Steuerstrafrecht PDF

Title Steuerstrafrecht
Course Allgemeines Steuerrecht
Institution Ruhr-Universität Bochum
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STEUERSTRAFRECHT

Eine wichtige und oft unterschätzte Prüfungsmaterie

Steuerstrafrecht CHRISTIAN HERBRAND*

Die praktische Bedeutung des Steuerstrafrechts hat in den letzten Jahren nicht zuletzt aufgrund vieler spektakulärer und medienwirksamer Fälle im In- und Ausland beständig zugenommen. Ziel dieses Beitrags ist es, die prüfungsrelevante Materie des Steuerstrafrechts mit den erforderlichen Akzenten zu versehen und darzustellen. Auf eine tiefer gehende Darstellung von Einzelproblemen wird bewusst verzichtet. Inhaltsübersicht I. Einführung in das Steuerstrafrecht 1. Bedeutung für die Prüfung 2. Abgrenzungsfragen 3. Das vollendete Erfolgsdelikt II. Steuerhinterziehung, § 370 AO 1. Prüfungsschema 2. Tathandlung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 3. Tathandlung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 4. Taterfolg gem. § 370 Abs. 4 AO 5. Strafbefreiende Selbstanzeige, § 371 AO III. Versuchte Steuerhinterziehung 1. Prüfungsschema 2. Strafbarkeit des Versuchs 3. Tatentschluss 4. Unmittelbares Ansetzen 5. Rücktritt IV. Sonderformen von Täterschaft und Teilnahme 1. Mittäterschaft 2. Mittelbare Täterschaft 3. Anstiftung, § 26 StGB 4. Beihilfe, § 27 StGB V. Steuerordnungswidrigkeiten 1. Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO 2. Gefährdung von Abzugssteuern, § 380 AO 3. Umsatzsteuerliche Ordnungswidrigkeiten, § 26a UStG 4. Schädigung des Umsatzsteueraufkommens, § 26b UStG 5. Gewerbsmäßiges/bandenmäßiges Vorgehen, § 26c UStG VI. Steuerstrafverfahren 1. Einleitung des Steuerstrafverfahrens 2. Aufgaben von Finanzamt und Staatsanwaltschaft 3. Strafbefehlsverfahren/Gerichtliches Verfahren 4. Bußgeldverfahren VII. Fazit

Steuer und Studium 6/2012

I. Einführung in das Steuerstrafrecht 1. Bedeutung für die Prüfung In den Prüfungsklausuren der Diplom-Finanzwirte spielt das Steuerstrafrecht seit vielen Jahren eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die meisten dieser Klausuren enthalten neben einem Sachverhalt aus dem klassischen Abgabenrecht und dem Vollstreckungsrecht auch einen Sachverhalt aus dem Steuerstrafrecht. Da der Umfang und die Tiefe der steuerstrafrechtlichen Materie aber in der Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt auf wenige grundlegende Vorschriften und Problemfelder begrenzt ist, bietet gerade dieser Teil der Prüfungsklausuren den Studierenden die Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand einen nicht unerheblichen Teil der Klausurpunkte mitzunehmen.

2. Abgrenzungsfragen a) Straftat/Ordnungswidrigkeit Eine Straftat ist die Verwirklichung kriminellen Unrechts durch eine natürliche Person. Die Strafe ist die Reaktion des Staates auf dieses Unrecht. Im deutschen Strafrecht gibt es Geldstrafen und Freiheitsstrafen. Die Höchststrafe ist lebenslängliche Freiheitsstrafe. Der Zweck der Strafe ist die Ahndung des begangenen Unrechts (Sanktion) und die Abschreckung der Allgemeinheit vor Nachahmung (Generalprävention) sowie des Straftäters vor Wiederholung (Spezialprävention). Steuerstraftaten sind gem. § 369 Abs. 1 Nr. 1 AO alle Taten, die nach den Steuergesetzten strafbar sind. Gemäß § 369 Abs. 2 AO findet das Strafgesetzbuch Anwendung, soweit in den jeweilige Paragrafen nichts Spezielleres geregelt ist. BEISPIEL ˘ Steuerhinterziehung (§ 370 AO) ist eine Steuerstraftat und wird im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet.

* Regierungsdirektor Christian Herbrand ist Dozent an der Fachhochschule für Finanzen in Edenkoben.

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Im Unterschied zur Straftat stellt eine Ordnungswidrigkeit ein Fehlverhalten dar, das kein staatliches Bedürfnis nach strafrechtlicher Sanktion und Prävention auslöst. Da die Ordnungswidrigkeit aber auch nicht völlig sanktionslos hingenommen werden kann, wird sie grundsätzlich mit einer Geldbuße geahndet, die gem. § 17 Abs. 1 OWIG maximal 1 000 € beträgt. Steuerordnungswidrigkeiten sind gem. § 377 Abs. 1 AO Zuwiderhandlungen, die nach den Steuergesetzen mit Geldbuße geahndet werden können. Gemäß § 377 Abs. 2 AO findet das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) Anwendung, soweit in den jeweilige Paragrafen nichts Spezielleres geregelt ist. BEISPIEL ˘ Leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) ist eine Ordnungswidrigkeit. Abweichend von § 17 Abs. 1 OWIG kann die leichtfertige Steuerverkürzung gem. § 378 Abs. 2 AO allerdings mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 € geahndet werden.

b) Erfolgsdelikt/Tätigkeitsdelikt Bei Erfolgsdelikten sind für die Verwirklichung des objektiven Tatbestands ein konkreter Taterfolg und eine kausale Tathandlung erforderlich. BEISPIELE ˘ A schießt mit einer Pistole auf B und trifft diesen tödlich. A gibt in seiner Einkommensteuererklärung Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu niedrig an und wird antragsgemäß veranlagt.

Die Tathandlung allein stellt allenfalls einen Versuch des Erfolgsdelikts dar. BEISPIEL ˘ Das Schießen auf einen Menschen stellt erst dann einen vollendeten Totschlag (§ 212 StGB) dar, wenn das Opfer auch tödlich getroffen wird. Verfehlt der Schütze sein Ziel, kommt allenfalls ein versuchter Totschlag (§§ 212, 22, 23 StGB) in Betracht.

BEISPIEL ˘ A gibt keine Einkommensteuererklärung ab, obwohl er hierzu gem. § 149 Abs. 1 Satz 1 AO, § 25 Abs. 3 EStG, § 56 EStDV verpflichtet ist und wird auch nicht veranlagt (§ 379 Abs. 1 Nr. 2 AO).

Da der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ausdrücklich das Unterlassen bei bestehender Pflicht zur Erklärung/Berichtigung erfasst, handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt. § 13 StGB kommt daher nicht zur Anwendung.

d) Vorsatz/Fahrlässigkeit Gemäß § 15 StGB ist grundsätzlich nur die vorsätzliche Verwirklichung eines Tatbestands mit Strafe bedroht. Soll auch die fahrlässige Tatbegehung geahndet werden, muss dies ausdrücklich im Gesetz normiert sein. Auch für die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) ist daher gem. § 15 StGB Vorsatz erforderlich. Handelt der Täter fahrlässig, kommt allenfalls eine Ordnungswidrigkeit (leichtfertige Steuerverkürzung gem. § 378 AO) in Betracht.

e) Vollendung/Versuch Die Strafbarkeit wegen eines vollendeten Delikts setzt die Verwirklichung aller Merkmale des objektiven Tatbestands voraus. Fehlt eines dieser Merkmale, kommt eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht. Für die Versuchsstrafbarkeit ist Vorsatz (Tatentschluss) bezüglich aller Merkmale des objektiven Tatbestands erforderlich. Der Tatentschluss allein führt aber noch nicht zur Versuchsstrafbarkeit, denn das deutsche Strafrecht kennt kein „Gesinnungsstrafrecht“. Der Täter muss darüber hinaus auch objektiv gem. § 22 StGB unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzen.

f) Täterschaft/Teilnahme

Im Unterschied dazu ist bei Tätigkeitsdelikten ein Verhalten unter Strafe gestellt, ohne das es auf den Eintritt eines konkreten Taterfolgs ankommt.

Von der eigenen Tatbegehung (Täterschaft gem. § 25 StGB) ist die Teilnahme an einer fremden Tat zu unterscheiden.

BEISPIEL ˘ Das falsche Schwören vor Gericht stellt auch dann

Täter ist, wer objektiv die Tatherrschaft hat und subjektiv die Tat als eigene will.

einen vollendeten Meineid (§ 153 StGB) dar, wenn das Gericht dem Täter nicht glaubt und die Aussage keinerlei weitere Konsequenzen hat.

Die meisten Straftaten sind Erfolgsdelikte. Bei der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) ist der Taterfolg die Verkürzung der Steuern.

Teilnehmer ist, wer objektiv die Tat eines anderen unterstützt, indem er sie fördert (Beihilfe gem. § 27 StGB) oder den Tatentschluss beim Täter hervorruft (Anstiftung gem. § 26 StGB) und subjektiv nicht eine eigene Tat begehen, sondern eine fremde Tat unterstützen will.

c) Aktives Tun/Unterlassen

g) Strafrechtliche Verjährung/Festsetzungsverjährung

Bei den Erfolgsdelikten ist grundsätzlich die Verwirklichung des Taterfolgs durch ein konkretes Verhalten (aktives Tun) unter Strafe gestellt. BEISPIELE ˘ Tötung eines Menschen durch Abdrücken einer Pistole (§ 212 StGB), Verkürzung der Einkommensteuer durch Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Erklärung (§ 379 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Das Unterlassen einer Handlung ist dagegen nur dann strafrechtlich relevant, wenn eine Pflicht zum Tätigwerden besteht. 326

Die strafrechtliche Verjährung ist in § 78 StGB geregelt und beginnt gem. § 78a StGB mit der Beendigung der Tat. Sie darf nicht mit der Festsetzungsverjährung gem. § 169 AO verwechselt werden. BEISPIEL ˘ Für die hinterzogene Steuer gilt gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO eine Festsetzungsfrist von zehn Jahren. Die Straftat (Steuerhinterziehung gem. § 370 AO) verjährt dagegen gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren.

Steuer und Studium 6/2012

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3. Das vollendete Erfolgsdelikt a) Prüfungsschema Vollendetes Erfolgsdelikt 1. Objektiver Tatbestand a) Taterfolg b) Tathandlung c) Kausalität 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz bezüglich Taterfolg b) Vorsatz bezüglich Tathandlung c) Vorsatz bezüglich Kausalität

standsverwirklichung an und hält er diese für möglich, handelt er mit Absicht (gesteigertes Wollenselement). Die Ablehnung des Vorsatzes stellt regelmäßig einen Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB dar. Konsequenterweise ist in diesen Fällen gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 StGB eine fahrlässige Tatbegehung (soweit strafbar) zu prüfen. Fahrlässigkeit ist die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Bei der Prüfung der Sorgfaltspflicht ist zum einen auf die konkrete Situation, zum anderen aber auch auf die Personengruppe, der der Täter angehört, abzustellen (individueller Fahrlässigkeitsmaßstab).

3. Rechtswidrigkeit 4. Schuld 5. Strafzumessung

b) Objektiver Tatbestand Im Rahmen des objektiven Tatbestands ist zunächst zu prüfen, ob der im Gesetz beschriebene Taterfolg (Tod eines Menschen, Verkürzung der Steuer) eingetreten ist. Darüber hinaus muss aber auch ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Täters vorliegen. Dies kann entweder ein aktives Tun oder auch ein Unterlassen (bei bestehender Pflicht zum Tätigwerden) sein. Schließlich muss das strafrechtlich relevante Verhalten auch kausal für den Erfolgseintritt sein. Nach der Äquivalenztheorie ist eine Handlung (aktives Tun) kausal für den Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele.

BEISPIEL ˘ Das Fahren mit 49 km/h innerhalb einer geschlossenen Ortschaft ist sorgfaltswidrig, wenn Kinder auf der Straße spielen, nicht aber, wenn die Straße (vermeintlich) leer ist. Für einen Fahrlehrer gelten möglicherweise wieder strengere Maßstäbe.

d) Rechtswidrigkeit Im Rahmen der Rechtswidrigkeit ist zu prüfen, ob die Verwirklichung des (objektiven und subjektiven) Tatbestands ausnahmsweise von der Rechtsordnung durch einen Rechtfertigungsgrund gebilligt wird. BEISPIEL ˘ A schlägt B nieder, um diesen an einem tödlichen Schuss (auf A selbst oder auf eine dritte Person) zu hindern. Die Verwirklichung des Tatbestands der Körperverletzung durch A (§ 223 StGB) ist gem. § 32 StGB durch Notwehr gerechtfertigt. A hat sich also nicht strafbar gemacht.

Bei der Verwirklichung von Steuerstraftaten sind Rechtfertigungsgründe eher abwegig.

e) Schuld BEISPIEL ˘ A schießt mit einer Pistole auf B und trifft diesen

tödlich. Der Schuss des A mit der Pistole kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Tod des B entfiele.

Bei Unterlassungsdelikten ist die Kausalität dagegen gegeben, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Erfolg entfiele. BEISPIEL ˘ A gibt keine Einkommensteuererklärung ab, obwohl er hierzu gem. § 149 Abs. 1 Satz 1 AO, § 25 Abs. 3 EStG, § 56 EStDV verpflichtet ist und wird auch nicht veranlagt (§ 379 Abs. 1 Nr. 2 AO). Die pflichtgemäße Abgabe der Einkommensteuererklärung durch A kann nicht hinzugedacht werden, ohne dass die Steuerverkürzung (keine Festsetzung der Einkommensteuer des A) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.

c) Subjektiver Tatbestand Der Vorsatz beinhaltet ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Täter muss zumindest bedingten Vorsatz (dolus eventualis) haben, das heißt, er muss den Erfolgseintritt für möglich halten und billigend in Kauf nehmen. Hat der Täter sicheres Wissen vom Erfolgseintritt und nimmt diesen billigend in Kauf, handelt er mit direktem Vorsatz (gesteigertes Wissenselement). Kommt es dem Täter auf die TatbeSteuer und Studium 6/2012

Im Rahmen der Schuld ist die persönliche Vorwerfbarkeit des rechtswidrigen Verhaltens zu prüfen. Schuld setzt zunächst Schuldfähigkeit voraus. Gemäß § 19 StGB sind Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres schuldunfähig. BEISPIEL ˘ Der 13 Jahre alte Bandenchef B organisiert eine Messerstecherei unter Jugendlichen, bei der zwei Jugendliche schwer verletzt werden. Einer der Jugendlichen stirbt an den Folgen seiner Verletzung. B ist schuldunfähig und kann nicht bestraft werden.

Gemäß § 3 JGG ist ein Jugendlicher (§ 1 Abs. 2 JGG) zwischen der Vollendung des 14. und der Vollendung des 18. Lebensjahres nur dann strafrechtlich verantwortlich, wenn er nach seiner individuellen Entwicklung und Reife in der Lage war, das Unrecht seiner Tat einzusehen und entsprechend dieser Einsicht zu handeln. Aber auch bei Vorliegen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit fällt der Jugendliche unter die milderen Sanktionsmöglichkeiten des Jugendstrafrechts. Gemäß § 105 JGG kann das Privileg der milderen Sanktionsmöglichkeiten des Jugendstrafrechts schließlich auch einem Heranwachsenden (§ 1 Abs. 2 JGG) zwischen der Vollendung des 18. und der Vollendung des 21. Lebensjahres 327

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zugute kommen, wenn er nach seiner Entwicklung einem Jugendlichen gleich steht oder eine typische Jugendverfehlung begangen hat.

§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1. Objektiver Tatbestand a) Tathandlung aa) unterlassene Angaben

Das Jugendstrafrecht hat im Steuerrecht nur eine untergeordnete Bedeutung, da die steuerliche Handlungsfähigkeit gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich Volljährigkeit voraussetzt und Steuerhinterziehung auch keine typische Jugendverfehlung darstellt. Bei partieller Geschäftsfähigkeit gem. §§ 112, 113 BGB kann aber auch ein Jugendlicher gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 AO eine Steuerhinterziehung begehen.

bb) gegenüber Finanzbehörde cc) über steuerlich erhebliche Tatsachen dd) Pflicht zur Erklärung/Berichtigung b) Taterfolg, § 370 Abs. 4 Satz 1-3 aa) Steuerverkürzung (Satz 1) oder bb) ungerechtfertigter Steuervorteil (Satz 2)

Die Schuldfähigkeit kann auch aufgrund seelischer Störungen gem. § 20 StGB abgelehnt werden. Gemäß § 17 Satz 1 StGB entfällt die Schuld bei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum. (Im Falle eines vermeidbaren Verbotsirrtums kann die Strafe gem. § 17 Satz 2 StGB gemildert werden.) Bei Steuerstraftaten ist ein Verbotsirrtum aber kaum vorstellbar. Auch Entschuldigungsgründe sind bei Steuerstraftaten eher abwegig.

cc) Kompensationsverbot (Satz 3) c) Kausalität 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz bezüglich Taterfolg b) Vorsatz bezüglich Tathandlung c) Vorsatz bezüglich Kausalität 3. Rechtswidrigkeit 4. Schuld 5. Selbstanzeige, § 371 AO

f) Strafzumessung

2. Tathandlung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO

Im Rahmen der Strafzumessung sind Strafausschluss-, Strafaufhebungs- und Strafmilderungsgründe zu beachten.

a) Unrichtige/unvollständige Angaben

Wichtigster Strafaufhebungsgrund ist im Steuerstrafrecht die strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 371 AO.

Unrichtig ist eine Angabe, wenn zwischen Erklärung und Wirklichkeit ein Widerspruch besteht.

Einen (zwingenden) Strafmilderungsgrund enthält § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB für den Gehilfen.

II. Steuerhinterziehung, § 370 AO 1. Prüfungsschema § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 1. Objektiver Tatbestand a) Tathandlung aa) unrichtige/unvollständige Angaben bb) gegenüber Finanzbehörde/Behörde cc) über steuerlich erhebliche Tatsachen b) Taterfolg, § 370 Abs. 4 Satz 1-3

BEISPIEL ˘ Der Steuerpflichtige gibt in seiner Umsatzsteuervoranmeldung die vereinnahmten Entgelte einzelner Umsätze zu niedrig an.

Unvollständig sind für sich genommen richtige Angaben, die bezüglich eines bestimmten Sachzusammenhangs den unzutreffenden Anschein der Vollständigkeit erwecken. BEISPIEL ˘ Der Steuerpflichtige legt seiner Umsatzsteuervoranmeldung zwar richtige, aber nicht alle Umsätze zugrunde.

Im Unterschied hierzu bedarf es des Rückgriffs auf § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn zu einem bestimmten Sachverhalt überhaupt keine Angaben gemacht werden.

aa) Steuerverkürzung (Satz 1) oder bb) ungerechtfertigter Steuervorteil (Satz 2) cc) Kompensationsverbot (Satz 3) c) Kausalität 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz bezüglich Taterfolg b) Vorsatz bezüglich Tathandlung c) Vorsatz bezüglich Kausalität 3. Rechtswidrigkeit 4. Schuld 5. Selbstanzeige, § 371 AO

BEISPIEL ˘ Der Steuerpflichtige gibt trotz bestehender Verpflichtung keine Umsatzsteuervoranmeldung ab.

Keine Tathandlungen i. S. des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sind: ˘

das bloße Nichtzahlen der Steuern,

˘

das Ausnutzen von Steuerschlupflöchern,

˘

ein Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO ohne Verschleierung des Sachverhalts.

b) Steuerlich erhebliche Tatsachen Tatsachen sind konkrete Geschehnisse oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart. Steuerlich erheblich ist eine Tatsache, wenn sie aufgrund eines Steuergesetzes für die Steuer von Bedeutung ist.

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c) Finanzbehörde/andere Behörde

c) Kompensationsverbot

Im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO können die Angaben gegenüber einer Finanzbehörde gem. § 6 Abs. 2 AO oder einer anderen Behörde gem. § 6 Abs. 1 AO gemacht werden. In der Regel wird es sich um Erklärungen gegenüber dem Finanzamt als Finanzbehörde gem. § 6 Abs. 2 Nr. 5 AO handeln.

Das Kompensationsverbot aus § 370 Abs. 4 Satz 3 AO stellt klar, dass auch dann eine vollendete Steuerhinterziehung vorliegt, wenn der Taterfolg trotz vorhandener Tathandlung aus anderen (zufälligen) Gründen ausbleibt.

3. Tathandlung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO Im Unterschied zu § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO greift § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn der Täter zu einem bestimmten Sachverhalt überhaupt keine Angaben macht. Das Unterlassen ist aber nur dann strafrechtlich relevant, wenn eine Pflicht zur Erklärung bzw. Berichtigung der Angaben besteht. Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung ergibt sich aus § 149 AO in Verbindung mit den Vorschriften der jeweiligen Einzelsteuergesetze. Die Pflicht zur Berichtigung einer versehentlich falschen Erklärung resultiert aus § 153 AO. Hat der Steuerpflichtige seine Angaben allerdings vorsätzlich falsch erklärt (und sich somit gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO strafbar gemacht), trifft ihn keine Berichtigungspflicht nach § 153 AO. Die Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 ist ausschließlich gegenüber einer Finanzbehörde gem. § 6 Abs. 2 AO möglich.

4. Taterfolg gem. § 370 Abs. 4 AO a) Steuerverkürzung Gemäß § 370 Abs. 4 Satz 1 AO sind Steuern verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Die Steuerverkürzung setzt also eine negative Abweichung der durch Bescheid festgesetzten (bzw. nicht festgesetzten) von der gesetzlich entstandenen Steuer voraus. Die dritte Alternative (nicht rechtzeitig festgesetzt) stellt klar, dass eine spätere Korrektur der Festsetzung nicht den bereits eingetretenen Taterfolg entfallen lässt. Erfolgt die Korrektur auf Veranlassung des Steuerpflichtigen, kommt aber eine strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 371 AO in Betracht.

b) Ungerechtfertigter Steuervorteil Steuervorteile sind alle spezifisch steuerlichen Vergünstigungen. Die durch die Steuerverkürzung bedingte niedrigere Zahllast ist kein Steuervorteil in diesem Sinne. BEISPIEL ˘ Die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 16...


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