Gewerberecht PDF

Title Gewerberecht
Course Besonderes Verwaltungsrecht Teil III
Institution Universität des Saarlandes
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Gewerberecht Komplett...


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Gewerberecht Gewerberecht = die Gesamtheit der die gewerbliche Tätigkeit regelnden öffentlichrechtlichen Normen  Gewerberecht = Gefahrenabwehrrecht Gewerbefreiheit = Teil der Berufsfreiheit = Teil des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Gewerbezulassungsfreiheit (§ 1 Abs. 1 GewO) - Beginn des Betriebs eines Gewerbes - Fortsetzung eines einmal begonnenen Gewerbes Nicht von der Gewerbefreiheit umfasst: Art und Weise des Betriebes Bedeutung der Gewerbefreiheit

Grundsätzlich darf die Zulassung zum Betrieb eines Gewerbes nicht von den bundes- und landesrechtlichen Regelungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung begrenzt werden. § 1 As. 1 HS. 2 GewO - Wortlaut: Die Zulassung darf nur durch Regelungen der GewO eingeschränkt werden - Heute allg. A.: Anwendung des Grundsatzes lex posterior derogat legi priori  einschränkbar durch Bundesrecht außerhalb der GewO  einschränkbar durch Landesrecht aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung - Einschränkung der Zulassung („Ob“) des Gewerbebetriebs:  §§ der GewO  Bundesrecht  Landesrecht, jedoch nur aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung Anwendungsbereich des Gewerberechts Prüfung der Anwendbarkeit von Gewerberecht 1. Prüfung, ob § 6 GewO einschlägig  Wenn (+), kein Gewerbe 2. Prüfung, ob spezielle gewerberechtliche Regelung einschlägig (z.B. HandwO, SGastG)  Wenn (+), sind diese Regelungen vorrangig 3. Prüfung, ob ein Gewerbe i.S.d. GewO vorliegt  Wenn (+), Gewerbe Gewerbebegriff der GewO Gewerbe i.S.d. GewO = jede erlaubte und nicht sozial unwertige, auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit, die nicht Urproduktion, freier Beruf oder bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens ist

Beachte: Flexibler, dynamischer Begriff, der der Vielgestaltigkeit wirtschaftlicher Betätigung Rechnung trägt. Prüfung, ob ein Gewerbe vorliegt a) Gewerbsmäßigkeit 1. Erlaubte und nicht sozial unwertige Tätigkeit 2. Gewinnerzielungsabsicht 3. Auf Dauer angelegt 4. Selbstständigkeit b) Gewerbsfähigkeit 1. Keine Urproduktion 2. Kein freier Beruf 3. Keine Verwaltung eigenen Vermögens Erlaubte, nicht sozial unwertige Tätigkeit Erlaubte Tätigkeit = jede Tätigkeit, die nicht generell gegen geltendes Verfassungsrecht oder Strafgesetze verstößt Beispiele. Auftragskiller, Hehler, Schwarzarbeiter Beachte: Es kommt auf die Art der Tätigkeit an. GewO auch anwendbar, wenn lediglich die konkrete Ausführung unzulässig ist. Soziale Unwertigkeit = Widerspruch der Tätigkeit zu den in der Gesellschaft allgemein anerkannten sittlichen und moralischen Wertvorstellungen. Wertvorstellungen unterliegen einem steten Wandel Vgl. „Swinger-Club-Urteil“ des BVerwG Begründung dieses Urteiles: Handeln des Gesetzgebers - Schaffung eines Gesetzes zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten (damals Prostitutionsgesetz) - Streichung des §180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. BVerwG: Darin drückt sich ein Wandel der sozialethischen Vorstellungen aus. Sittenwidrigkeit erst anzunehmen bei - Widerspruch zu grundgesetzlich verbürgtem Menschenbild  z.B. Auferlegung einer objekthaften Rolle  wird widerlegt durch freiwillige Teilnahme

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Verletzung von Strafgesetzen •Sozial unwertiger Öffentlichkeitsbezug der Handlungen  z.B. unfreiwilliger Kontakt der Öffentlichkeit mit den Handlungen

Gewinnerzielungsabsicht Gewinnerzielungsabsicht = Absicht, einen unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erwirtschaften, der zu einem Überschuss über die betrieblichen Kosten der Tätigkeit führt (-) bei bloßer Absicht zur Kostendeckung Beachte: Es kommt bloß auf die Absicht, nicht das tatsächliche Erzielen an. (P) Gemeinnütziges Handeln Bsp. 1: Gemeinnützige Organisationen (z.B. DRK e.V.) möchten bloß kostendeckend arbeiten und erheben für ihre Aufwendungen (z.B. Krankentransporte) Kosten. Am Ende des Jahres wird abgerechnet und es ergibt sich ein geringfügiger Gewinn.  Hier: Absicht war es, bloß kostendeckend zu arbeiten Bsp. 2: Kirche veranstaltet Wohltätigkeitsbasar. Die Erlöse sollen wohltätigen Zwecken zukommen.  Hier: Absicht ist es, Gewinn zu erzielen. Wofür der Gewinn eingesetzt wird, ist für die Frage des Vorliegens von Gewinnerzielungsabsicht ohne Belang. Auf Dauer angelegt Auf Dauer angelegt = Erkennen lassen einer Wiederholungs-und Fortsetzungsabsicht dient der Abgrenzung von gelegentlichen Tätigkeiten und Bagatellfällen − Endgültige Abgrenzung nach Umständen den Einzelfalls − Bsp.: Mehrjährige Errichtung eines großen Gebäudes/Betrieb eines Eiscafés im Sommer jeweils Tätigkeiten von großem Umfang, daher (+) Selbständigkeit Selbständigkeit =Handeln im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weitestgehend weisungsfrei (-) bei Arbeitnehmern/Vertretern (P) Sonderfall Scheinselbständigkeit = Auslagerung bestimmter Tätigkeitsbereiche in einem Unternehmen samt der dort beschäftigten Mitarbeiterin die Selbstständigkeit Gewerberecht = Abwehr der Gefahren gegenüber Dritten  Trotz „Quasi“-Weisungsgebundenheit können sich auch bei dieser Form des selbständigen Betriebs Gefahren für Dritte ergeben, denen mit dem Gewerberecht zu begangen ist Daher: Scheinselbständiger = Selbständiger i.S.d. Gewerberechts

Unterschiede ergeben sich hier für den arbeitsrechtlichen Bereich Keine Urproduktion Urproduktion = Gewinnung von rohen Naturerzeugnissen durch die Nutzung von Grund und Boden Insb. Land- und Fortwirtschaft Vgl. § 6 Abs. 1 GewO - Fischerei - Bergbau - Viehzucht (P) Verkauf aus eigener Produktion = Verkauf von selbsterzeugten Früchten, Getreide und Gemüse sowohl an den Groß-und Einzelhandel als auch an den Endverbraucher vor Ort Beachte: Erfordert wirtschaftliche Gesamtbetrachtung Deshalb nur solange Teil der Urproduktion, solange innerhalb des Rahmens in dem Erzeugnisse der Urproduktion üblicherweise verkauft werden (P) Sonderfall: Viehzucht unter Zukauf von Vieh und Futter Urproduktion (-)  kein Bezug zur für die Urproduktion typischerweise anhaftende Bodennutzung Urproduktion (+) - Gewinnung roher Naturerzeugnisse - Wirtschaftliche Gesamtbetrachtung:  Anwendung der GewO dient der Abwehr von Gefahren gegenüber Dritten  Diesbezüglich kein entscheidender Unterschied zur „ursprünglichen“ Viehzucht Kein freier Beruf - Keine allgemeingültige Definition - Einordnung anhand einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung  Typischerweise steht bei dem Freiberufler die persönliche Leistungserbringung im Mittelpunkt  BVerwG: Heranziehung von Kriterien Freier Beruf = freie wissenschaftliche ,künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten höherer Art – sowie – persönliche Dienstleistungen ,die eine höhere Bildung erfordern Freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeit höherer Art (P) Künstlerischer Bereich: Abgrenzung Künstler – Kunstgewerbetreibender  Literatur: Abgrenzung nach Schwerpunkt der Tätigkeit  Künstler  Schwerpunkt in einem kreativen Herstellungsprozess oder der kommunikativen Vermittlung der Kunstwerke



Kunstgewerbetreibender  Schwerpunkt in wirtschaftlicher Verwertung der Kunstwerke

Persönliche Dienstleistungen, die eine höhere Bildung erfordern Beachte: Es kommt nicht darauf an, ob der Gewerbetreibende ein Studium abgeschlossen hat, sondern darauf, ob ein Studium zur Ausübung der Tätigkeit objektiv erforderlich ist. Beispiele: - Hausaufgabenbetreuung/Nachhilfeunterricht  kein freier Beruf - Repetitor  freier Beruf Keine Verwaltung eigenen Vermögens - Keine allgemeingültige Definition - Einordnung anhand einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung Überschreitet die Verwaltung privaten Vermögens den angemessenen und üblichen Rahmen? Verwaltung eigenen Vermögens  Verwaltung eines Mietshauses  Vermietung einer Ferienwohnung Keine Verwaltung eigenen Vermögens  Vermietung von zehn Wohnungen mit bis zu 55 Betten  Verwaltung eines Campingplatzes mit 1.200 Plätzen Gewerbearten Prinzip der Negativabgrenzung • Stehendes Gewerbe = gewerbsmäßige Tätigkeit, die weder Reise- noch Marktgewerbe ist • Reisegewerbe = Gewerbe, das nicht innerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder aufgrund einer vorhergehenden Bestellung außerhalb einer gewerblichen Niederlassung betrieben wird • Marktgewerbe = Vorliegen einer der in den §§ 60b, 64ff. GewO legaldefinierten Veranstaltungen und Festsetzung dieser nach § 69 GewO

Das stehende Gewerbe

1. Erlaubnispflichtige Gewerbe a) Die Erlaubnispflicht b) Die Erteilung einer Erlaubnis c) Vorgehen bei fehlender Erlaubnis 2. Erlaubnisfreie Gewerbe a) Die Anzeigepflicht b) Der Gewerbeschein c) Rechtsschutzfragen Erlaubnispflichtige Gewerbe = Gewerbe, für die der Gesetzgeber eine Erlaubnispflicht normiert hat Die Erlaubnispflicht - Normiert insb. in §§ 30 ff. GewO - Daneben spezialgesetzlichen Vorschriften, z.B. § 2 PBefG oder § 4 BImSchG Beispiele: - Aufstellung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit, §33c GewO - Spielhallen und ähnliche Unternehmen, §33i GewO - Pfandleiher, §34 GewO - Immobilienmakler/Darlehensvermittler §34c GewO - Versicherungsvermittler, §34d GewO Aktuelle Entwicklung: „Airbnb“, Boardinghouse (P) Erlaubnispflicht für den Wohnungsinhaber? Wohnen = nur bei einer auf Dauer angelegten Haushaltsführung Airbnb: nur begrenzt geplanter Aufenthalt Boardinghouse: vielfach nur Hotelersatz, wobei dem Gast weitergehende Rückzugsmöglichkeiten angeboten werden. (!) möglicherweise aber Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 S. 1 GewO Abgrenzung: Verwaltung eigenen Vermögens Die Erteilung der Erlaubnis Gewerbeerlaubnis = präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Erteilung der Erlaubnis = begünstigender VA

Vgl. §§ 30 ff. GewO: entscheidendes Kriterium = Zuverlässigkeit Beachte: In den Fällen des §34b Abs. 1, 3, 4, §34c Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 und 4 oder §55 Abs. 2 gilt die Erlaubnis als erteilt, wenn die Behörde über einen Antrag auf Erlaubnis innerhalb einer Frist von drei Monaten nicht entschieden hat, s. §6a Abs. 1 GewO = Genehmigungsfiktion! Zuständigkeit: - Im Saarland: Gewerbeordnungs-Zuständigkeitsverordnung, GewOZVO - Sachlich: §§ 1 – 6 GewOZVO: grds. Gemeinde, aber auch Landkreise/RV (vgl. § 2 GewOZVO) - Örtlich: § 7 GewOZVO Die Erlaubnis als VA - Nebenbestimmungen  Primär nach Spezialvorschrift, z.B. § 33c Abs. 1 S. 3 GewO  Sonst nach § 36 (S)VwVfG - Aufhebung  Primär nach Spezialvorschrift, z.B. § 33d Abs. 4, 5 GewO  Sonst nach §§ 48, 49 VwVfG - Erlöschen  Primär nach Spezialvorschrift Bsp.: § 49 Abs. 2 GewO  Sonst grds. Erlöschen mit Tod  Erlaubnis, die auf Zuverlässigkeit abstellt = Personalkonzession  Jedoch Möglichkeit des Erhalts des wirtschaftlichen Werts Vorgehen bei fehlender Erlaubnis - Primär nach Spezialvorschrift, z.B. § 16 Abs. 3 HandwO, § 20 Abs. 2 BImSchG - Sonst nach § 15 Abs. 2 GewO Tatbestandsvoraussetzungen der EGL  Wortlaut: Betrieb ohne erforderliche Zulassung (formelle Illegalität) Rechtsfolge: „kann“  Ermessen in doppelter Hinsicht - Entschließungsermessen: „Ob“ des Einschreitens - Auswahlermessen: „Wie“ des Einschreitens regelmäßig durch Schließungsverfügung Verhältnismäßigkeit = Abwägung zwischen den Interessen des Gewerbetreibenden (ggf. auch dessen Mitarbeitern) und denen der Allgemeinheit - Bzgl. Entschließungsermessen  (P) Neben formeller Illegalität fehlendes Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen (materielle Illegalität) notwendig? Bsp.: fehlende Zuverlässigkeit − Vorliegen von formeller und materieller Illegalität • Eingreifen der Behörde regelmäßig gerechtfertigt − Vorliegen bloß formeller Illegalität Vorgehen nicht gerechtfertigt Zunächst muss die Behörde dazu

Vorgehen gerechtfertigt Verlangen einer vorherigen

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auffordern, einen Antrag zu stellen, Aufforderung „lade zur sonst ist ein Vorgehen Nichtbeachtung der Erlaubnispflicht unverhältnismäßig. ein“.  Betriebsverhinderung nicht verhältnismäßig, wenn in dem Nichtvorhandensein einer Erlaubnis kein grober Verstoß zu sehen ist. Bzgl. Auswahlermessen  Ggf. Schließungsverfügung unverhältnismäßig Dann Teilschließungsverfügung angezeigt

Erlaubnisfreie Gewerbe = Gewerbe, für die der Gesetzgeber keine Erlaubnispflicht normiert hat Anzeigepflicht (§ 14 Abs. 1 S. 1 GewO) - Einseitige empfangsbedürftige WE - Nichtanzeige = Ordnungswidrigkeit (§ 146 Abs. 2 Nr. 2 lit. b GewO) Gewerbeschein (§ 15 Abs. 1 GewO) - Bescheinigung = Gewerbeschein lediglich Nachweis, dass der Gewerbetreibende seiner Anzeigepflicht nachgekommen ist.  Keine Regelungswirkung, kein VA  Dennoch: subjektiv-öffentliches Recht auf Ausstellung des Gewerbescheins bei erfolgter Anzeige Rechtsschutzfragen (P) Mittels welcher Klage ist vorzugehen, wenn die Behörde die Erteilung eines Gewerbescheins ausdrücklich ablehnt? Verpflichtungsklage Zwar ist die Bescheinigung selbst kein VA, jedoch hat die Entscheidung, ob die Bescheinigung mit Rücksicht auf etwaige Versagungsgründe auszubleiben hat, Regelungscharakter.

Allgemeine Leistungsklage Vgl. Verweigerung einer behördlichen Auskunft − Schwerpunkt der Verweigerung liegt im Tatsächlichen, ohne dass eine vertiefte Prüfung erfolgt. − daher: Realakt Ausnahme: Verweigerung hat äußere Form eines VA, weil z.B. mit Rechtsbehelfsbelehrung

Zuverlässigkeit Zuverlässigkeit entscheidend für: - Erteilung einer Erlaubnis → oft abhängig von Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, vgl. § 33c Abs. 2 Nr. 1; § 34 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewO. - Untersagung, § 35 Abs. 1 S. 1 GewO → abhängig von „Unzuverlässigkeit“ des Gewerbetreibenden - Reisegewerbekarte, § 57 Abs. 1 GewO → Erteilung ist bei Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu versagen.

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Marktgewerbe, § 70a Abs. 1 GewO → Behördliche Teilnahmeuntersagung zu einer Messe, Ausstellung, Großmarkt, Wochenmarkt oder Spezial- oder Jahrmarkt von „Unzuverlässigkeit“ abhängig.

Unzuverlässig i.S.d. GewO ist derjenige, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Unzuverlässigkeit = gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff Prognoseentscheidung Prüfung 1. Tatsachen belegen ein Verhaltensdefizit 2. Dieses Verhaltensdefizit lässt den Schluss auf den nicht ordnungsgemäßen Betrieb in Zukunft zu je nach Umständen des konkreten Einzelfalls an manchen Stellen Regelbeispiele, z.B. − §33c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO: „die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer […]“ − §34a Abs. 1 S. 4GewO: „Die erforderliche Zuverlässigkeit liegt in der Regel nicht vor, wenn […]“ Fallgruppe 1. 2. 3. 4. 5.

Begehen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Nichteinhalten von gewerbebezogenen Vorschriften Nichtabführen von Abgaben Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Fehlende Sachkunde

Begehen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten 1. Tatsachenfeststellung − Begehen einer Straftat mit Bezug zum Gewerbe • bei Eigentums-und Vermögensdelikten stets anzunehmen − Prüfung, ob Straftat begangen wurde • grds. selbstständige Prüfung der Behörde • nur auf strafrechtliches Urteil abzustellen, wo ausdrücklich vorgesehen, z.B. §33c Abs. 2 Nr. 1 GewO − (P) Ermöglichen von Straftaten • Verstoß muss bei Gewerbetreibendem selbstliegen • (-), wenn…  Gewerbetreibender der „rechten Szene“ angehört und seine Räumlichkeiten deren Mitgliedern zur Verfügung stellt, auch wenn diese von Anhängern der „linken Szene“ angegriffen werden.  Gewerbetreibender Produkte anbietet, die sich zum Cannabiskonsum „anböten“, wie z.B. Bongs, Papier für Rauchzwecke, Literatur zum Anbau von Cannabis

2. Zulassung einer negativen Prognoseentscheidung − grds. Verstoß von gewisser Schwere notwendig • auch mehrere Bagatelldelikte in Gesamtschau Nichteinhalten von gewerbebezogenen Vorschriften 1. Tatsachenfeststellung − häufige Fälle: Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz (JuSchG) oder das Ladenöffnungsgesetz (LÖG Saar) − teilweise Überschneidung zur ersten Fallgruppe, z.B. Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis, §404 SGB III, §§10 ff. SchwarzArbG, bis hin zu §233 StGB („Ausbeutung der Arbeitskraft“) 2. Zulassen einer negativen Prognoseentscheidung − Abstellen auf Schwere des Verstoßes, bei geringeren Verstößen auf Häufigkeit Nichtabführen von Abgaben 1. Tatsachenfeststellung - Fälle, in denen fehlendes soziales Verantwortungsbewusstsein zum Vorschein kommt - insb. Vernachlässigung der steuerlichen Erklärungspflichten, fehlendes Abführen der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung 2. Zulassen einer negativen Prognoseentscheidung − Abstellen auf Schwere des Verstoßes • Kriterien: Höhe der Rückstände, Verhältnis der Rückstände zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 1. Tatsachenfeststellung − Unabhängig von Verschulden − insb. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, jahrelanges Nichteinhalten von steuerlichen Zahlungspflichten oder Ratenzahlungspflichten 2. Zulassen einer negativen Prognoseentscheidung − Entfallen der Leistungsfähigkeit auf längere Sicht • (-), bei kurzen Zahlungsengpässen • (-), wenn an einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept gearbeitet wird. Fehlende Sachkunde Eng auszulegen! - Wirkung der Berufsfreiheit, Art. 12 GG - Gewerbeausübung ist grds. freigestellt und nur dort Zulassungsvoraussetzungen unterworfen, wo diese speziell vorgeschrieben sind. - Folge: nur in Extremfällen anzunehmen Beliebtes Beispiel: Schwimmlehrer, der nicht schwimmen kann

Folgen der Unzuverlässigkeit insb. Erlaubnispflichte Gewerbe: Beachte § 35 Abs. 8 GewO Erlaubnispflichtige Gewerbe − Fall 1: Erlaubnis (-), dennoch Betrieb eines Gewerbes und unzuverlässig.  Erteilung einer Erlaubnis → zu versagen  Verhinderung der Fortsetzung des Betriebes nach § 15 Abs. 2 GewO  Voraussetzung: Betrieb eines zulassungspflichtigen Gewerbes ohne Zulassung (formelle Illegalität)  Hier: (+)  Daneben: Untersagung des Betrieb des Gewerbes nach § 35 Abs. 1 GewO  ggf. ausgeschlossen durch § 35 Abs. 8 S. 1 Alt. 1 GewO  oder durch § 35 Abs. 8 S. 1 Alt. 2 GewO Hier: keine Zulassung, die widerrufen werden kann − Fall 2: Erlaubnis (+), Gewerbetreibender erweist sich als unzuverlässig.  Verhinderung der Fortsetzung des Betriebes nach § 15 Abs. 2 GewO hier: (-), da Erlaubnis vorlag  daneben: Untersagung des Betrieb des Gewerbes nach §35 Abs. 1 GewO  ggf. ausgeschlossen durch §35 Abs. 8 S. 1 Alt. 1 GewO  oder durch §35 Abs. 8 S. 1 Alt. 2 GewO  daneben auch: §§48, 49 (S)VwVfG Erlaubnisfreie Gewerbe − Verhinderung der Fortsetzung des Betriebes nach §15 Abs. 2 GewO  hier:(-), da zur Ausübung keine Zulassung erforderlich •Untersagung des Betrieb des Gewerbes nach §35 Abs. 1 GewO  ggf. ausgeschlossen durch §35 Abs. 8 S. 1 Alt. 1 GewO  oder durch §35 Abs. 8 S. 1 Alt. 2 GewO hier:(-), da erlaubnisfreies Gewerbe = keine Zulassungsvorschriften Prüfung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO I.

Ermächtigungsgrundlage: § 35 Abs. 1 S. 1 GewO

II.

Formelle Rechtmäßigkeit 1. Zuständigkeit a) Sachlich § 155 Abs. 2 GewO i.V.m. §§ 1 ff. GewOZVO: grds. Gemeinde b) Örtlich § 35 Abs. 7 GewO 2. Verfahren Anhörung  des Gewerbetreibenden, §28 Abs. 1 (S)VwVfG  der Aufsichtsbehörden, der zuständigen Industrie-und Handelskammer oder Handwerkskammer und ggf. der Prüfungsverband  Heilung von Anhörungsfehlern  fehlende Anhörung eines Beteiligten: §45 Abs. 1 Nr. 3 (S)VwVfG

 fehlende Anhörung einer Behörde: §45 Abs. 1 Nr. 5 (S)VwVfG 3. Form  grds. Formenwahlfreiheit, §37 Abs. 2 S. 1 (S)VwVfG  wenn schriftlich → Begründung, §39 Abs. 1 S. 1 (S)VwVfG III.

Materielle Rechtmäßigkeit 1. Tatbestandsvoraussetzungen der EGL  Anwendbarkeit des §35 Abs. 1 GewO, s. §35 Abs. 8 GewO - insb. erlaubnispflichtiges Gewerbe  Ausübung eines stehenden Gewerbes durch den Adressaten der Untersagungsverfügung - Beachte: §35 Abs. 1 S. 3 GewO Dann jedoch verschärfte Prüfung der Verhältnismäßigkeit (P) Strohmann-/Strohfrauverhältnis BVerwG: Von einem "Strohmann" spricht man im Gewerberecht, wenn jemand (der Strohmann) zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, das in Fragestehende Gewerbe in Wirklichkeit aber von einem anderen betrieben wird. Die eine Person gibt nur ihren Namen für den Gewerbebetrieb her und dient dem wahren Gewerbetreibenden als „Aushängeschild“. Ausübung eines stehenden Gewerbes durch die Strohfrau/den Strohmann? Vorauss...


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