Klassenmanagement PDF

Title Klassenmanagement
Author Pauline Roick
Course Einführung in die allgemeine Didaktik und die empirische Unterrichtsforschung
Institution Universität Potsdam
Pages 8
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Summary

Inhalte der Vorlesung 8 (Klassenmanagement )
Lehrperson: Vock...


Description

Klassenmanagement

Was ist Klassenmanagement? Unterricht ist in hohem Maße störungsanfällig, weil … -Lern- und Leistungsziele der Schule und aktuelle Bedürfnisse der SuS häufig weit auseinanderliegen. -Erwartungen im Unterricht manchmal widersprüchlich (kompetitives vs. kooperatives Verhalten) sind. -das Motiv, soziale Anerkennung durch Peers zu erhalten, oft im Widerspruch zu Verhaltenserwartungen der Lehrperson steht. -Leistungssituationen eine hohe Vulnerabilität erzeugen und (bei Misserfolg lernhinderliches) selbstwertschützendes Verhalten induzieren. - die Machtposition der Lehrperson oft im Widerspruch zu Autonomiebedürfnissen der SuS steht (insbesondere in der Adoleszenz). -SuS zwangsweise anwesend sind. -SuS den Lehrpersonen einen Vertrauensvorschuss geben müssen, bei enttäuschtem Vertrauen die Beziehung aber nicht aufkündigen können.

Klassenmanagement = lerndienliche Gestaltung der Interaktion im Klassenzimmer → soziale Ordnung, Bedingung für die Umsetzung eines Handlungsprogramms (Doyle, 2006) → Steuerung des Unterrichtsflusses (Kounin, 1970) ⇒ Ziel: Maximierung der aktiven Lernzeit für alle Schülerinnen und Schüler

Basisdimensionen des Unterrichts

Modernes Verständnis von Klassenmanagement / -führung „Die Basisdimension Klassenführung beschreibt, inwiefern die Lehrperson für einen strukturierten, klaren und störungsfreien Unterricht sorgt, um maximal mögliche Unterrichtszeit zur Auseinandersetzung mit Lerninhalten zu gewährleisten.“ (Weinert, 1996; zit. nach Drechsel & Schindler, 2019, S. 360) „Klassenführung befasst sich mit der Gestaltung der auf Lernarbeit zielenden Interaktion zwischen Schüler/innen und Lehrer/innen in dem institutionalisierten sozialen Rahmen der Schulklasse.“ (Kiel, 2009, S. 340)

Alternative Bezeichnung: Klassenmanagement (classroom management)

Professionswissen von Lehrkräften zum Klassenmanagement Befragung von Junglehrer*innen und berufserfahrenen Lehrer*innen (Good & Brophy, 1994):

Junglehrer*innen: - auf Störungen reagieren -Disziplin, Schüler*innen unter Kontrolle bringen

reagieren

-Schüler*innen zum Zuhören bewegen etc.

Berufserfahrene Lehrer*innen: -Sorgfältige und rechtzeitige Planung von Unterricht -Verwendung interessanten Lehrmaterials

beugen vor

-Rechtzeitige Etablierung von Regeln und achten auf Einhaltung

Modernes Verständnis von Klassenmanagement/-führung • Fokus auf Vorbeugung von Störungen (Prophylaxe) • Aufbau eines Arbeitsbündnisses mit den Schüler*innen • Vorausplanendes Lehrerverhalten • Schaffung von Lerngelegenheiten und eines geordneten Rahmens • Steuerung der aktiven Lernzeit • Schlüsselmerkmal der Unterrichtsqualität! • unabdingbare Voraussetzung für anspruchsvollen Unterricht • Wesentliche Basiskompetenz für Lehrer*innen

Stabile Befunde der empirischen Forschung Effizientes Klassenmanagement hängt zusammen mit… • besserem Lernfortschritt

• geringerem Stress

• höherem Leistungsniveau

• weniger Belastung

• größerer Lernmotivation • angenehmerem Klassenklima

→Schüler*innen

→Lehrer*innen

Trainingsexperiment von Evertson et al. (1983) Übernahme einer 1. Klasse Versuchsgruppe (23 Lehrer):

Ergebnisse:

- 4 Tage vor Beginn Trainingsmanual verteilt

- Bessere Organisation von Materialien

- Erläuterung an Beispielen in einem 3-stünd. Workshop

- Verbindliche Verfahrensweisen

- Regeln und Rituale für kommendes Schuljahr - 5. Schulwoche: zweiter Workshop zur Aufrechterhaltung des Klassenmanagements - Keine Infos an Kontrollgruppe weitergeben

- Konsequentere und schnellere Reaktion auf unangemessenes Verhalten - Stärkere Verdeutlichung erwünschten Schülerverhaltens - Wiederholung von Regeln - Arbeitsstandards verdeutlicht - Bessere Beaufsichtigung von Leistungsfortschritten und Aufgabenerledigen - Genauere Beschreibung der Lernziele

Wirkungsgeflecht der Klassenführung

Modelle der Klassenführung: Ansatz von Jacob Kounin (1976, 2006) Ausgangssituation: Der „Kounin‘sche Welleneffekt“ (ripple effect) Zurechtweisung einzelner Schüler*innen hat nicht nur Auswirkungen auf den Zurechtgewiesenen, sondern auch auf den Rest der Gruppe/Klasse. Destruktive Zurechtweisung eines*r einzelnen Schüler*in: • kann die ganze Klasse einschüchtern • das Klassenklima wird unangenehm • Lehrer*in wird als weniger fair und weniger vertrauenswürdig wahrgenommen

Prinzipien nach Kounin: Techniken der Klassenführung 1. Allgegenwärtigkeit/ Dabeisein (withitness) 2. Überlappung (overlapping) 3. „Schwung“ (momentum) 4. Flüssigkeit/Geschmeidigkeit (smoothness) 5. Übergangsmanagement /Reibungslosigkeit (managing transitions) 6. Gruppenaktivierung (group focus) 7. Vermeidung vorgetäuschter Teilnahme (avoiding mock participation) 8. Abwechslung / Sachmotivation

1. Allgegenwärtigkeit (Kounin) „Sich selbst vervielfältigen“ (Wahl et al., 1997, S.366) - Vorteilhafte Positionierung, um den gesamten (!) Klassenraum überblicken zu können, Augen „überall haben“; - (gelegentliche) Bewegungen durch den gesamten Raum; - Bestimmtheit in Stimme, Gestik, Mimik, spontane Reaktionen; - beim Schreiben an die Tafel immer wieder Blick zur Klasse →Allgegenwärtigkeit ist die Fähigkeit der Lehrkraft, den Eindruck zu vermitteln, alles zu sehen und zu bemerken („Augen im Hinterkopf“).

Mögliche Fehler der Lehrkraft bei mangelnder Übersicht: a) Objektfehler: Die Lehrkraft reagiert nur auf das Störverhalten bestimmter Schüler*innen und bemerkt gleichzeitiges Störverhalten anderer Schüler*innen nicht.

b) Zeitfehler: Die Lehrkraft reagiert nicht sofort auf das Verhalten der Schüler*innen, sondern erst, nachdem sich eine größere Störkulisse aufgebaut hat

2. Überlappung (Kounin) Überlappung → Fähigkeit des*r Lehrer*in, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, z. B.: - während des Unterrichtsgesprächs gleichzeitig Schülerverhalten kontrollieren -technische Vorgänge erledigen (Beamer/OHP bedienen, Buch aufschlagen, farbige Kreide suchen ...), ohne das Gespräch zu unterbrechen -beim Entgegennehmen von Schülerbeiträgen den Blick in der Klasse wandern lassen

3. & 4. Flüssigkeit, Reibungslosigkeit und Schwung (Kounin) • Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufs des Unterrichts • Reibungsloser inhaltlicher Fluss • keine (inhaltlichen) Sprünge • schnelle inhaltliche Überleitungen • Vermeidung von Stillstand und Unterbrechungen des Aktivitätsflusses (v. a. bei Übergängen) • Tempo des Unterrichts entspricht dem (Lern-)Tempo der Schüler*innen

Schnelle Aktivitätswechsel • Wartezeiten vermeiden (kein langes Suchen im Buch ...) • keine Ablenkungen durch Lehrperson selbst (nicht: „Ach, da fällt mir ein ...“) • keine störenden Interventionen durch die Lehrperson selbst (nicht: „Wer hat das Papier da hin geworfen? Ihr wisst doch ...“)

Geringfügige Schülerstörungen „im Keim ersticken“ • kleine Störungen nicht in den Mittelpunkt stellen (nicht: Predigen, Moralisieren, Drohen, „Ich habe euch schon so oft gesagt ...“) • ignorieren oder schnell, spontan (nebenbei) möglichst nonverbal beenden • Stoppsignale durch Blickkontakt, Mimik, dämpfende Handbewegungen

5. Übergangsmanagement (Kounin) • Übergänge zwischen Arbeitsphasen möglichst reibungslos gestalten • knappe, eindeutige Überleitungen ohne Zeitverlust

6. Gruppenaktivierung (Kounin) Gruppenaktivierung: Die Lehrkraft hat neben der Individualität der Schüler*innen immer auch die gesamte Klasse im Blick (Gruppenfokus).

Indikatoren: 1. Beschäftigungsradius: hoch: Schüler*in löst Aufgaben an der Tafel, während die übrigen die gleichen Aufgaben am Platzlösen → möglichst viele Schüler*innen erhalten Lerngelegenheiten niedrig: lange Leerlaufzeiten

2. Gruppenmobilisierung: Aktivitäten, die der Aufmerksamkeitserhaltung dienen, z.B. • Methoden, die vor dem Aufrufen eines*r Schüler*in "Spannung" erzeugen ("Nun wollen wir doch mal sehen, wer ...") • Verfahren, die Schüler*innen im Ungewissen darüber halten, wer als nächster aufgerufen wird (Zufallsprinzip) • Verfahren, die nicht aufgerufenen Schüler*innen signalisieren, auf die Antworten aufgerufener Schüler*innen eingehen zu müssen).

3. Rechenschaftsprinzip: • Arbeitsleistung der Schüler*innen werden überprüft, durch Mitschüler*innen oder Lehrkraft (z.B. durch die Klasse gehen und „über die Schulter schauen“)

7. Vermeidung vorgetäuschter Teilnahme (Kounin) →Darauf achten, ob die Schülerinnen und Schüler tatsächlich „dabei“ sind – oder nur so tun.

8. Abwechslung / Sachmotivation (Kounin) Beispiel: „Immer wenn die Lehrervorträge zu lang werden, breitet sich in der 7c Unruhe aus. Der Deutschlehrer erlebt dies als sehr störend und reagiert darauf mit Ermahnungen und Sanktionen. Der Englischlehrer nimmt die Störung ganz anders wahr. Er sagt zu sich: „Jetzt habe ich den Konzentrationsbogen überspannt. Es ist an der Zeit einen schüleraktive Arbeitsphase zu beginnen“. Damit ist die Störung meist bewältigt.“ • Methodenvielfalt verhindert Langeweile • Methodenvielfalt gegen Überlastung des Arbeitsgedächtnisses...


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