Kleider machen Leute PDF

Title Kleider machen Leute
Author Anna Ossiander
Course Einführung in die Europäische Ethnologie/Volkskunde
Institution Universität Augsburg
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Ballkleid bleibt Ballkleid und Brautkleid bleibt Brautkleid Kostüm oder Konvention? - Das Ballkleid zwischen Wandel und Konstante ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

Glanzvolle Bälle dienten der Darstellung des männlichen Reichtums und Einflusses Prächtig gekleidete Dame unterstrich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenz des Mannes durch Äußeres (Robe und Schmuck) Kleidung der Frau steht im Zentrum der Aufmerksamkeit Aufwendige Ballkleidung ähnelt eher einer Kostümierung (Im Vergleich zu schlichter Alltagskleidung) Etablierter Dresscode für Männer und Frauen Männer tragen Abendanzug, Frauen tragen Ballkleider Ballkleider weisen gleiches “Grundmuster” auf: enge Korsage kombiniert mit bauschigem Rock, reicht in der Regel bis zum Boden

Der Ball- Lebensraum des Ballkleids ▫ ▫ ▫ ▫

Definition “Ball”: größere festliche Tanzveranstaltung Meist Gesellschaftstanz wie: Foxtrott, Rumba oder Walzer Musik oft live durch Orchester oder DJs Viele Bälle dienen einem wohltätigen Zweck

Die Hofbälle des Ancien Regime ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

17. Jh. erlange der Ball als “reglementierte Tanzveranstaltung” große Bedeutung Aufgaben eines Balles: Unterhaltung, untermauerte Rang und Bedeutung des Königs, wies den Adligen bei Hofe ihre Stellung zu, stabilisierte das gesellschaftliche Gefüge Hochformalisierte Schreittänze 20-25 Tanzpaare in vorab festgelegten Konstellationen Hofbälle unter Ausschluss der Öffentlichkeit im eigenen Ballsaal An öffentlichen Orten (Bsp.: im Freien, Gasthäuser) tanzten die unteren Stände

Die Bälle des Bürgertums ▫

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Durch Erstarkung eines finanzkräftigen Bürgertums wurden adlige Bräuche übernommen und auf eine bürgerliche Ebene transferiert--> Hofbälle wurden zum Muster für bürgerliche Ballveranstaltungen (Regeln und Tänze wurden übernommen) Hofball: nur für Adel, schloss andere Stände aus Bälle und Garderobe: Ausdruck für finanzielle und gesellschaftliche Stellung--> Distinktion der bürgerlichen Gesellschaft Ende des 18. Jh.: Aufkommen der Paartänze--> erforderte viel Platz--> Entstehung von Ballsälen mit geräumigen Tanzflächen “neue bürgerliche Gesellschaft” schloss sich in Gruppen/ Vereinen für verschiedene Zwecke zusammen, die auch Bälle für Mitglieder veranstalteten 19Jh.: streng reglementierter Rahmen für Bälle: bestimmte Verhaltensweisen erforderlich Tanz, Konversation und Benimm wurde trainiert um “Parkettsicherheit” zu gewinnen Bälle als Schauplatz für Eheanbahnungen und geschäftliche Kontakte Bälle um eigene Töchter der Gesellschaft zu präsentieren

Menuett und Walzer: Der Tanz auf dem Ball ▫

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Ballkleid und Tanz stehen in Wechselbeziehung zueinander--> Kleid muss sich den Bewegungserfordernissen anpassen oder tänzerische Möglichkeiten müssen sich an den Einschränkungen durch die Garderobe orientieren. 19. Jh.: Tanzgeschehen eines Balls änderte sich, Drehtänze kamen dazu-->alle Tanzpaare tanzen gleichzeitig (zuvor waren nur einige Tanzpaare nach einem festgelegten Procedere aktiv) Heutzutage: Kanon des Gesellschaftstanzes: Foxtrott und Walzer oft Platzmangel auf der Tanzfläche, deshalb weniger raumgreifende Kleider-->müssen der Enge und der Belastung standhalten

Der Ballsaal, die Bühne der Ballkleider ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

14. Jh.: kommunale Tanzhäuser: für Versammlungen, Hochzeiten, Geschlechtertänze Tanzhäuser oft als Festsaal in Rathaus integriert 16. Jh.: eigene Tanzsäle in Privathäusern (oft in privilegierten Privathäusern oder Schlössern) 18. Jh.: Gastwirte richteten eigene Ballhäuser ein, Tanzveranstaltungen wurden von Tanzmeistern choreografiert Heute: Bälle meist in großen Hotels oder Stadthallen veranstaltet

Unbeschreiblich weiblich: das Ballkleid ▫ ▫ ▫ ▫

Definition “Ballkleid”: Kleidungsstück, das auf einem Ball (festlichen Tanzveranstaltung) getragen wird Definition “Abendkleid”: elegantes, langes Kleid, das sich durch Besonderheiten in Stoff, Schnitt und Aufputz auszeichnet und abends zu festlichen Gegebenheiten getragen wird Demnach: Ballkleid ist Teil der Kategorie Abendkleid--> das extravaganteste und herrlichste aller Abendkleider Soll die Weiblichkeit der Trägerin hervorheben (durch tiefes Dekolleté und nackte Arme)

Kostbare Roben für höfische Feste ▫ ▫ ▫ ▫

17. Jh.: dekorative bunte Kleidung aus kostbaren Stoffen, verziert mit Gold, Silber und Edelsteinen 18. Jh.: Grundtypus des Frauenkleides: “Robe à la francaise” Merkmale: vorne offenes Oberkleid mit einem darunter getragenen ausladenden Rock Prachtentfaltung der Kleidung orientierte sich am jeweiligen Stand der Trägerin

Für den großen Abend: Das bürgerliche Ballkleid ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

19. Jh.: Aufschlüsselung in eine Vielzahl anlassbezogener Kleidungsstücke Kleidung differenzierte sich nach Tageszeit und Anlass Frauen- und Männerbild entstand: --> Frauen: zarte, schutzbedürftige Wesen vs. Männer: ruhiger “Fels in der Brandung” Dunkle Anzüge der Männer bildeten den Grund auf dem Damen wie “Schmuckstücke” ihre Pracht entfalten konnten



Geschlechter entfernten sich hinsichtlich der Prachtentfaltung--> Unterscheidung nach Mann und Frau als grundlegendes bürgerliches Ordnungsprinzip

Silhouetten im Wandel ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

Ballkleid des 19. Jh. entsprach im Schnitt der jeweiligen Tageskleidung (jedoch weit ausgeschnitten und aus wertvollen Stoffen gefertigt) Kleider für andere festliche Anlässe unterschieden sich in Dekolleté und Ärmelgestaltung Beginn 19. Jh.: weit oben angesetzte Taille Mitte 19. Jh.: Betonung schmaler Taille im Mittelpunkt 1890: extrem weite Röcke Zur Jahrhundertwende: Röcke weniger raumgreifend Beginn 20. Jh.: Reformkleid: richtete sich gegen die gesundheitsschädigende Wirkung der Einschnürung durch das Korsett--> verzichtete auf Taille Anfang Erster WK: Kleider fielen lose Ende Erster WK: Rocksäume wanderten allmählich nach oben Mitte 1920er Jahre: kurze Kleider auch für große Bälle; Ausnahme: weibliche Attribute wurden nicht in den Fokus gerückt (Busen und Taille wurden überspielt, stattdessen waren Beine und Rücken zu sehen) 1930er Jahre: Ballkleid wurde figurbetont und bodenlang 1940er Jahre: Abendkleider lang, Röcke fielen schmal aus 1960er Jahre: Ballkleider bleiben lang, jedoch keine Markierung der Taille

Das Ballkleid heute ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

Bälle vermitteln traditionelle Geschlechterrollen (Frau trägt Kleid und Mann Anzug) Anzüge auch im Alltag zu finden--> “Berufskleidung”; Ballkleid jedoch keine “Tagesmode” Schnitt, Material, Farbe und Zubehör von Frack und Smoking klar geregelt, Abendkleid hat mehr “Gestaltungsspielraum” Meist körperbetontes, korsagenartiges Oberteil und abgesetzter Rock (Weite und Üppigkeit des Rockes kann variieren) Kleidung heutzutage weniger üppig/pompös als damals--> schlichter und schmäler “Zwang zum ständig Neuen”-> Konkurrenz um das schönste Kleid; Frau muss sich als “ästhetisches Objekt” ständig neu erschaffen “externer Druck”: Kleider werden in Presse und Social Media genau begutachtet

Das Ballkleid als Kostümierung ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

18. Jh.: Maskenbälle sehr beliebt Mottobälle nehmen zu: Bsp.: “The Great Gatsby” im Look der 1920er Jahre Bälle sind heutzutage besondere Events; erfordern spezielle Kleidung, die weit entfernt von Alltagskleidung ist Ballkleid ist etwas Besonderes das es sich von “Alltagsmode” abgrenzt--> man schlüpft in eine Rolle (Rollenspiel) Ballkleid kann als “Kostümierung” funktionieren Spaß am Verkleiden oder Schlüpfen in eine andere Rolle--> nicht eindeutig festzulegen Ballbesuch und –kleid lassen Trägerin in eine andere Welt eintauchen; Flucht aus Alltag Ballkleid hat größerer Gestaltungsspielraum im Vergleich zur Männergarderobe

Das Ballkleid heute: Ein Modell des 18. Jh. Neu interpretiert? ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ ▫

Kleidung bedarf des Körpers um ihr Potenzial zu entfalten, verändert diesen aber auch durch ihre Gestaltung Zwei wesentliche Merkmale: Räumlichkeit und Flächigkeit Verbergen oder Zeigen einzelner Körperregionen--> Nacktheit, Bedeckung, Betonung, Verschleierung Beliebter Typus eines Ballkleides: Variation einer “Robe à la francaise” Modische Veränderungen entwickeln sich nicht unbedingt kontinuierlich, und leiten sich nicht immer aus vorhandenen Formen ab; lassen auch Brüche und Innovationen ohne Vergangenheitsbezug zu Ballkleid hat sich Typus erhalten, der sich an Schnitt aus dem 18. Jh. Orientiert und heute als “Prinzessinnenkleid” bezeichnet wird -->Klischee von: Mädchen- und Märchentraum oder “Prinzessinnengefühl” in Ballszenen in Spielfilmen gefestigt (Bsp.: “Sissy” oder “Cinderella”) Ballkleid verleiht Frauen weibliche Silhouette; spielt mit Verhüllung und Entblößung

Feste, Feiern und Events. Zur Soziologie des Außergewöhnlichen (Winfried Gebhardt)

Events sind allgegenwärtig, und sie treten uns in den unterschiedlichsten Verkleidungen gegenüber. Schaut man nun auf das, was heute alles al Event bezeichnet wird, so steht man – zumindest am Anfang – ziemlich ratlos vor der Frage, was das eigentlich ist, ein Event.

Eventbezeichnungen:        

Special Event Super-Event des Jahres Hauptstadt-Theater-Event Great Event New-Age-Event der Superlative ziemlich geiler Event Living Nature Event Mega-Event

Da der Eventbegriff häufig verwendet wird und dies für die unterschiedlichsten Veranstaltungen tauchen zu mindestens zwei Fragen. 1. Wird hier nur unvergleichbaren Ereignissen ein gemeinsames „Etikett“ aufgeklebt oder weist der von allen Organisatoren benutzte Begriff „Event“ tatsächlich auf formale und inhaltliche Gemeinsamkeiten hin? 2. Gibt es den Event wirklich oder ist diese Bezeichnung nichts anderes als eine wohlklingende Worthülse für etwas, das schon immer da war?

1. Organisierte Einzigartigkeit:  Event ist ein englisches Wort o Übersetzung: Ereignis, Vorfall, Begebenheit o Laut Oxford Dictionary: Das Wort Event besitzt den Hauch des Außergewöhnlichen, des Besonderen, dessen was nicht jeden Tag geschieht.



Event wurde als Bezeichnung normal und oft verwendet, deshalb kam im englischen das Wort „Special“ für den Begriff, um besondere Phänomene zu Kennzeichnen (z.B. Geburt, Tod, Unfälle, Katastrophen)

  Events gelten in der Tat als etwas Außergewöhnliches, als etwas, das man nicht jeden Tag erlebt, als etwas das die alltäglichen Erfahrungen sprengt und übersteigt. Kennzeichen eines Events: 1. Planmäßig erzeugte Ereignisse  kommerzielle oder weltanschauliche Interessen  Veranstalter: Betreibe, Verbände, Vereine, Kirchen, Agenturen, oder andere Organisationen  professionell und perfekt vorbereitet mit modernsten technischen Hilfsmitteln  wenn individuelle Gestaltungsfreiräume, dann nur mit exakt festgelegten räumlichen und zeitlichen Grenzen 2. Einzigartige Erlebnisse  sind geplant, meistens sorgfältiger Ablauf  wenn nicht als einzigartig erlebt, dann gilt das Event als gescheitert  einzigartig sind sie, da zwischen ihnen bemerkbare Zeitabstände sind  durchbricht die Routine und den Alltag  Abwechslung vom Alltag und Ein- bzw. Abtauchen in eine neue Welt  außergewöhnliche „Locations“  Gesetz: „immer mehr und immer Größer“ , nicht das gleiche bieten als der Vorgänger, sonst ist das Event zum Scheitern verurteilt  Event wird mit allen medialen Mitteln vermarktet  ständige Überbietung der einmal erlebten Reize  Event kann Eigendynamik entwickeln, dadurch stößt die Planbarkeit an ihre Grenzen 3. kultureller und ästhetischer Synkretismus  Vernetzung zu einem „einheitlichen Ganzen“ von unterschiedlichsten ästhetischen Ausdrucksformen z.B. Musik, Tanz, Theater, Akrobatik, bildende Kunst, Lichtgestaltung  Vermischung, meist wahllos, von unterschiedlichen kulturellen Traditionsbeständen, gerne fremd und exotisch  besonderer „Kick“ und Vorreiterrolle der Eventorganisatoren in einer „globalen Kultur“  Mittel: Vernetzung, Verfremdung und Kontextverschiebung  Schaffung eines ansprechenden und „tollem Erlebnis“  ein aufreizendes, anrührendes und über den Moment hinaus in guter Erinnerung bleibendes, kontrapunktisches „Lifestyle-Gesamtkunstwerk“ 4.

Schnittpunkt aller möglichen Existenzbereiche  partikularisierte und in Routinen und Zwängen gefangene Wirklichkeit des alltäglichen Lebens für einen in der Regel exakt definiertem ästhetisch und emotional verdichteten Zeitraum aufzuhaben, um den Teilnehmern die metaphysische Erfahrung „des Ganzen des Seins“ zu gestatten  Stärke und Formulierung des Anspruches hängt ab von der Organisationselite und ob eine „sinnvermittelnde“ Weltanschauungs-Botschaft der Reflektionselite vorhanden ist  unabhängig vom „weltanschaulichen Mehrwert“ eines Events, der immer als „Kraftquelle“ dienen soll  „Kraftquelle“ soll der Alltagroutine Vitalität verleihen und kreative Impulse für den entfremdenden Alltag setzen  für „aufgeklärte“ Teilnehmer sollen das außertägliche Erleben eines Kunstwerkes als Erfüllung selbstentworfener Verheißungen gelten  Ziel: Überhöhung des Lebens“  „innerweltlichen Erlösung“ des modernen Menschen

5. exklusiver Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit

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Exklusivität der Veranstaltung durch persönliche Einladungen und Errichtung von zugangsbeschränkten Hemmschwellen unter Teilnehmern eine sehr feine interne Differenzierung, jedoch das Gefühl einer „Großen Familie“ Bezeichnung des Events: prototypische Veranstaltungsform spätmoderner Gesellschaften Events dienen als soziale Orte und Zeiträume für Mitglieder von postmodernen Gesellschaftsformen (z.B. Szenen), diese sind geformt von der Lockerheit und Unverbindlichkeit durch Betonung der eigenen Besonderheiten erfahren sie die Abgrenzung zu anderen, Zugehörigkeit und eine ich-stabilisierende Identität entwickelt sich

6. monothematisch fokussiert  interaktive Ereignisse: benötigen kommunikationsfähige Inhalte (Handlungsformen, Ideen oder Produkte) die sich kommunizieren lassen oder über die kommuniziert werden kann  identitätsstiftende Ereignisse: benötigen identifikationsfähige Inhalte (Handlungsformen , Ideen oder Produkte) für die es sich lohnt („wert ist“) geist, Kraft, Zeit und Geld zu investierten  gemeinschaftsbildende Ereignisse: benötigen distinktionsfähige Inhalte (Handlungsformen , Ideen oder Produkte), die irgendwie exklusiv sind und wirken o Inhalte allein reichen nicht aus o charakteristisch die Besonderheit und Einzigartigkeit zu begründen  warum muss man gerade an diesem Event teilnehmen  Begründung der Leitidee eines Events: o Instrumentalisierung „Subkultureller“ Theoreme (Eigensinn und Widerständigkeit) o Übernahme „elitärer“ Ideologeme (Leistung und Überlegenheit) o zeitgemäße Revitalisierung traditioneller Deutungsmuster (religiöse Events)  Marketing-Events: Vermischung von subkulturellen, elitären und traditionellen Weltanschauungsfragmenten  „Erlebnispackages“: o legimitierende Leitidee fehlt o aus bisher auseinandergehaltenen Handlungskontexten zusammengebaut o Gefahr: allzurasche Veralltäglichung und Trivialisierung: Heute noch ein Event, morgen schon vergessen! 2. Feste, Feiern und Events Trotz vielen Unterschieden gibt ein genügend Gemeinsamkeiten, die es erlauben den Begriff des Events als einen soziologischen Gattungsbegriff zu verwenden. Aber stellen Events wirklich etwas Neues dar? In der Vergangenheit hab es auch Veranstaltungen, die auf die Definitionsmerkmale passen, nur wurden diese als Feste oder Feiern betitelt.  Bei Events handelt sich es nicht um eine kulturelle Neuschöpfung von epochaler Bedeutung, auch wenn Event-Organisatoren dies anders sehen. Es ist nicht gerechtfertigt, dass man bei Events von etwas Neuem spricht, da es viele Verbindungen mit Feste und Feiern gibt. Feste aus der Vergangenheit hatten:   

professionell in Szene gesetzte Veranstaltungen mit ausgearbeitetem Programm etwas „Einzigartiges“ , das dem Alltag ein Glanzlicht aufsetzt „Einzigartigkeit“ inszeniert mit Hilfe unterschiedlichsten (kulturellen) ästhetischen Stilmitteln, Ausdrucksformen ihrer Teilnehmer emotional gefangen zu nehmen und in einen beglückenden, enthusiastischen, ekstatischen Gefühlszustand zu versetzen

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kultursynkretistische Vernetzung unterschiedlichster nationaler Traditionselemente und Kunstformen Gemeinschaft stiften/ hervorbringen

 Gilt von den Spielen im Circus Maximus über die Feste der französischen Revolution bis hin zu den politischen Massenspektakeln im Zeitalter des Nationalismus und Sozialismus 3. Die Eventisierung des Festlichen und die Verszenung der Gesellschaft Historisch gesehen ist das Event eine spezifische Variante des Festlichen. Das eigentlich Neue, das sich in der spätmodernen Gesellschaft beobachten lässt, besteht in einer akzelerierenden Eventisierung der Festlandschaft. Die Festkultur der modernen Gesellschaft ist durch fünf, eng miteinander korrespondierenden Entwicklungen gekennzeichnet. 1. Deinstitutionalisierung  Feste und Feiern des Staates oder anderer „klassischer“ politischer, ökonomischer oder kultureller Institutionen verlieren zunehmen an Akzeptanz und Legitimation.  offenere (politische) Festformen: Happenings, Demonstrationen, Paraden, Sit-Ins, Musik- und Kulturfestivals, Sport- und Spielfeste  lockeres und unverbindliches Gemeinschaftserlebnis 2. Entstrukturierung  soziale Homogenität der Teilnehmer löst sich zunehmend auf (wenige elitäre Veranstaltungen)  Verwischung zwischen Hoch- und Volkskultur (repräsentativer und populärer Kultur) 3. Profanisierung  Erwartungen an ein gelungenes Fest ändern sich  Ablehnung von Formelhaftigkeit, Rituelle, Vorgeschriebenes und normativ Verbindliches  Gewünscht wird subjektive Freiheit, Nutzlos-Spielerisches und Möglichkeit des Sich-GehenLassen-Könnens  Fest wandeln sich immer mehr zu ideologie- bzw. weltanschauungsarmen Veranstaltungen  im Mittelpunkt „schönes Erlebnis“ und „ich fühle mich super“ (unpersönlich, unverbindlich und liebesakosmistische Botschaft)  im Zentrum individuelles Vergnügen, emotionale Hochgestimmtheit in Form von Spaß und Nervenkitzel  Wohltätigkeitsveranstaltungen sollen „unterhaltsame“ Gegenleistung bieten 4. Multiplizierung  Angebot an festlichen Ereignissen vermehrt sich quantitativ stetig  Fast tägliches Wachstum an Festangeboten (Bier- oder Weinwochen, Volks- oder Minderheitenfeste, Stadt- oder Stadtteilfeste, Musik-, Theater- und Opernfestivals, MarketingEvents, Kulturwochen oder Sportfeste)  Feste und Feiern lösen sich von biographischen oder historischen Anlässen  Erfindung von Traditionen und basteln an Mythen für Legitimierung eines Festes  Ein Alltag sprengendes festliches Erlebnis als ein dauerhaftes und jederzeit abrufbares Angebot (z.B. Weltausstellung Expo in Freizeit- und Erlebnisparks) 5. Kommerzialisierung  Prinzip der Gewinnmaximierung  bereits bestehende und neu „erfundene“ Feste werden veranstaltet, um mit ihnen direkt oder indirekt Geld zu verdienen



Das Fest wird nun selbst zum Zweck (egal ob kleine Vereinsfeste, Verkaufsveranstaltungen oder in Erlebnisparks oder Musikfestivals)  universales Bedürfnis der Menschen nach einem Außeralltäglichen Erlebnis wird professionell ausgebeutet

Durch die zunehmende Multiplizierung und Kommerzialisierung der Feste kommt es zu einer Veralltäglichung des festlichen Erlebnisses. Feste und Feiern galten bisher immer als:

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spezifisch außeralltägliche Zeit Sozialform, die soziale Gruppen und Institutionen „lebendig“ erhalten Kommunikationsformen, die Selbstverständlichkeiten erneuern und so Gemeinsamkeit, Solidarität und Verlässlichkeit stiften notwendige Voraussetzung für Ausbildung individueller Identität und für bestehende oder neuer sozialer Ordnungen

Die Funktionen gehen mit der Veralltäglichung des Festlichen zwar nicht verloren, aber sie werden transformiert, vllt. sogar in ihrer spezifischen Wirkungsweise beeinträchtigt. Diese Transformation vollzieht sich auf drei, eng miteinander verbundenen Ebenen: 1. Reizverlust des Festlichen  massenhaftes Angebot und jederzeit abrufbar  Kompensation durch reizintensivere, immer sensationeller und aufsehenerregende Erlebnisangebote  Das Sich-Frauen aufs Fest wird e...


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