Lesekompetenz Leseleistung Leseförderung PDF

Title Lesekompetenz Leseleistung Leseförderung
Course Deutsch Didaktik
Institution Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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Lesekompetenz Leseleistung Leseförderung – Grundlagen, Modelle und Materialien Einleitung: Modelle und Merkmale der Lesekompetenz •

1960er Jahre verkünden Medienphilosophen und Kulturkritiker immer wieder das Ende des Gutenbergzeitalters !meinen damit nicht nur Untergang der Buchkultur, sondern auch den Untergang des Lesens, als relevante gesellschaftliche Kommunikationsform



Prognose zur modernen Medienentwicklung: Welt der Bilder wird Welt der Schrift wieder ablösen (->Fernsehen)



es ist anders gekommen: Fernsehen = Alltagsmedium, Fernsehen ≠ Bildungsmedium



Ende 20. Jh. Computermedien machen Lesen nicht überflüssig, sondern integrieren es in multimediale Zusammenhänge



Printmedien und speziell Bücher wurden nicht bedeutungslos



mediale Kommunikationsformen haben sich nicht gegenseitig verdrängt, sondern ausdifferenziert



Lesen kann je nach Medienkontext versch. Erscheinungsformen annehmen: o E-Mail lesen o Recherche Internet



Lesekompetenz ist unverzichtbarer Teil einer umfassenden Medienkompetenz



„PISA 2000“ Schock -> machte klar, dass Vermittlung der Lesekompetenz in der modernen Gesellschaft eine der wichtigsten Aufgaben der Schule

-Was ist „Lesekompetenz“? ! zwei Modelle a) kognitionstheoretisch orientierte Modell der PISA-Studie -> forschungspraktisch brauchbares Instrument zur Messung der Leseleistung b) kulturwissenschaftlich orientierte Modell -> interessiert sich dafür ein theoretisches Modell der Strukturen und Prozesse zu entwickeln, die an der Sozialisation von „Lesekompetenz“ beteiligt sind.

-

beide Modelle setzen in der Definition von „Lesekompetenz“ unterschiedliche Akzente

Lesekompetenz – normative Aspekte Begriff der „Lesekompetenz“: •

„Lesen“ als Verstehen schriftsprachlicher Texte



Im prototypischen Kern das Verstehen kontinuierlicher Texte



Im erweiterten Sinn auch das Verstehen diskontinuierlicher Texte (Tabellen, Diagramme) und multimedialer Texte (Text-Bild-Kombinationen)



Lesekompetent: Texte eines Anspruchsniveaus verstehen, um mit Lesen Ziele zu erreichen, die gewisse Bedeutsamkeit haben

Normativer Aspekt der Lesekompetenz •

Urteilt über Art und Niveau der Texte und Relevanz der Ziele und Funktionen des Lesens -> bleibt oft versteckt



„Kompetenz“ beschreibt nicht nur Fähigkeit, sondern wird auch positiv bewertet-> Fähigkeitspotenzial, das einen Menschen in Bezug auf relevante Anforderungen und Ziele handlungsfähig macht

Modelle der Lesekompetenz: PISA-Studie: •

Literacy-Konzept aus der angli-amerikanischen Forschung



Frage nach Basisqualifikationen, die in der modernen Gesellschaft für eine in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht erfolgreiche Lebensführung unerlässlich sind



Als diese Basisqualifikationen gelten sowohl die mathematische und naturwissenschaftliche als auch die „reading literacy“ die „Lesekompetenz“



„Lesekompetenz“: basales Kulturwerkzeug, das erforderlich ist für die Bewältigung der charakteristischen Kommunikations- und Handlungsanforderungen, denen ein durchschnittlicher Gesellschaftsteilnehmer in seinem Alltag und Beruf begegnet



Konsequenz: Bestimmung der Berücksichtigung welcher Textbereiche, welcher Fähigkeitsaspekte und welcher Merkmalsdimensionen im Modell der Lesekompetenz ! leitende Norm: gesellschaftlich-pragmatischer Bedarf



PISA-Studie Fokus eher auf kognitive Dimension des Textverstehens und Konzentration auf Sach- und Informationstexte

Lesesozialisationsforschung: •

Anlehnung an normative Deskription der Lesekompetenz



Übergeordnetes Normatives Leitideal : „Surplus“ bedeutet Subjektbildung zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt ! im Hinblick auf lesen: Person die Lesen nicht nur als instrumentelles Handeln in verschiedener Hinsicht erfolgreich einsetzten kann z.B. zum Lernen, Weiterbildung , sozialer Aufstieg, beruflicher Erfolg- sondern auch als Medium der Persönlichkeitsbildung wichtige Folgewirkung hat, im Hinblick auf ästhetische und sprachliche Sensibilität, Moralentwicklung, Empathiefähigkeit, Fremdverstehen und Teilhabe am kulturellen Gedächtnis.



Knüpft an die moderne Sozialisationsforschung und Bildungsgeschichtlicher Theorien an



Trias der lesebezogenen Bildungsnormen sind durch Teilnahme der Menschen an der Lesekultur entstanden und besitzen dadurch historische Tiefe, die immer noch gelten



Trias der lesebezogenen Bildungsnormen: 1.Lesen als rationale Selbstbestimmung !Geleitet durch die Tradition der Aufklärung im 18.Jhd. und Mündigkeit der Menschen 2. Lesen als existenzielle Persönlichkeitsbildung !Mündet aus der Bildungsphilosophie des deutschem Idealismus und Neuhumanismus !prägte die bürgerliche Bildungsgeschichte mit der Hochschätzung von Kunst und Medien als Mittel der Persönlichkeitsbildung 3.Lesen als Erlebnisgenuss !Resultierend aus der Mediennutzung der 2 Hälfte des 20.Jdht.

!Mediennutzung als oberste Norm des Rezeptionsgenuss !Die älteren Bidlungsnormen haben in der Gegenwart nicht an Bedeutung verloren, sondern stehen neben einander zu heutigen und gelten weiter. !Bildet eine Komplexe Voraussetungstruktur für die Bewertung des Lesens !Je nach Situation, Institution, Zielen der Lesenden können sie alle legitim und handlungsleitend sein.

Vergleich der Bildungsnormen mit normativem Konzept der PISA-Studie: •

Kontrast im Hinblick auf Spannbreite und Komplexität der berücksichtigten Voraussetzungen



Literacy.Konzept entspricht am ehesten noch der Bildungsnorm des Lesens als rationale Selbstbestimmung (mit Vorrangstellung der pragmatisch-ökonomischen Bezüge)



Lesesozialisationsforschung setzt auf ein ideelles „surplus“ (eine oberste normative Leitidee) orientiert an europäischen Bildungstradition ! gesellschaftlich handlungsfähiges Subjekt



Annahmen über die Wirkungen speziell des literarischen Lesens nehmen wichtige Rolle ein



Literacy.Konzept legt Fokus auf Folgefunktionen von Informationslektüre

Lesekompetenz – deskriptive Aspekte •

Lesekompetenz als gedankliches Konstrukt



PISA-Modell der Lesekompetenz: -Kognitionstheoretischer Ansatz (beheimatet in psycholinguistischer Forschung zu Textverarbeitung) -Informationsaufnahme im Fokus -Leser muss Textinformation und eigenes Wissen zu einem sinnkohärenten Ganzen zusammenführen -Binnengliederung und Teilkompetenzen

-Skizze zur Theoretischen Struktur der Lesekompetenz in PISA: -Prinzipielle Zweigliederung (textimmanent und wissensbasierte Verstehensleistung) -Textimmanent: die im Text enthaltenen Informationen als ausreichende Grundlage für das Verständnis -Wissensbasiert: Entwicklung einer situationsadäquaten Interpretation unter Rückgriff auf nicht im Text enthaltenem Vorwissen -5 Kompetenz-Dimensionen: (1)

Ein allgemeines Verständnis des Textes entwickeln

(2)

Informationen ermitteln

(3)

Eine textbezogene Interpretation entwickeln

(4)

Über den Inhalt eines Textes reflektieren

(5)

Über die Form eines Textes reflektieren

-Zusammenfassung in 3 Teildimensionen der Lesekompetenz: (1)

Informationen ermitteln

(2)

Textbezogenes Interpretieren

(3)

Reflektieren und Bewerten

-Zugrundelegung bei diversen großangelegten Leseleistungsmessungen (z.B. IGLU, DESI, PIRLS) !Lesebegriff als korrekte Informationsaufnahme aus Texten (nach PISA) •

Lesesozialisationsforschung: -Fokus auf aktive und konstruktive Leistung des Lesers -Lesebegriff: konstruktiver Akt der Bedeutungszuweisung zu einem Text der in einem Handlungszusammenhang steht, sodass auf Leserseite nicht nur Vorwissen und kognitive Fähigkeiten gefragt sind, sondern auch motivational-emotionale und kommunikativ-interaktive Bereitschaften und Fähigkeiten. -Lesekompetenz: Fähigkeit zum Textverstehen im Horizont einer kulturellen Praxis, zu der gehört, dass sich

(1) Kognitives Textverständnis (2) Motivation und emotionale Beteiligung (3) Reflexion und Anschlusskommunikationen ergänzen und durchdringen -Kognitionspsychologische Leseforschung: -Hierarchieniedrige, automatisierte Prozesse (Wort- und Satzidentifikation, Verknüpfung von Satzfolgen) -Hierarchiehöhere, zielbezogene Prozesse (globale Kohärenzherstellung, Makrostrukturbildung auf der Basis von Textsortenkenntnis, Erkennen von Darstellungsstrategien und Textintentionen) (1) Globale Kohärenzherstellung: aus verstandenen Sinnelementen wird zusammenhängende und abstraktere Textbedeutung (re-) konstruiert (2) Makrostrukturbildung: Erleichterung der Erkennung einer Gesamtstruktur durch Einordnung des gelesenen Textes zu einer Textsorte -Unterschiedliche Relevanz und Funktion für Gesamtaussage

-Beachtung der motivational-emotionale und interaktionsbezogene Aspekt (1) Motivationale Komponente: Fähigkeit zur Lesebereitschaft, Mobilisierung positiver Erwartungen, Überwindung von Schwierigkeiten und Balancierung der lesebegleitenden Gefühle (2) Emotionale Komponente: Neugier, Spannung, Genuss, Anregung der Fantasie, ästhetische Ansprechbarkeit etc. (3) Interaktionsbezogene Aspekte: kommunikativer Austausch über das Gelesene ! im Anschluss daran erst soziale Kompetenz. -Textreflexion betrifft kritische Auseinandersetzung mit Gelesenem (bei PISA die Dimension Reflektieren und Bewerten) -Wenn eigenen Erfahrungen, Einstellungen oder Überzeugungen hinzugezogen werden, dann selbstreflexive Züge -Lesen als kulturelle Praxis!Fähigkeit, mit anderen in einen kommunikativen Austausch über das Gelesene einzutreten Vergleich der beiden Modelle:

•PISA 2000 Fokus eher auf Sachtexte (guter Bezug von kognitionsorientierter Lesetheorie auf Informationslektüre) •Modell der Lesesozialisationsforschung eher Berücksichtigung der Aspekte, die für literarische Lektüre charakteristisch •PISA-Modell hat sich empirisch bewährt •Forschungspraktische Erprobung des Modells der Lesesozialisationsforschung steht noch aus

Leseförderung Motivational-emotionale Dimensionen, sowie interaktive Dimension können nicht in standardisierten Tests herausgefunden werden Jedoch haben beide maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Lesekompetenz als kulturelle Praxis. Bilderbuch-Betrachten, Vorlesen, Kinderreime sind Teil der Lesesozialisation. !stützen später die kognitive Teilleistung der Lesekompetenz, durch bereits positive Erfahrungen bei der Kommunikation an Testen, aufgebaute Motivation und Bereitschaft. !es müssen erst die weicheren Aspekte wie Motivation und Bereitschaft vorhanden sein um später kompliziertere Aspekte wie Worterkennung und Satzstrukturen zu erkennen. !als Störfaktor gilt anhaltende Probleme beim Leben und Wortschatz, denn diese bremsen die Motivation und schlagen sich negativ auf den weiteren Lernprozess aus -PISA: in Bezug auf 15 Jährige SuS wurden erhebliche Mängel im hierarchien niedrigen kognitiven Legeleistung nachgewiesen und erst recht in hierarchiehöheren, komplexeren Aufgaben •

Leseförderungsmethoden werden empfohlen: - Lautlesen - Inhaltsfragen beantworten • Einübung von Lesestrategien



megakognitive Überwachung des eigenen Verstehensprozesses



Effektivität der Trainingsmethoden (v.a. in den USA entwickelt) durch Evaluationsstudien nachgewiesen



auch im Deutschen viel Angebot an Unterrichtsmaterialien



methodisch gesehen handelt es sich eher um geschlossene Unterrichtsformen, die die Leseförderung bestimmen



Lesesozialisationsforschung: Kompetenz-Modell legt anderes Konzept näher:



Schaffung reichhaltiger, motivierender Lesesituationen zur Vermittlung positiver Erfahrungen mit einer altersgemäßen Lesepraxis



bevorzugt wird die offene Unterrichtsform mit individuellen bzw. projektbezogenen Wahlmöglichkeiten (Bücher, andere Printmedien oder Computer)



Heranwachsende sollen erfahren das Lesen belohnend sein kann und im sozialen Zusammenhang „Sinn macht“



Forderung nach „Lesekultur in der Schule“ nimmt nicht nur muttersprachlichen Unterricht, sondern auch Sachfächer und die gesamte Schule mit ihrem Bildungsprogramm in die Pflicht



z.B. jahrgangsübergreifende Leseprojekte, „Bildungspartnerschaften“ zu außerschulischen Institutionen



ernstzunehmende Evalutionsstudie zur offenen Unterrichtsarrangements nur wenige Beispiele



Effektivitätsprüfung bei theoretisch so breit fundierten und methodisch so vielfältigen, individualisierten Fördermaßnahmen mit standardisierten Verfahren allein nicht zu bewerkstelligen



vernünftiges Fazit: - kein Entweder-Oder der beiden Kompetenzmodelle - je nach Voraussetzungen der Schülerpopulation, die produktiven Aspekte beider Ansätze flexibel zu verbinden

Zwei Konzepte von Lesekompetenz- ihre wissenschaftlichen Voraussetzungen und ihre Konsequenzen für die Lese- bzw. Literaturdidakdik

Quellen: Hurrelmann, Bettina.: Modelle und Merkmale der Lesekompetenz. In: Lesekompetenz Leseleistung Leseförderung. Grundlagen, Modelle und Materialien. Hg. von Betschi-Kaufmann, Andrea. 3 Auflage. Zug: Klett und Balmer Verlag....


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