Physio 16-30 PDF

Title Physio 16-30
Course Der menschliche Körper
Institution Medizinische Universität Wien
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Summary

Ausarbeitung der Block 2 Prüfungsfragen zu Physiologie...


Description

16. Erklären Sie das Phänomen der Spindelpause. Muskelspindeln -liegen parallel zur Skelettmuskulatur und messen die Länge des Muskels -kommen in allen quergestreiften Muskeln vor -bestehen aus spindelförmigen Bindegewebskapseln, die 3 bis 10 dünne, 1-3 mm lange spezialisierte Muskelfasern umschließen („Intrafusalfasern“) – Extrafusalfasern gehören der Skelettmuskulatur an -2 Arten von Intrafusalfasern: Kern-Ketten-Fasern, Kern-Sack-Fasern - Um die mittleren („äquatoriale“) Anteile der Intrafusalfasern winden sich die Endungen der Muskelspindelafferenzen (=schnell leitende „la-Nervenfasern“, sind afferent) - gehören zu den Propriozeptoren= „Tiefensensibilitätsrezeptoren“ (genauso wie Golgi-Sehnenorgan, das Ruffini- und das Vater-Pacini-Körperchen.) - schützen Muskeln vor Überdehnung, indem ein Dehnungsreflex ausgelöst wird wodurch sich der Muskel zusammenzieht (Kniesehnenreflex) Motoneurone - sind Nervenfasern, deren Axone zu den Skelettmuskeln ziehen und diese innervieren.(=aktivieren) Die Zellkörper liegen im Vorderhorn des Rückenmarks - ihre Zellkörper liegen im Rückenmark, und ihre Axone ziehen vom Rückenmark in den peripheren Muskel - es gibt Alpha- und Gammamotoneurone (Alpha ist zuständig für die Bewegung der Muskulatur; Gammaneurone innervieren die sogenannten Muskelspindeln)

Folie: Grundlagen der Motorik

Kurze Wiederholung: Jede Muskelspindel wird von la-Fasern, die sich ringförmigspiralig um den äquatorialen Teil der Muskelspindel winden, „sensibel“ versorgt. In vielen Muskelspindeln findet sich eine zusätzliche sekundäre sensible Innervation durch dünnere ll- Fasern, die eine geringere dynamische Empfindlichkeit als laFasern haben und vornehmlich Kettenkernfasern innervieren. Sowohl la- als auch llAfferenzen werden bei Dehnung aktiviert und liefern somit dem ZNS Information über die Länge des Muskels. Von großer physiologischer Bedeutung ist die efferente (wegführende) Innervation der Enden der Muskelspindeln durch GammaMotorneurone, deren Zellkörper ebenfalls im Vorderhorn des Rückenmarks liegen. Man unterscheidet dynamische Gamma-Motoneurone, die die dynamische Empfindlichkeit der Kernsackfasern steigern (hierdurch können die Längenänderungen besser registriert werden), und statische GammaMotoneurone, die vorzugsweise die statische Empfindlichkeit der Kernkettenfasern erhöhen. Ohne zentralnervöse Aktivierung der Gamma-Motoneurone könnte die Muskelspindel während einer durch Alpha-Motoneurone eingeleiteten, willkürlichen Kontraktion der extrafusalen Skelettmuskulatur keinerlei Information über die Muskellänge an das ZNS liefern, da die auf die Dehnung reagierenden la- und llAfferenzen inaktiv sind – das ist die sogenannte Spindelpause. Das heißt: Bei Verkürzung des Muskels, zum Bsp in Folge einer aktiven Kontraktion, werden die Intrafusalfasern entspannt, und die Afferenzen reduzieren dann die Aktionspotenzialrate -> Spindelpause

Eine Aktivierung der Gamma-Motoneurone führt jedoch zur Kontraktion der Pole, wodurch Zug auf die äquatoriale Region ausgeübt wird. Diese bleibt somit aktiv und kann über ihre la-Afferenzen Informationen über die Länge des Muskels liefern. Die gleichzeitige Aktivierung von Alpha und Gamma-Motoneuronen (=Alpha-GammaKoaktivierung) führt demetsprechend zur Überbrückung der Spindelpause.

Die tonische Innervation der Muskelspindeln durch Gamma-Motoneurone verhindert die Entstehung der Spindelpause bei durch Alpha-Motoneurone eingeleiteten Willkürkontraktionen (Alpha-Gamma-Koaktivierung, in der keine Information über die Muskellänge ans ZNS gesendet würde.

Merke: Die Muskelspindel ist parallel zur extrafusalen Skelettmuskulatur geschaltet und informiert das ZNS über Änderungen der Muskellänge, das Golgi-Sehnenorgan ist hingegen in Serie geschaltet und informiert über Änderungen der Muskelspannung. Bei einer isotonischen Kontraktion reagieren dementsprechend vor allem die Muskelspindeln, bei einer isometrischen vornehmlich die GolgiSehnenorgane

17. Nennen Sie Afferenz, zentrale Verschaltung und Funktion des Golgi Sehnenorgans. Afferenz bedeutet ankommend oder zuführend (und efferent=wegführend) bezogen auf das ZNS. Die Begriffe afferent und sensibel bzw. efferent und motorisch werden häufig synonym verwendet, was jedoch nicht immer korrekt ist. In Bezug auf die unmittelbaren Ab- und Zugänge des ZNS angeht, ist diese Gleichsetzung berechtigt: Jede Afferenz (ankommende Nervenfaser) zum ZNS ist definitionsgemäß sensibel und jede Efferenz motorisch (motorisch muss nicht zwangsläufig etwas mit Bewegung zu tun haben). Was die Verhältnisse innerhalb des ZNS angeht, ist die Gleichsetzung allerdings falsch und irreführend. Wenn wir zB Nervenfasern betrachten, die aus der Großhirnrinde ins Rückenmark ziehen, sind diese für die Großhirnrinde eine Efferenz (wegführend) und für das Rückenmark eine Afferenz (ankommend) -und haben aber mit dem Begriff sensibel nichts zu tun. Es kommt immer auf den Betrachtungsstandpunkt an. (Also eine Nervenzelle im ZNS ist immer gleichzeitig afferent und efferent. Ob sie dabei sensibel oder motorisch ist, muss getrennt betrachtet werden. Informationen über Muskelspannung werden von Mechanorezeptoren des Golgi- Sehnenorgans erfasst und über lb-Afferenzen zentral weitergeleitet.

Zentrale Verschaltung: Folie: Grundlagen der Motorik

Die synaptische Verschaltung innerhalb des ENS (=Enterisches Nervensystem) wird durch Parasympathikus und Sympathikus kontrolliert. Arten von Neuronen: - cholinerg-erregende Motoneurone (aktivieren die glatte Muskulatur der Darmwand und Drüsenzellen mithilfe von Acetylcholin) -hemmende Motoneurone -Interneutrone -intrinsich-afferenten Neurone (nehmen Dehnungsreize und chemische Reize auf und projizieren in die prävertebralen =vor der Wirbelsäule gelegenen Ganglien (=Anhäufung von Nervenzellkörpern) Die zentral verschaltenen vegetativen Reflexe sind aufgrund der ganglionären Umschaltung der Efferenz immer mindestens disynaptisch. Es gibt dabei jedoch durchausmonosynaptische Verbindungen zwischen dem viszeral afferenten und dem präganglionären Neuron. Für jede Modalität gibt es separate Gruppen von Sensoren bzw. Nervenzellen, die über getrennte Verbindungen jeweils auch spezifisch im ZNS verschalten sind. (Verschaltung mit bestimmten Großhirnregionen) Sinneskanal= Gesamtheit der Sensoren, sowie afferenter und zentraler Neurone, deren Aktivität Empfindungen einer Modalität (zB Sehen) hervorrufen. Homöostatischen neuronal afferentes System: - nozizeptive Fasern - thermorezeptive Fasern - viszerosensible Fasern  Diese Fasern enden gemeinsam in der Lamina I des Hinterhorns, wobei ihre periphere Sensorfunktion und Verschaltung teilweise überlappen Die zentralen Fortsätze der Mechanorezeptoren und Propriozeptoren aus der Haut und den tiefen Geweben erreichen über die dorsomedialen Anteile der Hinterwurzeln die weiße Substanz des Rückenmarks. Dort teilen sie sich und der Hauptast steigt ipsilateral (=auf derselben Körperseite gelegen) Diese Verschaltung der mechanorezeptiven propriozeptiven Afferenzen dient somit unter anterem der Steuerung der spinalen Reflexen. Dabei können Afferenzen verschiedener Modalitäten , selbst mechanorezeptive (mechanische Reize werden zu elektr. Signalen umgewandelt) und nozizeptive Eingänge (Nozirezeptoren=Schmerzrezeptoren) auf gemeinsame multimodale Neurone konvergieren (zusammenlaufen) Der Neurotransmitter der primären mechanorezeptiven Afferenzen ist Glutamat. Ebenso wie in den inneren Organen gibt es auch in Muskeln und allen anderen Geweben freie Endigungen z.T. nicht und z.T. schwach myelinisierter Fasern. Sie sind als Sensoren für eine Vielzahl metabolischer Parameter oder für mechanische Belastung empfindlich. Diese viszerosensiblen (empfindungsfähig /sensibel für Körperempfindungen, die von den Eingeweiden ausgehen.

Golgi Sehnenorgane sind Bindegewebskapseln von etwa 1mm Länge und 0.1mm Durchmesser, die sich in den Sehnen, nahe der muskulären Ursprungsquelle befinden. Golgi-Sehnenorgane werden von jeweils einer afferenten lb-Nervenfaser mit mehreren rezeptiven Endigungen versorgt. Infos über die Muskelspannung werden von Mechanorezeptoren des Golgi-Sehnenorgans erfalls und über lbAfferenzen zentral weitergeleitet. Auch die Funktion der Golgi-Sehnenorgane wird über spinale Interneurone vermittelt. Die lb-Afferenzen der Golgi-Sehnenorgane besitzen keine monosynaptischen Verbindungen zu Alpha-Motoneuronen, sondern hemmen über vermutlich glyzinerge Interneurone agonistische Alpha-Motoneurone. Die Erhöhung der Muskelspannung bei Kontraktionen führt zur Aktivierung von Sehnenorganen, deren Entladung eine Hemmung der antagonistischen (=gegenspielenden) Motoneurone und damit ein Nachlassen der Spannung verursacht.

Sehnenorgane registrieren die Spannung der Muskeln. (Nebeninfo: die Empfindlichkeit der Sehnenorgane ist deutlich geringer als die der primären Muskelspindelendigungen.)

18. Erklären Sie Funktionsweise und Bedeutung des Renshaw Systems. - ist ein negativer Rückschaltkreis -verhindert ein unkontrolliertes Aufschaukeln (=Schwingen) der Motoneuronenaktivität (und verhindert somit Hyprereflexie sowie darauffolgenden Krampfanfall) - insbesondere scheint die Renshaw-Hemmung die Entladungsfrequenz statischer (an Haltefunktion beteiligten) Motoneuronen zu begrenzen Renshaw Zeellen liegen neben den Alpha-Motoneuronen des Rückenmarkvorderhorns. Sie erhalten Eingänge von deszendierenden (absteigend) Fasern supraspinalen (supra=über) Ursprungs und Axonkollateralen der AlphaMotoneurone (=Nervenzellen, die über motorische Endplatten die Skelettmuskeln innervieren und für die Muskelkontraktion zuständig sind) Bei einem Rückkopplungsprinzip ist es wichtig, dass die hemmenden Neurone den aktuellen Erregungszustand der zu hemmenden Neurone erhalten. Bei der Renshaw Hemmung sendet das Motoaxon eine intraspinale Kollaterale (=in dem Wirbelkanal gelegene Aussprossungen von Axonen, die Synapsen bilden) und projiziert cholinerg (=mit Acetylcholin) auf ein Interneuron (Zwischenneuron), und zwar die Renshaw-Zelle. Diese wiederum inhibiert direkt über GABA (Amin der Glutaminsäure) und Glycin die Aktivität des aktiven Motoneurons. Da die Aktivität des Motoneurons über das Interneuron rückwirkend seine eigene Erregung hemmt, bezeichnet man diesen Vorgang auch als rekurrente Hemmung. Die Rückwärtshemmung berücksichtigt den Erregunszustand der zu hemmenden Neurone: Sie werden umso stärker gehemmt, je stärker sie aktiviert sind.

Nochmal kurzgefasst: Motoneurone senden Axonkollateralen zu hemmenden Interneuronen (Renshaw-Zellen), welche jeweils dasjenige Motoneuron rückwirkend hemmen, von dem die Erregung ausgegangen ist. Dadurch wird die Erregungsdauer begrenzt.

Hier ein Überblick über die präsynaptisch-hemmenden Reflexverbindungen zwischen den wichtigsten spinalen Afferenzen auf der den (wie bei der Renshaw Hemmung auf der efferenten Seite) generellen negativen Rückkopplungscharakter dieser Hemmung aufzeigt.

19. Wie unterscheiden sich primäre von sekundären Sinneszellen? Nennen Sie Beispiele für beides.

kurz zu Beginn: Primäre Sinneszellen sind Nervenzellen! Sekundäre Sinneszellen sind KEINE Nervenzellen, sondern modifizierte Epithelzellen- Sie erregen afferente Nervenfasern durch Freisetzung eines Neurotransmitters! -Sinneszellen, die in der Lage sind, auf die reizabhängige Depolarisation hin Aktionspotenziale zu generieren und weiterzuleiten bezeichnet man als primäre Sinneszellen. Diese Sinnesrezeptoren besitzen eigene Axone für die Weiterleitung. Einzige Ausnahme: Merkel-Tastzellen (=Merkel-Zellen sind die einzigen Sensoren, die aus reizumwandelnden sekundären Sinneszellen und reizleitenden Nervenzellen bestehen) Bei primären Sinneszellen wird das Rezeptorpotenzial am Übergang zum Axon in Alles-oder-nichts-Aktionspotenzial umgewandelt (Transformation) und über spezifische Bahnen zum ZNS geleitet (Konduktion) Bsp: Mechanorezeptoren, davon gibt es 4 verschiedene in der unbehaarten Haut (wie zB in der Fingerbeere): Merkel-Tastzelle, Meissner-Körperchen, RuffiniKörperchen, Vater-Pacini-Körperchen In der behaarten Haut fehlen die Meissner-Körperchen (Die Funktion in der behaarten Haut wird von den Haarfollikelrezeptoren übernommen) Die Riechzellen sind primäre Sinneszellen, die mit einem Ausläufer das ZNS erreichen. Die Geschmacksknospen besitzen sekundäre Sinneszellen, die mit Endigungen afferenter Nervenfasern Synapsen bilden. Meissner-Körperchen: sind die Berührungssensoren in der unbehaarten Haut. In der behaarten Haut entsprechen die Haarfollikelsensoren den Meissner-Körperchen. Sie sprechen nicht auf Verformungsgeschwindigkeit der Haut, sondern auf die Auslenkungsgeschwindigkeit der Haarschäfte an. Merkel-Endigungen: Merkelzellen finden sich in der Basalschicht der Epidermis (in der behaarten+unbehaarten Haut- allerdings sind sie in der behaarten Haut zu Scheiben zusammengelagert und heißen dort Merkel-Tastscheiben) Merkel-Endigungen werden schon durch schwache mechanische Reize auf der Haut erregt. Ruffini-Körperchen: Auch in der behaarten+unnbehaarten Haut zu finden. Ähnliche Formen kommen auch im Zahnhalteapparat und in Gelenken vor. Ruffini-Körperchen sind weniger empfindlich als die Merkel-Zell-Rezeptoren. Ruffini Körperchen reagieren vor allem auf die Dehnung des Gewebes bzw. auf die dabei auftretenden Scherkräfte. Pacini-Körperchen: besitzen die niedrigste Reizschwelle aller Mechanorezeptoren der Haut. Neben dem subkutanen Fettgewebe kommen sie auch in Gelenken, Knochen, Faszien, in Blutgefäßen und im Bauchraum vor. Pacini-Körperchen sind aus einigen Lamellen, die zwiebelschalenartig eine sensible Nervenendigung umhüllen

Folie: Grundlagen der Sinnesphysiologie:

Solche, die reizabhängig Transmitter freisetzen, und über die synaptische Verschaltung dann in den nachgeschaltenen Neuronen erstmals Aktionspotenziale auslösen nennt man sekundäre Sinneszellen. (reizabhängige Transmitterausschüttung). Dh. sekundäre Sinneszellen lösen keine Aktionspotenziale aus, primäre schon. Bsp. für sekundäre Sinneszellen: Photorezeptoren, Haarzellen des Innenohrs, Sinneszellen in den Geschmacksknospen Afferente Nervenfasern Die Haarzellen sind sek. Sinneszellen, die selbst keine Axone ausbilden. Sie werden von den peripheren Fortsätzen der Bipolarzellen des Ganglion spirale innerviert. Etwa 90% der peripheren Fortsätze sind myelinisiert und ziehen zu den inneren Haarzellen. Dabei ist jede innere Haarzelle mit vielen afferenten Fasern verbunden, die jeweils unverzweigt an nur einer einzigen Haarzelle enden. Die verbleibenden 10% der afferenten Fasern sind nicht myelinisiert, verzweigen sich vielfach und versorgen trophisch die äußeren Haarzellen. Efferente Nervenfasern Die äußeren Haarzellen innervieren in die Cochlea und hemmen bei Aktivierung den Transduktionsvorgang (und damit die Empfindlichkeit des Hörsinns)

20. Erklären Sie Funktionsweise und Bedeutung der Maculaorgane und Bogengänge im Innenohr.

Grundsätzlich ist der Transduktionsmechanismus an den vestibulären Haarzellen für Makula- und Bogengangsorgane gleich. (dennoch unterschiedliche Nachrichten)

Funktion Makulaorgane - Einlagerung von Kalzitkristallen in die Otolithenmembran(=Membran, die die Fortsätze der Haarzellen in der Macula utriculi und der Macula sacculi des Vestibularorgans. Die schwere Membran rutscht unter dem Einfluss der Erdanziehung immer dann ein klein wenig über dem Sinnesepithel ab, wenn das Sinnesepithel dieser Makula sich nicht genau waagrecht befindet. Da Macula utriculi und Macula sacculi im Schädel etwa senkrecht zueinander angeordnet sind (wobei in normaler Kopfstellung die Macula utriculi fast waagrecht liegt, muss immer mindestens in einem Sinnesepithel die Otolithomembran Scherkräfte auf die Bündel der Stereovilli ausüben. Dementsprechend werden immer irgendwelche Haarzellen des Verbandes erregt bzw. gehemmt, je nachdem, ob an der betreffenden Haarzelle die Villi in Richtung des Kinoziliums oder vom Kinozilium weg gebogen werden. Die zugehörigen afferenten Nervenfasern melden durch ihre Aktivität den Erregungszustand der einzelnen Haarzellen an das Gehirn. Das zentrale vestibuläre System wertet die Aktivitäten aus, die bei jeder Schädelstellung unterschiedlich, aber für die jeweilige Stellung charakteristisch sind. So kann das Gehirn die jeweilige Stellung des Kopfes im Raum berechnen. Die Bereitstellung dieser Info ist die wichtigste Aufgabe der Makulaorgane. Darübe rhinaus werden die Otolithenmembranen natürlich auch durch jede andere Art von Translationsbeschleunigungen (Linearbeschleunigungen) über dem Sinnesepithel verschoben, also durch Anfahren oder Bremsen im Auto etc.

Funktion Bogengangsorgane Da Cupula und Endolymphe dieselbe Dichte besitzen, reagieren die Cupulae der Bogengänge nicht auf Linearbeschleunigungen. Hingegen werden die Cupulae durch Winkelbeschleunigung (Drehbeschleunigungen) aus ihrer Ruhelage ausgelenkt. Bei einer Drehbeschleunigung, die auf den Kopf einwirkt, werden die Wände der Bogengänge zwar wie der Knochen von der Bewegung erfasst, die Endolymphe bleibt aber wegen ihrer Trägheit zunächst in Ruhe. Dadurch entsteht ein Druckunterschied zwischen beiden Seiten der Cupula. Durch diesen Druck wird die elastische Cupula entgegen der Drehrichtung ausgelenkt. Damit werden auch die Kinozilien und Stereovilli der Haarzellen abgebogen, die in die Capulagallerte ragen. Dies führt zu einer adäquaten Reizung der Haarzellen. Beim horizontalen Bogengang liegen im Sinnesepithel die Kinozilien auf der Seite des Utrikulus. Also werden bei einer utrikupetalen Auslenkung (hin zum Utriculus) die afferenten Nervenfasern aktiviert, bei einer utrikulofugalen (weg vom Utriculus) hingegen wird die Entladungsrate reduziert. Eine Drehbeschleunigung nach links führt am linken horizontalen Bogengang zu einer Aktivierung der Nervenfasern, am rechten führt dieselbe Drehung zu einer Hemmung. Umgekehrt führt eine Drehung nach rechts zu einer Aktivierung der Nervenfasern des rechten horizontalen Bogengangs.

In den vertikalen Bogengängen ist die Orientierung der Haarzellen umgekehrt, weswegen hier eine utrikulofugale Auslenkung zu einer Aktivierung der Nervenfasern führt. Da wir auf jeder Seite drei senkrecht aufeinanderstehende Bogengänge besitzen, können alle drei möglichen Rotationsebenen des Raumes erfasst werden. Dabei repräsentiert ein vorderer vertikaler Bogengang der einen Seite näherungsweise dieselbe Raumebene wie der hintere vertikale Bogengang der Gegenseite. Diese Paare sind also funktionell synergistisch. Das zentrale vestibuläre System wertet die Aktivität aus allen Bogengängen aus und berechnet daraus, welche Drehbeschleunigung auf den Kopf einwirkt.

Besonderheit der Cupulamechanik: Normalerweise erregen wir die Bogengänge durch kurz dauernde Kopfbewegungen, die kürzer als 0,3 andauern. Diese Bewegungen bestehen aus einer initialen Drehbeschleunigung, die direkt in eine Abbremsung übergeht. Bei dieser Art von physiologischen Drehbewegungen wird während der Beschleunigungsphase die Cupula in eine Richtung ausgelenkt und während der unmittelbar folgenden Verzögerung (negative Beschleunigung) wieder in die Ruhelage zurückgeführt. Deswegen entspricht bei kurz dauernden Drehbewegungen die Cupulaauslenkung nicht der Drehbeschleunigung, sondern näherungsweise die Drehgeschwindigkeit, auch wenn physikalisch betrachtet die Beschleunigung der wirksame Reiz ist! Entsprechend spiegelt bei kurz dauernden Drehbewegungen auch die neuronale Aktivität im Verstibularnerv näherungsweise den Verlauf der Drehgeschwindigkeit wider. Die Nervenfasern des Vestibularnervs besitzen nach Ende der kurzen Kopfbewegung wieder ihre Ausgangsaktivität.

21. Erklären Sie Verschaltung und Funktionsweise des vestibulookulären Reflexes. Aufgaben des vestibulären Systems Hauptaufgaben: bewusste Wahrnehmung von Bewegungen und Position im Raum, die Aufrechterhaltung des Körpergleichgewichts unter statischen und dynamischen Bedingungen, Stabilisierung der visuellen Wahrnehmung bei Bewegung Das vestibulkare System erfüllt diese Aufgaben durch seine beiden funktionellen Komponenten: die peripheren Vestibularorgane und das zentrale vestibuläre System, welches essenziell peripher vertibuläre, visuelle und propriozeptive Information integriert und ve...


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