Knappik Dirim Diagnosezweitsprachlichen Schreibens PDF

Title Knappik Dirim Diagnosezweitsprachlichen Schreibens
Author Roña Graf
Course Einführung in Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache
Institution Universität Graz
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Magdalena Knappik & İnci Dirim

12 Diagnose zweitsprachlichen Schreibens 1 2 3 4

Herausforderungen der Modellierung zweitsprachlicher/mehrsprachiger Schreibkompetenz Grundlagen der Diagnostik Diagnoseverfahren Fazit

Förderdiagnostische Verfahren ermöglichen eine Diagnose von Aneignungsständen in der Schreibkompetenz sowie den einzelsprachlichen Kompetenzen von DaZ-Lernenden. An die Diagnose kann eine auf den erreichten Aneignungsstand möglichst genau abgestimmte Förderung angeschlossen werden. Im Folgenden werden zunächst Grundlagen der Förderdiagnostik dargelegt, bevor Facetten der Messung von Schreibkompetenz im Kontext migrationsgesellschaftlicher Mehrsprachigkeit diskutiert und in Abschnitt3 einige empirisch gesicherte Diagnoseverfahren1 vorgestellt werden.

1 Herausforderungen der Modellierung zweitsprachlicher/mehrsprachiger Schreibkompetenz Der im Folgenden verwendete Begriff Schreibkompetenz fußt auf dem Schreibkompetenzmodell von Becker-Mrotzek (2014: 54), das Schreibkompetenz „[…] in Form von individuellen Ressourcen [beschreibt], die bei der Textproduktion zum Einsatz kommen“. Schreibkompetenz stellt damit einen Teilbereich der umfassender gedachten Textkompetenz dar2, die Lese- und Schreibkompetenz einschließt (vgl. Schmölzer-Eibinger 2008). Becker-Mrotzeks (2014) Modell beschreibt folgende Ressourcen: – sprachliche Ressourcen (im Anschluss an den Qualifikationenfächer von Ehlich et al. 2005 vor allem morphosyntaktische, semantische und pragmatische Basisqualifikationen); – Schriftkompetenz (Fähigkeit zum Verschriften, Lesekompetenz);

1 Der vorliegende Artikel beschränkt sich aus Platzgründen auf jene Verfahren für den schulischen Kontext, die nach der Alphabetisierung der SchülerInnen zum Einsatz kommen. Einen umfassenden Überblick über Verfahren zur Schuleingangsdiagnostik des Schreibens gibt Schmid-Barkow (2013). Für den tertiären Bereich siehe Zlatkin-Troitschanskaia et al. (2016) und Knappik (2013). 2 In der Forschung zur Diagnostik der Lesekompetenz bei mehrsprachigen SchülerInnen liegen Ergebnisse vor, die zeigen, dass Instrumente zur Erfassung der Lesekompetenz mehrsprachige Aneignungskontexte berücksichtigen müssten, um eine adäquate Aussage ihrer Kompetenz zu erbringen (vgl. Dorner 2013). Aus Platzgründen kann hierauf leider nicht näher eingegangen werden, auch wenn dies aufgrund der vielfältigen Bezüge zwischen Lese- und Schreibkompetenz auch für den vorliegenden Zusammenhang von Interesse wäre. DOI 10.1515/9783110354577-012

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kognitive Ressourcen (im Anschluss an Hayes & Flower 1980 Arbeitsgedächtnis, Langzeitgedächtnis, darüber hinaus Aufmerksamkeit, Fähigkeit zur Perspektivenübernahme, Selbstkonzept, die Fähigkeit zur Herstellung von Kohärenz, Motivation); deklaratives Wissen (Weltwissen und Kommunikationswissen, auch Textsortenwissen).

Dabei ist zu beachten, dass sein Kompetenzmodell eines ist, das monolingual-erstsprachliches Schreiben fokussiert und für den Gegenstand des zweitsprachlichen Schreibens ausdifferenziert werden muss. Zudem handelt es sich noch nicht um ein gestuftes Modell. Für eine Diagnose, die die Grundlage für eine daran anschließende Förderung bilden soll, ist ein Kompetenzstufenmodell anzustreben. Dennoch stellt es in seiner Allgemeinheit und Aktualität einen guten Ausgangspunkt für die folgende Diskussion dar. Zudem schließt es an das Modell der sprachlichen Basisqualifikationen nach Ehlich et al. (2005) an, auf das auch viele der hier vorgestellten Instrumente Bezug nehmen. Schindler & Siebert-Ott (2014), Gantefort (2013) und Gantefort & Roth (2014) weisen darauf hin, dass Schreibkompetenzmodelle für zweitsprachliches oder mehrsprachiges/mehrschriftliches3 Schreiben einen besonders hohen Komplexitätsgrad aufweisen müssen; Schindler & Siebert-Ott (2014) sehen darin und in der erst jüngeren Beschäftigung der Schreibforschung mit diesem Gegenstand einen Grund dafür, dass derzeit noch kaum Modellierungen zweitsprachlichen Schreibens vorliegen; für mehrsprachige Schreibkompetenz, also die Erfassung der Schreibkompetenz in mehreren Sprachen, hat Gantefort (2013) ein empirisch geprüftes Modell vorgelegt, für Besonderheiten zweitsprachlichen Schreibens siehe Grießhabers (2008) Auseinandersetzung mit Hayes & Flower (1980). Einige Facetten der angesprochenen Komplexität der Modellierung zweitsprachlichen/mehrsprachigen Schreibens sollen im Folgenden dargestellt werden.

1.1 Sprachengebundene und sprachenübergreifende Teilkompetenzen In beiden Arten von Schreibkompetenzmodellen, monolingual-erstsprachlichen wie mehrsprachigen/zweitsprachlichen, wird zwischen einzelsprachlich gebundenen sowie sprachenübergreifenden Teilkompetenzen unterschieden; in monolingualerstsprachlichen Modellen werden sprachenübergreifende Teilkompetenzen „kognitiv“ (vs. „sprachlich“) genannt. Zwischen der Entwicklung sprachgebundener und sprachenübergreifender Kompetenzen wird eine Wechselwirkung angenommen (vgl.

3 Woerfel et al. (2014) verwenden den Begriff „Mehrschriftlichkeit“.

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Grießhaber 2005; Feilke 2014); die im Folgenden besprochenen Diagnoseinstrumente versuchen, sowohl sprachgebundene als auch sprachenübergreifende Teilkompetenzen zu erfassen, letzteres oft über den Bereich „Aufgabenbewältigung“. Kognitive Schreibkompetenzen können in den vorliegenden Diagnoseinstrumenten aber nie „direkt“, sondern immer nur auf Grundlage ihrer jeweiligen schriftsprachlichen Realisierung erfasst werden. Dies ist für mehrsprachige Aneignungskontexte ein wichtiger Umstand: Es besteht die Möglichkeit, dass „verdeckte Sprachkompetenzen“ (Gantefort 2013) – in diesem Fall: verdeckte Schreibkompetenzen– übersehen werden. Zum Beispiel kann es bei sog. SeiteneinsteigerInnen der Fall sein, dass sie zwar über eine altersgemäß entwickelte Schreibkompetenz verfügen (sowohl in Bezug auf die sprachlichen Ressourcen ihrer Erstsprache als auch in Bezug auf das deklarative Weltund Kommunikationswissen), dass aber eine Schreibprobe in der neu anzueignenden Zweitsprache über das Ausmaß ihrer Kompetenzen jedoch keine Auskunft gibt. Um dies zu vermeiden, schlägt Gantefort (2013) ein „Modell zur Textproduktion im mehrsprachigen Kontext“ vor, das die Erfassung und Analyse von zwei Schreibproben, in Erst- und Zweitsprache, vorsieht. Dies ist in einigen der unten besprochenen Diagnoseinstrumente möglich, da diese in mehreren Sprachen vorliegen.

1.2 Aneignungskontexte Mit dem erwähnten Beispiel der Schreibkompetenzen von SeiteneinsteigerInnen ist einer von vielen möglichen Aneignungskontexten (vgl. Schindler & Siebert-Ott 2014: 196) von Mehrsprachigkeit in Migrationsgesellschaften4 beschrieben. Eine weitere sehr häufige Aneignungskonstellation betrifft den bilingualen Erstspracherwerb, bei dem Deutsch und eine oder mehrere weitere Sprachen von Anfang an gleichzeitig erworben werden, oder den frühen Zweitspracherwerb, bei dem das Deutsche als weitere Sprache in frühen Jahren hinzukommt und durch die monolingual-deutschsprachige Ausrichtung vieler Bildungseinrichtungen mit den Jahren zu der Sprache wird, in der die Schreibkompetenz am differenziertesten entwickelt wird. In diesem zweiten Aneignungskontext wäre es also wahrscheinlich, dass eine Schreibprobe im Deutschen eine gute Auskunft über die Schreibkompetenz geben kann. Modelle zweitsprachlicher oder mehrsprachiger Schreibkompetenz sollten also zwischen unterschiedlichen Aneignungskontexten unterscheiden, zumindest zwischen dem Aneignungskontext „Seiteneinstieg“ und dem Kontext „Bilingualer Erstspracherwerb/Früher Zweitspracherwerb“.

4 Der Begriff Migrationsgesellschaft wurde von Paul Mecheril mit der Absicht, die Gesellschaft unter der Perspektive der Migration in den Blick nehmen zu können, in den pädagogischen Fachdiskurs eingeführt; s. ausführlich dazu Mecheril (2010: 11).

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1.3 Kritik am Einzelsprachenkonzept Modelle zweitsprachlichen/mehrsprachigen Schreibens sind jedoch noch mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert: Neuere Sprachkonzeptionen kritisieren die Trennung des Sprachvermögens eines mehrsprachigen Menschen in isolierte Einzelsprachen als künstlich und nicht der realen Sprachverwendung angemessen (Makoni & Pennycook 2006). Sprachen werden in einem Kontext lebensweltlicher Mehrsprachigkeit (Gogolin 2004) nicht isoliert voneinander angeeignet oder verwendet. Daher sehen etwa Busch (2013) die „Sprachigkeit“ oder García & Sánchez (2015) den „emergent bilingualism“ eines Kindes als passendere begriffliche Kategorien. Diese Begriffe gehen nicht allein von einer Addition mehrerer Einzelsprachen aus, sondern vielmehr von einer Verschränkung der Sprachen miteinander. Aus dieser Perspektive betrachtet ist die Einteilung der Sprachen in Erstsprache(n) und Zweitsprache eher künstlich. Um ein getreues Bild der Gesamtsprach(en)kompetenz und in Folge der Schreibkompetenz von Kindern und Jugendlichen zu erhalten, wären migrationsgesellschaftliche Sprachformen und -verwendungsweisen in die Diagnose einzubeziehen (Dirim 2015), z.  B. im Sinne von Berücksichtigung von Interferenzen (Dirim 2005). Über solche Einzelfragen hinaus gibt es jedoch langjährige Überlegungen zum Einbezug des Gesamtrepertoires von Sprachen in den Unterricht (Dirim 1998; 1999; 2001), nicht nur im deutschsprachigen Diskurs, wie beispielsweise die Veröffentlichungen von García & Sánchez (2015) zum „(trans-)languaging“ zeigen. Eine ungelöste Frage stellt demnach die Erfassung und Bewertung von Nonstandardphänomenen dar. Erste empirische Evidenz für die Notwendigkeit der Berücksichtigung von eigenständigen Entwicklungen von Migrationssprachen, die auf Grund des Einflusses des Deutschen, weiterer Sprachen, der fehlenden Unterweisung in den Migrationssprachen und der geographischen Entfernung der Gebiete, in denen diese Sprachen teils Amtssprachen sind, zustande kommen, liefert u.  a. die Analyse von zehn Schreibproben von Jugendlichen. Die mit dem Instrument ‚Bumerang‘ (s.  u.) erhobenen Schreibproben zeigen, dass es in dem türkischen Repertoire, das in Hamburg verwendet wird, zu Schreibungen kommt, die vom Gebrauch des Türkeitürkischen in unterschiedlichen Bereichen möglicherweise systematisch abweichen (Dirim 2009). Noch sind im Bereich der Schreibkompetenzdiagnose Antworten auf Fragen danach, wie derlei migrationsgesellschaftliche Neuformationen der Sprachen systematisch erfasst und bewertet werden sollten, völlig offen, beispielsweise wie sich migrationsgesellschaftliche Formationen des Deutschen (vgl. Wiese 2012) von LernerInnenphänomenen unterscheiden und bewerten lassen könnten (Dirim 2009). Inwiefern Interferenzen oder Sprachkontaktphänomene Indikatoren für einen bestimmten Sprachstand sind, ist ebenfalls noch zu klären.

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1.4 Komplexe Grammatik Ein weiteres Desiderat für die Diagnose zweitsprachlicher/mehrsprachiger Schreibkompetenz formulieren Schindler & Siebert-Ott (2014) auf der Grundlage der Forschungsergebnisse von Thoma & Tracy (2006), Haberzettl (2009) und Cantone & Haberzettl (2008; 2009): die Erfassung von Kompetenzen der Herstellung von Kohärenz mit Hilfe von komplexerer Grammatik. Bei ihren Analysen von SchülerInnentexten der Sekundarstufe 2 zeigte sich, dass die Schwierigkeiten der SchülerInnen nicht im Bereich der „Kerngrammatik“ liegen, da diese in diesem Alter bei einer langen Beschulung in dieser Sprache als sicher angeeignet gelten kann. In den Texten zeigte sich aber ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf komplexere morphosyntaktische Strukturen, etwa im Bereich komplexer Nebensätze und im Bereich der Pronominalisierung: Die SchülerInnen schienen bevorzugt die sprachlichen Mittel zu verwenden, die sie sicher beherrschten – mit der Konsequenz, dass ihre Texte keine angemessene Verwobenheit aufwiesen, für die die Verwendung komplexerer Grammatik hilfreich sein könnte. Für ein gestuftes Kompetenzmodell zweitsprachlichen/ mehrsprachigen Schreibens ergibt sich also die Konsequenz, für die Sekundarstufe2 gezielt die Ebene der Herstellung von Kohärenz durch komplexere grammatische Mittel zu fokussieren und durch die Förderung der sprachlichen Ressourcen in entsprechender Komplexitätsstufe eine Ausdifferenzierung der Schreibkompetenz anzubahnen.

2 Grundlagen der Diagnostik 2.1 Prinzipien der Förderdiagnostik, Ziele der Diagnose Förderdiagnostik folgt den Prinzipien der Prozess- und Ressourcenorientierung. Das bedeutet, dass der förderdiagnostische Blick auf das Können des Schülers/der Schülerin gerichtet ist. Ein Diagnoseverfahren in diesem Sinne wird eingesetzt, um den Aneignungsstand des Schülers/der Schülerin in einem bestimmten Bereich möglichst gut und differenziert beschreiben zu können, mit dem Ziel, sie oder ihn mit daran anschließenden, passgenauen Förderangeboten in der weiteren Aneignung zu unterstützen. Dem liegt die Einsicht zugrunde, dass sich Sprachaneignung in festen Abfolgen vollzieht, die nicht übersprungen werden können (Pienemann 1984). Jeder erreichte Aneignungsschritt ist also notwendig und ermöglicht dem/der SchülerIn, in der Aneignung voranzuschreiten. Die daran ansetzende Förderung versucht nicht in erster Linie Fehler auszubessern, sondern bietet Material und Aufgaben an, die dem/der SchülerIn helfen, in die „Zone der nächsten Entwicklung“ (Vygotskij 2002) vorzudringen. Im Bereich von mehrsprachiger Sprachaneignung ist es sowohl für zusätzliche Förderangebote als auch für die Planung des regulären Unter-

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richts5 empfehlenswert, Lernziele diagnosebasiert zu bestimmen, da sonst allzu schnell eine erstsprachlich altersgemäße Norm als Maßstab dient und Äußerungen und Textproduktionen von DaZ-Lernenden schnell als Abweichung und Defizit erscheinen, auch wenn sie Aneignungsleistungen zeigen (vgl. zur Forderung der diagnosebasierten Unterrichtsplanung Gibbons 2002, Lange & Gogolin 2010). Zudem können Fortschritte in der Sprachaneignung durch begleitende förderdiagnostische Verfahren zuverlässiger bestimmt werden: ein hoher Motivationsfaktor für SchülerInnen und Lehrkräfte.

2.2 Anforderungen an Diagnoseverfahren Mit den „Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung“ von Ehlich et al. (2005) existiert heute ein Standard für die Qualität von Diagnoseverfahren. Es erscheint zweckmäßig, diese auch für den Bereich der Diagnose zweitsprachlichen Schreibens anzusetzen und gegebenenfalls zu modifizieren. Der Anforderungskatalog umfasst die folgenden Aspekte: 1. Umfassendes Sprachverständnis: Als Grundlage für einen umfassenden Sprachbegriff schlagen Ehlich et al. (2005) das Modell der Basisqualifikationen vor, in dem phonische, pragmatische, semantische, diskursive, morphosyntaktische und literale Basisqualifikationen beschrieben sind. 2. Einhaltung der testtheoretischen Gütekriterien Validität, Reliabilität und Objektivität: Diese grundlegende Forderung bedeutet, dass diagnostische Verfahren empirisch entwickelt und geprüft werden müssen. Daher ist es notwendig, dass ein Instrument auch tatsächlich das misst, was es messen soll (Validität) und dies in ausreichend genauer Weise (Reliabilität); und dass die Ergebnisse unabhängig von den Rahmenbedingungen, also z.  B. unabhängig von der durchführenden Person, gleich ausfallen (Objektivität). Empirisch entwickelte Verfahren sind daran zu erkennen, dass in ihrer Beschreibung Auskunft über die Entwicklungsund Prüfschritte und die Ergebnisse der Prüfung gegeben wird. 3. Mehrsprachigkeit: Instrumente sollten idealerweise das gesamte Sprachenrepertoire der SchülerInnen und Kinder berücksichtigen. 4. Die geforderte Bezugnahme auf die Basisqualifikationen entspricht der Tatsache, dass die Komplexität des Aneignungsprozesses von Schreib- und Sprachkompetenz nicht durch eine Beschränkung auf einzelne Teilkomponenten abgebildet

5 Dieser Artikel folgt der von Reich (2008) vorgeschlagenen Unterscheidung, dass sprachliche Bildung oder Sprachbildung Angebote meint, die sich an alle SchülerInnen richten und Sprachförderung, Förderangebote etc. Angebote meint, die sich an SchülerInnen richten, bei denen ein spezifischerer Förderbedarf besteht, der durch die Angebote zur sprachlichen Bildung nicht ausreichend gedeckt wird.

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werden kann. So sind Diagnoseverfahren abzulehnen, die etwa die Rechtschreibentwicklung als Indikator für den Schriftspracherwerb im Sinne von Schreibkompetenz ansetzen.

2.3 Verfahrenstypen Es können Beobachtungsverfahren, Profilanalysen, Testverfahren und Schätzverfahren unterschieden werden (vgl. Döll & Dirim 2011: 158). 1. Beobachtungsverfahren sind für einen breiten Überblick gedacht. Sie sind trotz der umfassenden Anlage handhabbar gestaltet und sollten sich gut in den Alltag einer Institution integrieren lassen. Beobachtungsverfahren setzen bei den täglichen Sprachhandlungen (mündlich und schriftlich) der SchülerInnen an und benötigen keinen spezifischen Sprech- oder Schreibimpuls. 2. Profilanalysen bieten einen detaillierteren Einblick in die Sprachkompetenz eines Schülers oder einer Schülerin. Ausgangspunkt bildet eine durch einen Impuls elizitierte Sprachprobe (schriftlich oder mündlich). Die Ergebnisdokumentation erfolgt in Form eines individuellen Profils, das eine hohe Genauigkeit und Differenziertheit aufweist und eine gute Grundlage für die individuelle Förderplanung darstellt. 3. Tests, z.  B. C-Tests, sind stark standardisierte Verfahren, die zwar schnell durchführbar sind, jedoch keine qualitativen Auskünfte über Sprachstände geben, sondern eher eine Einschätzung des Abstands zu einer Norm erlauben. Aufgrund ihrer fehlenden Detailliertheit sind Tests als Grundlage für die Förderung ungeeignet. 4. Schätzverfahren sind meist Fragebögen, die die Feststellung des Sprachstands durch Selbst- oder Fremdeinschätzung vorsehen. Sie sind zu wenig detailliert oder exakt für eine anschließende Förderung. Zudem ist zu beachten, dass viele Kompetenzen als prozedurales Wissen vorliegen und Selbstauskünfte darüber oft nicht möglich sind. Daneben existieren zahlreiche Verfahren, die nicht empirisch geprüft wurden und/ oder zumindest keine Angaben über ihre Entwicklung und Prüfung geben. Diese Verfahren können Anregungen für die pädagogische Praxis geben und sind in den meisten Fällen heuristisch wertvoll. Die Darstellung in Abschnitt3 konzentriert sich auf empirisch entwickelte und geprüfte Verfahren.

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3 Diagnoseverfahren Empirisch geprüfte Diagnoseverfahren für das Schreiben existieren in Bezug auf DaZ vor allem in Form bzw. als Teil von Verfahren zur Feststellung von Sprachaneignungsständen. Entsprechend der Bedeutung von bildungssprachlicher, d.  h. konzeptionell schriftsprachlicher Sprachaneignung wird in einigen Verfahren auf Textkompetenz fokussiert (vgl. Gantefort & Roth 2010)6, von denen im Folgenden einige geordnet nach Schulstufen vorgestellt werden.

Primarstufe Profilanalyse nach Grießhaber (2002–2006, 2005, 2010) Das Instrument „Profilanalyse“ (im Folgenden benannt...


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