457ff - Note: 1,0 PDF

Title 457ff - Note: 1,0
Course Platon: Gorgias (Essaykurs)
Institution Universität Regensburg
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Summary

Platon, Gorgias: 457c-466a
Erläuternder Essay...


Description

Prof. Dr. Rolf Schönberger Essaykurs SoSe 2018 1. Essay - erläuternd Marie Sautmann

Platon, Gorgias: 457c-466a Im Folgenden wird der Text im Werk verortet und ein Überblick über den Inhalt gegeben. An entscheidenden Stellen soll die Szene ausführlicher kommentiert und erläutert werden. Der betrachtete Textauszug ist in Platons Gorgias zu Beginn des Gesprächs über das Wesen der Rhetorik zwischen Sokrates und Gorgias angesiedelt. Gorgias kommt gerade zum Ende eines Monologs, in dem er erklärt, dass der Lehrer nicht für das Unrecht seines Schülers verantwortlich gemacht werden dürfe, da er den richtigen Gebrauch der (Rede-)kunst vermittle (456a-457c). Sokrates reagiert darauf, indem er den Zweck der weiteren Unterredung infrage stellt: er selbst sei ein Mensch, der sich gerne widerlegen und prüfen lasse, der aber auch gerne selbst prüfe und widerlege; wenn Gorgias kein solcher Mensch sei, solle die Diskussion beendet werden (457c-458b). Hier macht Platon durch Sokrates sehr deutlich, dass für ihn in der Rede das andauernde Streben nach Wahrheit, nicht die Überredung, im Vordergrund steht. Gorgias verweist daraufhin auf die Situation der Anwesenden, die schon lange festgehalten wurden (458b). Den Anwesenden verleiht Platon mit Chairephon, einem Schüler des Sokrates, und Kallikles eine Stimme, beide stehen dem Fortgang des Gesprächs gespannt, sogar vergnügt, gegenüber, sodass Gorgias unter Berufung auf seine Aufforderung „zu fragen, was ein jeder will“ die Fortsetzung des Gesprächs vorantreibt (458c-e). So wendet sich Sokrates wieder der Redekunst bzw. Gorgias Lehrtätigkeit und einem Neuansatz zu: dass nämlich erst Wissen den Redner überlegen sein lässt. Nach Gorgias ist ein Redner jemand, der „vor der Menge bei jedem Thema überzeugend ist“ (458e) und zwar als Unwissender vor der unwissenden Menge überzeugender als ein Wissender. Sokrates fasst zusammen, dass diese Redner „eine Fertigkeit des Überzeugens gefunden haben“ (459b) müssen, die dermaßen wirkt. Einen ironischen Kommentar des Gorgias, was für eine Erleichterung diese Erkenntnis doch sei, übergeht Sokrates und wendet sich der Untersuchung zu, ob der Redner Wissen zu den Dingen, in denen er überzeugend ist, haben muss oder ob eine ausgearbeitete Überredungstechnik und der Schein, über höheres Wissen zu verfügen, ebenso genügt; er endet geradezu impulsiv in der Aufforderung an Gorgias, nun die Wirkung der Redekunst zu enthüllen (459c-460a). Der entgegnet, dass ein unwissender Schüler auch Inhaltliches von ihm lernen würde, zum Beispiel was gerecht und ungerecht ist. Im Folgenden führt Sokrates im Dialog mit Gorgias einen Gedanken aus, der einen Widerspruch in den Äußerungen seines Gegenübers darlegt. Über das Beispiel des Baumeisters, Musikers und Mediziners führt er an, dass „wer etwas gelernt hat“ so ist, „wie sein Wissen ihn macht“ (460c). Gorgias stimmt dem und der Folgerung, dass, wer das Gerechte gelernt habe, gerecht und deshalb ein Redner ebenfalls notwendig gerecht sei, zu (460c). Sokrates erinnert ihn nun daran, dass er dafür argumentiert habe, den Lehrer nicht für ein Vergehen des Schülers - die Redekunst unrecht zu gebrauchen – anzuklagen. Nach der vorigen Argumentation scheint es nun aber, als könne der Redner gar kein Unrecht begehen (460c-461b). Aufgebracht legt Sokrates diese Unstimmigkeit dar und erinnert an sein Angebot, das Gespräch zu beenden, da ihm und jetzt auch Gorgias die Unstimmigkeit aufgefallen sei und weist darauf hin, dass nun „nicht wenig Unterredung“ (461b) nötig sei, dies zu durchdenken. An dieser Stelle wird erneut sehr deutlich, wie essentiell das Prüfen und Widerlegen für Sokrates (und somit für Platon) im Dialog ist, jedoch auch, dass er dabei nicht gerade besonders feinfühlig mit seinem jeweiligen Gegenüber umspringt. Statt Gorgias setzt nun dessen Schüler Polos zum Gegenangriff auf Sokrates und der Verteidigung seines Lehrmeisters an und die beiden führen nun den Dialog. Hitzig wirft er Sokrates vor, das

Gespräch dahin zu führen, dass sich aus Gorgias Zugeständnis - der Schüler wisse, was gerecht oder gut ist bzw. lerne es vom Meister - etwas Gegenteiliges ergäbe; diese Art der Gesprächsführung bezeichnet Polos selbst als „sehr ungezogen“ (461c). Sokrates Erwiderung klingt fast schon süffisant, als er Polos auffordert, Gorgias und ihm in ihrer strauchelnden Argumentation beizustehen und zu stützen und bietet an, seine Aussagen zurückzuziehen, wenn Polos im Folgenden auf eines achte, nämlich seine lange Rede einzuschränken (461c-d). Der Schüler braust auf, Sokrates entgegnet jedoch nur, dass genau so schlimm wie die Einschränkung der Redefreiheit auch das erzwungene Zuhören sein kann (461e). Das Gespräch wendet sich wieder dem eigentlichen Thema zu als Polos Sokrates fragt, für was er denn die Redekunst halte. In kurzen Frage- und Antwortsätzen legt Sokrates nahe, dass er sie gar nicht für eine Kunstfertigkeit halte, sondern für eine „Art von Erfahrung“ im „Herstellen einer Art von Gefälligkeit und Lust“ (462c). Auf die Frage nach der Schönheit der Redekunst will Sokrates nichts erwidern bis er richtig erklärt hat, wofür er sie hält. Also lässt er sich von Polos dazu befragen, wofür er die Kochkunst halte – wiederum eine Erfahrung „vom Erzeugen von Gefälligkeit und Lust“ (462d), also Teil derselben Beschäftigung wie die Redekunst. Auf weitere Nachfrage des Polos antwortet Sokrates nun zögerlich, will gegenüber Gorgias nicht unhöflich sein - denn er wisse nicht, ob er sich auf Gorgias Art der Redekunst, die der selbst nicht klar machen konnte, beziehe; die Redekunst, die er jedoch meine, gehöre nicht zu den schönen Dingen (462e-463a). Nachdem Gorgias ihn dazu auffordert, führt Sokrates schließlich weiter aus, wofür er die Redekunst hält: er beschreibt sie als natürliche Eigenschaft mancher Menschen, deren Wesentliches er als Schmeichelei bezeichnet. Dieses Wesentliche aber sei nicht ihr alleine gegeben, sondern zum Beispiel auch der Kochkunst, der Kosmetik und der Sophistik – die allesamt keine Künste seien, sondern „Erfahrung und Routine“ (463b). Erneut kritisiert Sokrates, dass Polos der Frage nach dem Wesen der Redekunst eine Frage nach deren Bestimmtheit direkt angeschlossen habe, ohne dass die vollständige Beantwortung der ersteren erfolgt ist. Stillschweigend nimmt Polos die Rüge hin und stellt wie aufgefordert die Frage, für welchen Teil der Schmeichelkunst Sokrates die Redekunst halte, um dann von ihm zu erfahren, dass er sie für „ein Schattenbild eines Teils der politischen Kunst“ halte und demnach für schändlich (463d). Hiernach meldet Gorgias sich wieder zu Wort, äußert Unverständnis und bittet um ausführlichere Erklärung (463e). Sokrates kommt dieser Bitte gerne nach und der Dialog verläuft erneut in kurzen Sätzen zwischen den beiden Lehrmeistern. Sokrates führt das Gespräch zu der Aussage, dass es in Körper und Seele etwas gibt, das glauben macht, beide seien in gutem Zustand, sind es aber nicht (464b). In einem abschließenden Monolog (464b-466a) legt Sokrates dann genauer dar, als was er sich die Redekunst vorstellt und wofür er sie hält. Er nehme zwei Künste an: eine für die Seele, die politische Kunst, und eine für den Körper. Die des Körpers ist unterteilt in Gymnastik und Medizin, die politische in Gesetzgebungskunst und Gerechtigkeit. Diese vier handeln immer mit Blick auf das Beste für Körper und Seele. Dies habe die Schmeichelkunst bemerkt und schlüpfe unter jeden dieser Teile, kümmere sich dort aber nicht um das Beste, sondern vielmehr das Angenehme. Unter die Medizin sei die Kochkunst geschlüpft, unter die Gymnastik die Kosmetik, unter die Gesetzgebungskunst die Sophistik und unter die Gerechtigkeit die Redekunst. Als Erfahrung und nicht als Kunst bezeichne er dies, weil keine Begründung geliefert werde. Den Vergleich mit Kochkunst und Kosmetik führt Sokrates etwas genauer aus, zur Kosmetik erklärt er dabei folgendes: sie sei die Kunst sich zu schmücken, sei „schädlich, betrügerisch, unedel“ (465b), weil sie täuschend Schönheit bewirke, sodass die eigene durch Gymnastik bewirkte Schönheit vernachlässigt werde. Am Ende seiner Rede bittet Sokrates um Nachsicht für die langen Ausführungen, die er den anderen untersagte, und entschuldigt sie mit der Tatsache, dass er bei kurzen Reden nicht verstanden worden sei und sich Nachfragen ergaben. Platon nutzt im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen die Form des Dialogs als philosophische Erörterung, vermutlich angelehnt an Sokrates mündliche Form des

Philosophierens. Im betrachteten Auszug ist eindeutig Sokrates die dominierende Gestalt, lenkt das Gespräch, tadelt, prüft und widerlegt sein jeweiliges Gegenüber und scheut sich nicht, Fehler oder Schwächen in deren Argumentation aufzuzeigen. Ihm geht es darum, das Wesentliche deutlich herauszuarbeiten und zu beleuchten und dem Gesprächspartner dessen eigene Vorstellung deutlich werden zu lassen. 1279 Worte. (ohne Stellenverweise)

Literatur Plato (2014): Gorgias. Hg. v. Theo Kobusch. Stuttgart: Reclam (Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 18996)....


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