Nord-Süd-Konflikt, Modernisierungstheorie, Dependenztheorie PDF

Title Nord-Süd-Konflikt, Modernisierungstheorie, Dependenztheorie
Course Einführung in die internationalen Beziehungen
Institution Universität Bremen
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Vorlesungsmitschrift...


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IB Klausurvorbereitung Nord-Süd-Konflikt • Entstehung globaler Gegensätze nach WK II: → „Ost-West-Konflikt“; „Nord-Süd-Konflikt“ • Entstehungskontext des Nord-Süd-Konflikts: – Entkolonialisierung in Afrika und Asien – zunehmendes globales Armutsgefälle • Konfliktlinien: – reiche, hochentwickelte Industrieländer des Nordens vs. arme Agrarstaaten des Südens – Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftskrisen, Klima- und Naturkatastrophen, Kolonialismus, Handelsbeziehungen: Gründe oder Folgen globaler Ungleichheit? – Kritik am Entwicklungsbegriff: Angemessenheit von Wirtschaftswachstum als zentrales Kriterium der Bewertung von Gesellschaften? Modernisierungstheorie • 1950er Jahre, USA • zentrales Thema: sozio-ökonomische Entwicklung einer Gesellschaft • zentrale Handlungsarena: Politik, Kultur und Technik als Determinanten sozio-ökonomischer Entwicklung • Grundbegriffe: Modernisierung; Tradition vs. Moderne • Grundannahmen: – Entwicklung der „Dritten Welt“ nach westlichem Vorbild (Max Weber: okzidentaler Rationalismus) – Modernisierung als universeller, linearer, gerichteter Prozess – gestufte Entwicklung von traditionellen in moderne Gesellschaften – Treiber der Entwicklung: Wirtschaftswachstum – Ziel der Entwicklung: Massenkonsum – Zentrum der Analyse: ∗ Reformen wie die Demokratisierung des politischen Systems ∗ Wandel subjektiver Einstellungen ∗ kulturelle Faktoren – agierende Handlungseinheiten: innergesellschaftliche Gruppen, Regierungen – Struktur: Gesellschaft – Prozess: Modernisierung – zentrales Problem: Traditionalismus; Unterentwicklung – Lösung: Modernisierung, gerichtete sozio-ökonomische Entwicklung aufgrund politischer, kultureller und technischer Faktoren • Besonderheiten: – IB-Relevanz trotz Fokus auf Entwicklung nationaler Gesellschaften – großer Einfluss auf Nachkriegs-Außenpolitik der USA → Modernisierungstheorie als Blaupause damaliger US-Entwicklungspolitik • Schlüsselwerk: W. W. Rostow (1960): The Stages of Economic Growth: A Non-Communist Manifesto – 5 Stufen ökonomischer Entwicklung von Staaten: ∗ Traditional Society ∗ Preconditions to „take-off“ ∗ Take-off ∗ Drive to Maturity ∗ Age of Mass Consumption Dependenztheorie • Entstehungskontext: – 60er und 70er Jahre, v.A. in Lateinamerika – in Abgrenzung zur (liberalen) Modernisierungstheorie

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– Situation ehemaliger Kolonien: politische Unabhängigkeit vs. ökonomische Abhängigkeit – Forderungen nach Neuer Weltwirtschaftsordnung (NWWO): ∗ erleichterter Zugang von Waren aus dem Süden zu Märkten im Norden ∗ angemessenere Exportpreise für Rohstoffe des Südens ∗ Erhöhung offizieller Entwicklungshilfe (0,7% des BIP) ∗ Schuldennachlässe für Staaten des Südens ∗ Industrialisierung des Südens, z.B. durch Technologie Transfers ∗ verstärkte Kontrolle multinationaler Konzerne ∗ Reform internationaler Entscheidungsstrukturen, insbesondere des Internationalen Währungsfonds („Sonderziehungsrechte“) Charakterisierungen der Theorie: – Entwicklungstheorie (wie auch Modernisierungstheorie) – „moderne Form der marxistischen Imperialismustheorien“ Zentrale Themen, Fokus der Analyse – globale wirtschaftliche Ungleichheit – (Unter-)Entwicklung Zentrale Handlungsarenen: – Welthandel, globale Wirtschaftsbeziehungen – je nach Theorie-Variante: Innenpolitik Grundbegriffe: – Dependenz – Güteraustauschverhältnis – „ungleicher Tausch“ – Zentrum und Peripherie Grundannahmen: – „Entwicklung der Unterentwicklung“ (Frank), keine Modernisierung – Existenz zweier Wirtschaftszonen: ∗ Zentrum (v.a. Produktion industriell gefertigter Güter: Maschinen, Anlagen, Elektrogeräte, Fahrzeuge etc.) ∗ Peripherie (v.a. Landwirtschaft, Fischerei, Bergbau (Primärgüter- bzw. Urproduktion)) ∗ → Abhängigkeit der Peripherie vom Zentrum langfristige Verschlechterung des Güteraustauschverhältnisses der Peripherie im Handel mit Zentrum – aufgrund ungleicher Preisentwicklung in Zentrum und Peripherie → „ungleicher Tausch“ – Verfall der Preise der aus der Peripherie exportierten Rohstoffe – Steigerung der Preise der in die Peripherie importierten Fertigprodukte und Investitionsgüter – → Prebisch-Singer-These 1949 als Basis der Dependenztheorie Weitere Grundannahmen: – Dependenz ist auf äußere Faktoren (Kolonialismus) zurückzuführen (strukturalistische Dependenztheorien) – oder: Dependenz ist v.a. auf innere Faktoren (innenpolitische Entscheidungen) zurückzuführen (Theorien historisch kontingenter Dependenz) Strukturalistische Dependenztheorien – Theorie des strukturellen Imperialismus (Frank, Galtung) ∗ kausaler Zusammenhang zwischen Armut in der Peripherie und Wohlstand im Zentrum ∗ 3 Stadien der Ausbeutung: · Ausplünderung der P. durch Kolonialisten · ungleicher Tausch · Internalisierung rückständiger Strukturen in der P. ∗ Abhängigkeit der Peripherie vom Zentrum als (indirekt wirkende, nicht vom handelnden Subjekt ausgeübte) strukturelle Gewalt

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∗ Ausbeutung der Peripherie durch Privilegierte im Zentrum mit Unterstützung der Privilegierten in der Peripherie („Brückenköpfe“) sowie, als Profiteure der Ausbeutung, der Mehrheit im Zentrum – Weltsystemtheorie (Wallerstein, s.u.) – Handlungseinheiten mit Akteurstatus: Keine – Struktur und Prozess: fallen tendenziell in eines: imperialistische Weltwirtschaft – zentrales Problem: ökonomische Abhängigkeit der Peripherie, strukturelle Gewalt der WWs – Lösung: Abwesenheit struktureller Gewalt, d.h. durch positiven Akivismus herbeigeführter positiver Frieden • Theorien historisch kontingenter Dependenz – auf Kolonialismus zurückführbare, aber v.a.durch innenpol. Entscheidungen herbeigeführte Dependenz ∗ politisch gewollte Heterogenität zwischen lokaler und weltmarktorientierter Produktion ∗ politisch gewolltes Fehlen eines Massenkonsum-Marktes ∗ politisch gewollter Import von Investitionsgütern – Überwindbarkeit ökonomischer Abhängigkeit durch politische Maßnahmen: ∗ politisch gewollte Schaffung eines Binnenmarktes ∗ politisch gewollter Abbau der strukturellen Heterogenität der Volkswirtschaften – Handlungseinheiten mit Akteurstatus: v.a. Regierungen – Struktur: Welthandel, Weltwirtschaft – Prozess: (nationale und internationale) Handels- und Wirtschaftspolitik – zentrales Problem: ökonomische Abhängigkeit der Peripherie; politische Fehlentscheidungen in der Peripherie – Lösung: politische Änderung ökonomischer Rahmenbedingungen in der Peripherie • Weltsystemtheorie – Charakterisierung: Variante strukturalistischer Dependenztheorie – Ausgangsfrage: Wieso nimmt die Armut im Süden zu, wieso ist Unterentwicklung von Dauer? – Zentraler Begriff: modernes Weltsystem – Zentrale Annahmen: ∗ Existenz von nur zwei (drei) Arten sozialer Systeme · autonome Subsistenzwirtschaften (relativ klein) · Weltsystem (relativ groß) · nur der Möglichkeit nach: sozialistische Weltregierung ∗ Merkmale eines Weltsystems: · Grenzen, Strukturen, Gruppen, Legitimationsregeln, Kohärenz, Lebenszeit · interne Entwicklungsdynamik (Vorteilsstreben von Gruppen) ∗ Typen von Weltsystemen: · mit einem einzigen politischen System: Weltreich · ohne ein einziges politisches System: Weltwirtschaft ∗ Entstehung des modernen WS im 16. Jh. als → kapitalistische Weltwirtschaft ∗ Kapitalismus: · profitmaximierende Produktion für Absatz auf Weltmarkt · Distribution wichtiger als Produktionsverhältnisse (Differenz zu Marx) – Weitere zentrale Annahmen: ∗ Merkmale des modernen Weltsystems (kapitalistische Weltwirtschaft) · kapitalistische Produktionsweise · souveräne Staaten · funktionale und geographische Arbeitsteilung → Hierarchie: · Bevorzugte Gebiete: Zentrum; benachteiligt: Peripherie; Dazwischen: Semiperipherie (beutet aus und wird ausgebeutet)

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∗ Positionierung in der Hierarchie ist abhängig von · der Komplexität wirtschaftlicher Unternehmungen · dem Ausmaß der kulturellen Integration · der Stärke des Staatsapparats ∗ Ausbeutung der Peripherie über Welthandel aufgrund unterschiedlicher Stärke von Staaten ∗ Unterentwicklung: Folge der Zugehörigkeit zur Peripherie – Zentrales Problem: strukturell asymmetrische Weltwirtschaft – Lösung: Überwindung kapitalistischer Weltwirtschaft – Kritik: ∗ Verhältnis von Weltmarkt und Staatensystem zu deterministisch konzipiert: Staatensystem als Ausdruck kapitalistischen Akkumulationsprozesses = ökonomischer Reduktionismus und Vernachlässigung politischer Prozesse ∗ keine Erklärung großer Kriege • Zusammenfassung: – Die Modernisierungstheorie prognostiziert eine gerichtete Stufen-Entwicklung traditionaler Gesellschaften der Dritten Welt nach westlichem Vorbild in moderne MassenkonsumGesellschaften – Wirtschaftliche Modernisierungen auf der Grundlage politischer, kultureller und technischer Faktoren gilt ihr als die Lösung des Problems der Unterentwicklung – Modernisierungstheorie und Dependenztheorien sind Entwicklungstheorien; Wallersteins Weltsystem-Ansatz ist eine strukturalistische Dependenztheorie – „Ungleicher Tausch“ zwischen Zentrum und Peripherie – Verfall der Preise der aus dem Süden exportierten und Steigerung der Preise der vom Süden importierten Güter – ist aus dependenztheoretischer Perspektive zentral für globale Ungleichheit – Strukturalistische Dependenztheorien führen die ökonomische Abhängigkeit armer Staaten des globalen Südens (Peripherie) von den reichen Staaten des globalen Nordens (Zentrum) auf Kolonialismus zurück. Weniger strukturalistisch argumentierende Dependenztheorien nehmen vor allem innenpolitische (Fehl-)Entscheidungen in der Peripherie in den Blick

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