Mod.-theorien II.5.1 „Rückständigkeit“ bäuerlicher Subsistenzprod. afrik. Hackbauern - Schwendbau: Abbrennen des Busches = Vorbereitung zur Düngung - shifting cultivation: Abschlagen der Bäume, Wurzelstöcke b leiben - Bodenbearbeitung mit Grabstock - Felder „ungeordnet“, durcheinander angepflanzt, geringe Erträge → ≠ produktiv Bewertung aus westl. Sicht: unrentabel u. rückständig → Qualifizierung afrik. Bauern, Einsatz von Agrarberatern (seit Kolonialzeit) II.5.2 Empfehlungen u. Maßnahmen der Berater - Einführung des Pflugs, Linienaussaat, system. Feldbearbeitung - Früchteanbau auf getrennten Feldern, Terassierung, Hochtragssorten, Kunstdünger - Schulung von Bauern, Agrarberater vor Ort (Extension) II.5.3 Enttäuschende Erfahrungen - wenig Interesse an Neuerungen, ≠ Überzeugung, Verständnis - Verwendung nur so lange direkte Anreize gegeben werden (freies Saatgut, Dünger) → ≠ langfristige Veränderung, da gebunden an Tradition II.5.4 Aus Sicht der Mod.-theorien Probleme - trad. Werte stehen Innovation im Weg → innovationsfeindlich, unflexibel - mangelnde Bildung erschwert Verständnis für Erneuerungen Folgerungen - Landwirtschafts-Entw. erfordert radikale Mod. - bessere Ausbildung der jungen Generation, Suche nach innovativen Musterbauern 5
III Entwicklung als weltumspannender Prozess III.1 Abhängigkeitstheorien (= Gegensatz zu Mod.-theorie) -
Antw. auf enttäuschende Wirkungen der wirtschaftl. Anstrengungen in Lateinamerika (gescheiterte nachholende Entw.) von lateinamerik. Wissenschaftlern entwickelt ≠ einheitl. Theorie, sondern konkurrierende Varianten , gemeinsamer Ansatz
III.1.1 Hauptaussagen der Abh.-theorien - Unterentw. der Dritten Welt ≠ Folge mangelhafter Integration in mod. Welt, sondern Ergebnis der Integration - Unterentw. = Teil des Entw.-prozesses der Ersten Welt, abh. von entw. Ländern - André Gunder Frank: „Entw. der Unterentw.“ - Kolonisierung u. Imperialismus = Grundlage für Unterentw. u. Entw. - Nachholende Entw. der Dritten Welt mögl. → Abhängigkeitstheorien oder „Dependencia“ III.1.2 Ausbeutungsargument: indirekte Ausbeutung Direkte Ausbeutung … durch Tätigkeit multinationaler Konzerne aus Ind.-ländern (MNK) - Gewinntransfers übersteigen Investitionen - Gewinne verschleiert abgeführt (Bsp.: Apple in Holland, wegen geringen Steuern) - nutzen knappes einheimisches Kapital (aus Märkten) ohne zu investieren - kontrollieren wichtige Technologien (durch Patente) - Einschränkung der Chancen einheimischer Unternehmen (→ des Wettbewerbs) Handelsbeziehungen u. ungleicher Tausch - Entw.-länder exportieren Rohstoffe, einfache Halbfertig- oder Fertigprodukte - Ind.-länder exportieren hochwertige Fertigprodukte - Komparative Kostenvorteile (Ricardo) - Emmanuel: ungleicher Tausch von Arbeitsstunden (Kaffee vs. Uhren – Tauschverhältnis 7:1 → Problem: Export ↑, Import ↓ → Verschuldung) Einwände gegen „ungleichen Tausch“ - Tauschverhältnis entsprechend dem Arbeitseinsatz → Unterschiede in Produktivität, Investitionen, Qualifikation, Intensität unterschlagen - Entw.-länder auch Fertigwarenproduzenten (China), Ind.-länder auch Rohstoffproduzenten (Russland) - schwer empirisch zu belegen („gerechter“ Preis?, Transformationsproblem) Handelsbeziehungen u. Verschlechterung der „terms of trade“ (ToT) - Handelsentw. benachteiligt Entw.-länder - ToT = Preise Importprodukte : Exportprodukte - ToT: Rostoffe im Verh. zu Ind.-produkte → langfristige Verschlechterung - Entw.-länder erhalten gemessen an Kaufkraft immer weniger für Produkte → Folgen: schlechtere Löhne (bei Rohstofferzeugung), schlechtere Preise (cash crops) Gründe für Verschlechterung der „terms of trade“ (ToT) → Kaiser/Wagner - Rohstoffnachfrage stagniert (da Recycling, sparsamere Nutzung) - wachsende Konkurrenz der Rohstofflieferanten - Produktivitätsfortschritte in Ind.-ländern → höhere Löhne, stabile Preise - Produktivitätsfortschritte in Entw.-ländern → Preisverfall für Rohstoffe 6
Einwände gegen ToT-These - schwer zu berechnen, abh. von gewählten Ausgangsjahr - Unterscheidung von Entw.- u. Ind.-länder entsprechend Export trifft ≠ zu - berücksichtigen ≠ Güterstrukturänderung, Qualitätsverbesserung, Leistungsfähigk. - seit einigen Jahren: steigende Rohstoffpreise III.1.3 Strukturargument Grundannahme - Verflechtung von Ind.-ländern und Entw.-ländern - eingeleitet durch Kolonialismus, vermittelt über Weltmarkt - Konsequenzen für Wirtschafts- u. Gesellschaftsstruktur In Entw.-ländern (z.B. Lateinamerika) - wirtschaftl. Wachstum, moderner ind. Sektor existiert - ≠ Verbesserung der Lebensbedingungen → Unterentw. trotz partieller Entw. - Ausbeutung des unterentw. Sektors = Basis für Entw. des modernen Sektors (Armut als Voraussetzung für Verbesserung/Entw.) - Nebeneinander der Sektoren („strukturelle Heterogenität “) = konstitutiv für Unterentw. Zentrum-Peripherie-Modell (Galtung 1972) PZ
ZZ
ZP
Duaslismus
Zentrum (Ind.-länder) ZZ: Zentrum des Zentrums PZ: Peripherie des Zentrums (abh. von Peripherie → wir profitieren von niedrigen Preisen)
PP
Peripherie (Entw.-länder) ZP: Zentrum der Peripherie (= entw. Bereich) PP: Peripherie der Peripherie
Imperialismen nach Galtung - ökon. Imperialismus (Ind. vs. Rohstoffe) - pol. Imperialismus (Vorbild vs. Gehorsam u. Nachahmung) - milit. Imperialismus (Macht u. Schutz vs. Disziplin u. herkömmliche Mittel) - Kommunikationsimperialismus (Internet, Nachrichten vs. Güter, Passagiere) - Kulturimperialismus (Lehrer, Kreativität vs. Lernende, Kulturübernahme) III.1.4 Wege aus der Abhängigkeit: (selektive) Abkopplung/Dissoziation - Verzicht auf weitere Kontakte, Kontrolle der Zentrumsbeziehungen - Suche nach eigenen Entw.-mögl., Ressourcen - Besinnen auf eigene Kräfte (self-reliance) → Ausbrechen aus Ausbeutung, Beginn eigenständiger/autozentrierter Entw. III.1.5 Bewertung der Abh.-theorien Schwächen - Mangel an emp. Fundierung - ≠ alle Länder ausgebeutet, teilw. Überlebenssicherung durch intern. Hilfe - Mangel an Differenzierung (länderspezifische Unterschiede ≠ erkannt) - Schwellenländer entwickelten sich in enger Anbindung an Weltmarkt Gründe für weiteres Interesse an Abh.-theorien - Entw.-prozesse u. int. Zsh.en Sicht der Entw.-länder analysiert - Hinweis auf problematische Wirkung von intern. Investitionen 7
III.2 Kleinbauern aus Sicht der Abh.-theorien (→ Ausbeutung) Ursache für fehlende Entw.: ungerechte weltwirtschaftl. Strukturen → Bauern ≠ unfähig, sondern systematisch ausgebeutet, an Entw. gehindert III.2.1 Großgrundbesitz und Kleinbauern in Lateinamerika - landlose Bauern als Landarbeiter - Subsistenzproduktion → niedrige Löhne, rückständig - Kauf von Produkten bei Großgrundbesitzern (hohe Preise) gegen Kredit → Verschuldung, abhängig, müssen weiter arbeiten - Technisierung/Agrarmod.: Entlassung von Landarbeitern → Migration in Stadt ohne Aussicht auf Arbeit (können auch ≠ mehr zurück, da sie ≠ Land besitzen) III.2.2 Kleinbauern in Afrika Kombination von Subsistenz u. Marktproduktion - Subs.-produktion auf eigenem Land (Kaffee, Tee) - notw. Bargeld durch städtische Lohnarbeit u. Produktion von Marktfrüchten - städtische Lohnarbeit: ohne Familie (diese betreibt Landwirtschaft, ernährt sich selbst), niedrige Löhne (für 1 Person, abh. vom Lohn → Vorteil für Unternehmen) Produktion für den Agrarmarkt - Überleben durch Subsistenz gesichert (z.B. cash crops) - Marktproduktion: nur Ergänzung, zu niedrigen Preisen (1. Welt profitiert davon) - günstige Preise für Agrarexporte → Ausbeutung der Bauern → Ausbeutung kommt 1. Welt zugute, ungleiche Systeme → Ziel: Ausweg aus Abhängigkeit
III.3 Wallersteins Weltsystemansatz Kernthemen - Abhängigkeit (→ Theorie wird weiterentw.) - Intern. ökon. Beziehungen u. Entw./Unterentw. einbeziehen - Geflecht der intern. Beziehungen, v.a. Weltmarkt (→ Abh.-theorie) - Verschiebung zw. Zentrum u. Peripherie (→ Mod.-theorie) - Analyse über lange hist. Zeiträume (Ende Mittelalter bis heute) - Analyse aus Perspektive des Zentrums → Entstehung des modernen Weltsystems (dabei ges. Globus über lange Zeit betrachtet) III.3.1 Definitionen Minisysteme - = Einheit, vollständige Arbeitsteilung, ein einziger kultureller Rahmen - Arbeit wird im Rahmen einer Kultur geteilt, z.B. Jäger u. Sammler, kein Austausch mit anderen → existiert heute ≠ mehr Weltsysteme - = Einheit, eine einzige Arbeitsteilung, mannigfaltige Kultursysteme → Formen von Weltsystemen: - Weltreich, Imperium (China, Rom): g...