Schulpädagogik: Medienerziehung (Sacher) PDF

Title Schulpädagogik: Medienerziehung (Sacher)
Author Laura Scheungrab
Course Einführung in die Schulpädagogik
Institution Universität Passau
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Schulpädagogik: Medienerziehung (Sacher)...


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Werner Sacher Medienerziehung und didaktische Mediennutzung Der Beitrag stellt im ersten Teil die Aufgaben und Konzeptionen der Medienerziehung dar. Dabei wird besonders auf die problematischen Gewaltmedien eingegangen. Der zweite Teil erörtert Konzepte und Funktionen der Mediennutzung in Lehr-Lern-Kontexten und behandelt ausführlicher die immer mehr an Bedeutung gewinnenden medienbasierten Lernumgebungen.

1 Begriffe Angesichts moderner Informations- und Kommunikationstechnik kommt der Planung und Organisation des Medieneinsatzes und dem Umgang mit Medien im Unterricht und im Freizeitbereich besondere Bedeutung zu. Unter Medien im engeren Sinne verstehen wir symbolische Darstellungen aller Art, die eine unauflösliche Einheit von materiellem Informationsträger, immaterieller Information und materiell-immateriellen Zeichen sind. Medienpädagogische Arbeit in der Schule (kurz: schulische Medienarbeit) umfasst: – Medienerziehung: die Unterstützung von Entwicklungs-, Erziehungs- und Bildungsprozessen in der Medienwelt und die Unterstützung medienthematischer Lernprozesse, in welchen Medien Gegenstand des Lehrens und Lernens sind. – Mediennutzung und -gestaltung in Lehr-Lern-Kontexten (didaktische Mediennutzung): die Unterstützung nicht medienthematischer Lehr- und Lernprozesse durch Medien, d. h. solcher Lehr- und Lernprozesse, in denen Medien lediglich Vehikel, nicht aber selbst Gegenstand des Lehrens und Lernens sind.

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Medienerziehung und didaktische Mediennutzung

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2 Schulische Medienerziehung 2.1 Bereiche und Aufgaben Bereiche und Aufgaben der schulischen Medienerziehung sind: – Handling: sachgerechte Bedienung von Medien, – Medienliteralität: Verstehen von Medienaussagen, – Medienkunde: Orientierung über technische Grundlagen und gesellschaftliche Zusammenhänge, – Mediennutzung: günstiger Umgang mit Medienangeboten und Nutzung, – Mediengestaltung: Veränderung, Weiterentwicklung und eigene Produktion von Medien, – Kompetenz, sich der Medien als Kommunikationsmittel zu bedienen, – Medienanalyse und Medienkritik: Hinterfragen von Medienaussagen, – Medienpolitisches Engagement: Eintreten für eine sozial-, kinder- und jugendverträgliche Gestaltung der Medienwelt, – Kompensierende Medienarbeit: Aufarbeiten von nachteiligen Medienwirkungen, – Medienpädagogische Elternarbeit: vernünftige Medienpraxis jetziger und künftiger Eltern. 2.2 Konzepte der Medienerziehung Für die Bewältigung aller dieser Aufgaben wurden und werden unterschiedliche medienpädagogische Konzepte diskutiert: – Der bewahrpädagogische Ansatz, der auf die Abschirmung junger Menschen vor schädlichen Medieneinflüssen zielt. – Der behütend-pflegende Ansatz, der sich sowohl um die Abschirmung von Kindern und Jugendlichen vor schädlichen Medieneinflüssen als auch um die Hinführung zu wertvollen Medien bemüht. – Der bedürfnisorientierte Ansatz, der nach den tieferen Gründen für das Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen fragt und diese in Grundbedürfnissen findet, welche junge Menschen über die Mediennutzung zu befriedigen suchen. – Kritische Medienerziehung, die auf das Durchschauen von Medieneinfluss als Herrschaftsmittel und Instrument der Profitmaximierung zielt und damit auch auf das Verhindern und Aufbrechen manipulativer Beeinflussung. – Handlungs- und kommunikationsorientierte Medienerziehung, welche versucht, die bisherigen Ansätze unter den Leitideen der Handlung und der Kommunikation zu integrieren und auf eine Verbesserung der zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Kommunikation mittels der Medien zielt.

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Integrative Medienerziehung, welche auf der Grundlage eines systemischen Verständnisses von Unterricht und Erziehung vielfältige Mediennutzungen und Medienerfahrungen in und außerhalb der Schule und in verschiedenen Fächern zu integrieren und auf den Gesamtzusammenhang schulischer Erziehung und Bildung abzustimmen sucht. (Spanhel 1999) Jeder Ansatz enthält ein Grundanliegen, das Berücksichtigung verdient. Eine ausgewogene Integration der verschiedenen Ansätze, wie sie die handlungs- und kommunikationsorientierte Medienerziehung und das Konzept integrativer Medienerziehung anstreben, ist leichter als Programmatik formuliert als praktisch umzusetzen. Zudem muss man die Gewichte auch nach Altersstufen unterschiedlich setzen. 2.3 Gewaltmedien als Gegenstand der Medienerziehung Durch Amokläufe von Jugendlichen in Schulen wurde neuerdings wieder eine kontroverse Diskussion über die Wirkung gewalthaltiger Medien ausgelöst. Dabei gab es schon 1995 weltweit schätzungsweise 6000 wissenschaftliche Untersuchungen über Gewaltdarstellungen in den Medien, welche eine ganze Reihe übereinstimmender Resultate erbrachten, die jede Lehrkraft kennen sollte. Die Wirkungen von Gewaltdarstellungen können demnach sehr vielfältig sein: Die immer noch sehr verbreitete Annahme, dass man seine aggressiven Impulse abreagiert, wenn man aggressive Handlungen beobachtet (Katharsis-Hypothese), ist nachweislich schlichtweg falsch. Wenn gelegentlich tatsächlich beobachtet wird, daß Betrachter von Gewaltdarstellungen nachher friedfertiger sind, so kann das in den meisten Fällen damit erklärt werden, daß in den Betrachtern Hemmungen gegen aggressive Handlungen aufgebaut werden. Das geschieht besonders dann, wenn die Gewaltdarstellung sehr realistisch ist, eher Angst macht und das Geschehen auch aus der Sicht der Opfer darstellt. (Inhibitions- bzw. Hemmungshypothese) In vielen Fällen ließ sich zeigen, daß das Ansehen von Gewaltdarstellungen einen allgemeinen Erregungszustand hervorruft, der auch über die Sendung hinaus anhält und leicht zu aggressiven Handlungen führt. (Arousal- bzw. Erregungshypothese) Ferner konnte häufiger beobachtet werden, daß bei Personen, die durch vorangehende Enttäuschungen und Frustrationen bereits in einem hochgradigen Erregungszustand sind, die Medien-Gewaltdarstellung der auslösende Funke ist, der zu einer Entladung des angestauten Ärgers in aggressivem Verhalten führt (Auslösungs- bzw. Stimulationshypothese). In der Regel führt häufiger Konsum gewalthaltiger Medien zu einer Gewöhnung an aggressive Handlungen und Vorgänge. Die kindlichen und jugendlichen Zuschauer nehmen die Gewalt z. T. gar nicht mehr als solche wahr (z. B. wenn sie

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Medienerziehung und didaktische Mediennutzung gerechtfertigt erscheint), oder es fällt ihnen nur noch sehr drastische Gewalt auf. Vor allem lernen jungen Menschen, Gewalt als Problemlösungsmittel zu akzeptieren. (Habitualisierungs- bzw.. Desensibilisierungshypothese) Gewalttätig agierende Personen in den Medien können für die kindlichen und jugendlichen Betrachter Modelllernprozesse auslösen (Modelllern-Hypothese). Dabei kommt es vor, dass die Modellwirkungen erst mit monatelanger Verzögerung auftreten und dann gar nicht mehr in Zusammenhang mit dem Medienkonsum gebracht werden. Außerdem gibt es nicht nur das manifeste Modelllernen, bei dem der Zuschauer das aggressive Verhalten des Fernsehvorbildes nachahmt, sondern auch sublimere und latentere Formen, bei denen es zwar nicht zur Imitation des aggressiven Verhaltens kommt, aber gleichwohl zu bedenklichen Lerneffekten: Kinder und Jugendliche übernehmen häufig Wertvorstellungen und Rechtfertigungsmuster für Gewalthandlungen von den Medienmodellen, z. B. Gewalt „im Auftrag“, zur vermeintlichen Selbstverteidigung, zur Wahrung der Ehre, als Rache oder zur Sühne (Faustrecht!) sei legitim. Sie beziehen vielfach von den Medienmodellen auch ihre Einschätzung der Chancen, nicht erwischt und nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ebenso lernen sie daran, wie hart oder vergleichsweise harmlos die Konsequenzen sind, die dem Gewalttäter drohen. Vor allem formt der Konsum von Gewaltdarstellungen das kindliche und jugendliche Weltbild. Die Welt erscheint dann häufig als generell bedrohlich und gefährlich, so daß man in ihr nur mit Gewalt und aggressivem Verhalten bestehen kann. (Kultivierungshypothese, Agenda-Setting-Approach) Insbesondere bei jüngeren Kindern, Mädchen und Senioren lösen Gewaltdarstellungen Angstzustände aus, und zwar umso mehr, je deutlicher das Opfer zu sehen ist. (Angsthypothese) Der Konsum von gewalthaltigen Mediendarstellungen erhöht in jedem Falle das Risiko aggressiven Verhaltens, auch wenn es nicht zwingend zu einem solchen kommen muss. Auch über modizierende Einflüsse, von denen die stärkere oder schwächere Ausprägung der Medienwirkungen abhängt, liegen gesicherte Forschungsergebnisse vor: Besonders gefährlich ist der Konsum von Gewaltdarstellungen im Freundeskreis mit Gleichaltrigen. Es kommt dann leicht zu einer gefährlich gleichsinnigen Verarbeitung der Eindrücke und manchmal zu einer aufgeheizten Stimmung, in der Jugendliche einander in ungünstigen Einstellungen und Werthaltungen verstärken. Medienkonsum in der Familie hingegen wirkt eher ausgleichend und mäßigend, zumal, wenn die Erwachsenen mit Kindern auch über das Gesehene sprechen. Entscheidende Verarbeitungsfaktoren sind die Werthaltungen und Einstellungen der Kinder und Jugendlichen: Die Wirkung von Gewaltdarstellungen hängt

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408 | Werner Sacher mindestens ebensosehr von dem Gefallen ab, den die jugendlichen Zuschauer an solchen Gewaltdarstellungen finden, wie von der Zeit, die sie mit solchen Medien verbringen. Gewaltdarstellungen sind um so stärker aggressionsfördernd und angstmachend, je ähnlicher und näher sie der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen sind, und je mehr diese sie für realistisch halten. Deshalb können Nachrichten über Gewaltereignisse unter Umständen mehr Aggressionen und Ängste erzeugen als fiktionale Darstellungen. Dokumentarische Sendungen über Gewalt („Aktenzeichen XY“) und gewalthaltiges Reality-TV sind in dieser Hinsicht besonders problematisch. Für jüngere Kinder sind aber auch betont fiktionale Darstellungen und Zeichentrickfilme bedenklich, weil sie Realität und Fiktion erst sehr unzureichend zu unterscheiden vermögen. Gewalttätige Personen in den Medien werden stärker als Vorbilder wirksam, wenn ihre Aggression nicht bestraft wird. Aber auch Mediendarstellungen, in denen dies geschieht, sind nicht unbedenklich: Bei Kindern aus vernachlässigten sozialen Milieus macht es keinen Unterschied, ob der Aggressor bestraft wird oder straffrei ausgeht. Jüngere Kinder und kognitiv weniger leistungsfähige Mediennutzer erkennen oft gar nicht die „Moral“ der Handlung, d. h. sie stellen keinen Zusammenhang zwischen den Gewalthandlungen und ihren negativen Konsequenzen her, zumal wenn sie sich nicht im unmittelbaren Handlungskontext einstellen. Oft werden auch die negativen Konsequenzen der Gewalthandlung schlicht und einfach verpasst (z. B. durch „Zappen“ zu einem anderen Programm oder durch vorzeitiges Abbrechen eines Spiels). Jungen interessieren sich nicht nur mehr als Mädchen für Gewaltmedien, sie sind auch für deren Wirkungen empfänglicher. Diese Unterschiede treten vor allem mit beginnender Vorpubertät immer deutlicher hervor. Daraus muss man schließen, dass Gewaltbereitschaft ein Teil des männlichen Rollenmuster ist, das den Kindern in unserer Gesellschaft vermittelt wird. Ungünstige Wirkungen medialer Gewaltdarstellungen treten verstärkt in vernachlässigten Familienmilieus mit autoritärem Erziehungsstil auf. Wenig erforscht ist noch, wie der sich über einen längeren Zeitraum (evtl. über Jahre hinweg) erstreckende Konsum von Gewaltmedien wirkt. Offensichtlich wird die Phantasie solcher Mediennutzer immer aggressiver. Es werden immer drastischere Darstellungen benötigt, um den anfänglichen Nervenkitzel wieder zu erreichen. Gewalt wird als solche zunehmend gar nicht mehr wahrgenommen. Es gibt sogar Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Gewaltmedien im Alter von acht Jahren und kriminellen Einstellungen und kriminellem Verhalten im Alter von 30 Jahren nachweisen.

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Medienerziehung und didaktische Mediennutzung

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3 Didaktische Mediennutzung 3.1 Konzepte der didaktischen Mediennutzung Es gibt keine Medienwirkung und keine Lerneffekte durch Medien, die unabhängig von der Art und Weise ihres Einsatzes sind. In der Mediendidaktik werden hauptsächlich folgende Verwendungskonzepte diskutiert: – Die Verwendung von Medien als bloße belohnende Zugabe, etwa das Zeigen von Filmen vor Ferienzeiten oder nach erfolgreich absolvierten Unterrichtssequenzen. – Medienverwendung zum Zwecke der Anreicherung des Unterrichts („enrichment“), welche darauf abzielt, den Unterricht etwas abwechslungsreicher und interessanter zu gestalten. – Benutzung von Medien in Werkzeugfunktion, d. h. als Hilfsmittel (tools) zum Zwecke der Demonstration und Veranschaulichung in der Hand des Lehrers oder – seltener – der Schüler. Dieses Verwendungskonzept lässt sich über die Forderungen nach „Anschaulichkeit“ zurückverfolgen bis zu Comenius’ „orbis sensualium pictus“ (1658). – Einsatz von Medien als Unterrichtsbausteine (Kontextmodell der Medienverwendung): Medien können hier für eine kürzere Zeitstrecke die Instruktionsfunktion des Lehrers übernehmen, dem es allerdings weiterhin obliegt, für die Vor- und Nachbereitung solcher Arbeit mit Medienbausteinen und für ihre Integration in Lehrgänge und Unterrichtssequenzen zu sorgen. – In den Sechzigerjahren wurden solche Medienbausteine zu medienbasierten Unterrichtsarrangements (Medienpaketen und Lernmaschinen) erweitert, die für die Dauer ganzer Lehrgänge und Unterrichtssequenzen die traditionelle Instruktionsrolle des Lehrers übernehmen sollten und ihm nur noch eine Berater- und Helferrolle beließen (Verwendungsmodell des „direct teaching“). – Schon in den Siebzigerjahren setzte eine Gegenbewegung ein, welche Medien als Kommunikationsmittel in der Hand der Schüler wissen wollte (kritischemanzipatorisches Verwendungsmodell). Dieses Konzept des Medieneinsatzes schließt technisch komplizierte und aufwändig zu produzierende Medien größtenteils aus und verlangt eher offene als geschlossene Medien, d. h. weniger Medien mit der Hauptfunktion der Informationsvermittlung, die beanspruchen, alle wesentliche Information zum Thema zu enthalten, und die in der Regel nicht oder nur mit großem Aufwand von Lehrern und Schülern zu verändern sind, sondern stattdessen Medien, welche hauptsächlich Kommunikation anregen wollen, die infolgedessen nur einige relevante Informationen enthalten, dafür aber leicht von Lehrern und Schülern zu verändern sind. Pinwände, Information-Boards, Collagen und Dokumentationen, einfache

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Modelle, Ausstellungen, Wand- und Schülerzeitungen etc. treten hier in den Mittelpunkt des Interesses. Mit dem pädagogischen Leitziel der Mündigkeit und Kritikfähigkeit ist weder ein Medieneinsatz zu vereinbaren, in dem die Kontrolle über die Medienverwendung mehr oder weniger ausschließlich in den Händen der Lehrkraft liegt, noch ein solcher, bei dem ein Medium bzw. ein hinter diesem stehender Autor diese Steuerung übernimmt. Andererseits wäre es eine Überforderung vieler Schüler, Medien als Lern- und Kommunikationsmittel ausschließlich in ihre Hände zu geben. Am günstigsten ist wohl eine Mischung aus Medienverwendung im Sinne der Werkzeugfunktion und des Kontextmodells einerseits und kritisch-emanzipatorischer Medienverwendung durch die Schüler andererseits. Medieneinsatz im Sinne des „direct teaching“ ist mit unserem Verständnis von Erziehung und Bildung nicht verträglich. Verwendung von Medien als Zugabe und „enrichment“ bleibt im Vorfeld eines didaktischen Medieneinsatzes und sollte zumindest nur sehr eingeschränkt erfolgen. 3.2 Unterrichtliche Funktionen der didaktischen Mediennutzung Im Prinzip können Medien alle Funktionen und Ziele des Unterrichts unterstützen und teilweise auch alleine tragen. D. h. sie können motivieren, veranschaulichen, aktivieren, informieren und darbieten, Verstehen anbahnen, Einstellungen aufbauen, Kenntnisse und Fertigkeiten sichern und üben, Lernerfolge kontrollieren und vieles andere mehr. Welche Funktionen ein Medium im Einzelnen erfüllen kann, hängt nicht nur von seinem Design, sondern auch von seiner Verwendung im Unterricht und von der jeweiligen Lehr-Lern-Situation ab. Deshalb lassen sich nicht für ganze Gruppen und Arten von Medien didaktische Funktionen abschließend vorwegbestimmen, wie es in den sogen. Medientaxonomien versucht wurde (Heidt 1976). 3.3 Ergebnisse der didaktischen Medienforschung Mit allen Medien kann gelernt werden, je nach Lernsituation und Machart des Mediums manchmal besser und manchmal schlechter. Auch für Lernen mit Multimedia und Internet ließ sich keine generelle Überlegenheit über traditionellen Lehrer-Unterricht nachweisen. Die neuere didaktische Medienforschung verzichtet weit gehend darauf, mediengestützten Unterricht und Unterricht ohne technische Medien zu vergleichen. Sie versucht stattdessen zu klären, wie mit bestimmten Medien besser oder schlechter gelernt wird und welche Gestaltungsmerkmale erfolgreichere Versionen eines Mediums von weniger erfolgreichen unterscheiden. Unter diesen Umständen sind heute nur noch wenige Aussagen zum mediendidaktischen

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Medienerziehung und didaktische Mediennutzung Forschungsstand zu machen, ohne dass man nach Medien, Lernern und Lernsituationen differenziert: – Multimodalität versus Verarbeitungstiefe: Entgegen einer verbreiteten Meinung ist durchaus nicht erwiesen, dass die Informations-Präsentation in mehreren Sinnesmodalitäten generell effektiver ist als die Präsentation in einer einzigen Sinnesmodalität. Entscheidender als die multimodale Präsentation ist für den Lerneffekt die Gründlichkeit (die „Tiefe“) der Verarbeitung, die durch aktivierende Maßnahmen im Unterricht, aber auch schon durch die Gestaltung des Mediums angeregt werden kann. – Erlernte Anschaulichkeit: Sinnennahe (anschauliche) Medienpräsentation ist keine Garantie für besseres Lernen. Auch anschauliche Darstellungen implizieren in der Regel ein Zeichensystem, das erst erlernt werden muss, wenn ein tieferes Verständnis zu Stande kommen soll („visual literacy“ bzw. „media literacy“). – Erlernte Einstellungen zu Medien: Einstellungen der Schüler zu Medien können das Lernen mit ihnen erschweren oder erleichtern. Dem Medium Fernsehen und modernen „Edutainment“-Produkten wird oft in einer passiven und lustbetonten Konsumhaltung begegnet. Ergebnisse der Lernforschung besagen aber, dass Wissen von den Lernenden mit Mühe aufgebaut werden muss, wenn es zu gründlicher Einprägung und tieferem Verstehen kommen soll, und dass dazu erst einmal die Bereitschaft vorhanden sein muss, entsprechende Anstrengung aufzuwenden. Printmedien (Schulbücher, Arbeitsblätter etc.) wird häufig größere Bereitschaft entgegen gebracht, ernsthafte Lernarbeit ...


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