Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen PDF

Title Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen
Author Aravinthan Balachandran
Course Mobiliarsachenrecht
Institution Universität Osnabrück
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Summary

Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen WS19-20...


Description

Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen – AG-Fälle Sachverhalt: Fahrräder – Teil 1

„dolo agit-Einrede“ – Treue und Glaube i.S.d. § 242 BGB (P) Anspruchssteller hat einen possessorischen Besitzschutz-Anspruch aus § 861 I BGB und Anspruchsgegner einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB Pro: Es ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Eigentümer wegen verbotener Eigenmacht den Besitz wieder herausgeben muss. So bleibt der Zustand erhalten, der mit materiellem Recht im Einklang steht. Dies hat zur Folge, dass die „Selbstjustiz“ mithilfe der „dolo agit-Einrede“ akzeptiert wird. Einwende: Dies entspricht nicht der Systematik des Besitzschutzes. Bei den §§ 861 ff. BGB handelt es sich um possessorische Ansprüche, d.h. es ist nur der Besitz entscheidend und nicht das Recht zum Besitz – dies ergibt sich aus § 863 BGB. § 863 BGB ist nämlich so zu lesen, dass die verbotene Eigenmacht des Anspruchsgegner (siehe Wortlaut: „Gegenüber den in den §§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen [..]“) bestritten, ein Recht zum Besitz aber nicht geltend gemacht werden kann. Es soll gerade nur eine vorübergehende Klärung und Befriedung erreicht werden. Ein Recht zum Besitz muss im Wege der Klage geltend gemacht werden, da ansonsten ein Freibrief zum Faustrecht entstünde. Der Gegner hat außerdem nach der Rechtsprechung die Möglichkeit, eine Widerklage gem. § 31 ZPO zu erheben. Contra: Die §§ 861 ff. BGB dienen dem Besitzschutz. Sie sollen den Besitzer in die Lage versetzen, gegenüber Besitzbeeinträchtigungen schnellen gerichtlichen Schutz zu erlangen, wenn der Besitzer die Beeinträchtigung nicht selbst nach § 859 BGB abwehren kann oder will. Außerdem soll verbotene Eigenmacht möglichst wirkungslos gemacht werden, um Selbstjustiz zu verhindern. Diese beiden Ziele wären nicht erreichbar, wenn sich die Verpflichtete auf sein Recht zum Besitz berufen und hierüber ggf. langwierige Beweiserhebungen erzwingen könnte. vorzugswürdig

§ 823 I BGB Besitz als „sonstiges Recht“ 1. Ansicht: Besitz ist tatsächliche Sachherrschaft, unabhängig von einem Recht an oder auf die im Besitz stehende Sache. Der Besitz einer Sache ist also kein Recht, sondern ein Faktum ohne Zuweisungsgehalt.

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Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen – AG-Fälle 2. Ansicht: Nur der berechtigte Besitz ist ein „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 BGB. Denn das obligatorische Besitzrecht hat einen Zuweisungsgehalt und zudem greift der possessorische Besitzschutz. 3. Ansicht: Sogar der unrechtmäßige, aber redliche Besitz, welcher entgeltlich erworben wurde, ist ein Recht mit Zuweisungsgehalt, da dieser Besitzer die gezogenen Nutzungen nach § 987 BGB behalten darf.

Die Diskussion kann völlig ergebnisoffen geführt werden.

§ 858 I BGB als „Schutzgesetz“ i.S.d. § 823 II BGB Der Schutzgesetzcharakter des § 858 I BGB wird bestritte, da § 858 BGB in erster Linie den Rechtsfrieden und nicht den Besitzer schützt. Der Schutz des Rechtsfriedens wird aber gleichwohl durch den Schutz des Besitzers bewirkt. Vorschriften, wie z.B. §§ 859, 861 BGB setzen die verbotene Eigenmacht voraus und sich individualschützend. Es handelt sich bei § 858 BGB damit nach überwiegender Ansicht um ein Schutzgesetz.

Sachverhalt: Fräsmaschine

(P) Existenz eines „gleichstufigen mittelbaren Nebenbesitzes“ 1. Ansicht (m.M.): Eine Auffassung hält es für möglich, dass der unmittelbare Besitzer gleichzeitig mehreren Oberbesitzern den Besitz aufgrund voneinander unabhängigen Besitzmittlungsverhältnissen (BMVen) vermittelt. 2. Ansicht (h.M.): Eine andere Auffassung lehnt die Konstruktion des Nebenbesitzes ab. Hiergegen wird zunächst rechtssystematisch eingewandt, dass BGB spreche grundsätzlich von „dem Besitz“. Auch die Eigentumsvermutung in § 1006 III BGB setze die Ausschließlichkeit des Besitzes voraus. Eine Aufteilung der Besitzposition sei somit nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen anzuerkennen. Diese seien abschließend: Mitbesitz gem. § 866 BGB und mehrstufiger mittelbarer Besitz gem. § 871 BGBG. Die Konstruktion verstoße damit gegen den Numerus clausus der Sachenrechte. Außerdem scheitere die Konstruktion des mittelbaren Nebenbesitzes auch daran, dass der Besitzmittler nicht gleichzeitig den Willen haben könne, die

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Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen – AG-Fälle Sache an mehrere Personen herauszugeben. Inhalt beider Besitzmittlungsverhältnisse (BMVe) sei ja gerade, dass die Sache im Sicherungsfall herauszugeben ist. vorzugswürdig

(P) Widerspruch: Korrektur i.R.d. § 933 BGB Der gutgläubige Erwerb nach § 933 BGB setzt voraus, dass der nichtberechtigte Veräußerer dem Erwerber den unmittelbaren Besitz an der verkauften Sache verschafft (Traditionsprinzip). Nach § 933 BGB wird der gutgläubige Erwerber nicht geschützt, wenn ihm der unmittelbare Besitzer, dem noch die Vermutung des § 1006 BGB zu Seite steht, mittelbaren Besitz einräumt. Ist der Veräußerer dagegen mittelbarer Besitzer, so erlangt der Erwerber gem. § 934 Var. 1 BGB mit Abtretung des Herausgabeanspruchs gutgläubig Eigentum. Dieses Ergebnis befremdet, da der zweite Sicherungsnehmer, dem § 934 Var. 1 BGB zugutekommt, der Vorbehaltssache ferner stand als der erste Sicherungsnehmer, der gem. § 933 BGB kein Eigentum erwerben konnte. Auf den ersten Blick entsteht damit ein Wertungswiderspruch. Dies ist jedoch zu akzeptieren, da der Gesetzgeber den §§ 933, 934 BGB bewusst das Prinzip zugrunde gelegt hat, dass die Neubegründung mittelbaren Besitzes zum gutgläubigen Erwerb nicht ausreichen soll, wohl aber seine Übertragung. Das Gesetz geht dabei von der Gleichstellung des mittelbaren mit dem unmittelbaren Besitz aus und lässt es für den gutgläubigen Erwerb genügen, wenn sich der Veräußerer seines Besitzes vollständig entledigt. Diese Voraussetzung ist bei §§ 931, 934 Var. 1 BGB durch die Abtretung des Anspruches aus dem BMV erfüllt, mangels Übergabe aber nicht bei §§ 930, 933. § 934 Var. 1 BGB ist folglich gesetzestreu anzuwenden und das Ergebnis nicht zu korrigieren.

Sachverhalt: Fahrradwerkstatt / Ein Schimmel namens Rosi

EBV – Analogiebildung §§ 991 II, 989 BGB auf Zweipersonenkonstellationen 1. Ansicht (h.M.): Der in §§ 991 II BGB enthaltende Gedanke, wonach der unrechtsmäßige redliche Fremdbesitzer dem Eigentümer insoweit auf Schadenersatz haftet, wie er bei Bestehen des vermeintlichen Besitzrechts haften würde, ist verallgemeinerungsfähig. Andernfalls würde der unrechtsmäßige redliche Fremdbesitzer, der die Grenzen seines Besitzrechts überschreitet, sog. „Fremdbesitzerexzess, letztlich besser stehen als der berechtigte Fremdbesitzer. Dies spricht dafür, § 991 II BGB auch für Zweipersonenkonstellationen des Fremdbesitzerexzess zu übertragen.

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Mobiliarsachenrecht Streitentscheidungen – AG-Fälle 2. Ansicht: Statt einer Analogiebildung soll die Sperrwirkung des § 993 I a.E. BGB teleologisch reduziert werden, sodass § 823 I BGB Anwendung finden kann. Die Figur des Fremdbesitzerexzesses: Grenzen des vermeintlich bestehenden Besitzrechts werden durch eine „Pflichtverletzung“ des vermeintlich bestehenden Kausalgeschäfts überschritten. Würde die Privilegierung des § 993 BGBG für den gutgläubig unverklagten Fremdbesitzer Geltung beanspruchen, der die Grenzen des vermeintlich bestehenden Besitzrechts überschreitet, stünde der unberechtigte Besitzer letztlich besser als der berechtigte dar.

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