Gewerberecht PDF

Title Gewerberecht
Author Kristin Stickel
Course Wirtschaftsverwaltungsrecht
Institution Hochschule Osnabrück
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Summary

Gewerberecht...


Description

Gewerberecht Die Klage des X hat Aussicht auf Erfolg, soweit sie zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit der Klage Die Klage des X müsste zunächst Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sein.

zulässig

sein.

Dafür

müssten

die

I.

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs Mangels aufdrängender Spezialzuweisung zum Verwaltungsgericht richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 I 1 VwGO. Dafür müsste es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handeln. Nach der modifizierten Subjektstheorie ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art, wenn die Streitentscheidende Norm einen Träger öffentlicher Gewalt zum Handeln berechtigt oder verpflichtet. Die streitentscheidende Norm ergibt sich aus der GewO, namentlich aus § 70a GewO. Danach ist die zuständige Behörde zum Handeln ermächtigt. Eine Behörde ist Trägerin öffentlicher Gewalt (§ 1 Abs. 4 VwVfG anwendbar über § 1 I Nds VwVfG). Somit handelt es sich vorliegend um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit. Diese müsste nicht verfassungsrechtlicher Art sein. Ein solcher Fall würde vorliegen, wenn eine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit Vorläge. Das ist der Fall, wenn sich zwei Verfassungsorgane um Verfassungsrecht streiten. Vorliegend streiten Frau Z. und die Stadt Osnabrück um besonderes Verwaltungsrecht, namentlich im Rahmen des Gewerberechts. Folglich handelt es sich um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Auch ist die Streitigkeit keinem anderen Gericht zugewiesen, sog. Abdrängende Sonderzuweisung. Folglich ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 I 1 VwGO eröffnet.

II.

Statthafte Klageart Die statthafte Klageart richtet sich gemäß § 88 VwGO nach dem Klagebegehren. X hält die Gewerbeuntersagung für rechtswidrig und möchte diese beseitigen lassen. Dies könnte er durch Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß § 42 I 1.Fall, § 133 V VwGO erreichen. Dafür müsste es sich bei der Gewerbeuntersagung um einen VA gemäß § 35 S.1 VwVfG handeln. Bei der Gewerbeuntersagung handelt es sich um eine Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Einzelfall mit Außenwirkung. Der Regelungsgehalt besteht in dem Verbot, das Gewerbe (weiter) betreiben zu dürfen. Somit liegt ein belastender Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwVfG vor. Mithin ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 I 1. Fall VwGO die statthafte Klageart.

III.

Klagebefugnis Zudem müsste X die Klagebefugnis gemäß § 42 II VwGO besitzen. Danach ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein, dabei reicht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung aus. Laut Sachverhalt wird X die weitere Ausübung des Gewerbes untersagt. Demzufolge ist X direkt und unmittelbar vom Verwaltungsakt betroffen. Zumindest eine Verletzung nach Art. 2 I GG

(Handlungsfreiheit), da X Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes ist (sog. Adressatenformel), nach Art. 12 GG und aus § 1 GewO erscheint möglich. Folglich hat X die notwendige Klagebefugnis gemäß § 42 II VwGO. IV.

Vorverfahren / Widerspruchsverfahren Weiterhin müsste vor Erhebung der Anfechtungsklage gemäß § 68 I 1 VwGO ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sein. Gemäß § 68 I S. 2 VwGO i.V.m. § 80 I Nds. JustizG bedarf es vor Erhebung einer Anfechtungsklage keines Vorverfahrens nach § 68 I S.1 VwGO. Ausnahmen davon sind in § 80 II Nds. JustizG geregelt. Das Gewerberecht ist in der Ausnahmeregelung nicht aufgeführt. Somit bedarf es für das Gewerberecht keines vorangehenden Widerspruchsverfahrens.

V.

Klagefrist Ferner müsste X fristgerecht Klage erhoben haben. Gemäß § 74 I 1 VwGO ist die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchbescheids zu erheben. Wenn – wie hier – ein Widerspruchsverfahren nach § 68 VwGO nicht durchgeführt werden braucht, beträgt die Klagefrist gemäß § 74 I 2 VwGO einen Monat ab Bekanntgabe des Ausgangsbescheides. Fraglich ist, bis wann X die Klage hätte einreichen müssen. Laut Sachverhalt erlässt die Stadt Osnabrück am 11.06.2018 den Untersagungsbescheid und gibt ihn an diesem Tag zur Post auf. Gem. § 41 II VwVfG gilt der Untersagungsbescheid am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Gemäß § 187 I BGB wird der Tag, in dem das Ereignis fällt nicht mitgerechnet. Somit gilt der Untersagungsbescheid am 14.6.2018 als bekannt gegeben. Gemäß § 188 II BGB endet die Klagefrist mit Ablauf desjenigen Tages des Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Mithin am 14.07.2018. Der letzte Tag der Frist (14.07.2018) fällt jedoch auf einen Samstag. Gemäß § 193 BGB tritt an dessen Stelle der nächste Werktag in Kraft. Der nächste Werktag ist Montag, der 16.07.2018. Somit läuft die Klagefrist am 16.07.2018 um 24Uhr ab. Bis zu diesem Zeitpunkt müsste X die Klage erhoben haben. 1. Computerfax Fraglich ist, ob die Klagefrist von X eingehalten wurde, indem er am 16.07.2018 die Klage per Computerfax erhoben hat. a) Insofern ist fraglich, ob die Klage per Computerfax mit nur eingescannter Unterschrift in der ausreichenden Form erhoben wurde. 1) Gemäß § 81 VwGO muss eine Klage schriftlich erhoben werden. Die erforderliche Schriftform bedeutet gemäß § 126 BGB handschriftliche Unterzeichnung. Bei dem beim Verwaltungsgericht ausgedruckten Fax handelt es sich nur um einen Ausdruck der Unterschrift und stellt somit kein Original dar. 2) Fraglich ist, ob ein Computerfax mit eingescannter Unterschrift den Anforderungen des § 81 VwGO genügt. Entscheidend ist, dass erkennbar ist, dass die Klage nicht von einem Dritten oder zufällig initiiert wurde, sondern, dass der rechtsschutzsuchende Bürger die

Klage erheben will (= Erkennbarkeit der Urheberschaft). Bei einem Fax (=Fernkopie) wird ein Dokument in Form eines in Linien und Pixel gerastetes Bild über das Telefonnetz bei einer bestehenden Telefonverbindung übermittelt, sodass eine hohe Sicherheit besteht, dass das versandte Dokument unverändert beim Empfänger eingeht. Aus diesen Gründen, ist das Normale Fax und das Computerfax seit vielen Jahren zur Einhaltung der erforderlichen Schriftform anerkannt. 2. E-Mail Gemäß § 55a VwGO ist eine E-Mail zulässig, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 2 Nr. 3 SignaturG versandt wurde. Bei einer Signatur handelt es sich um eine zertifizierte Verschlüsselungstechnik, die sicherstellt, dass die E-Mail auf dem Übermittlungsweg (i.d.R. über Satellit) inhaltlich nicht verändert wurde. Aus dem letztgenannten Grund ist eine „normale“ E-Mail für prozesseröffnende und beendende Schriftsätze nicht ausreichend. 3. Fehlende Rechtsbehelfsbelehrung Ferner müsste von X die Klagefrist eingehalten worden sein. Das ist vorliegend insofern fraglich, als dass X die Klage neun Monate nach Erhalt des Untersagungsbescheids erhoben hat. Gemäß § 74 II i.V.m. § 74 I 2 VwGO muss die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des VA erhoben worden sein. Diese Frist beginnt jedoch gemäß § 58 I VwGO nur dann zu laufen, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt ist. Daran fehlt es hier. Somit ist die Klage gemäß § 58 II VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des VA zu erheben. Die zu beurteilende Klage ist neun Monate nach Bekanntgabe erhoben worden. Mithin wurde die Klagefrist durch Klageerhebung am ... durch X gewahrt. VI.

Weitere Sachurteilsvoraussetzungen sind nicht problematisch.

VII.

Zwischenergebnis Mithin liegen alle Sachurteilsvoraussetzungen vor. Die Anfechtungsklage (§ 42 I 1. Fall VwGO) ist zulässig.

Fraglich ist, ob die Klage auch begründet ist. B. Begründetheit Die Klage des X ist begründet, soweit der Untersagungsbescheid rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist gemäß § 113 I 1 VwGO. Der Untersagungsbescheid ist nicht rechtswidrig, wenn eine Ermächtigungsgrundlage gegeben ist und der Untersagungsbescheid formell und materiell rechtmäßig ist. I.

Ermächtigungsgrundlage Dem Vorbehalt des Gesetzes gemäß Art. 20 III GG zufolge, bedarf der Staat für einen Eingriff in Rechte eines Bürgers eine Ermächtigungsgrundlage. Somit bedarf die Untersagung als belastender VA einer Ermächtigungsgrundlage. Dabei kommt es darauf an, um welche Art des Gewerbes es sich vorliegend handelt.

1. Stehendes Gewerbe § 35 GewO Ein stehendes Gewerbe ist alles, was nicht Reisegewerbe oder Marktgewerbe ist gemäß §§ 14 bis 52 GewO. a) Genehmigungsfreie Gewerbe Erforderlich ist gemäß § 14 I GewO die Anzeige eines Gewerbes. Zweck: Kenntnis der Verwaltung, Steuern, Statistik  Eine Untersagung ist nur gemäß § 35 I GewO in Form eines VA möglich b) Genehmigungspflichtige Gewerbe Erforderlich ist eine Genehmigung. 1) Die Genehmigung stellt einen VA dar, dessen Erlass mit der Verpflichtungsklage begehrt werden kann. §§ 30, 31, 33a, c, d, i, 34, 34a – d, f, h, i GewO 2) Eine Untersagung ist dann möglich, wenn das Gewerbe ohne Erlaubnis betrieben wird § 15 II GewO. Ist eine Genehmigung vorhanden und der Gewerbetreibende wird unzuverlässig, dann wird die Genehmigung aufgehoben, spezielle EGL z.B. § 15 GastG, § 33 d IV, V GewO ... Aber generell: §§ 48, 49 VwVfG Bei Missachtung der Aufhebung der Genehmigung, liegt eine illegale Gewerbeausübung vor. Dann folgt die Untersagung aus § 15 II GewO. ‚§ 15 II GewO als EGL für eine Schließung ist nur dann möglich, wenn ein erlaubnispflichtiges Gewerbe ohne Erlaubnis betrieben wird. Die Erlaubnis könnte vorliegend aufgehoben worden sein gemäß §§ 48, 49 VwVfG.‘ 2. Reisegewerbe §§ 55, 57 GewO (§§ 48, 49 VwVfG) Gemäß § 55 I GewO betreibt ein Reisegewerbe, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung Waren oder Dienstleistungen anbietet oder unterhaltende Tätigkeiten ausübt. Das Reisegewerbe ist grundsätzlich gemäß § 55 II GewO erlaubnispflichtig. Die Genehmigung erfolgt in Form der Reisegewerbekarte und stellt einen VA dar. Laut Sachverhalt besitzt Frau Z ein Fahrgeschäft, mit dem sie eine Dienstleistung zur Unterhaltung anbietet. Folglich liegt ein Reisegewerbe gemäß §§ 55, 57 GewO. X will am Osnabrücker Jahrmarkt teilnehmen, einem Volksfest nach § 60 b GewO eine Zulassung hatte sie vom Veranstalter schon erhalten. Die Stadt hat ihr die Teilnahme untersagt, als Ermächtigungsgrundlage kommt hier § 60b II i.V.m. § 70 GewO in Betracht. Versagung: § 57 GewO Verbotene Tätigkeiten: § 56 GewO Reisegewerbefreie Tätigkeiten  Anzeigepflicht: §§ 55 a, b GewO

 Untersagung: § 59 GewO Widerruf der Reisegewerbekarte: §§ 48, 49 VwVfG Untersagung der Gewerbeausübung: § 60d GewO Ermächtigungsgrundlage: § 60b II i.V.m. § 70 GewO Recht zur Teilnahme: Anspruchsgrundlage: § 60b II i.V.m. § 70 GewO 3. Märkte / Messen § 60d, § 70a I i.V.m. § 60b II GewO Marktgewerbe sind Messen gemäß § 64 GewO, Ausstellungen gemäß § 65 GewO, Großmarkt gemäß § 66 GewO, Wochenmarkt gemäß § 67 GewO und Spezial- und Jahrmarkt gemäß § 68 GewO. Der Veranstalter hat hierauf einen Anspruch gemäß §§ 69 I, 69a I GewO. Ist ein Markt festgesetzt, dann hat der Einzelne Anspruch auf Zulassung gemäß § 70 I GewO.  Anspruchsgegner ist der Veranstalter ‚Wer ist Veranstalter? – ein Privater? Dann Zivilrechtsweg!‘ II.

Formelle Rechtmäßigkeit Der Untersagungsbescheid müsste formell rechtmäßig sein. Das ist der Fall, wenn er hinsichtlich der Zuständigkeit, des Verfahrens und der Form keine Rechtsmängel aufzeigt. 1. Zuständigkeit Zunächst müsste die den Verwaltungsakt erlassende Behörde sachlich und örtlich zuständig sein. a) Sachliche Zuständigkeit Die Stadt Osnabrück müsste sachlich zuständig sein. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 155 II GewO i.V.m. § 1 I Nds. ZustVOWirtschaft und Nr. 1 der Anlage. Danach sind bis auf die kreisangehörigen Gemeinden sämtliche Gemeindearten und die Landkreise sachlich grundsätzlich zuständig. Die Stadt Osnabrück ist gemäß § 14 VI NKomVG eine kreisfreie Stadt und da keine Ausnahmeregelungen sich zu der obigen EGL in der ZuStVO Wirtschaft findet, ist die Stadt Osnabrück sachlich zuständig. Die Stadt Göttingen müsste sachlich zuständig sein. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 155 II GewO i.V.m. § 1 I Nds. ZustVOWirtschaft und der Nr. 1 der Anlage dazu i.V.m. § 16 NKomVG. Gemäß § 16 II NKomVG sind die für kreisfreie Städte geltenden Vorschriften auf die Stadt Göttingen anwendbar. Mithin ist die Stadt Göttingen wie eine kreisfreie Stadt zu behandeln. Somit ist die Stadt Göttingen sachlich zuständig. b) Örtliche Zuständigkeit Allgemeine Vorschriften: Die Stadt Osnabrück müsste auch örtlich zuständig sein. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 I NVwVfG i.V.m. § 3 I Nr. 2 VwVfG. Danach ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk das Reisegewerbe ausgeübt wird. Laut Sachverhalt findet das Volksfest im

Stadtgebiet und damit im Bezirk der Stadt Osnabrück statt. Dementsprechend ist die Stadt Osnabrück örtlich zuständig. § 35 GewO: Gemäß § 35 VII GewO ist die Stadt örtlich zuständig, in der der Gewerbetreibende seinen Sitz hat. Laut Sachverhalt hat X seinen Sitz in der Stadt Osnabrück. Mithin ist die Stadt Osnabrück auch örtlich zuständig. Bei EGL § 70a I i.V.m. § 60b II GewO  Lex specialis gegenüber § 35 GewO § 1 LVwVfG i.V.m. § 3 I Nr. 2 VwVfG  über LvwVfG ist das VwVfG anwendbar für örtliche Zuständigkeit 2. Verfahren Ferner ist fraglich, ob die Stadt Osnabrück die Verfahrensvorschriften eingehalten hat. Fraglich ist, ob eine Anhörung vor Erlass des Untersagungsbescheids stattgefunden hat, gemäß § 28 VwVfG. Danach ist vor Erlass eines belastenden VAs eine Anhörung gemäß § 28 I VwVfG durchzuführen. Ein solches hat vorliegend nicht stattgefunden. Dieses könnte jedoch ausnahmsweise entbehrlich sein. Gemäß § 28 II Nr. 1 VwVfG kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Gefahr im Verzug setzt voraus, dass durch die vorherige Anhörung auch bei Gewährung einer kürzesten Anhörungsfrist ein Zeitverlust eintritt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass der Zweck der beabsichtigten Maßnahme nicht erreicht werden könnte. X hält sich regelmäßig in der Fußgängerzone der Stadt Osnabrück auf. Jedoch könnte noch genügend Zeit für eine Anhörung verbleiben. § 28 VwVfG sieht kein schriftliches Vorverfahren vor. Somit bleibt genügend Zeit, um zumindest eine mündliche Anhörung durchzuführen. Folglich ist keine besondere zeitliche Dringlichkeit ersichtlich. Ferner ist aus den Gesamtumständen ein erhöhtes Gefahrenpotenzial nicht zu entnehmen. Mithin besteht auch kein öffentliches Interesse gemäß § 28 II Nr. 1 2. Fall VwVfG an einer sofortigen Entscheidung. Auch greifen die weiteren Ausnahmetatbestände des § 28 II Nr.2 bis 5, III VwVfG nicht. Somit war eine Anhörung nicht entbehrlich und hätte vor Erlass des Untersagungsbescheid erfolgen müssen. Fraglich ist, ob das Gespräch vom 09.08.2016 eine Heilung gemäß § 45 I Nr. 3 VwVfG darstellt. Eine Nachholung der Anhörung muss jedoch den Anforderungen des § 28 I VwVfG genügen, d.h. der Beteiligte X ist über die für die beabsichtigte Entscheidung erheblicher Tatsachen zu informieren und ihm muss die beabsichtigte Maßnahme mitgeteilt werden. Dabei muss dem X aufgrund der Anhörung klar sein, was die Behörde beabsichtigt und wozu er sich äußern kann. Bei einer Anhörung ist jedoch

nicht erforderlich, dass bereits alle maßgeblichen Rechtsgrundlagen genannt werden. Dem X wurde mitgeteilt, dass er mit gewerblichen Maßnahmen zu rechnen hat. Welche das konkret sind und aus welchem Grund, wurde dem X jedoch nicht mitgeteilt. Folglich liegt keine ordnungsgemäße Anhörung vor. Eine Heilung gemäß § 45 VwVfG ist nicht erfolgt. Weitere Verfahrensfehler, wie eine mangelnde Begründung gemäß § 39 VwVfG ist nicht ersichtlich. 3. Form Ferner müsste der Untersagungsbescheid auch formgemäß gemäß § 37 VwVfG erlassen worden sein. Danach muss der VA hinreichend bestimmt und schriftlich, elektronisch, mündlich oder in sonstiger Weise erlassen worden sein. Insbesondere muss dem VA eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt sein. Mangels entgegenstehender Angaben im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Formvorschriften beachtet wurden. Folglich ist der Untersagungsbescheid auch formgemäß. 4. Zwischenergebnis Der Untersagungsbescheid ist formell rechtmäßig.

III.

Materielle Rechtmäßigkeit Der Untersagungsbescheid müsste auch materiell rechtmäßig sein. 1. Tatbestandsvoraussetzungen der EGL (Reisegewerbe) Dafür müssten zunächst die TBM der EGL vorliegen, §§ 70a I i.V.m. 60b II GewO. a) Veranstaltung Zunächst müsste es sich bei dem Fest um eine Veranstaltung i.S.d. §§ 64 – 68 GewO handeln. In Betracht kommt ein Jahrmarkt gemäß § 68 GewO. Laut Sachverhalt geht es um die Teilnahme an einem Jahrmarkt. Jedoch steht nicht das Anbieten von Waren im Vordergrund, sodass ein Jahrmarkt nicht vorliegt. In Betracht kommt jedoch ein Volksfest gemäß § 60b GewO. Laut Sachverhalt liegt der Schwerpunkt des Festes auf unterhaltenden Tätigkeiten. Somit liegt ein Volksfest gemäß § 60b GewO vor. Gemäß § 60b II GewO ist jedoch § 70a GewO auf Volksfeste entsprechend anwendbar. Mithin ist die Untersagung am Volksfest entsprechend einer Untersagung der Teilnahme an einer Veranstaltung zu beurteilen. b) Aussteller und Anbieter / Gewerbe?! Ferner müsste es sich bei X als Betreiber eines Fahrgeschäfts um einen Aussteller oder Anbieter handeln. Laut Sachverhalt besitzt X eine Reisegewerbekarte und bietet ein Fahrgeschäft an. Somit handelt es sich um eine unterhaltende Tätigkeit i.S.d. § 55 I Nr. 2 GewO. Mithin

gehört X dem Teilnehmerkreis des § 60b GewO als Aussteller und Anbieter an. 1. Tatbestandsvoraussetzungen der EGL (Stehendes Gewerbe) Dafür müssten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 I GewO erfüllt sein. a) Erlaubnisfreies stehendes Gewerbe Bei der Tätigkeit des X müsste es sich um ein erlaubnisfreies stehendes Gewerbe handeln. Ein Gewerbe ist eine selbstständige, erlaubte, auf Dauer angelegte und mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführte Tätigkeit, die nicht freier Beruf ist. Die Tätigkeit des X ist auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet. Zudem übt er diese Tätigkeit selbstständig aus und es handelt sich um keine verbotene Tätigkeit. Mithin beschreibt X ein Gewerbe. Zudem müsste es sich hierbei um ein stehendes Gewerbe handeln. Stehende Gewerbe ist alles, was nicht Reise- oder Marktgewerbe ist. Weiterhin müsste es sich um ein erlaubnisfreies Gewerbe handeln. Mangels einer Regelung in den §§ 29 – 34 GewO handelt es sich bei der Tätigkeit des X um ein erlaubnisfreies Gewerbe. Mithin stellt die Tätigkeit des X ein erlaubnisfreies stehendes Gewerbe dar. 2. Unzuverlässigkeit Weiterhin müsste X unzuverlässig in Bezug auf sein Gewerbe sein. Unzuverlässig ist ein Gewerbebetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens eine Gefahr dafür bietet, sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß zu betreiben. 3. Verhältnismäßigkeit § 35 I GewO Die Untersagung müsste des Weiteren zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich sein, d.h. verhältnismäßig. a) Legitimer Zweck Zunächst müsste die Behörde mit der Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen. Ziel der Untersagung ist es, weitere Unfälle und damit die Gefährdung der Allgemeinheit, die durch den Verkauf der nichtverkehrssicheren Fahrzeuge herbeigeführt werden, zu verhindern. Mithin liegt ein legitimer Zweck vor. b) Geeignetheit Die Untersagung müsste zur Erreichung des Zwecks auch geeignet sein. Geeignet ist eine Maßnahme, wenn sie den verfolgten Zweck zumindest fördern kann. Eine Untersagung des Gewerbes erreicht das Ziel, dass X keine beschädigten Fahrzeuge mehr verkauft. Folglich kann der verfolgte Zweck durch die Untersagung zumindest gefördert werden. c) Erforderlichkeit Ferner müsste die Untersagung erforderlich sein. Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn sie unter mehreren geeigneten Mitteln dasjenige

darstellt, welches die Interessen der Beteiligten am wenigsten beeinträchtigt. (Manchmal Diskussionsbedarf) d) Angemessenheit Die Untersagung müsste auch angemessen sein. Eine Maßnahme ist angemessen, wenn sie keinen Nachteil herbeiführt, der zu dem verfolgten Zweck er...


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