Subsumtionstechnik PDF

Title Subsumtionstechnik
Author Sophia Chi
Course Staatsorganisationrecht
Institution Universität Rostock
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Summary

Zusammenfassung für Aufbau Gutachten und Subsumsionstechnik...


Description

AG#VerfR#I#WS#2017/18#

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Subsumtionstechnik Subsumtion und Subsumtionstechnik •# Subsumtionstechnik = juristische Gutachtentechnik, die beherrscht werden MUSS! Sie besteht aus dem Vierschritt Obersatz-DefinitionSubsumtion-Ergebnis •# Subsumtion = Dritter Schritt in der Subsumtionstechnik. Unterordnung eines konkret zu beurteilenden Lebenssachverhaltes unter die gesetzlichen Merkmale – also den Tatbestand – einer Norm , die im ersten Schritt genannt und im zweiten Schritt definiert wurden. •# Es muss auch im öffentlichen Recht subsumiert werden, somit auch im Verfassungsrecht! •# Ein ordentlicher Subsumtionsstil ist letztlich das A und O der Klausur und führt den Bearbeiter zu den Problemen des Falles. •# Bilden Sie immer ordentliche Obersätze! Die Obersätze stellen eine Hypothese auf, die es dann zu „beweisen“ gilt. Beispiel: „Der Ausspruch ‚Soldaten sind Mörder’ könnte von der Meinungsfreiheit des Art. 5 I 1 GG gedeckt sein“. •# Obersätze lassen sich bereits mit den (Tatbestands-)Voraussetzungen verbinden, die vorliegen müssen, damit die zu „beweisende“ Hypothese am Ende auch gültig ist. In einigen Lehrbüchern/Skripten wird daher der erste Schritt (Obersatz) in zwei Schritte (Obersatz und Tatbestandsmerkmale) aufgesplittet. Letztlich ist dies nur eine Stilfrage, da hier wie dort die gleichen Schritte vollzogen werden und die Tatbestandsvoraussetzungen ja spätestens im Rahmen der Definition aufgeschlüsselt werden muss. Im o.g. Beispiel ließe sich der Obersatz wie folgt mit den Tatbestandsvoraussetzungen kombinieren: „Der Ausspruch ‚Soldaten sind Mörder’ könnte von der Meinungsfreiheit des Art. 5 I 1 GG gedeckt sein, wenn es sich bei diesen Worten um eine Meinung handeln würde“. Man sieht, dass sich dieses Beispiel („Es könnte von der Meinungsfreiheit gedeckt sein, wenn es sich um eine Meinung handelt“) „tautologisch“ anhört (Eine Tautologie ist z.B. „Der alte Greis“, „Der runde Kreis“ Greise sind immer alt, Kreise immer rund). Daher findet in solchen Fällen, in denen die Hypothese, also die zu erreichende Rechtsfolge, nur von dem Vorliegen eines Tatbestandsmerkmales bestimmt wird und die zu erreichende Rechtsfolge schon die Voraussetzung mehr oder minder in sich trägt, oftmals keine Verbindung von Obersatz und Tatbestandsvoraussetzung statt. Gibt es allerdings zwei oder mehrere Tatbestandsvoraussetzungen oder trägt – bei einer Tatbestandsvoraussetzung – der Obersatz die Rechtsfolge nicht bereits in sich, kommt man so gut wie nie in die Bredouille, dass sich der Obersatz „tautologisch“ anhören könnte. Beispiel: „Der Beschwerdeführer könnte grundrechtsmündig sein, wenn er grundrechtsfähig ist und die Tragweite seiner Rechteausübung erkennen und bewerten kann“. Hier #

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wurde der Obersatz („Der Beschwerdeführer könnte grundrechtsmündig sein“) mit den Voraussetzungen (erstens: Grundrechtsfähigkeit; zweitens: Erkennen- und Bewerten können der Tragweite seiner Grundrechteausübung) verbunden und in diesem Beispiel macht es auch Sinn. Genauso gut könnte man aber Obersatz und Nennung der Tatbestandsvoraussetzungen trennen. Ebenso gut kann man auch in den Fällen, in denen es nur eine Tatbestandsvoraussetzung gibt, Obersatz und Tatbestandsvoraussetzungen nennen, auch wenn sich das Ganze tautologisch anhört, nicht aber in jedem Fall anhören muss. Hier ist vieles richtig und wenig falsch. Es kommt letztlich darauf an, ein „Gefühl“ dafür zu entwickeln. Plump formuliert: Es sollte sich möglichst „elegant“ anhören. •# Der erste Obersatz sollte bereits am Beginn Ihrer Bearbeitung stehen und die Fallfrage aufgreifen. Beispiel: Die Fallfrage lautet: „Hat die Verfassungsbeschwerde des K (Aussicht auf) Erfolg?“. Ihr Gutachten beginnt dann mit: „Die Verfassungsbeschwerde hat (Aussicht auf) Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.“1 Sie sehen: Hier wurde einmal mehr Obersatz und Tatbestandsvoraussetzungen (da es hier zwei gibt – Zulässigkeit und Begründetheit) verbunden. Genauso gut könnten Sie daher schreiben: „Die Verfassungsbeschwerde könnte Aussicht auf Erfolg haben“. Fragestellung: •# Achten Sie genau auf die Fallfrage und antworten Sie konkret darauf! Dieser Fehler wird sehr häufig gemacht und kostet Zeit und Punkte in der Klausur! •# Werden mehrere Fragen gestellt, sollte die Gliederung der Fragestellung folgen! Wird z.B. in Frage 1 nach der Begründetheit, in Frage 2 nach der Zulässigkeit gefragt, dann antworten Sie bitte auch in der Reihenfolge. Technik (Treppenstufen): •# 1. Satz: Obersatz + Voraussetzungen: Rechtsfolge B könnte vorliegen, wenn A erfüllt ist •# (1. Satz alternativ: Es könnte Rechtsfolge B vorliegen; die Voraussetzungen wären dann in einem zweiten Schritt zu nennen, was dann insgesamt ein fünfschrittiges Subsumtionsschema ergeben würde) •# 2. Satz: Definition: Nennt die Voraussetzungen, unter denen A erfüllt ist. •# 3. Satz: Subsumtion: Subsumiert den Sachverhalt unter die benannten Voraussetzungen. •# 4. Satz: Ergebnis: Ergebnis der Subsumtion. Beispiel 1: ############################################ 1 Hinweis: Darüber, ob es „Erfolg“ oder „Aussicht auf Erfolg“ heißt, scheiden sich die Geister. Beide Antworten sind richtig! #

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Sachverhalt: Fallfrage:

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A und B verabreden sich, nachmittags am Osterdeich zu grillen, wenn das Wetter schön ist. Am Nachmittag regnet es in Strömen und die Sonne ist nicht zu sehen. Gehen A und B grillen?

1. Obersatz: A und B gehen grillen, wenn das Wetter schön ist. 2. Definition: Das Wetter ist schön, wenn die Sonne scheint.2 3. Subsumtion: Es regnet und die Sonne scheint nicht. Das Wetter ist schlecht und nicht schön. 4. Ergebnis: A und B gehen nicht grillen. Nun kann es Fälle geben (zugegeben: das wird später die Regel sein!), in denen sich das einfache Schema so nicht durchhalten lässt, weil man merkt, dass es mehrere Tatbestandsvoraussetzungen gibt oder dass das Vorliegen einiger Tatbestandsmerkmale wiederum von anderen Tatbestandsmerkmalen abhängt. In diesem Fall muss man – recht simpel – den bekannten Vierschritt nur hintereinander legen oder eben verschachteln. Das sieht auf den ersten Blick vielleicht schwierig aus, geht mit einiger Übung aber „in Fleisch und Blut“ über. Es sieht dann in etwa so aus: Obersatz + Tatbestandsmerkmale 1 Definition 1 Obersatz 2 Definition 2 Subsumtion 2 Ergebnis 2 Obersatz 3 Definition 3 Subsumtion 3 Ergebnis 3 Obersatz + Tatbestandsmerkmale 4 Definition 4 Obersatz 5 Definition 5 Subsumtion 5 Ergebnis 5 Obersatz 6 Definition 6 Subsumtion 6 Ergebnis 6 ############################################ 2 Achtung! Ob das Wetter schön ist, wenn die Sonne scheint, ist natürlich Ansichtssache bzw. ob es nicht auch „schön“ sein kann, wenn es regnet. Hier befinden wir uns in einer typischen Situation. Im Rahmen der Definition müssen Juristen ggf. Begriffe wertend auslegen. Das kann in die eine oder andere Richtung erfolgen. #

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Subsumtion 4 Ergebnis 4 Subsumtion 1 Ergebnis 1 Auch dieses verwirrende abstrakte Beispiel soll nun „mit Leben gefüllt“ werden: Beispiel 2: Sachverhalt: Fallfrage:

X, der die Deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, betreibt einen Spielwarenladen und bestreitet mit den Einnahmen seinen Lebensunterhalt Handelt es sich bei dem Betriebt des Spielwarenladens um eine von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Tätigkeit?

OBERSATZ 1: Der Betrieb eines Spielwarenladens ist eine von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Tätigkeit, wenn der Schutzbereich eröffnet ist. DEFINITION 1: Der Schutzbereich ist insgesamt eröffnet, wenn sowohl der persönliche als auch der Sachliche Schutzbereich eröffnet ist. OBERSATZ 2: Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn A Deutscher ist. DEFINITION 2: A ist Deutscher, wenn die Kriterien des Art. 116 I GG vorliegen. SUBSUMTION 2: A besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist daher Deutscher. ERGEBNIS: 2: Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet. OBERSATZ 3: Der sachliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn es sich um einen Beruf handelt. DEFINITION 3: Es handelt sich um einen Beruf, wenn die Tätigkeit auf Dauer ausgeübt wird, auf Erwerb gerichtet ist, zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage beiträgt und nicht schlichtweg gemeinschädlich ist. OBERSATZ 4: Die Tätigkeit ist auf Dauer ausgeübt, wenn sie sich nicht in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft. DEFINITION 4: Die Tätigkeit erschöpft sich in einem einmaligen Erwerbsakt, wenn es nicht das Ziel des Ausübenden ist, die Tätigkeit mehrmals auszuüben. SUBSUMTION 4: Es ist nicht ersichtlich, dass V die Tätigkeit nur einmalig ausüben will. Da er „einen Laden eröffnet“, ist davon auszugehen, dass er nicht nach dem Verkauf eines Spielwarenteils wieder schließt. ERGEBNIS 4: Die Tätigkeit ist auf Dauer angelegt. OBERSATZ 5: Die Tätigkeit müsste auf Erwerb gerichtet sein. DEFINITION 5: Auf Erwerb ist die Tätigkeit gerichtet, wenn derjenige, der sie ausübt, damit Einnahmen erzielen will. #

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SUBSUMTION 5: Mangels entgegenstehender Angaben ist davon auszugehen, dass der V die Spielwaren verkauft und das auch mit Preisen, die über dem Einkaufspreis liegen. ERGEBNIS 5: Damit ist die Tätigkeit auch auf Erwerb gerichtet. OBERSATZ 6: Die Tätigkeit müsste zur Sicherung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienen. DEFINITION 6: Die Tätigkeit dient dann zur Sicherung und Erhaltung einer Lebensgrundlage, wenn der die Tätigkeit ausübende vorhat, mindestens seine Lebenserhaltungskosten aus der Tätigkeit ganz oder teilweise zu finanzieren. SUBSUMTION 6: Da auch insoweit nichts gegenteiliges erkennbar ist, muss davon ausgegangen werden, dass der V den Spielwarenladen nicht nur „zum Spaß“ betreibt, sondern hieraus auch seinen Lebensunterhalt bestreiten will. ERGEBNIS 6: Damit dient die Tätigkeit auch der Sicherung und Erhaltung der Lebensgrundlage. OBERSATZ 7: Die Tätigkeit dürfte nicht schlichtweg gemeinschädlich sein. DEFINITION 7: Die Tätigkeit wäre schlichtweg gemeinschädlich, wenn sie von ihrer Art oder ihrem Wesen her verboten sein muss, ohne dass es einer geschriebenen Norm bedürfte, die dies zum Ausdruck bringt, wenn die Tätigkeit also dem natürlichen Anstandsgefühl der Bevölkerung widerspräche. SUBSUMTION 7: Die Tätigkeit eines Spielwarenhändlers begegnet vor dem Hintergrund der potentiellen Gemeinschädlichkeit keinerlei Bedenken. ERGEBNIS 7: Die Tätigkeit ist nicht schlichtweg gemeinschädlich. SUBSUMTION 3: Die Tätigkeit des Spielwarenhändlers des V ist auf Erwerb gerichtet, auf Dauer ausgeübt, dient der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage und ist nicht schlichtweg gemeinschädlich. Es liegt ein Ergebnis vor ERGEBNIS 3: Damit ist auch der sachliche Schutzbereich eröffnet. SUBSUMTION 1: Der persönliche und sachliche Schutzbereich sind eröffnet. Damit ist der Schutzbereich der Berufsfreiheit insgesamt eröffnet. ERGEBNIS 1: Der Betrieb des Spielwarenladens ist daher ein vom Grundrecht der Berufsfreiheit geschütztes Verhalten. Dieses Beispiel einer Subsumtion ist auf größtmögliche Vollständigkeit „getrimmt“ und für eine (ökonomische) Falllösung fast nicht mehr geeignet. Daran sollte exemplifiziert werden, dass das Subsumtionsschema theoretisch „von vorn bis hinten“ durchgehalten werden könnte. Selbst im o.g. Schema ließe es sich allerdings noch weiter ausdifferenzieren. Wann ist das Anstandsgefühl der Bevölkerung verletzt? Wann ist die „Lebensgrundlage“ betroffen? Man kann hier – sprichwörtlich – vom hundertsten ins tausendste gelangen! Das kann von Nie#

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mandem in der Falllösung verlangt werden. Genauso kann von einem Sachverhalt niemals größtmögliche Vollständigkeit „verlangt“ werden. Wie auch im o.g. Beispiel gesehen kommt es oft vor, dass dem Sachverhalt einige Dinge unterstellt werden müssen, soweit keine gegenteiligen Angaben vorhanden sind. Man nennt dies „lebensnahe Sachverhaltsauslegung“, die dann streng von der umgangssprachlich „Sachverhaltsquetsche“ genannten Situation unterschieden werden muss, in denen Fallbearbeiterinnen und -bearbeiter versuchen, bestimmte Dinge in den Sachverhalt hinein zu interpretieren, die nicht einfach unterstellt werden können. Die Grenzen könnten manchmal fließend sein. Genauso fließend, wie die Grenzen zwischen der Notwendigkeit weiterer „Unterschachtelungen“ und der Situation, dass nun „einfach nur noch“ subsummiert werden muss. Rechtstechnisch müsste man sich stets die Frage stellen, ob man es mit einem „normativen“ oder „deskriptiven“ Tatbestandsmerkmal im Punkt „Definition“ zu tun hat. Übersetzt: ob man das Tatbestandsmerkmal schlicht (sprachlich) umschreiben kann (deskriptiv, von lat. describere = beschreiben), oder ob die Umschreibung selbst eine Art Wertung wäre, die man auf die eine oder andere Art und Weise vornehmen kann. Das ernüchternde Ergebnis ist allerdings, dass selbst die Frage, ob man es mit einem deskriptiven oder normativen Tatbestandsmerkmal zu tun hat, einmal mehr fallabhängig ist. So kann die Unterscheidung hell/dunkel als tatbestandliche Abgrenzung recht einfach sein, wenn eine (zugegebenermaßen sehr fiktive!) Norm, die die Benutzungordnung für das Betreten eines fensterlosen(!) Raumes, in dem eine Glühbirne regelt, wie folgt lauten würde: „Wenn es dunkel ist, dürfen keine spitzen Gegenstände mitgeführt werden“. Hier sind die Fälle recht einfach zu lösen. Brennt das Licht, ist es hell. Personen dürften spitze Gegenstände im Raum mitführen. Sie können andere Leute sehen und die Gefahr, andere Personen zu stechen, ist nicht sonderlich groß. Brennt kein Licht, wird es in dem fensterlosen Raum dunkel sein. Das Mitführen spitzer Gegenstände ist dann verboten. Ganz anders sähe es aus, wenn die Benutzungsordnung für einen beliebigen Ort vorsieht, dass Menschen mit heller Kleidung einen Eintrittspreis zahlen müssen, Menschen mit dunkler Kleidung hingegen nicht. Ist rot eine helle oder eine dunkle Farbe? Wo beginnt dunkelrot, was ist noch hellrot? Ein weiteres, sehr praxisnahes Beispiel: „Wenn es dunkel ist, müssen Autos mit Abblendlicht betrieben werden“. Was ist hell, was ist dunkel? Wann beginnt dunkel? Wenn die Sonne untergegangen ist? In diesem Fall ist das Tatbestandsmerkmal „dunkel“ nicht einfach zu beschreiben, sondern muss ausgelegt werden. Anhand des ersten Beispiels wird auch klar, wie viel Fantasie aufgewendet werden muss, um ein Beispiel zu finden, in dem ein Tatbestandsmerkmal wirklich klar umschrieben werden kann (selbst im o.g. Beispiel ließe sich der Einwand erheben, was denn wäre, wenn jemand im Dunklen Raum eine Taschenlampe bei sich führt). So gesehen sind alle Tatbestandsmerkmale auf irgendeine Weise auslegbar, also „normativ“. Der Sinngehalt muss dann im Wege der Auslegung ermittelt werden; die Auslegung passiert daher im vierschrittigen Subsumtionsschema zumeist im Punkt „Definition“. An dieser Stelle kann nur der (ernüchternde) Ausblick dahin gegeben werden, dass #

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es eine einfache Antwort auf die Frage, wann ein Fall denn letztlich „gelöst“ ist, nicht gibt! Man muss sich mit der Feststellung zufrieden geben, dass er dann gelöst ist, wenn man selbst ein schlüssiges und nachvollziehbares Ergebnis gefunden hat, welches der rechtswissenschaftlichen Dogmatik nicht fremd ist, also lege artis – nach den Regeln der rechtswissenschaftlichen Kunst – gefunden wurde. Das o.g. Beispiel könnte man „ökonomisch“ auch so lösen: 1. Obersatz:

Der Betrieb eines Spielwarenladens ist vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst, wenn der persönliche und sachliche Schutzbereich eröffnet ist. 2. Definition: Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn X Deutscher ist. Der sachliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn es sich um einen Beruf Beruf i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG handelt; das ist jede auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage, die nicht schlechthin gemeinschädlich ist. 3. Subsumtion: X ist Deutscher Staatsangehöriger und betreibt ein Spielwarenhandel, der sowohl dauerhaft als zur Erhaltung der Lebensgrundlage betrieben wird und nicht gemeinschädlich ist. 4. Ergebnis: Damit handelt es sich bei dem Verhalten des X um einen Beruf i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist betroffen. Im Laufe der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wie kurz oder lang ein Subsumtionsschritt sein muss. Es geht letztlich darum, dass Probleme gelöst werden müssen. Vereinfacht lässt sich also sagen, dass eine genaue Subsumtion (nur) dort erfolgen muss, wo ein echtes Problem liegt. Ein echtes Problem gab es im o.g. Sachverhalt jedoch nicht. Beispiel 3: Sachverhalt: A nimmt an einer Demonstration von 500 Globalisierungsgegnern auf dem Rathausmarkt der Stadt X teil. Die Polizei löst die Demonstration auf. A fühlt sich in seinen Grundrechten verletzt und überlegt, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Prüfen Sie, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eröffnet ist (Fallfrage). 1. Obersatz:

2. Definition:

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Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG ist eröffnet, wenn es sich bei der Demonstration um eine (2) friedliche (1) Versammlung (3) von Deutschen handelt, die (4) keine Waffen mit sich führen. (1) Eine Versammlung liegt vor, wenn mehrere Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und –äußerung an einem Ort zusammenkommen.

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(2) Die Versammlung ist friedlich, wenn sie keinen gewalttägigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt. (3) Deutscher i.S.d. Vorschrift ist, wer nach Art. 116 GG die Deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. (4) Waffen sind sowohl technische Waffen i.S.d. WaffG wie Pistolen, Schlagringe, chemische Kampfstoffe, als auch sonstige gefährliche Werkzeuge, nicht jedoch Schutzgegenstände wie Helme, Gasmasken etc. 3. Subsumtion: Vorliegend kommen 500 Personen zur gleichen Zeit am Rathausmarkt der Stadt X zusammen, um ihre Meinung in Bezug auf die Globalisierung kundzutun. Es kommen also mehrere Personen zusammen, bei der Zusammenkunft handelt es sich somit um eine Versammlung. Laut Sachverhalt nimmt die Versammlung keinen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf, die Versammlungsteilnehmer verhalten sich also friedlich. Es ist nicht ersichtlich, dass es sich nicht um Deutsche i.S.d. Art. 116 GG handelt. Sie führen zuletzt auch keine Waffen bei sich. 4. Ergebnis: Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG ist somit eröffnet (Ergebnis). Hinweis: Es ist den Bearbeiterinnen und Bearbeiter freigestellt, ob erst alle Merkmale aus dem Obersatz definiert und dann subsummiert werden, oder ob für jeden zu definierenden Begriff separat eine Subsumtion vorgenommen wird, bevor mit dem nächsten Begriff fortgefahren wird. Beides ist möglich und auch hier gilt, dass der einmal begonnene Stil fortgesetzt werden sollte.

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