Title | Rechtsmedizin - Leichenschau |
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Course | Klinische Rechtsmedizin |
Institution | Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf |
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Zusammenfassung der Durchführung einer Leichenschau - Medizin ...
Rechtsmedizin – Leichenschau 2
Die Leichenschau ist eine verantwortungsvolle ärztliche Aufgabe o Die ärztlichen Aufgaben enden nicht mit dem Tod eines Menschen. Deshalb ist jeder Arzt verpflichtet, die Leichschau vorzunehmen und die Todesbescheinigung auszustellen. o Aus medizinischen, ethischen und Gründen der allgemeinen Rechtssicherung ist bei der Leichenschau die gleiche Sorgfaltspflicht erforderlich, wie bei der Behandlung lebender Patienten. o Die ärztliche Schweigepflicht besteht nach dem Tode fort. Persönlichkeitsrechte bestehen nach dem Tod fort.
Aufgaben und Bedeutung o Feststellung des Todes (überhaupt) Im Interesse des Verstorbenen und seiner Angehörigen Als allgemein gültiger gesellschaftlicher Anspruch, Personenstandregister o Feststellung der Todesursache (enorm wichtig) Todesursachenstatistik (Gesundheitspolitik!) Epidemiologie ! Zuverlässigkeit ist wichtig o Feststellung der Todesart (natürlich / unnatürlich; unklar) Rechtssicherheit Erkennen von Tötungsdelikten Versicherungsrechtliche Fragen Unklar / Unnatürlich = Polizei o Feststellung der Todeszeit Aufklärung von Tötungsdelikten o Feststellung übertragener KH Seuchehygienische Aspekte Allgemeingesellschaftliches Interesse o Meldepflichten Nicht-natürlicher/ungeklärter Todesart - Polizei Unbekannter Identität – Polizei Infektionsschutz – Gesundheitsamt
Rechtsgrundlagen o Fragen des Leichenschaurechts sind in den verschiedenen Bundesländern in speziellen Gesetzen der Verordnungen geregelt NRW: Bestattungsgesetz Überall steht fast dasselbe, es steht nur an verschiedenen stellen. o Generell gilt für Ärzte: Die Leichenschau ist unverzüglich nach Benachrichtugung und zwar: Unverzüglich: Todeszeitpunkt, Spurensicherung a) Sorgfältig an der vollständig entkleideten Leiche, unter Einbeziehung aller Körperregionen b) Meldepflichten sind zu beachten c) Wenn die Todesursache unklar ist oder sich Anhaltspunkte für einen nicht-natürlichen Tod ergeben oder bei unbekannten Leichen muss die Polizei benachrichtigt werden o Leichenbegleitschein Das Ergebnis der Leichenschau ist in der Todesbescheinigung zu dokumentieren. CAVE! Von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich Nicht immer eindeutig zu verstehen Man muss sich damit auseinandersetzen
Der Leichenschauer ist verpflichtet zur Feststellung von: Personalien Tod Todeszeitpunkt Todesart Todesursache ! am häufigsten – man kennt den Patienten (dann kann man die Todesursache erahnen) Hohes Alter ist keine Erklärung für den Tod Wenn es unklar ist, dann muss man die Polizei anrufen (Todesermittler nicht gleich Mordermittler) Evtl. Obduktion Nur die Menschen sollen beerdigt werden, wo der Arzt sagt, dass es vollkommen plausibel ist.
Was kann schief gehen o Eine Leichenschau am NICHT entkleideten Leichnam kann zum Übersehen von Tötungsdelikten führen. o Eine fehlerhafte Leichenschau kann sogar den Tod weiterer Menschen bedingen (! Am Beispiel: CO-Intoxikation) o Fehlerhafte Diagnostik des Todes (! Sichere Todeszeichen)
Sanktionen o Leichenscheine werden alle vom Gesundheitsamt kontrolliert (=Todesursachenstatistik einfließend) o Bei unsachgemäßer Leichenschau Ordnungswidrigkeiten Bei nicht rechtzeitiger (nicht „unverzüglicher“) Vorahme Bei unzureichender Vornahme ! nicht Entkleiden Bei Nicht-Beachten der Meldepflichten (Anhaltspunkte für nichtnatürlichen Tod, übertragbaren KH) Bei Unterlassen sowie falscher oder unvollständiger Ausstellung einer Todesbescheinigung
Was? z.T. empflindliche Geldbußen
o Kommen durch eine unsachgemäße Leichenschau Lebende zu Schaden (NichtErkennen von Gefahren-Quellen) greifen auch SS230, 222 STGB: Fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Tötung !!!
Schritt für Schritt: Leichenschein 1. Feststellung des Todes und der Todeszeit o Eigenfestellung / Angehörige Überprüfung durch Befunde an der Leiche o Keine Todesbescheinigung ohne die sicheren Todeszeichen Totenflecken Totenstarre Fäulnis Nicht-mit dem Leben vereinbare Verletzungen
Klinischer Kontext: Hirntod
CAVE! „Unsichere“ klinische Todeszeichen o Lichtstare weite Pupillen o Areflexie o Fehlen einer (nachweisbaren) Herztätigkeit o Fehlen einer (nachweisbaren) Atmung o Absinken der Körperkerntemperatur
! Das alles kann auch ein Lebender zeigen, wenn sich dieser in der Situation einer Vita minima / Vita reducta befindet, v.a. wenn: o A: Alkohol, Anämie, Anoxämie o E: Elektrizität, Blitzschlag o I: Injury (SHT) o O: Opium, zentralwirksame Substanzen, Drogen o U: Urämie, metabolische Komata, Unterkühlung ! Alle Lebensfuntkionen werden massiv herabgesetzt --> Alle Faktoren zeigen v.a. auf eine Beteiligung des ZNS, Komata, Sauerstoffmangel / ganz ganz typisch bei Unterkühlung ! so darf der Tod keineswegs festgestellt werden
Der Tod kann festgestellt werden: o Bei Vorliegen sicherer Todeszeichen: Totenflecken, Totenstarre, Fäulnis, mit dem Leben nicht zu vereinbarende Verletzungen o CAVE! Wenn man noch so früh da ist, dass noch keine sicheren Todeszeichen zu sehen sind, dann muss man reanimieren.
Unter Reanimationsbedingungen i.d.R.: Wenn nach 30 Min kein Erfolg erkennbar ist und die Irreversibilität des Kreislaufstillstandes durch ein Null-Linien-EKG über einen längeren Zeitraum (z.B. 10 Min nach Ende der Reanimation) belegt ist Das ist nur ein Richtwert! Erfahrung des Arztes Individuell von Patient zu Patient unterschieldich
Todeszeitbestimmung / Schätzung o Kennzeichnung Zum Teil sehr schwierig (ganz genau nur Rechtsmediziner) Aber: Plausibilität von Aussagen müssen hiermit überprüft werden können o Wichtigste Kriterien Körpertemperatur Totenflecken Totenstarre Eleketrische Muskelerregbarkeit, ideomuskuläre Wulst, Pupillenreaktion auf Mydriatika/Miotika
Beurteilung später Leichenerscheinungen
o Todespunktabschätzung: Temperaturmethode
Messung der Rektaltemperatur Faustregel SEHR grob Nach dem Tod bleibt die Reaktaltemperatur erstmal 2 STUNDEN STABIL, danach: Absenkung der Rektaltemperatur um 1 Grad pro Stunde bei normaler Umgebungstemperatur Rückschluss auf die Todeszeit über Normogramme / Softwares (unter Berücksichtigung von Umgebungsbedingungen) Was spielt aber noch eine Rolle? Umgebung, Luftzug, Feuchtigkeit, Bedeckung Sondenset Sonde für Rektalmessung Sonde für Umgebungstemperatur Optional: Sonde für Auflagentemperatur
Wichtig: Krippo muss dokumentieren!!! Dokumentation Uhrzeit der Messungen Bekleidungs/Bedeckungszustand Feuchtigkeit (Regen?) Fenster zu/offen?
2. Todesursache ! Kausalkette, die postuliert wird, muss erfragt werden. Natürlicher Tod vs Nicht-natürlicher Tod Beispiel: Nicht-natürlicher Tod Hypostatische Pneumonie (1d) Immobilisation (2 Monate) Pertrochantäre Femurfraktur (2 Monate) Häuslicher Sturz ! Wenn der Patient nicht gestürzt wäre, dann hätte der Patient keine Pneumonie bekommen Elemetares Geschehen in dem Ganzen ist ein Ereignis von außen (!) Demnach ist das Ganze ein unnatürlicher Tod, und zwar unabhängih davon, ob er geschubst worden ist oder ob er gestürzt ist. o HI bei KHK o o o o
Todesursachenstatistik
o Für die Todesursachenstatistik wird nur das Grundleiden (unikausal oder monoätiologisch) ausgewählt. o Daher sollen als unmittelbare Todesursachen keinesfalls funktionelle Endzustände wie z.B. Atemstillstand, Herzkreislaufversagen, zentrale Atem- und Kreislauflähmung usw. angegeben werden. Das hat sowieso Ende! Es muss die unmittelbare Todesursache dokumentiert werden.
3. Klassifizierung der Todesart Kennzeichnung o Natürlich / Nicht-Natürlich / Unklar o Im Todesschein: a) Gibt es Anhaltspunkte für äußere Einflüsse, die den Tod zur Folge haben? Beispiele: Selbsttötung, Unfall, auch durch äußere Einwirkungen eventuell mitverursachte Todesfälle, Spätkomplikationen nach Verletzung) ! Letztere Beispiele zeigen schon, dass der Gesetzgeber eine niedrige Schwelle hat, um das festzustellen Wenn es unklar ist, will man nochmal gucken, bevor der Patient beerdigt wird b) Gibt es Anhaltspunkte für äußere Einwirkungen c) Ist das ein natürlicher Tod oder unklar? Das ist sehr verwirrend (!) Die Frage nach der Unklarheit gehört nachen oben! Denn, wenn es nur Anhaltspunkte gibt für äußere Einflüsse, dann ist das Ganze nicht klar (weil sind ja nur Anhaltspunkte), sondern unklar Äußere Einwirkungen sind unnatürlich Definitionen (!!!) o Ein natürlicher Tod ist ein Tod aus krankhafter Ursache, der völlig unabhängig von rechtlich bedeutsamen äußeren Faktoren eingetreten ist. Krankheit, die ihren Verlauf genommen hat. Rechtlich bedeutsame Faktoren: Ärztliche Behandlung als Beispiel o Ein nicht-natürlicher Tod ist ein Tod, der auf ein von außen verusachtes, ausgelöstes oder beeinflusszes Geschehen zurückzuführen ist Und zwar unabhängig der Verschuldensfrage!!!! Beispiel: Sturz o Ungeklärt ist ein Todesfall, bei dem die Todesursache durch die Leichenschau unter Berücksichtigung der Anamnese nicht erkennbar ist.
Zentrale Frage: ! Was steht am Anfang der Kausalkette? Lernen an Beispielen a) Wenn man es nicht weiß, dann ist das unklar. - Polizei wird hinzugeholt – eventuell Ermittlung des HA + Anamnese mit Angehörigen --> wenn es im Zweifel keine Hinweis gibt, dann wird eine Obduktion gemacht b) Lieber unklar oder unnatürlich, wenn ärztlicher Behandlungsfehler möglicherweise im Spiel ist / sein könnte?? - Es gilt: o Leichenschau immer unverzüglich Problematik, wenn es sich um einen interdisziplinären Fall handelt o Im Rahmen der Aufklärung für die ärztliche Therapie diesbezüglich aufgeklärt = keine rechtlichen Gefahren für die behandelnden Ärzte o Aber (!), wenn die Patienten trotz Symptomatik nicht adäquat behandelt wurde, dann ist das eine andere Frage -
Problemlösung: o Wenn ein Tod eintritt im zeitlichen Zusammenhang mit einem invasiven Eingriff, dann wird erstmal unklar angekreuzt Polizei unerfreut, weil Arbeit (aber egal) Es muss vorher nämlich interdisziplinär geregelt werden, was passiert ist. o Jede Klinik hat für Haftpflichtfälle konkrete Verhaltensmaßnahmen (!) – gibt es in jeder Klinik immer. o Offener Umgang mit dem Thema ärztlicher Behandlungsfehler.
c) Bei einem nicht-natürlichen Tod steht nicht zwingend eine Schuldfrage im Zentrum – kann, muss aber keineswegs. d) Am Ende des Leichenschauscheines, folgende Frage: o Ich habe in meine Untersuchung die gesamte Körperoberfläche mit Rücken, Kopfhaut und allen Körperöffnungen einbezogen. Nein? Wenn sie eine Leichschau machen und das hier ist wahrscheinlich ein Tötungsdelikt – dann fassen sie bei Anzeichen dafür – nichts mehr an. Polizei rufen Entweder Leichenschau durch Rechtsmediziner oder Arzt zusammen mit Kollegen der Polizei (v.a. wenn keine Rechtsmedizin in der Nähe) Wenn nein, dann Angabe wieso: Verdacht auf Tötungsdelikt, Leichenschau abgebroche, Polizei kontaktiert, RM übernimmt Leichenschau Ergänzung: Die Leichenschau
Kurzzusammenafassuung o Feststellung des Todes o Feststellung der Personalien o Feststellung der Todeszeit o Feststellung der Todesart o Feststellung der Todesursache o Feststellung des Grundleidens Leichenschau „de lege artis“ o Unverzüglich o Vollständige Entkleidung o Inspektion der gesamten Körperoberfläche o Inaugenscheinnahme aller Körperöffnungen o Meldepflicht beachten: Unnatürlich / Unklar (Polizei) Infektionskrankheiten (Gesundheitsamt) Feststellung des Todes (Prüfung der sicheren Todeszeichen) o Totenflecken (Livores) Ausbildung in der Regel ab 20 min o Totenstarre (Rigor mortis) Max. in der Regel nach 6-10h o Fäulnis o Nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen Sonderfall: Hirntod (Im Rahmen der Transplantationsmedizin) Prüfung der sicheren Todeszeichen o Totenflecken Lage Beschreibung der genauen Lage / Gravitationsbedingte Verteilung Farbe Wegdrückbarkeit / Umlagerbarkeit Daumenfingerballen o Totenstarre Überprüfung an mehreren Extremitäten Ausbildung der Totenstarre von kraniokaudal (!) – Untersuchung sollte in die ähnliche Richtung ablaufen. Kopf (Kiefergelenk) beginnend
Untersuchung des Kopfes Überprüfung auf Verletzungen innerhalb der behaarten Kopfhaut
Beweglichkeit / Überbeweglichkeiz der HWS? Schall beim Beklopfen des Kopfes Überprüfung der Intaktheit des Schädeldaches Augenbindehäute Petechiale Blutungen Pupillenweite Gesicht Petechiale Blutungen Knöcherne Nasenskelett Mundhöhle Fremdinhalt Farbe der Mundschleimhaut Gehörgänge Blutaustritt, Liquoraustritt Hinterm Ohr – Hinweis auf Gewalteinwirkung?
Inspektion des Halses Überprüfung auf Verletzungen (Strang, Würgemale)
Untersuchung des Rumpfes Thoraxinstabilität Feststellung, ob Bauchhöhle eventuell mit Flüssigkeit gefüllt ist Beschreibung von Hautverletzungen / Hautverfärbungen
Sexualorgane, After Untersuchung auf: Sperma-/Urinaustritt Kotaustritt Verletzungen?
Untersuchung der Extremität Abwehrverletzungen Schmutzanhaftungen Stabilität der Röhrenknochen
Verletzungen Entstehung zu Lebzeiten oder postmortal Wenn keine vitalen Zeichen (Blutung), dann postmortal
Ausstellung des Totenscheins...