GEI.3 Prader-Willi-Syndrom Schuck PDF

Title GEI.3 Prader-Willi-Syndrom Schuck
Course Proseminar: Geistige Behinderung und Syndrome
Institution Justus-Liebig-Universität Gießen
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Zusammenfassung Sommersemester 2019 GE1.3 Proseminar: Geistige Behinderung und Syndrome bei Schuck...


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PS GEI.3

Schuck

Prader-Willi-Syndrom Ätiologie – 1956: Erstbeschreibung durch Schweizer Kinderärzte Andrea Prader, Alexis Labhart und Heinrich Willi – Prävalenz 1:10.000−25.000 – Ursache: Defekt auf Chromosom 15, langer Arm (15q11-13)

Allgemein – während der Zellteilung: Verlust eines Teils der vom Vater vererbten genetischen Informationsbausteine – häufigste Form (70%): Deletion – etwa 20% = sog. uniparentale Disomie – Folge → Deaktivierung bestimmter Genexpressionen → Ursache für Entwicklungsauffälligkeiten des PWS – viele Symptome durch Fehlfunktion des Hypothalamus

Allgemeine Merkmale – Auffallendstes Symptom: Adipositas (Fettleibigkeit) – Gesicht: mandelförmige Augen, dreieckiger Mund, breite Stirn – Kleine Hände und Füße (Mikromelie) – Verkrümmung der Wirbelsäule (Kyphose) – Unterentwicklung der Genitalien – Geringe Körpergröße (1,50–1,55 m – Veränderung von Prozessen im Zwischenhirn – Muskulatur insbesondere in den frühen Lebensjahren schwach ausgebildet Pränatale und neonatale Phase: – verminderte Kindsbewegungen – abnorme Entbindungslage – ungewöhnlich schwacher Schrei – zäher Speiche Säuglings-und Kleinkindalter: – Schwacher Muskeltonus (Hypotonie) – Probleme bei der Nahrungsaufnahme – Gedeihstörung – Genitale Hypoplasie und Hodenhochstand – Verzögerte motorische Entwicklung – Laufen und Sprechen mit gewisser Zeitverzögerung

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Kindheit und Erwachsenenalter – Adipositas/Hyperphagie – kleine Hände und Füße – Strabismus (Schielen) – Myopie (Kurzsichtigkeit) – Unfähigkeit zum Erbrechen – Skoliose – leicht vermindertes Wachstum – abnorme Pubertätsentwicklung – Exzessiver Appetit, fehlendes Sättigungsgefühl → Resultat: lebensgefährliches Übergewicht – in 40−50 %: Sekundärerkrankungen wie Diabetes mellitus, HerzKreislaufErkrankungen, Hüfterkrankungen und Skoliose – durch frühzeitiges Erkennen und vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten (Wachstumshormone ab dem Säuglingsalter und psychosoziale Begleitung) hat sich die Lebenssituation deutlich verbessert

Ernährungsprobleme – syndromspezifische Ausprägung eines abnormalen Essverhaltens – echtes Hungergefühl – müssen lernen, mit Nahrungsmitteln umzugehen und benötigen lebenslange strenge Essenskontrolle

Essenproblematik: – – – – –

in Einzelfällen: tägliche Kalorienaufnahme von bis zu 5200 kcal häufiges Stehlen von Nahrung Kein Sättigungsgefühl Geringer Energieverbrauch durch wenig Bewegung Übergewicht

Elternaussagen „Erhält fett-und zuckerreduzierte Diät unter ständiger Kontrolle; alle Nahrungsmittel müssen weggestellt und verschlossen werden; nimmt anderen das Essen weg“ „Ständige Kontrolle, ständiges Fragen nach Essen, Verschließen der Küchentür und Verstecken der Lebensmittel nötig“ „Es ist schwierig, alles von ihr fernzuhalten; nicht so sehr zu Hause, aber wenn wir irgendwo zu Besuch sind, beim Arzt oder einkaufen gehen“ „Entwendet Lebensmittel, untersucht Abfalleimer, im Haus, in der Schule, in der Stadt, hatte deshalb bereits eine Lebensmittelvergiftung“ „Bekommt Wutanfälle, wenn er nichts zu essen bekommt“

Ernährungsprobleme Interventionen durch… – …Essensmanagement – …Gewichtskontrolle – …familiärer Zusammenhalt 2

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Zwei Entwicklungsphasen 1. Entwicklungsphase: frühe Kindheit (1. und 2. Lebensjahr) – ausgeprägte Muskelhypotonie – andere frühe Kennzeichen: Unterentwicklung der Genitale, dysmorphologischeStruktur des Gesichts, schmale Hände und Füße, verzögerte Gesamtentwicklung – Regulationsstörungen der Körpertemperatur – schlafen viel – schwer zum Spielen zu begeistern 2. Entwicklungsphase: 2. bis 6. Lebensjahr – aktiver, Hypotonie lässt nach, freies Laufen – Beginn des exzessiven Appetits, schwer kontrollierbar → extremes Übergewicht als Folge möglich – Gewichtsentwicklung individuell unterschiedlich → jedoch: im Jugendund Erwachsenenalter → exzessive Gewichtszunahmen – Hyperphagieauf Dysfunktion des Hypothalamus zurückzuführen → Fehlen des Sättigungsgefühls, geringer Kalorienbedarf, reduzierte Aktivität bei Hypotonie

Kognitive Entwicklung – durchschnittlicher IQ bei 70 → jedoch beträchtliche individuelle Variabilität (!)

– kein Zusammenhang der kognitiven Fähigkeiten und der Gewichtsentwicklung – stabiler Verlauf der kognitiven Fähigkeiten – relative Stärken in visuellen Verarbeitungsprozessen, Aufmerksamkeits-und Gedächtnisfunktionen scheinen für Teilgruppe charakteristisch zu sein – Probleme bei komplexen Handlungsabläufen – günstige Voraussetzung für kognitive Entwicklung → gute Aufmerksamkeit und Arbeitshaltung im Spiel mit Sinnesmaterialien

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Sprachentwicklung – verzögerte Sprachentwicklung – sprachliche und kognitive Entwicklung divergieren – verlangsamter Aufbau des Wortschatzes – Sprachverständnis meist besser als aktive Ausdrucksfähigkeit → Beeinträchtigung der Verständlichkeit durch oral-motorische Koordination, Artikulationsstörungen und hypernasale Sprechweise

Verhalten – verhaltensphänotypisch: außergewöhnliche Neigung zu festen Gewohnheiten und Ritualen, impulsive Reaktionen auf unerwartete Veränderungen – Umstellungsnotwendigkeit führt zur ausgeprägten physiologischen Erregung und dem Verlust der Fähigkeit, eigene Handlungen angemessen zu kontrollieren

Adaptive Fertigkeiten – adaptive Kompetenzen = kognitive Fertigkeiten, praktische Fertigkeiten der Selbstversorgung und des täglichen Lebens, kommunikative und soziale Fähigkeiten – kein spezifisches Profil von adaptiven Kompetenzen bei PWS – Schwächen im sozialen Bereich oder Stärken in praktischen Kompetenzen nicht syndromspezifisch

Entwicklungsquotienten

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Problembereich Schule

– in Förderschulen erhalten Schüler mit PWS weniger systematischen Unterricht – kognitives Leistungspotenzial wird in Sonderschulen nicht ausgeschöpft – „Sonderbeschulung“ meist begründet durch belastende Verhaltensprobleme im Unterricht

Verhaltensauffälligkeiten – Probleme der Sozialentwicklung: Erkennen sozialer Hinweisreize und Interpretation sozialer Situationen – verhaltensphänotypisch: impulsive und zwanghafte Verhaltensweisen – Probleme mit Gleichaltrigen

– soziale Benachteiligung – Distanzlosigkeit

Spezifische Verhaltensmerkmale frühes Kindesalter: – freundlich, lustig, gutmütig – später stimmungslabil, Neigung zu impulsiven Zornesausbrüchen und leichten selbstverletzenden Verhaltensweisen – ungebremstes Essverhalten und zwanghafte Suche nach Nahrung • freundlichdistanzlos auch gegenüber Fremden Erwachsenenalter: – Sturheit, Schläfrigkeit, Langsamkeit, Verhandeln um Nahrung, Irritierbarkeit, Impulsivität

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Problematische Verhaltensweisen

Familiensituationen – Lesen Sie den Zeitungsartikel „Im Wellental der Emotionen“. Aus: Heilbronner Stimme (2011) S. 23. – Vor welche Schwierigkeiten ist die Familie gestellt? – Welche Lösungen wurden gefunden? – Formulieren Sie allgemeine Handlungsempfehlungen im Umgang mit Menschen mit Prader-Willi-Syndrom.

Konsequenzen für das Umfeld – hohes Maß an elterlicher Konsequenz → wichtig, während bremslicher Situation nicht mit Kindern zu diskutieren (Gespräch erst danach suchen) – Routine gibt Sicherheit – sorgfältige Beobachtung (wissen, welche Besondere Situationen gewisse Verhaltensweisen auslösen → Selbstverletzung etc.) – für das Jugendalter: Kooperation mit dem Heranwachsenden – - Lebenserwartung nicht stark eingeschränkt, kommt jedoch auf Sekundärkrankheiten an

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