Völkerrecht (Universität Zürich) PDF

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Völkerrecht – Zusammenfassung (Prof. Diggelmann HS 18)§1 Quellen des VölkerrechtsA. GrundlagenI. Rechtsquellen Rechtsquellen:  Definition: Normen der zwischenstaatlichen Beziehungen, die verbindliche Rechte und Pflichten der Völkerrechtssubjekte begründen  Rechtsetzung erfolgt nicht durch einen z...


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1 Völkerrecht – Zusammenfassung (Prof. Diggelmann HS 18) §1 Quellen des Völkerrechts A. Grundlagen I. Rechtsquellen 





Rechtsquellen:  Definition: Normen der zwischenstaatlichen Beziehungen, die verbindliche Rechte und Pflichten der Völkerrechtssubjekte begründen  Rechtsetzung erfolgt nicht durch einen zentralen Gesetzgeber, sondern durch die Rechtssubjekte, also durch die Staaten selber  Das positive geltende Völkerrecht lässt sich also auf den Konsens der betroffenen Staaten zurückführen. Rechtsquellen gem. Art. 38 Abs. 1 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs  Völkerrechtliche Verträge  Völkergewohnheitsrecht  Allgemeine Rechtsgrundsätze  Richterliche Entscheidungen und Lehrmeinungen sind dagegen keine Rechtsquellen, nur Hilfsmittel zur Feststellung. Keine Hierarchie, ausgenommen sind die Normen des zwingenden Völkerrechts

II. Rechtserkenntnisquellen  



Keine Rechtsquellen, sondern Hilfsmittel zur Erkenntnis des Rechts Richterliche Entscheidungen:  Urteile der internationalen Gerichte  Entscheidungen nationaler Gerichte.  Urteile des IGH sind für die Parteien bindend. Lehrmeinungen:  Lehrmeinungen dürfen nicht nur in einem Rechtskreis vertreten werden, sondern müssen universelle Anerkennung beanspruchen können.  ILC, ILA

B. Völkerrechtliche Verträge I. Kodifikation und Grundsätze des Völkervertragsrechts 



Das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge von 1969  Gilt somit direkt nur für Verträge zwischen diesen Vertragsparteien und nur für Verträge, die nach dem Inkrafttreten der WVK für beiden Vertragsparteien abgeschlossen werden  gilt nur für zwischenstaatliche Verträge.  Die in der WVK kodifizierten Grundsätze gelten gewohnheitsrechtlich. Grundprinzipien des WVK:  Grundsatz der Vertragsfreiheit  Inhaltliche Grenze: zwingendes Völkerrecht (ius cogens)  siehe WVK 53  Verträge sind einzuhalten (pacta sunt servanda); siehe WVK 26  Zur Rechtfertigung einer Vertragsverletzung kann nicht auf entgegenstehendes nationales Recht berufen werden; siehe WVK 27.  Verbot von Verträgen zugunsten oder zulasten Dritter; WVK 34 ff.

2 II. Begriff und Arten völkerrechtliche Verträge 







Definition: Art. 2 lit. a WVK  Übereinkunft zwischen Völkerrechtssubjekten  Zur Begründung von Rechten und Pflichten  Auf dem Gebiet des Völkerrechts Weitere konstitutive Elemente:  Die in Ergänzung eines Vertrages geschlossenen Protokolle sind völkerrechtliche Verträge  konstitutiver Rechtsbindungswille  Dokumente können auch den für den Vertragsschluss zuständigen Organen zugerechnet werden.  Form und Bezeichnung spielen keine Rolle. Keine völkerrechtliche Verträge sind:  Verträge zwischen Staaten und ausländischen Unternehmen  Privatrechtliche Verträge zwischen Völkerrechtssubjekten  Politische Absichtserklärungen oder Verhaltenskodizes Unterteilung in unterschiedlichen Kategorien:  Bilaterale, trilaterale und multilaterale Verträge  Verträge, die eine umfassende Kodifikation eines gesamten Rechtsgebiets enthalten oder Verträge, die lediglich punktuelle Austausch- oder Kooperationsbeziehungen  Gründungsverträge internationaler Organisationen

III. Vertragsschluss 

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Das Verfahren zum Abschluss und Inkrafttreten eines völkerrechtlichen Vertrages muss sowohl völkerrechtlichen als auch verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Völkerrechtliche Grundlage: Art. 7 bis Art. 18 WVK. Kompetenz und Vertretungsmacht:  Jeder Staat besitzt die Verbandskompetenz, Verträge abzuschliessen (WVK 6)  Unterscheidung von Verhandlungskompetenz und Vertragsschlusskompetenz  Verhandlungskompetenz: Vertreter, die den Staat im Rahmen vom Verhandlungen vertreten  Vertragsschlusskompetenz: o Vertreter, die berechtigt sind, den Staat oder die Organisation bzgl. des Vertragsschlusses zu vertreten. o Gewillkürte Vertretung durch Vollmacht gem. Art. 7 Abs. 1 WVK o Organschaftliche Vertretung, die in den WVK als Vertretung kraft Amtes gem. Art. 7 Abs. 2 WVK. Verfahren  Drei Phasen:  Die Annahme des Textes (WVK 9)  Die Festlegung der authentischen Fassung (WVK 10)  Unterschiedliche Formen der Zustimmung (Art. 11 ff. WVK)  Annahme des Textes:  Formaler Abschluss der Vertragsverhandlungen  Erforderlich ist die Zustimmung aller Parteien bei bilateralen Verträgen (Art. 9 Abs. 1 WVK)  Zweidrittel-Mehrheit der Staaten ist erforderlich bei multilateralen Verträgen (Art. 9 Abs. 2 WVK)

3 Sog. Konsensus-Verfahren: Danach gilt ein Text als angenommen, wenn keine der anwesenden Verhandlungsparteien dem Ergebnis ausdrücklich widerspricht.  Festlegung der authentischen Fassung  Vertragstext als authentisch und endgültig  Durch Unterzeichnung oder Unterzeichnung ad referendum, d.h. unter der Bedingung der Zustimmung einer höheren Autorität kann bei bilateralen Verträgen auch die Paraphierung eintreten.  Unterschiedliche Formen der Zustimmungserklärung:  Unterzeichnung (WVK 12)  Austausch von Urkunden (WVK 13)  Ratifikation (WVK 14)  Beitritt (WVK 15)  Einfaches Verfahren besteht aus:  Verhandlungen,  Ggf. Paraphierung  Unterzeichnung oder Austausch von Urkunden  Zusammengesetzes Verfahren besteht aus:  Verhandlungen und Annahme des Vertragstextes (WVK 9)  Unterzeichnung des Abkommen. Damit tritt die völkerrechtliche Bindungswirkung nicht ein.  Die Unterzeichnung führt zunächst zur Festlegung des Textes (WVK 10)  Vereitelungsverbot (WVK 18).  Innerstaatliches Zustimmungsverfahren: Inkrafttreten:  Völkerrechtliche Verträge treten grundsätzlich in Kraft, wenn alle Verhandlungsstaaten ihre Zustimmung erklärt haben (Art. 24 Abs. 2 WVK)  Abweichende Regel nach Art. 24 Abs. 1 WVK möglich. 



IV. Vorbehalte 



Begriff und Zulässigkeit  Begriff: siehe Art. 2 Abs. 2 lit. b WVK  Vorbehalte sind grds. nur bei multilateralen Verträgen zulässig.  Voraussetzungen für die Zulässigkeit gem. Art. 19 WVK:  Vertrag kann Vorbehalte grds. verbieten oder bestimmte Vorbehalte für unzulässig erklären  Vertrag kann vorsehen, dass nur bestimmte Vorbehalte zulässig sind.  Ein Vorbehalt muss mit dem Ziel und Zweck des Vertrages vereinbar sein. Rechtwirkungen:  Wirksamer Vorbehalt angenommen bzw. nicht widersprochen: Art. 20 Abs. 4 lit. a WVK  Vertrag kommt zwischen erklärender und widersprechender Partei zustande  Vorbehalt ändert Vertragsinhalt zwischen erklärender und widersprechender Partei.  Nur Vorbehalt widersprochen: Art. 30 Abs. 4 lit. b WVK  Vertrag kommt zwischen erklärender und widersprechender Partei zustande  Vertrag kommt ohne die den Vorbehalt betreffende Vertragsvorschrift zwischen den beiden Parteien zustande.  Vorbehalt und Zustandekommen widersprochen (qual. Vorbehalt)  Vertrag kommt zwischen erklärender und widersprechender Partei nicht zustande.

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Umstritten ist die Rechtslage bei einem nach Art. 19 WVK unzulässigen Vorbehalt.  IGH: Ein mit Sinn und Zweck eines Vertrages unvereinbarer Vorbehalt würde dazu führen, dass der betreffende Staat nicht als Vertragspartei angesehen werden könnte.  Menschenrechtsausschuss: Ein unzulässiger Vorbehalt führt dazu, dass der Vertrag vorbehaltlos zur Anwendung kommt.  Andere Ansicht: Die Vertragsparteien können einen unzulässigen Vorbehalt annehmen und damit die gleichen Wirkungen erzielen wie mit der Annahme eines zulässigen Vorbehaltes.

V. Auslegung völkerrechtlicher Verträge 



Allgemeine Auslegungsregel:  Art. 31 Abs. 1 WVK  Wortlaut, Zusammenhang und Ziel  Die gewöhnliche Bedeutung (Wortlaut):  Die Vertragsauslegung berücksichtigt den Kontext der Bestimmung und das Ziel des Vertrages.  Interner Kontext: auf den Vertrag bezogene Übereinkünfte zwischen allen Parteien gem. Art. 31 Abs. 2 WVK  Externer Kontext: jede spätere Übereinkunft über die Auslegung oder Anwendung des Vertrages sowie die spätere Praxis der Vertragsparteien gem. Art. 31 Abs. 3 lit. a und b WVK.  Ziel und Zweck des Vertrages:  Die teleologische Auslegungsmethode soll zu einer effektiven Durchsetzung der Ziele des Vertrages (effet utile) beitragen.  Von besonderer Bedeutung sind die Erwägungen der Präambel. Ergänzende Auslegungsmittel  Traveaux préparatoires gem. WVK 32:  Verhandlungsprotokolle und frühere Entwürfe, sowie die Umstände des Vertragsschlusses werden als ergänzende Auslegungsmittel herangezogen.  Nur subsidiär und ergänzend  Andere Prinzipien gem. Art. 31 bis Art. 33 WVK  Umkehrschlüsse oder Rückschlüssen  Living instrument  Grundsatz, wonach bei Zweifelsfragen diejenige Auslegung gewählt werden soll, die die Souveränität der Staaten am Wenigsten beeinträchtigt.

VI. Kollisionen von vertraglichen Verpflichtungen 



Unterscheidung zwischen echten Normkonflikten und Programmkonflikten  Ein echter Normkonflikt liegt vor, wenn ein Vertrag ein Verbot enthält und ein anderer Vertrag ein Gebot.  Programmkonflikt: Ein Vertrag, der seine Ziele mit Erlaubnisformen verfolgt, tritt hinter den Vertrag zurück, der seine Ziele mit Verbotsnormen verfolgt. Vermeidung von Norm- und Programmkonflikten:  Durch Auslegung  Vorrangregel gem. Art. 103 UN-Charta und Art. 30 Abs. 1 WVK  Allgemeine Kollisionsregel:  Grundsatz: spätere Vertrag geht dem früheren Vertrag vor  Speziellere Regelung geht der allgemeinen Regelung vor  Nichtigkeit bei Widerspruch zu ius cogens gem. Art. 53 WVK  Umfang des zwingenden Völkerrechts:

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   

Gewaltverbot (Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta Verbot der Piraterie, der Sklaverei und des Sklavenhandels und des Völkermords Weitere Völkerrechtsverbrechen Kernbestand der fundamentalen Menschrechte.

VII. Beendigung von Verträgen 







Einvernehmliche Vertragsbeendigungen  Regelt der Vertrag seine Beendigungsmodalitäten selbst, sind diese massgebend (Art. 54 lit. a WVK)  Regelt der Vertrag Beendigung und Suspendierung nicht ausdrücklich, ist eine einvernehmliche Beendigung oder Suspendierung möglich gem. Art. 54 lit. b bzw. Art. 57 lit. b WVK) Kündigung und Rücktritt  Begriffe:  Kündigung bezieht sich dabei auf einen bilateralen Vertrag  Rücktritt bezieht sich auf multilaterale Verträge.  Einseitige Lösung vom Vertrag nur möglich, wenn der Vertrag dies ausdrücklich vorsieht.  Wenn keine vertragliche Bestimmung, dann Art. 56 Abs. 1 WVK:  DIE Parteien wollten Rücktritt oder Kündigung zulassen.  Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht ergibt sich aus der Natur des Vertrages. Die Natur des Vertrages lässt sich aus dem Ziel und Zweck des Vertrages ableiten  Vertragstypen, bei denen ein Kündigungsrecht aus der Natur des Vertrages ergibt:  Handelsverträge, Verträge über wirtschaftliche Zusammenarbeit und Beistandsverträge  Gründungsverträge von internationalen Organisationen Beendigung wegen erheblicher Vertragsverletzung:  Grundsatz: Vertragsverletzung führt weder im Völkerrecht noch im allgemeinen Vertragsrecht automatisch zu einem Recht der anderen Seite.  Beendigung wegen erheblicher Vertragsverletzung gem. Art. 60 Abs. 3 WVK:  Bei bilateralen Verträgen berechtigt die erhebliche Vertragsverletzung, den Vertrag zu suspendieren oder zu beenden.  Bei multilateralen Verträgen gem. Art. 60 Abs. 2 WVK ist zu unterscheiden zwischen Reaktion der vertragstreuen Vertragsparteien (Art. 60 Abs. 2 lit. a WVK) und der Reaktion einer durch die Verletzung besonders betroffenen Partei (Art. 60 Abs. 2 lit. b WVK). Grundlegende Änderung der Vertragsumstände gem. Art. 62 WVK:  Umstände waren eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung der Vertragsparteien zum Vertrag, d.h. wenn sie als «Geschäftsgrundlage» angesehen werden kann und wenn durch die Veränderung der Umstände die noch zu erfüllenden Verpflichtungen tiefgreifend umgestaltet würden.  Das ist der Fall, wenn ein Festhalten am Vertrag für die Parteien unzumutbar wäre.  Voraussetzung: Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben waren, haben sich grundlegend geändert und Änderung war nicht vorhersehbar.

§ 2 Völkerrechtliche Verantwortlichkeit A. Grundlagen

6 I. Gegenstand, Begriff und Funktion 

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Das Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit regelt die allgemeinen Voraussetzungen und die Rechtsfolgen einer Verletzung des Völkerrechts durch einen Staat oder ein anderes Völkerrechtssubjekt. Zurechenbarkeit einer Handlung, Ausschluss der Rechtswidrigkeit durch Rechtfertigungstatbestände und Möglichkeiten zur Durchsetzung Zu unterscheiden von Völkerstrafrecht, wo es um das Verhalten von Individuen geht.

II. Artikel zur Staatenverantwortlichkeit der International Law Commission (ILC) 

«Rechts»Grundlage: Articles on State Responsibility, ASR  Der Entwurf wurde nicht als Konvention aufgelegt.  In Praxis und Literatur Einigkeit, dass wesentliche Teile des ILC-Textes Ausdruck von Gewohnheitsrecht sind.

III. Allgemeine Grundsätze und Struktur  

Art. 1: Jede völkerrechtswidrige Handlung eines Staates begründet die völkerrechtliche Verantwortung dieses Staats. Art. 2 ASR: zentrale Elemente einer völkerrechtswidrigen Handlung  Das Verhalten (Tun oder Unterlassen) muss dem Staat nach völkerrechtlichen Grundsätzen zurechenbar sein.  Die zurechenbare Handlung muss eine Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung des Staates darstellen.  Eine Verletzung liegt dann vor, wenn die zu prüfende Handlung gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Staates verstösst (Art. 12 ASR) und Rechtsverstoss ist nicht gerechtfertigt (Art. 20 ff. ASR).  Für die Beurteilung der Völkerrechtsmässigkeit einer Handlung kommt es auf das innerstaatliche Recht nicht an (Art. 27, 46 Abs. 1 WVK).

B. Zurechnung staatlichen Verhaltens I. Handeln öffentlicher Organe 

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Handeln von Staatsorganen gem. Art. 4 ASR:  Es kommt nicht darauf an, welche Funktionen ein Organ ausübt.  Staatsorgane im Sinne der völkerrechtlichen Verantwortung sind alle Organe der Exekutive, Legislative und Judikative  Hoheitliches und fiskalisches Staatshandeln wird erfasst.  Organe von Landes- und Kommunalbehörden Handeln von Personen oder Institutionen, die Hoheitsgewalt ausüben, ohne Staatsorgane zu sein (Art. 5 ASR) Zurechnung des Handelns von Staatsorganen bei multinationalen Einsätzen:  Die Gesamtleitung eines Einsatzes genügt nicht.  Vielmehr kommt es auf die tatsächliche konkrete Kontrolle der jeweiligen Einsatzhandlung im Einzelfall an.

II. Handeln nicht-staatlicher Gruppen und Personen  

Grundsätzlich kann privates Verhalten dem Staat nicht zugerechnet werden. Ausnahmen:  Art. 8 ASR:  Ein faktischer Auftrag liegt vor, wenn der Staat als Initiator der Handlung ist und dem privaten Akteur vor der Handlung konkrete Anweisungen hierzu erteilt.

7 Unter Leitung und Kontrolle eines Staates findet eine Handlung dann statt, wenn der Staat während der Handlung das Verhalten des Privaten konkret beeinflussen kann.  IGH hat als Standard der Zurechenbarkeit den Massstab der «effective control» festgelegt. Art. 11 ASR:  Zurechnung wegen Anerkennung und Annahme als eigenes Tun  Nachträgliche Zurechnung 



C. Ausschluss der Rechtswidrigkeit  



Rechtsgrundlage: Art. 20 ff. ASR Rechtfertigungstatbestände:  Einwilligung gem. Art. 20 ASR  Höhere Gewalt gem. Art. 23 ASR: Höhere Gewalt ist das Auftreten einer unwiderstehlichen Gewalt oder eines unvorhergesehenen Ereignisses, das ausserhalb des staatlichen Einflussbereichs liegt.  Selbstverteidigung gem. Art. 21 ASR: nur im Einklang mit Art. 51 UN-Charta möglich.  Gegenmassnahme gem. Art. 22 ASR  Notstand gem. Art. 25 ASR  Notstand ist eine Situation, in welcher die einzige Möglichkeit eines Staates, seine wesentlichen Interessen vor unmittelbaren und schweren Gefahren zu schützen, darin besteht, dass er eine völkerrechtliche Verpflichtung nicht einhält.  Wesentliche Interessen können die innere und äussere Sicherheit, ökonomische und finanzielle Grundlagen des Gemeinwesens. Grenze der Rechtfertigungsgründe im zwingenden Völkerrecht.

D. Rechtsfolgen der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit  



Rechtsgrundlage: Art. 29 ff. ASR Allgemeine Rechtsfolgen:  Erfüllungspflicht besteht gem. Art. 29 ASR.  Pflicht, die Verletzung zu beenden und sie nicht zu wiederholen, falls sie noch andauert gem. Art. 30 ASR.  Wiedergutmachung gem. Art. 31 ASR Drei Formen der Wiedergutmachung gem. Art. 34 ASR  Wiederherstellung, d.h. die Herstellung des status quo ante gem. Art. 35 ASR  Schadenersatz gem. Art. 36 ASR  Genugtuung gem. Art. 37 ASR

E. Umsetzung I. Geltendmachung 



Geltendmachung durch den verletzten Staat – Voraussetzungen:  Die verletzte Pflicht war eine individuelle Pflicht ggü. dem verletzten Staat oder allgemeine Pflicht (Art. 42 ASR)  Der verletzte Staat zeigt seine Ansprüche dem verletzten Staat an oder teilt mit (Art. 43 ASR).  Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs (Art. 44 lit. b ASR)  Keine Verzicht auf die Geltendmachung eines Anspruchs (Art. 45 lit. a ASR) Geltendmachung durch ein nicht verletzten Staat – Voraussetzungen (Art. 48 ASR)

8 II. Gegenmassnahmen 

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Repressalien/Gegenmassnahme gem. Art. 49 ASR:  vorübergehende Nichterfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen ggü. dem für die Rechtsverletzung verantwortlichen Staat.  Die Gegenmassnahme ist keine Sanktion oder Bestrafung des verantwortlichen Staates Retorsion: ein unfreundliches, aber rechtmässiges Verhalten. Voraussetzungen und Grenzen:  Auf Gegenmassnahme kann sich grds. nur der verletzte Staat i.S.v. Art. 42 ASR berufen.  Ausschluss der Aussetzung bestimmter Pflichten gem. Art. 50 ASR:  Das Gewaltverbot nach Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta  Fundamentale Menschenrechte  Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts  Ius cogens  Eine Aussetzung dieser Pflichten ist in jedem Fall unzulässig  Grenzen der Ergreifung von Gegenmassnahmen:  Die wichtigste Schranke ist der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 51 ASR  Gegenmassnahmen dürfen nur so lange ausgeführt werden, wie die Rechtsverletzung andauert.  Keine Gegenmassnahmen bei Rechtsverletzungen im Rahmen vom selfcontained regimes (= völkerrechtliche Teilrechtsordnung, welche die Folgen ihrer Rechtsverletzung abschliessend und unmittelbar regelt. Gegenmassnahmen durch andere als die verletzten Staaten  Ob und ggf. unter welchen Bedingungen können nicht verletzte Staaten Gegenmassnahmen ergreifen.  Nur rechtmässige Massnahmen sind nach Art. 54 ASR möglich.  Möglichkeit besteht, auf Kollektivmassnahmen nach Kapitel VII UN-Charta zurückzugreifen.

§ 3 Subjekte des Völkerrechts A. Grundlagen der Völkerrechtssubjektivität 



Völkerrechtssubjektivität  Subjekte des Völkerrechts sind Personen, die Inhaber von völkerrechtlichen Rechten und Träger von völkerrechtlichen Pflichten sein können und deren Verhalten durch das Völkerrecht gesteuert wird.  Möglichkeit, sich an der Rechtsetzung durch Verträge und Gewohnheitsrecht und an der Rechtsdurchsetzung durch Verfahren vor völkerrechtlichen Gerichten zu beteiligen Kreis der Völkerrechtssubjekte:  Souveräne Staaten  Völkerrechtssubjektivität ist notwendig, originär, unbeschränkt und allgemein.  Sie ist notwendig, da das Völkerrecht nur als zwischenstaatlicher Recht verstanden werden kann.  Sie ist originär, d.h. Staaten sind ohne Weiteres Völkerrechtssubjekte.  Sie ist unbeschränkt, d.h. sie umfasst alle Sachgebiete und Materien des Völkerrechts.  Sie ist allgemein, d.h. sie gilt ggü. allen anderen Völkerrechtssubjekten.  Internationale Organisationen und Einzelpersonen  Sie ist nicht notwendig.

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Sie ist derivativ, d.h. sie wird von der Rechtssubjektivität der Staaten abgeleitet. Sie ist partiell, d.h. sie gilt nur im Rahmen der von den anderen Subjekten übertragenen Rechte und Pflichten. Sie ist partikular, d.h. die Rechtssubjektivität hängt von der Anerkennung des anderen Völkerrechtssubjekt....


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