Handlungsfreiheit PDF

Title Handlungsfreiheit
Author Esra Ery
Course Basismodul - Einführung in die Philosophie
Institution Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Pages 5
File Size 151.4 KB
File Type PDF
Total Downloads 86
Total Views 148

Summary

Download Handlungsfreiheit PDF


Description

Das folgende Essay beschäftigt sich mit der Frage, wie sich „Handlungsfreiheit“ und „Willensfreiheit“ unterscheiden und wie die Auffassung zu verstehen ist, dass auch letztere mit einem naturgesetzlichen Determinismus „kompatibel“ ist. Zunächst werden die Begriffe Handlungsfreiheit, Willensfreiheit und Determinismus definiert, um anschließend einen Zusammenhang herstellen zu können. Die Kompatibilität des Determinismus mit der Willensund Handlungsfreiheit ist ein sehr umstrittenes Thema unter den Philosophen. Einige der Philosophen sind Vereinbarkeitstheoretiker, während andere Verfechter der Unvereinbarkeit von Willensfreiheit und Determinismus sind.1 Auf die ähnlichen Theorien von Michael Pauen und Ernst Tugendhat, die zu den Kompatibilisten gehören, wird im Essay näher eingegangen. Handlungsfreiheit bedeutet nach Michael Pauen, wenn eine Person so handelt, wie es handeln will.2 Wenn ich einen Willen habe nicht zu lernen und das auch nicht tue, dann bin ich frei in meiner Handlung. Handlungen können nicht frei sein, wenn sie von äußeren Zwängen eingeschränkt werden.3 Wenn ich in 10 Minuten etwas essen möchte und in der Nähe meines Standorts keine Möglichkeit dafür besteht, dann ist meine Handlungsfreiheit eingeschränkt. Ob ein Mensch Handlungsfreiheit besitzt, hängt wiederum mit seiner Willensfreiheit zusammen. Jemand kann nach seinem Willen handeln und das Kriterium der Handlungsfreiheit erfüllen, aber sein Wille könnte nicht frei sein4. Wenn ich krank bin und Medikamente nehmen muss, damit ich keine Schmerzen habe, dann handele ich frei, indem ich die Medikamente nehme. Ob mein Wille während der Einnahme der Medikamente frei ist, ist fraglich, weil mein Wille unter dem Bewusstsein der Krankheit diese Entscheidung fällt. Somit rückt das Problem der Freiheit des Willens stärker in den Fokus, als das Problem der Handlungsfreiheit. Der Philosoph Pauen versteht einen Willen als frei, wenn die Person verschiedene Handlungsmöglichkeiten hat5. Dies setzt voraus, dass eine Person unter gleichen Umständen sich auch hätte anders entscheiden können bzw. anders handeln können.6 Als Erläuterung könnte das Beispiel mit dem Medikament genommen werden. Ein schwerkranker Mensch

Ritzenhoff, Steffan: Die Freiheit des Willens. Argumente wider die Einspruchsmöglichkeit des Determinismus, München: Wilhelm Fink Verlag 2000, S. 51. 2 Pauen, Michael: „Anders handeln in einer determinierten Welt? Grundzüge einer philosophischen Konzeption von Willensfreiheit“, in: Heinze, Martin, Fuchs, Thomas und M. Reischies, Friedel (Hrsg.): Willensfreiheit- eine Illusion?, Berlin: Parodos Verlag 2006, S. 17. 3 Vgl. ebd., S.19. 4 Vgl. ebd., S.17. 5 Vgl. ebd., S.17. 6 Vgl. ebd., S.17. 1

würde ohne die Einnahme der Medikamente sterben. Er kann sich entscheiden, ob er das Medikament nimmt oder nicht, soweit ihm bewusst ist, dass er ohne die Einnahme der Medikamente sterben würden. Im Folgenden wird der Begriff des Determinismus definiert. Es gibt verschiedene Arten von Determinismus, deren Definitionen für dieses Essay zu umfangreich wäre. Im Folgenden beschränke ich mich auf eine allgemeine Definition des naturgesetzlichen Determinismus. Dieser bedeutet, dass alles was in der Natur und im Gehirn geschieht determiniert also vorbestimmt ist.7 Wiederum hängen die Geschehnisse im Gehirn mit der Natur zusammen. Somit wäre der Mensch deterministischen Gesetzten unterworfen und alles würde nach einem Ursache- Wirkungsprinzip beurteilet werden.8 In einer naturgesetzlich determinierten Welt wären viele Ereignisse vor unserer Geburt schon festgelegt worden.9 Pauen versucht zu beweisen, dass Menschen trotz einer naturgesetzlichen Determiniertheit Kontrolle über ihre Handlungen haben können.10 Im folgende wird versucht die Fragestellung des Essays anhand der Begriffsdefinitionen und der Philosophie des Ernst Tugendhat zu beantworten. Wichtig für die Beantwortung der Fragestellung sind auch die Begriffe der Kompatibilität und Inkompatibilität. Unter Kompatibilität wird die Vereinbarkeit von Willensfreiheit und Determinismus verstanden. 11 Während unter Inkompatibilität die Unvereinbarkeit von Willensfreiheit und Determinismus verstanden wird.12 Inkompatibilisten entscheiden sich entweder dafür, dass wir einen freien Willen besitzen oder das unsere Welt determiniert ist, weil sie sagen, dass in einer determinierten Welt keine Handlungsalternativen bestehen können.13 Ernt Tugendhat war ein Philosoph, der an der Kompatibilität des Determinismus und der Willensfreiheit festhielt. Er führt die Begriffe Verantwortlichkeit und Selbstkontrolle ein, um die Kompatibilität zu beweisen. Er untersuchte das Wollen des Menschen, der vielleicht hätte anders Wollen können, also die Handlungsalternativen.14 Das Wollen einer Person ohne

Kupke, Christian: „Metaphysischer Determinismus und naturgeschichtliche Freiheit. Zur gegenwärtigen Debatte über Willensfreiheit und Gehirndeterminismus“, in: Heinze, Martin, Fuchs, Thomas und M. Reischies, Friedel (Hrsg.): Willensfreiheit- eine Illusion?, Berlin: Parodos Verlag 2006, S. 66. 8 Vgl. ebd., S.66. 9 Vgl. Pauen, Michael, Anders handeln in einer determinierten Welt? Grundzüge einer philosophischen Konzeption von Willensfreiheit, S. 19. 10 Vgl. ebd., S.19. 11 Vgl.ebd., S.17. 12 Vgl. ebd., S.17. 13 Vgl. ebd., S.24. 14 Tugendhat, Ernst: Anthropologie statt Metaphysik, München: C. H Beck Ohg Verlag 2007, S. 59.

7

1

äußerlichen Zwängen ausgesetzt zu sein, bestimmt die Handlungsfreiheit.15 Wenn der Mensch etwas will und dies umsetzt, ist seine Handlung frei, weil es sein eigenes Wollen war, ohne dass er äußerlichen Zwängen ausgesetzt ist. Der Gruppenzwang wäre z. B ein äußerlicher Zwang, welches das Handeln eines Menschen in eine andere Richtung lenken könnte. Durch äußere Zwänge kann ein Mensch seine Wünsche suspendieren, aber durch innere Zwänge kann er sie nicht suspendieren.16 Der Mensch kann also nicht für ihr freies Handeln verantwortlich gemacht werden, weil er keine bestimmten Überzeugungen und Wünsche besitzt, die erklären warum er so gehandelt hat.17 Kann der Mensch sein Handeln nicht begründen, weil er inneren Zwängen ausgesetzt ist, hat er keinen freien Willen. Der innere Zwang bezieht sich somit auf die Einschränkung des freien Willens, während der äußere Zwang sich auf die Einschränkung der Handlungsfreiheit bezieht.18 Tugendhart weißt explizit darauf hin, dass der Zwang nicht als Determiniertsein anzusehen ist.19 Der Wille kann aufgrund der Ziele und Wertvorstellungen eines Menschen determiniert sein. Ziele und Wertvorstellungen fallen nicht den Begriff „Zwänge“.20 Der Aspekt des Bewusstseins- eine andere Handlungsalternative auswählen zu können, ist für Tugendhart grundlegend.21 Solange der Mensch zu seinem Wollen steht und gleichzeitig reflektieren kann, dass er auch hätte anders Wollen können, ist sein Wille frei.22 Alleine die Entscheidung, ob wir unseren Wünschen nachgehen oder nicht, weist für Tugendhart auf einen freien Willen hin.23 Die Willensfreiheit bedeutet gleichzeitig eine Verantwortlichkeit, weil der Mensch überlegt handelt und sein Handeln einen Bezug zu seinem Leben („Ich“) hat.24 Der Mensch sollte also Wissen, warum er so gehandelt hat. Es sollte von dem Menschen selber, also von dem „Ich“ abhängen, wie gehandelt wird.25 Für Tugendhart bedeutet Willensfreiheit ein Handeln, dessen Begründung wir fällen und uns selber dafür verantwortlich machen können.26 Menschen können auch andere Menschen aufgrund seines Handelns verantwortlich machen, welches ihn zu einer handlungsfähigen Person machen würden.27

Vgl. ebd., S.59. Vgl.ebd., S.60. 17 Vgl.ebd., S.60. 18 Vgl.ebd., S.60. 19 Vgl. ebd., S.59. 20 Vgl. ebd., S. 68. 21 Vgl. ebd., S. 69. 22 Vgl. ebd., S. 69. 23 Vgl.ebd., S.60. 24 Vgl. ebd., S.61. 25 Vgl. ebd., S.69. 26 Vgl. ebd., S.61. 27 Vgl. ebd., S.65.

15

16

2

Das Wollen eines Menschen kann mit vielen naturgegebenen Faktoren zusammenhängen. Hierunter falle Ziele und Wertvorstellungen eines Menschen. Solange dem Menschen bewusst ist, wieso er so handelt, ist sein Wille trotz einer Determiniertheit frei. 28 Eine Begründung des Wollens bedeutet, dass die Person genau weiß aus welchem Grund sie so gehandelt hat und das Bewusstsein, dass ihm andere Handlungsmöglichkeiten offenstehen. Der Wille ist also determiniert kann aber trotzdem frei sein, weil die Person selber aussucht, welchen seiner Wünsche es nachgeht. Somit ist für Tugendhart die Willensfreiheit mit dem naturgesetzlichen Determinismus kompatibel.29 Pauens Theorien ähneln sehr den Theorien des Philosophen Ernst Tugendhat. Beide Philosophen Definieren Handlungsfreiheit als etwas, was frei von Zwängen sein muss. 30 Beide Autoren grenzen die Begriffe Freiheit und Zwang ab, um die Bedeutung des eigenen Wollens zu erklären. Handlungen die von äußeren Zwängen beeinträchtigt sind, können nicht frei sein.31 Zusätzlich grenzt Pauen die Freiheit von zufälligen Geschehnissen ab, die nicht als freie Handlung bezeichnet werde können, weil sie zufällig sind.32 Die Abgrenzung dieser Begriffe ist wichtig, weil Menschen andere Menschen für ihr freies zufälliges Handeln verantwortlich machen.33 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass nach Tugendhart und Pauen die Kompatibilität der Handlungsfreiheit mit dem naturgesetzlicheren Determinismus nicht diskutabel ist. Solange der Mensch nicht von äußeren Zwängen beeinflusst wird, also seine Handlung frei ist, ist es unproblematisch, dass sein Wollen determiniert ist. Problematischer wird es bei der Willensfreiheit, die durch Tugendhart und Pauen eine neue Auffassung gewinnt. Beide kommen zum Entschluss, dass die Willens- und Handlungsfreiheit mit dem Determinismus kompatibel ist, solange die Handlung begründet werden kann

und die

Handlungsalternativen der Person bewusst ist.34 Abschließend fragt er sich, wie weit die Willensfreiheit reicht.35

28

Vgl. ebd., S. 60. Vgl. ebd., S. 73. 30 Vgl. Pauen, Michael, Anders handeln in einer determinierten Welt? Grundzüge einer philosophischen Konzeption von Willensfreiheit, S. 19. 31 Vgl.Tugendhat, Ernst, Anthropologie statt Metaphysik, S. 60. 32 Vgl. Pauen, Michael, Anders handeln in einer determinierten Welt? Grundzüge einer philosophischen Konzeption von Willensfreiheit, S.19. 33 Vgl.ebd., S.20. 34 Vgl. Pauen, Michael, Anders handeln in einer determinierten Welt? Grundzüge einer philosophischen Konzeption von Willensfreiheit, S. 33. 35 Vgl.Tugendhat, Ernst, Anthropologie statt Metaphysik, S. 73.

29

3

Literaturverzeichnis Kupke, Christian: „Metaphysischer Determinismus und naturgeschichtliche Freiheit. Zur gegenwärtigen Debatte über Willensfreiheit und Gehirndeterminismus“, in: Heinze, Martin, Fuchs, Thomas und M. Reischies, Friedel (Hrsg.): Willensfreiheit- eine Illusion, Berlin: Parodos Verlag 2006, S. 63-77. Pauen, Michael: „Anders handeln in einer determinierten Welt? Grundzüge einer philosophischen Konzeption von Willensfreiheit“, in: Heinze, Martin, Fuchs, Thomas und M. Reischies, Friedel (Hrsg.): Willensfreiheit- eine Illusion?, Berlin: Parodos Verlag 2006, S. 1535 . Ritzenhoff, Steffan: Die Freiheit des Willens. Argumente wider die Einspruchsmöglichkeit des Determinismus, München: Wilhelm Fink Verlag 2000. Tugendhat, Ernst: Anthropologie statt Metaphysik, München: C. H Beck Ohg Verlag 2007, S. 57-74.

4...


Similar Free PDFs