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Course Juristische Wirtschaftskompetenz
Institution Universität Wien
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Description

Bilanzrecht Hon.-Prof Dr. Bernhard Vanas

WS 2020/21

Vanas&Partner

Bilanzrecht Vanas



Europarechtliche Grundlagen

Empfohlene Literatur



Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung



Einzelabschluss nach UGB



Konzernabschluss nach UGB



Abschlussprüfung nach UGB



Offenlegung nach UGB



IAS und IFRS

• Vanas, Bilanzrecht – Eine juristische Einführung (2. Aufl.), Manz, Wien 2013 (Hörerschein) • Bertl/Deutsch-Goldoni/Hirschler, Buchhaltungs- und Bilanzierungshandbuch, Verlag LexisNexis, 11. Auflage, Wien 2019 • Egger/Samer/Bertl, Der Jahresabschluss nach dem UGB, Band 1, Einzelabschluss, Linde Verlag, 17. Auflage, Wien 2018 • Egger/Samer/Bertl, Der Jahresabschluss nach dem UGB, Band 2, Konzernabschluss, Linde Verlag, 8.Aufl., Wien 2016 • Fröhlich, Konzernrechnungslegung kompakt, Linde Verlag, 3. Aufl., Wien 2017 • Fröhlich, Praxis der Konzernrechnungslegung, Linde Verlag, 4.Aufl., Wien 2016 • Bitzyk/Steckel, Der Jahresabschluss – Einzelabschluss, LexisNexis, 10. Aufl., Wien 2019 • Bitzyk/Steckel, Der Jahresabschluss – Konzernabschluss, LexisNexis, 9. Aufl., Wien 2018 • Bitzyk/Steckel, Internationale Rechnungslegungsstandards, LexisNexis, 4. Aufl., Wien 2016 • Grünberger, IFRS 2020, Lexis Nexis, Wien 2019 • Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht, 2.Aufl., 2019

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen • Bilanzrichtlinie vom 26.6.2013, 2013/34/EU • •

gilt nur für Kapitalgesellschaften und verdeckte Kapitalgesellschaften regelt sowohl den Jahresabschluss (auch Einzelabschluss genannt) als auch den Konzernabschluss

• verdeckte Kapitalgesellschaft: Personengesellschaft ohne eine natürliche Person als Vollhafter (typischerweise die GmbH & Co KG) • Konzernabschluss: Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen so, als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären (§ 250 Abs 3 UGB)

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen – Die RL trat mit 19.7.2013 in Kraft und war in den Mitgliedstaaten bis zum 20.7.2015 umzusetzen – Erstmalige Anwendung in den MS: ab 2016 – Umsetzung in Ö durch das RÄG 2014 (= Novelle zum UGB), (Das Gesetz trat mit 20.7.2015 in Kraft und war erstmals auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2015 beginnen (BGBl I 2015/22) Nichtfinanzielle Informationen (Nachhaltigkeitsbericht) - NFI-Richtlinie 2014 zur Änderung der Bilanzrichtlinie -

betrifft nur große Unternehmen von öffentlichem Interesse (Banken, Versicherungen und börsennotierte Gesellschaften) NaDiVeG (BGBl I 20/2017)

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen •

11. Richtlinie 89/666/EWG über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen



Aktionärsrechte-Richtlinie idF RL (EU) 2017/828 Umsetzung durch Aktienrechts-ÄnderungsG 2019 (BGBl I 2019/63) Vergütungsbericht (nur für börsennotierte Gesellschaften) Bezüge der Vorstände und Aufsichtsräte (ab 2021 relevant)



Übererfüllung europarechtlicher Vorgaben wurde durch das Anti-GoldPlating-Gesetz 2019 (BGBl I 46/2019) zurückgenommen

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Europarechtliche Grundlagen • Richtlinie 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (Bankbilanzrichtlinie) • Richtlinie 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen (Versicherungsbilanzrichtlinie) • Umsetzung: Für Banken und Versicherungen gelten Sonderrechnungslegungsvorschriften, die sich im BWG und im VAG finden • nicht Gegenstand dieser Lehrveranstaltung

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Europarechtliche Grundlagen • Richtlinie 2006/43/EG Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (Abschlussprüferrichtlinie) – Umsetzung durch das Unternehmensrechts-ÄnderungsG (URÄG 2008, BGBl I 70/2008) – erstmals anzuwenden auf Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2008 beginnen

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Europarechtliche Grundlagen • RL 2014/56/EU (Änderung der Richtlinie 2006/43/EG „Abschlussprüfungs-Richtlinie“) • VO(EU) Nr. 537/2014 über spezifische Anforderungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse „Abschlussprüfungs-Verordnung“ a) Umsetzung und Inkrafttreten: – – – – –

Die VO trat mit 17. Juni 2016 in Kraft Umsetzung der RL durch die MS bis spätestens 17. Juni 2016 Abschlussprüfer-AufsichtsG (APAG 2016, BGBl I 83/2016) Abschlussprüfungsrechts-ÄnderungsG (APRÄG 2016, BGBl I 43/2016) diverse Wahlrechte für die MS in der VO, daher innerstaatliches G erforderlich gewesen 7

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen b)

Wesentliche Eckpunkte: 

Verbesserung der Beaufsichtigung von Abschlussprüfern in der EU (zB durch eine unabhängige Behörde) in Österreich (ab 1.10.2016 durch das APAG):   

weisungsfreie Behörde (APAB Abschlussprüferaufsichtsbehörde) Instanzenzug an Verwaltungsgerichte unabhängig vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer

 

Inspektionen bei PIE (public interest entities) – durch Inspektoren der APAB Qualitätssicherungsprüfungen bei anderen Abschlussprüfungen – durch Berufskollegen der Abschlussprüfer (peer review) und Bericht an die APAB zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden





strengere Anforderungen für „public interest entities“ (Banken, Versicherungen, börsennotierte Unternehmen)  

Liste der verbotenen Nichtprüfungsleistungen erlaubte Nichtprüfungsleistungen: max. 70% des Prüfungshonorars

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen  

Informationspflicht bei berechtigtem Grund zur Vermutung von Unregelmäßigkeiten auftragsbegleitende Qualitätssicherung



 durch unabhängigen Partner derselben Prüfungsgesellschaft  durch externen Qualitätssicherungsprüfer erweiterter Inhalt des Bestätigungsvermerks (key audit matters)

 



zusätzlicher Bericht an den Prüfungsausschuss Auswahlverfahren zur Bestellung des Abschlussprüfers  Ausschreibungsverfahren mit transparenten Auswahlkriterien  Prüfungsausschuss: Empfehlung an AR (mindestens 2 Vorschläge)  AR: Empfehlung an HV „Big Four“-Klausel: Auswahl des Abschlussprüfers darf nicht beschränkt werden (zB in einem Kreditvertrag mit einer Bank)

(„Big Four“: PwC, Deloitte, EY und KPMG, die weltweit den Markt für Abschlussprüfungen dominieren, und deren Marktmacht man einschränkten möchte Die kleineren Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die ebenfalls weltweit agieren, nennt man „second tier“.)

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen  Joint Audit (MS-Wahlrecht) – in Ö nicht verpflichtend, auch wenig üblich (Joint audit: die Abschlussprüfung wird gemeinsam durch mehr als einen Abschlussprüfer durchgeführt.) 

externe Rotation = audit firm rotation (zusätzlich zur internen Rotation = partner rotation innerhalb derselben audit firm) 

maximal 10 Jahre (MS-Wahlrecht) – Ö: 10 Jahre

 

lange Übergangsregelung (bis 17.6.2023) diverse MS-Wahlrechte

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen • VO (EG) Nr.1606/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IAS-VO) • diverse VO zur Übernahme internationaler Rechnungslegungsstandards auf Basis der IAS- VO • IAS: International Accounting Standard • IFRS: International Financial Reporting Standard • IASB: International Accounting Standards Board • IFRS IC (IFRIC): International Financial Reporting Interpretations Committee (ĺ SIC) • Endorsement: durch EU-Kommission, unterstützt durch ARC (Accounting Regulatory Committee) • § 245a UGB: nur Konzernabschlüsse • Ziel: Schaffung eines EU-weiten einheitlichen Kapitalmarkts 11

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Bilanzrecht Vanas

Europarechtliche Grundlagen • Enforcement-Stelle (Erwägungsgrund 16 der IAS-VO) •

„Bilanzpolizei“ für börsennotierte Gesellschaften

• Rechnungslegungs-KontrollG (RL-KG) (BGBl I 2013/21) – erstmals anzuwenden auf Abschlüsse zum 31.12.2013 – FMA (Behörde) • jährlicher Prüfungsplan (veröffentlicht) • Bescheide • kann die Prüfung an sich ziehen

– Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (Verein) - ÖPR • Freiwillige Kooperation des geprüften Unternehmens erforderlich, sonst prüft eben die FMA selbst • Berichtspflicht gegenüber der FMA

– Prüfungsgegenstand

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Europarechtliche Grundlagen – Sanktionen bei Fehlern • Feststellung des Fehlers mittels Bescheid der FMA • Veröffentlichung des Fehlers • Anzeige der FMA bei StA • Meldung an KSW (KWT) und APAB • Geldwäscheverdachtsmeldung an BKA

KSW = Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer • gesetzliche Interessenvertretung • früher KWT = Kammer der Wirtschaftstreuhänder genannt • Steuerberater dürfen keine Abschlussprüfungen durchführen, sondern nur Wirtschaftsprüfer, allerdings benötigen Wirtschaftsprüfer für die meisten Abschlussprüfungen auch die Registrierung durch die APAB • iwp = Institut der Wirtschaftsprüfer, ein Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft

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Bilanzrecht Vanas

GoB • Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (§ 195 UGB) •

Der Jahresabschluss hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen.

• GoB werden ständig weiterentwickelt, stellen also jeweils den aktuellen Stand der anerkannten Buchführungs- und Bilanzierungstechnik dar • Die wichtigsten kodifizierten GoB sind: – Bilanzwahrheit, true and fair view (§ 195 UGB) – –

Der Jahresabschluss hat dem Unternehmer ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage (bei Kapitalgesellschaften auch der Finanzlage) zu vermitteln. Merke: Nicht jeder kleine Fehler ist scho n ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit, sondern nur wesentliche Fehler.

• Strafbestimmungen: §§ 163a ff StGB –



§ 163a richtet sich an die Entscheidungsträger, § 163b an die Prüfer. Strafbar sind unvertretbare Darstellungen wesentlicher Informationen in Jahres- oder Konzernabschlüssen, in Lage- oder anderen öffentlichen Berichten, in Auskünften iRd Gesellschafterversammlung oder iRv Auskünften an den Prüfer, bzw bei Prüfern in deren Berichten. Vorsatzdelikt, aber bedingter Vorsatz reicht aus.



Gefährdungsdelikt; der Eintritt eines Schadens ist nicht Vo raussetzung

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GoB – Bilanzklarheit (§§ 195, 190 Abs 1 UGB) • Der Jahresabschluss ist klar und übersichtlich aufzustellen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann.

– Vollständigkeit (§ 196 Abs 1 UGB) • Der Jahresabschluss hat sämliche Vermögensgegenstände, Rückstellungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (gemeint ist, soweit nicht Bilanzierungsverbote oder –wahlrechte bestehen).

– Vorsicht (§ 201 Abs 2 Z 4 UGB) • Der Grundsatz der Vorsicht ist einzuhalten, insb sind nur die am Abschlussstichtag verwirklichten (= realisierten) Gewinne auszuweisen und alle erkennbaren Risken und drohenden Verluste, die im laufenden oder einem früheren Geschäftsjahr ihre Ursache haben, zu berücksichtigen.

– Imparitätisches Realisationsprinzip (§ 201 Abs 2 Z 4 UGB) • Gewinne dürfen erst ausgewiesen werden, wenn sie realisiert sind. Verluste müssen hingegen schon dann ausgewiesen werden, wenn sie bloß drohen,, nicht erst, wenn sie tatsächlich realisiert werden. • Realisation = Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs. 15

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GoB Ein Unternehmen hat Kundenforderungen in Höhe von USD 300.000,und Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von USD 100.000,-. Ursprünglich betrug der Kurs USD 1 = EUR 1. Bilanz

Aktiva Forderungen

300.000

Passiva

Eigenkapital Verbindlichkeiten

300.000

200.000 100.000 300.000

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GoB Nunmehr steigt der Wechselkurs auf USD 1 = EUR 1,10 Bilanz Aktiva Forderungen

Passiva 300.000 Verbindlichkeiten Eigenkapital 300.000

wirtschaftlich gesehen: Forderungen erhöhen sich auf EUR 330.000 = Verbindlichkeiten erhöhen sich auf EUR 110.000 = wirtschaftlicher Gewinn Verlust laut Jahresabschluss:

110.000 190.000 300.000

Kursgewinn von

EUR

30.000

Kursverlust von

EUR EUR

10.000 20.000

EUR

10.000 17

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GoB Die Lauberger Vermögensverwaltungs GmbH hat aus dem Verkauf ihres Unternehmens EUR 10,- Mio erhalten, die in Aktien angelegt wurden. Auf dem Aktiendepot befinden sich zahlreiche unterschiedliche Aktien. Das Depot weist zum Bilanzstichtag einen Kurswert (Verkehrswert) von EUR 11,- Mio aus. Bei genauerer Analyse zeigt sich, dass EUR 4,- Mio offensichtlich sehr gut angelegt wurden, denn diese EUR 4,- Mio haben sich bis zum Bilanzstichtag auf EUR 7,Mio entwickelt. Die übrigen EUR 6,- Mio waren nicht so gut angelegt, denn diese Aktien erlitten Kursverluste, sodass der Wert zum Bilanzstichtag nur noch EUR 4,- Mio betrug. Leider ist dieser Wertverlust als nachhaltig zu beurteilen. Welche der folgenden Aussagen sind richtig? a.

Das Aktiendepot ist von EUR 10,- Mio auf EUR 8,- Mio abzuwerten.

b.

Das Wertpapierdepot bleibt mit den Anschaffungskosten von EUR 10,- Mio in der Bilanz stehen.

c.

Es ist der Verkehrswert zum Bilanzstichtag anzusetzen, also EUR 11,- Mio.

d.

Die nicht realisierten Kursverluste sind zu berücksichtigen, während die nicht realisierten Kursgewinne nicht berücksichtigt werden dürfen.

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Bilanzrecht Vanas

GoB Die Meier & Partner Rechtsanwälte GmbH hat als Mieterin einen langfristigen Mietvertrag über die Büroräumlichkeiten abgeschlossen. Welche der folgenden Aussagen sind richtig? a.

Die Summe der Mieten, die bis zum frühestmöglichen Kündigungstermin anfallen würden, ist als Verbindlichkeit in der Bilanz anzusetzen.

b.

Obwohl der Mietvertrag noch lange Zeit nicht gekündigt werden kann, ist keine Verbindlichkeit anzusetzen.

c.

Ab dem Moment, wo die Räumlichkeiten nicht mehr genutzt werden, ist für die Summe der Mieten bis zum frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt eine Rückstellung zu bilden.

d.

Im Anhang der GmbH ist jedenfalls eine Angabe gemäß § 238 Abs 1 Z 14 UGB zu machen.

Interessanterweise ist die Antwort b. richtig. Es handelt sich um ein schwebendes Dauerschuldverhältnis, wo Monat für Monat Leistung (Raumnutzung) und Gegenleistung (Mietentgelt) gleichwertig gegenüberstehen. Richtig ist auch c. (weil ab diesem Zeitpunkt Leistung und Gegenleistung nicht mehr gleichwertig sind) und d. (allerdings nur, wenn die GmbH wenigstens mittelgroß ist).

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GoB – Wesentlichkeitsgrundsatz (materiality) (§ 189a Z 10 UGB) • Wann ist ein Fehler wesentlich? Wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass die Auslassung oder fehlerhafte Angabe Entscheidungen beeinflusst, die Nutzer auf der Grundlage des Jahres- oder Konzernabschlusses treffen. Die Wesentlichkeit ist von der Größe oder der spezifischen Eigenschaft des Postens oder der Fehlerhaftigkeit der Angabe abhängig. Selbst wenn ein einzelner Posten für sich genommen unwesentlich ist, können mehrere unwesentliche gleichartige Posten zusammen als wesentlich gelten. • In der Praxis hilft man sich mit Faustformeln, die sich im wesentlichen am Eigenkapital, der Bilanzsumme und am Ergebnis des Unternehmens orientieren. • Auch die AFRAC Stellungnahme 34 „Wesentlichkeit bei der Aufstellung von UGB-Abschlüssen“ gibt keine konkreten Berechnungsformeln an. • cave vor „falschen Freunden“: immaterial = unwesentlich; intangible = immateriell

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Bilanzrecht Vanas

GoB – Grundsatz des wirtschaftlichen Gehalts (§ 196a UGB) • Die Posten des Jahresabschlusses sind unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts der betreffenden Geschäftsvorfälle oder der betreffenden Vereinbarungen zu bilanzieren und darzustellen. • Pendant im Steuerrecht: wirtschaftliche Betrachtungsweise, wirtschaftliches Eigentum • Beispiele für die Bilanzierung nach dem wirtschaftlichen Gehalt – Vermögensgegenstände, die unter Eigentumsvorbehalt gekauft worden sind, werden schon in der Bilanz des Käufers ausgewiesen, obwohl er zivilrechtlich noch nicht Eigentümer ist. – Vermögensgegenstände, die ein Treuhänder für den Treugeber hält (zB Bankguthaben), werden als Vermögen des Treugebers in dessen Bilanzausgewiesen, obwohl er zivilrechtlich nicht Eigentümer ist. – Ein geleastes KFZ, bei dem im Leasingvertrag vorgesehen ist, dass mit der letzten Leasingrate das Eigentum am Fahrzeug auf den Leasingnehmer übergeht, wird bereits ab dem ersten Tag als Vermögen des Leasingnehmers in dessen Bilanz dargestellt, obwohl er noch nicht Eigentümer ist. – Eine Liegenschaft, die gekauft und bereits an den Käufer übergeben wurde, wird als Vermögen des Käufers in dessen Bilanz dargestellt, obwohl die Eintragung ins Grundbuch noch nicht erfolgt ist.

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GoB – Stichtagsprinzip, Werterhellung (§ 201 Abs 2 Z 4 UGB) • Grundsätzlich ist die Bilanz eine Momentaufnahme zum Bilanzstichtag. Ereignisse und Geschäftsfälle des nächsten Jahres werden nicht berücksichtigt. • Nach dem Vorsichtsprinzip sind aber Risiken und drohende Verluste zu berücksichtigen, selbst wenn die Umstände erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind. Gilt auch umgekehrt: wenn bis dahin ein Risiko/drohender Verlust weggefallen ist, darf dies auf den Bilanzstichtag rückbezogen werden. • Analogie zu den Wiederaufnahmsgründen: – werterhellende Umstände = nova reperta – wertbegründende Ereignisse = nova producta

• Der Serienfehler im alten Jahr, der erst im neuen Jahr entdeckt wird und zu einer Rückrufaktion im neuen Jahr führt, ist ein werterhellender Umstand. • Wenn das Betriebsgebäude 2 Tage nach dem Bilanzstichtag infolge eines Blitzschlags abbrennt, liegt ein wertbegründendes Ereignis vor, das in der Bilanz nicht berücksichtigt werden darf. Bei KapGes: Pflichtangabe im Anhang .

Bilanzrecht Vanas

GoB – Formelle Bilanzkontinuität/-stetigkeit (§ 223 Abs 1 UGB) – Die einmal gewählte Form der Darstellung, insb die Gliederung der aufeinanderfolgenden Bilanzen und GuV ist beizubehalten. Ein Abweichen von diesem Grundsatz ist nur zulässig, wenn der Grundsatz von true and fair view dies erfordert.

– Materielle Bilanzkontinuität/Bewertungsstetigkeit (§ 201 Abs 2 Z 1 UGB) – Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewendeten Bilanzierungsund Bewertungsmethoden sind beizubehalten. Damit soll die inhaltliche Vergleichbarkeit mit den Vorjahreszahlen sichergestellt werden. – Wurden im Vorjahr alle Vorräte, die bereits länger als 12 Monate auf Lager waren, um 40 % abgewertet, so müssen auch ...


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