Bahnwärter Thiel PDF

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selbsterstellte Übersicht, Inhaltsangabe, Lektüreschlüssel zu Bahnwärter Thiel...

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Gerhart Hauptmann: Bahnwärter Thiel (1888)

Allgemeines: Novellistische Studie, Hauptmann (1862 – 1946), Naturalismus Inhaltsangabe: Der Bahnwärter Thiel heiratet nach dem Tod seiner ersten Frau die Kuhmagd Lene, weil er seinen Sohn Tobias betreut wissen möchte. Die neue Frau hat Thiel mit ihrer sexuellen Kraft bald völlig in ihrer Gewalt. Thiel hat sich in seinem abgelegenem Bahnwärterhaus ein Heiligtum für die erste Frau eingerichtet und hält die zweite Frau davon fern. Da ein Kartoffelfeld, das die Thiels zur Pacht bekommen haben, in der Nähe des Bahnwärterhauses liegt, dringt sie zu Thiel vor. Bei einem Besuch auf dem Acker wird Tobias von einem Schnellzug erfasst und stirbt. Thiel tötet in einem Anfall von Wahnsinn seine Frau und beider Kind und wird in die Irrenabteilung eingeliefert. Autor: geboren 1862, enttäuscht über Reichsgründung und Sozialistengesetz, Opposition zum Deutschen Reich, Hauptmann Repräsentant des deutschen Naturalismus für das Theater, richtet sein Hauptaugenmerk auf vernachlässigte soziale Gruppen wie Arbeiter, Ausgestoßene, Dirnen, Alkoholiker. Entstehung: Bahnwärter Thiel geht auf einen Unglücksfall an der Bahnstrecke von Erker nach Fürstenwald zurück und nutzt Erfahrungen des Dichters während seines Lebens am Rande von Berlin. Zeitgeschichte: politischer Umbruch, Reichsgründung 1871, Sozialistengesetz 1878 (Verbot sozialistischer & sozialdemokratischer Organisationen) ? viele deutsche Autoren im schweizer Exil, Wilhelminische Ära 1880 – 1918, Industrialisierung, Maschinisierung, Industriegesellschaft, Großstädte (Anonymität), Soziale Frage, Abeiterelend, Verstädterung, Nationalismus, Faszination für moderne Technik und Eisenbahn Epoche: Naturalismus (~1880 – 1900): ·Ungenügen an der tradierten Literatur aufgrund der gewandelten gesellschaftlichen Verhältnisse ? junge Dichter streben

Literaturrevolution an ·Determination/Milieutheorie: Schicksal des Menschen ist durch Herkunft, Umgebung vorbestimmt (determiniert) und nicht zu ändern. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen liegt nicht in Verantwortung des Einzelnen, sondern aller gesellschaftlichen und politischen Kräfte. Vor diesem Hintergrund ist das Handeln der Menschen zu sehen: Gut oder schlecht sind nur noch bedingt geeignete Kategorien zur Bewertung menschlichen Verhaltens. ·Leben der Unterschicht: Kleinbürgerliche und proletarische Schicht als Handlungsträger, alltägliches Leid der Arbeiter, Mensch ist der Großstadt/Industrie ausgeliefert, keine Erlösung, soziale Probleme, psychologische Eigenheiten ·Abbildung der realen Verhältnisse im Sinne einer Aufdeckung gesellschaftlicher Wirklichkeit, Darstellung Häßliches & Krankes, Kritik an realen Lebensverhältnissen, Literatur soll die Verelendung des Menschen dokumentieren ·Sprache/Literatur: Alltagssprache, Stottern, Fluchen, Dialekt, Sekundenstil (Erzählzeit = erzählte Zeit), kaum persönliche Wertung Naturalistische Merkmale im Bahnwärter Thiel: ·Hauptfigur Thiel ist ein Antiheld ·Thiels Arbeiteralltag (soziale Frage im 19. Jhd) wird geschildert ·Thiel ist in seinem Milieu gefangen (Milieutheorie) und sein Leben wird davon bestimmt, kein Entrinnen, Machtlosigkeit (Lene unterlegen) ·Flucht aus den unerträglichen Verhältnissen, Held steht vor einer auswegslosen Situation und ist nicht mehr fähig, rational zu handeln, verfällt Wahnsinn ·Ziel der Novelle: Arbeiterelend anprändern und bürgerliche Kreise darauf aufmerksam machen ·sehr genaue und detaillierte Beschreibung des Geschehens, genaue Orts- & Zeitangaben ·Erzählung chronologisch (bis auf Traumsequenz) ·teilweise Sekundenstil ·Triebhaftigkeit dominantes Merkmal ·Dargestellt wird das Alltägliche, Niedrige, Häßliche. Elend wird bewusst betont ·Psyche und Wahn Thiels ·ohne eigene Kommentare wird vom Erzähler das Geschehen beschrieben (ähnlich wie bei einer wissenschaftlichen Studie, daher der Untertitel „novellistische Studie“) ·Autor vermied ästhetische Begriffe, wählte Begriffe, die sich in naturwissenschaftlichen Bereiche anwenden ließe (Studie) ·Symbol der Eisenbahn ·Vererbungstheorie: Tobias und Lenes Sohn haben beide den Gesundheitszustand der Mutter vererbt bekommen ·Thiels Umgebung wirkt zunehmend unmenschlich und technisch-

bedrohlich ·„Licht der Wahrheit“: Personen: ·Thiel: - Vater von Tobias, Witwer von Minna - seit zehn Jahren Bahnwärter nach langem Militärdienst, unteres Ende der Beamtenhierarchie, armes Kleinbürgertum - korrekt, pflichtbewusst, genau, sorgfältig, wirkt emotionslos & phlegmatisch - unterwirft sich Regiment, erfüllt penibel dienstliche Aufgaben, Unterordnung Hierarchie, befehlsgewohnt - pflichtbewusster Christ - Thiels eigentliche Familie, die er liebt: Tobias und Minna - verheiratet mit Lene, damit sie sich um Tobias sorgt (Zweckheirat) ·Lene: - Thiels zweite Frau, Mutter von Baby - „ohne Seele“, mitleid-, rücksichts-, erbarmungslos, Mensch wie Maschine - fühlt sich dem Alltag und seiner Sicherung verpflichtet - misshandelt Tobias, bevorzugt eigenes Kind - Thiel ist ihr unterlegen und sexuell hörig ·Minna: - sorgsame, liebevolle Partnerin Thiels - kränklich, schmächtig ? verstorben nachdem Tobias geboren ist - erscheint Thiel in Träumen wie eine Heilige - überirdische Sinnlichkeit und mystische Fremdheit ·Tobias: - Sohn von Thiel und Minna - etwas zurückgeblieben, einfach - kränklich wie Mutter - enges Verhältnis zu Vater...