Geschichtsdidaktik-Vorlesung PDF

Title Geschichtsdidaktik-Vorlesung
Course Grundlagen der Geschichtsdidaktik
Institution Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
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Geschichtsdidaktik Vorlesung

1. Was ist Geschichte? res gestae

historia rerum gestarum

Wissenschaftliche Disziplin

Schulfach

Erzählung

2. Was ist Didaktik? • „Didaktik“ (griech. „didáskein“) = lehren, unterrichten • Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens -> Wissenschaftliche Erforschung von Lehr- und Lernprozessen • 9 W-Fragen: Wer soll was, von wem, wann, mit wem, wo, wie, womit und wozu lernen? -> Fragen nach: • Begründungen und Zielen (Was? Wann? Wozu?) • Sozialen Konstellationen (Wer? Von wem? Mit wem?) • Methoden (Wie? Wo?) • Medien (Womit?)

3. Was ist „Didaktik der Geschichte“? - Genese als wissenschaftliche Disziplin Bis Anfang der 70er: „Didaktik des Geschichtsunterrichts“ • Selbstverständnis: praxisorientierte Unterrichtslehre/Lehre vom Geschichtsunterricht -> kaum übergreifende Reflexion und Theorie • Schwerpunkt: Methodik für Volksschulunterricht -> Geschichte/Unterrichtsinhalt wird auf Schülerniveau herunter gebrochen Krise der 60er: • Sozialwissenschaften kritisieren den Geschichtsunterricht als unpolitisch und affirmativ • Orientierung an Lehr-Lernprozessen -> Forderung nach genauerer Reflexion und Legitimation der Ziele und Inhalte!

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung

3.1 Umbruch im Zuge der Bildungsreform 1970: • Geschichtsdidaktik als Dimension der Lehrerbildung für alle Schularten • Geschichtsdidaktik wird wissenschaftliche Disziplin • Veränderung des äußeren Bezugsrahmen: Geschichtsdidaktik nun Teildisziplin der Geschichtswissenschaft, neben Geschichtsforschung und Geschichtstheorie

Geschichtswissenschaft

Geschichtstheorie

Geschichtsdidaktik

Geschichtsforschung

• Veränderung und Ausdifferenzierung der Binnenstruktur: neue Erkenntnisinteressen, Arbeitsfelder und Methoden

Binnenstruktur der Geschichtsdidaktik Theorie

Prgamatik Empirie

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung • Bezugswissenschaften der Geschichtsdidaktik:

Weitere Bezugswissenschaften der Geschichtsdidaktik

Pädagogik

Psychologie

Kunstgeschichte Archäologie Ur— und Frühgeschichte

Sozial- bzw. Gesellschaftswissenschaften

Medienwissenschaften

4. Geschichtsbewusstsein als zentrale Kategorie • Früher: „Geschichtsbewusstsein“ als normativer Begriff -> Vorschreiben, welches Verständnis SuS von und über Geschichte haben sollen • Heute: Unterstützung bei der Ausbildung eines individuellen GB durch GU • Definitionsversuche „Geschichtsbewusstsein“ • Nicht abzuschließender, dynamischer Prozess, dem sich niemand entziehen kann • Geschichte als narratio reurm gestarum (=erzählte Geschichte) sehen, nicht als res gestae (=vergangene Taten) • Stets fragmentarische Rekonstruktion vergangener Wirklichkeit • Konstruktionscharakter • Geschichte = Ergebnis eines immer wieder stattfindenden Rekonstruktionsvorgangs • Lernergebnis individueller geschichtlicher Erfahrungen, gesellschaftlich angetragener Geschichtsdeutungen und unbewusst wirkender Traditionen • Ausgleich zwischen Zeitdimension und Ermöglichen einer Sinnorientierung und Kontingenzbewältigung (Bewältigung von Brüchen)

4.1 Konzeption Karl-Ernst Jeismann • Geschichtsbewusstsein: „Alle in einer Gesellschaft vorfindlichen Vorstellungen von/Einstellungen zur Vergangenheit“ • kollektive, gruppenspezifische und eine individuelle Dimension • Befasst sich mit Formen der Vermittlung und des Umgangs mit Geschichte in allen Gruppen der Gesellschaft -> Übereinstimmung oder mehr oder minder starkes Abweichen der verschiedenen Vorstellungen zur Vergangenheit • Dynamischer Prozess • ständige Veränderung historischer Vorstellungen auf vielfältige Weise • Persönliche Erfahrungen • Wissenschaftliche Erkenntnisse • Mediale Vermittlungen • Zukunfts-, Gegenwarts- und Vergangenheitserwartungen • Erneuernde und veränderte Rekonstruktion des Wissens von der Vergangenheit • Entwicklung durch verschiedene Arten von Vorstellungen von und über Vergangenheit • Wissen („Inhalte“) • Deutungen („Denkfiguren“) • Imaginationen („Vorstellungen“)

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung • Entwicklung im „Horizont der Gegenwart“ -> Für Selbstverständnis einer Gesellschaft bedeutsam • Deskriptive Dimension = Analyse des Geschichtsbewusstseins in der Gesellschaft • Wissenschaftliche Untersuchung und Beschreibung jeglicher Art von Vorstellung von Vergangenheit • Normative Dimension = Förderung von Geschichtsbewusstsein • Ziel: Fachlich korrektes und sozial förderliches Geschichtsbewusstsein • Arbeits- und Forschungsfelder der Geschichtsdidaktik

Genese: Entstehung

Morphologie: Beschaffenheit

Funktion: Wirkung

Prgamatik: Vermittlung

Analyse Sachruteil Wertung

-> Verbindung der drei Zeitebenen Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft durch Geschichtsbewusstsein -> Geschichtsbewusstsein kann unterschiedlich auftreten (Indokrination, Idealisierung, in der Kunst (Architektur/Gemälde), Absicht Erinnerungen zu bewahren, Unterhaltung (Film) etc.) Fazit: alles Aufgetretene prägt Einstellungen und Weitergabe an unsere Kinder -> prägen bewusst/ unbewusst unser Geschichtsbewusstsein (Eigentümlichkeit der Menschen)!

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung

4.2 Konzeption Jörn Rüsen • Geschichtsbewusstsein als Akt der Sinn-Bildung • Entstehung der Geschichte durch nachträgliche Thematisierung der Vergangenheit aus einer Gegenwart heraus • „Sinnbildung über Zeiterfahrung im Medium der Erinnerung“ • Sinn-Bildung = Entwicklung einer Narration (Erzählung) aus der Rekonstruktion von Quellen = Narrative Kompetenz

• Erzählformen (beeinflussen die Sinnbildung) • Alltagspraxis (Alltagsgeschichten, Witze, etc.) • Erfahrungsweitergabe (fern von Raum und Zeit; Teilhabe an Erfahrungen über erlebtes —> z.B. Lebensgeschichten) • Literarisches Erzählen (Imagination) • sinnbildende Zeiterfahrung (vergangene Ereignisse, die tatsächlich stattgefunden haben, zu einem sinnvollen Zusammenhang verbinden) • Geschichte nicht gleich Geschichte (story (Narration) - history (Historie)) • Unterschied Aufzählen - Erzählen: • Aufzählen keine Kohärenz (inhaltlicher/sinnbildender Zusammenhang) —> z.B. bei Abfrage: wenn Schüler nur aufzählt (keine Kohärenz); singbildende Narration der Stunde gestützt durch Lehrerfragen • Faktuales Erzählen in der Zeit (faktuale Geschichten chronologisch eingeordnet) —> nicht erforderlich im fiktionalen Erzählen; hist. Erzählen muss bei Bewertung/Einordnung Vor- & Folgegeschichten behandeln

• 5 Merkmale historischer Erzählungen • Retrospektivität: • Geschichtsschreibung nur rückblickend möglich • Anfang und Ende bestimmt der Geschichtsschreiber • Temporalität: • Ereignisse werden zeitlich zueinander in Beziehung gesetzt (abh. von Absicht des Historikers —> Relevanzzusammenhang) • Selektivität: • Auswahlentscheidungen abhängig von Relevanz, Hinsicht, Perspektive des Autors • z.B. Seminararbeit zu best. Schwerpunkten • Konstruktivität: • Geschichtsschreibung = Konstruktion • Autor formiert seine Geschichte (Chronologie, Zusammenhänge von Geschichtsschreibungen) • Partialität: • Anschluss- / Kontextfähigkeit für andere Geschichtsdarstellungen (immer nur Teile erfassbar, Quellenkorpus wächst mit der Zeit —> man kann niemals alles in einer Arbeit festhalten, deshalb nur partiell (Annäherung))

• Erzählhandlungen • Narrativeren: • produktive Sinnbildung • ursprüngliches Erzählen -> aus Quellen entsteht eine Geschichte • Nacherzählen: • reproduktiver Sinngebrauch • im kulturellen und kommunikativen Gedächtnis bereits präsent

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung • Funktionen: Traditionsbildung, Sozialisierung; Bildung einer kollektiven Identität " z.B. Darstellungstexte in Schulbüchern; Erzählen was Forschung schon herausgefunden hat • Umerzählen: • Hauptbeschäftigung der Historiker —> Neue Quellen, Methoden, Fragestellungen und Perspektiven • Aktualisierung des kritischen Potentials des hist. Denkens • Reaktion auf Orientierungsbedürfnisse z.B. Korrekturen vorheriger Theorien • Rezensierendes Erzählen: Metanarration • Nacherzählen in geraffter Form + kritische Bewertung = Rezension z.B. „Kurzform“ mit Information; kritische Bewertung (eigene Meinung) • Auslöser für Sinn-Suche/Sinn-Bedürfnis - zwei Motivgruppen • Zeitbrüchen - Gegenwartserfahrungen (z.B.: 9/11, Berliner Mauer) • Empirisch fassbare Präsenz der Vergangenheit in die Gegenwart • Historische Bauwerke • Ältere Menschen und ihre Erfahrungen/Erinnerungen • Feste und Bräuche • Offizielle Gedächtnisorte: Museen, Denkmäler, Archive • Straßennamen • Fazit • Herausforderung zur Beschäftigung mit der Vergangenheit • Sinnbildung über Vergangenheit = Sichtbarmachung der Differenz Damals - Heute • Motive für lebensweltliche Zuwendung von Vergangenheit -> Hilfe für Auswahl geeigneter Themen für historisches Lernen

4.3 Konzeption Hans-Jürgen Pandel • Sieben Dimensionen des Geschichtsbewusstseins • Beziehen sich auf Geschichtlichkeit und Gesellschaftlichkeit menschlichen Lebens • Bildung eines psychischen Verarbeitungsmodus historischen Wissens (unabhängig von historischem Wissen) • Dient der Orientierung in der Temporalität der drei Zeitebenen • Geschichtsbewusstsein keine Kategorie des Wissens, sondern als didaktische Aufgabe

Zeitbewusstsein (gestern - heute morgen)

• Förderung der Dimensionierung von Ereignissen • Einsicht in den Zusammenhang von Zeit und Geschehen -> Kinder können das noch nicht Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit unterscheiden

Geschichtlichkeit

Realitätsbewusstsein (real - fiktiv)

• Förderung der Unterscheidung von real und fiktiv (Person, Handlung und Ereignis) -> arbeiten mit Sagen und Legenden Wenn man real und fiktiv nicht unterscheiden kann, klappt Historik nicht für mich

Historizitätsbewusstsein (statisch veränderlich)

Wintersemester 2016/17

• Fähigkeit, Sachverhalte auf Kontinuität und Wandel hin zu untersuchen -> Unterscheidung von Kontinuität und Wandel Selber Ort, andere Zeit (da ist ein Auto, da eine Mühle, aber die Burg ist immer da!)

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Geschichtsdidaktik Vorlesung Identitätsbewusstsein (wir - ihr - sie)

• Fähigkeit, Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen zu erkennen und problematisieren -> Wir Deutschen, die Amerikaner etc. Klarwerden über Zugehörigkeit (Wer ist das wir im 19. Jhd.?)

Politisches Bewusstsein (oben - unten) Gesellschaftlich - keit

• Förderung der Fähigkeit, Herrschaftsstrukturen in gesellschaftlichen Verhältnissen zu erkennen und zu problematisieren -> Wer hat zu welcher Zeit die Macht? Frage nach Machtverhältnissen -> wer kann was bewegen?

Ökonomischsoziales Bewusstsein (arm - reich)

• Fähigkeit, soziale Unterschiede der Gesellschaft zu erkennen und zu problematisieren -> Wer sind Sklaven, Fürsten und Bauern? Was können Reiche und was ist das überhaupt?

Moralisches • Fähigkeit, historische Handlungen zu beurteilen und dabei die Differenz von gegenwärtigen und historischen Bewusstsein (richtig - falsch; gut Normen zu berücksichtigen böse) -> „Frage nach dem Warum“ Was ist gut/richtig? Was ist böse/schlecht?

• Fazit: • Jeder Blick in Vergangenheit aus Gegenwart • Rekonstruktion von Vergangenheit hat mehrere Funktionen: • Legitimation politischer Entscheidungen • Identitätsbildung • Wissenschaftliche Erkenntnis • Unterhaltung -> Auswirkungen auf Geschichtsdarstellungen! • Jede Geschichtsdarstellung wird je nach Perspektive stark geprägt • „Vergangenheit“ nicht gleich „Geschichte“ • Jedes verwendete Medium prägt die Darstellung spezifisch (z.B. Buch vs. Film) • Wahrnehmung von Geschichte erfolgt individuell (Interessen, Sozialisation, Überzeugung als Faktoren)

5. Ausweitung des Erkenntnisinteresses der Geschichtsdidaktik • keine andere Fachdidaktik beschäftigt sich so mit der Umsetzung, Auswirkung, Vorhandensein in der Gesellschaft der Öffentlichkeit, wie die der Geschichte • Klaus Bergmann: • So viel Geschichte wie heute war nie -> Anwachsen von Umgang mit Geschichte in der Öffentlichkeit seit 80er Jahre • Anregung zum Denken über Geschichte • Wie bereiten Geschichtslehrer ihre SuS vor, dass sie an öffentlichen Diskursen über Geschichte teilnehmen? (es gilt nicht nur das Klassenzimmer, sondern auch Alles um uns herum) • Wie werden Geschichtslehrer ausgebildet, um auf Fragen vorbereitet zu sein und kompetent Auskunft zu geben? • Merkwissen aus traditionellem GU hilft nicht weiter (es gilt nicht nur erlerntes, sondern auch das alltägliche Wissen und Ausweitung der Fakten)

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung

5.1 Jörn Rüsen: Historisches lernen • Innere Seite (GB): mentale Prozesse des historischen Lernens • Äußere Seite (GK): praktische Artikulation von GB in Gesellschaft (wie manifestiert sich GB in Medien, Beruf, Umwelt, etc.?) • Dimensionen von Geschichtskultur:

Kognitive

Ästhetische

Politische

• Dimensionen können sich überlappen • vielfältige Anwesenheit von Geschichte im kollektiven und individuellen Leben • Nachdenken, wie Historiker, Fachdidaktiker und Lehrer damit umgehen, dass unterschiedlichste Medien SuS beeinflussen

5.2 Bernd Schönemann: Geschichtsbewusstsein in der Gesellschaft • • • •

erweitert Rüsens Theorie Innenseite (GB): individuelles Konstrukt, Aufbau durch Internalisierungs- und Sozialisationsprozesse Außenseite (GK): kollektives Konstrukt, Aufbau durch Externalisierung -> Gesellschaft Geschichtskultur als soziales System - Dimensionen der Geschichtskultur:

Institutionen

Medien

Professionen

Publika

5.3 Wolfgang Hasberg: Geschichtsbewusstsein in der Gesellschaft GB in der Gesellschaft

kollektives GB

z.B.: viele Besucher gehen rein

Wintersemester 2016/17

Geschichtskultur

Ausstellung

Individuelles GB

2-3 Leute machen sich Gedanken über Umsetzung

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Geschichtsdidaktik Vorlesung • Fragestellungen: • Beschaffenheit des GB in Gegenwart und Vergangenheit • Entwicklung oder Veränderung des GB • Funktion von GB in einer Gesellschaft • Beeinflussungsmöglichkeiten von GB • Gründe für Integration von GK in GU: • Geschichte ist allgegenwärtig • außerschulische GK prägt GB, Offenheit durch Nichtoffenheit für Lernarrangements von SuS • Wirkungsmächtigkeit von GK • Lebensweltbezug von GK (Bedeutsamkeit der Geschichte für den Menschen) -> Geschichte findet auch außerhalb der Schule statt • Geschichte erlangt Handlungsdimensionen zurück (z.B. Schülerprojekt, Teilhaben an GK)

5.4 Dietmar von Reeken: Geschichtskultur in historischen LehrLernprozessen

Lernort

Geschichtskultur Lernanlass

Lerngegenstand

5.5 Kategorie Geschichtskultur in den aktuellen Lehrplänen • G8 Fachprofil (Geschichts- und Erinnerungskultur): historischer Einblick in Forschungsmethoden + fachspezifische Vorgehensweise • Vergangenheit erschließen • selbstständige, problemorientierte Beschäftigung (inkl. Reflexion) • öffentliche Geschichts- und Erinnerungskultur • HS Fachprofil (Geschichtskultur): erster Einblick in lokale/sie umgebende Geschichtskultur • Realschule: nicht vorhanden • Grundschule (HSU): • unterscheiden zwischen Realität und Fiktion • Herkunft und Bedeutung von historischer Erinnerung in Region Fazit: • GK-Kompetenzen bereiten SuS auf spätere Begegnung mit Geschichte vor • Geschichtswissenschaft nicht mehr der einziger Themenspender für historisches Lernen

Wintersemester 2016/17

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Geschichtsdidaktik Vorlesung

6. Grundlagen der Geschichtsdidaktisch: Entwicklung und Genese von Geschichtsbewusstsein • unterschiedliche Verknüpfung des Begriffs „Geschichte“ (abh. von best. Faktoren)

• das ältere entwicklungspsychologische Stufenmodell der Entfaltung von GB • Beginn des 20. Jhd.: Etablierung der Entwicklungspsychologie • Modelle menschlicher Entwicklung: Versuch der Definition und Abgrenzung prägnanter Stadien der Entwicklung • Alter = Indikator für den Entwicklungsstand für Fähigkeiten, Neigungen, Interessen

• Heinrich Roth: Kind und Geschichte (1995) • „Planungssicherheit“ für den Lehrer: Kataloge für vermeintlich alterstypische Fähigkeiten und Neigungen • Untersuchung des Geschichtsverständnisses in verschiedenen Altersstufen • Untersuchung des Zeitbewusstseins als Voraussetzung für GB • Ergebnisse Zeitbewusstsein

Geschichtsbewusstsein

Naives Zeiterleben (bis 6. Lebensjahr)

Vorstufe: Anmutungserlebnis (5. - 8. Lebensjahr)

Zeitwissen (bis 12. Lebensjahr

Historische Neugierde (9 - 12)

Zeiterfahrung und Reflexion (ab 12)

Realistische Wende/Frage nach historischer Wahrheit (13 - 15) Existenzielles Beteiligten (ab16)

• Erklärungsprinzipien • Entwicklung des Verhältnisses zur Geschichte erfolgt stufenförmig mit Schüben in besonders sensiblen Phasen • Lebensalter als wichtige Variable • Universell gültiger (ähnlicher Verlauf) • „Lernen“ als genetischer Prozess (Gehirn wächst -> kognitiv zu mehr Wissen fähig)

• Konsequenzen für den Geschichtsunterricht Personalisieren von Geschichte Ereigniszentrierung Emotionalisieren, Anschauung, Fiktion Bevorzugung „affiner Stoffe“, also von Themen, die schon bei Kleinen hohe Werte haben (z.B. Mittelalter) • Geschichtserzählung als zentrale methodische Vermittlungsform • Vermeidung von „Verführung“ und „Überforderung“ • angepasste Lehrpläne für HSK/GS • ab den 70er und 80er Jahren: erst Zeitbewusstsein in 1. & 2. Klasse, dann historisches Lernen in 3. und 4. Klasse • ab 2000: historisches Lernen ab 1. Klasse (Stundenanteil für Geschichtsförderung gering) -> Alltagsbezug, um ihnen anschauliche Dinge näher zu bringen • Bedenken von Verführung historischen Lernens -> wenig Forschung im Bereich hist. Lernen an GS

• • • •

Wintersemester 2016/17

10

Geschichtsdidaktik Vorlesung • das neuere erziehungspsychologische Stufenmodell (Korrekturansätze) • Sozialtheoretisch: • Entfaltungsanreize von außen (Milieu) sind entscheidend: Medienkonsum, Gespräche, außerschulische GK etc. • „Entwicklung“: Sozialisationseffekte aufgrund von Lernprozessen („exogen“) • Steuerbarkeit der Entwicklung: Inhalt und Zeit (Entfaltungsanreize setzen) • Reifung = Mindestvoraussetzung bzw. Untergrenze

• Lerntheoretisch: • Begabung nicht allein genetisches Schicksal -> Ergebnis gezielter Lernangebote (aktiver, dynamischer Begabungsbegriff) • Lernanreize, Motivationen führen zu intensiver Interaktion mit Geschichte • „Lernalter“ (Kind setzt sich in Freizeit mit Geschichte auseinander -> höheres Lernalter als die, die dies nicht tun) • Kein kausaler Zusammenhang zwischen Erwerb des Zeitbegriffs und der Entwicklung des GB (Man muss nicht unbedingt die Zeit lesen können, um sich Gedanken um die Vergangenheit zu machen)

• Folgerungen für historisches Lernen in der GS: • • • •

Lerngünstige und sozialisationsfördernde Angebote schaffen Vermeidung von „Verspätung“ Abstraktionsübungen statt Anschaulichkeitsfixierung Quellenorientierung als zentraler methodischer Zugang

• Heutige Auffassung • • • • • •

Keine Altersnormen, sondern Wissen und Lernerfahrung Keine stadientypische Einschränkungen des Denkens Kompetenz als Ergebnis der Lernerfahrungen Verbindung Wissen - Ankerbegriffe Sensibilisierung für die Wahrnehmung unterschiedlicher Lernausgangslagen unterrichtliche Interventionen/Differenzierung

• Entwicklung des Zeitverständnisses Alter

Zeitvorstellungen

bis 1,5 Jahre

Kind lebt anfangs zeitlos

1,5 - 7 ...


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