Literaturdidaktik PDF

Title Literaturdidaktik
Course Einführung in die Didaktik der deutschen Sprache und Literatur
Institution Bergische Universität Wuppertal
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Summary

Literaturdidaktik Mitschriften 2017/2018...


Description

29.6.18

EDDSL Literaturdidaktik! Reformorientierte Methoden im Deutschunterricht Drei zentrale Formen: • Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht ! • Textnahes Lesen ! • Literarisches Unterrichtsgespräch !

Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht (HupoLu) Grundkonzept Aktiver Umgang mit Texten sorgt für ein vertieftes Verstehen von literarischen Texten ! Quellen des HupoLu sind:! - die Reformpädagogik! (Lernen mit Herz und Hand, selbstständiges und eigenaktives Lernen)!

- Die Rezeptionsästhetik und der (De-)Konstruktivismus ! (Leer- und Unbestimmtheitsstellen füllt der Rezipient! Text hat keine endgültige, letztgültige Deutung).!

Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht Handlungsorientiert „Mit dem Begriff handlungsorientiert ist […] der Aspekt des tausend Möglichkeiten einschließenden bildlich-illustrativen, musikalischen, darstellenden und spielenden Reagierens auf Texte bezeichnet;! Stärker ganzheitlich orientiert! → selbständiger Umgang mit Texten ! → Kontext: Erziehungswissenschaft! → Ziel: Kontakt mit Literatur, Lesemotivation anbahnen!

Produktionsorientiert Der Begriff „produktionsorientiert“ meint dagegen die stärker das kognitive Vermögen beanspruchende Erzeugen von neuen Texten.“!

29.6.18 stärker kognitiv orientiert! - adäquate Literaturaneignung! - Kontext:! - Literaturwissenschaft > Rezeptionstheorie! - Ziel:! - Intensivierung literarischer Bildung! => Dabei sind „vielfältige Übergänge und Mischformen möglich.“! [Haas, Menzel, Spinner 1994]!

Zwei grundlegende Formen: 1. Vom Fragment zum Text! 2. Vom Original zur Transformation ! Mischform: 3. Musikalische, visuelle, körperliche Ausdrucksformen ! → Vertonung/Verklanglichung! → Malen, Zeichnen, Modellieren ! → Szenische Umsetzungsformen: Pantomime, Standbilder, Theater, Tanz…! => Kombination kann allen SuS gerecht werden -> Differenzierung (!) ← didaktische Funktion der Methode ! [nach Gerhard Haas, 1994]!

Pro und Contra Pro • Alle Sinne beteiligen ! • Differenzierung ist gut möglich: auch schwächere Schüler mitnehmen, differenzierte Übungen für kognitiv veranlagte und sonst starke Kinder ! • Texte kann handelnd besser erfasst werden! • Aktives, selbstbestimmtes und nachhaltigeres Lernen, Erlebnistiefe! Contra • Artet oft zu bloßem methodischen Aktionismus/ Spielerei aus, wenn keine planvoll (!) zu erreichenden konkreten Lernziele und Methoden verfolgt werden! • Lehrkräfte machen es sich einfach, weil SuS mit HupoLu beschäftigt sind! • Gut aufbereitetes Material und eine dezidierte Ergebnissicherung sind notwendig! • Zerpflückung des literarischen Textes und Gefahr der Zerstörung seiner künstlerischen Autonomie! • Lange Texte sind z.T. ungeeignet für diese Methode!

29.6.18 Kompromiss: • Nicht alle Texte und auch nicht alle Teile eines Textes handlungs- und produktionsorientiert bearbeiten (z.B. nur kleine Teile eines Romans); eine solche Orientierung soll Reflexion nicht ersetzen, sondern kann sie vorbereiten oder sie folgen! Wichtig: • Es muss nicht immer der Weg über die Analyse zum Verstehen und Wirklichkeitsbezug sein, es geht auch anders(herum)!

Methode und Lernziele im HupoLu → Die Wahl der Methode ist abhängig von Text, Alter und Lernziel! • • • •

Nicht jede Methode führt automatisch und immer zu einem Lernziel!! Kreativität/Imagination ist ein Lernziel.! Fremdverstehen und Identitätsfindung ein weiteres.! Bei anderen Zielen (vgl. Spinner) kommt es sehr auf den Text und die genaue Methode an, z.B. wird Textkompetenz dann gefördert, wenn die Schreibaufgabe ein genaues Lesen des Textes und dadurch auch Duschschauen seiner Textsorte erforderlich macht.!

Textnahes Lesen

- Wichtigste Vertreter: Jürgen Belgrad/ Karl-Heinz Fingerhut! - Vor allem wird Elisabeth Paefgen mit diesem Ansatz in Verbindung gebracht. Sie hat sechs Thesen zum Textnahen Lesen aufgestellt.! Ansatz auch als Reaktion auf literaturdidaktische Ansätze der 1980er und 90er Jahre entstanden, vor allem in zwei Punkten:! 1. Gegen Ansätze, die sich sehr vom text als Grundlage der Interpretation und der Lesearten entfernen (wie HuPoLu). ein Text hat „Wiederhaken“. Diese! 2. Gegen didaktische Ansätze, die nur die Lesemotivation in den Vordergrund rücken (Leseförderung), Lesen hat (wie andere Lerngegenstände auch) verschiedene Formen und Schwierigkeitsgrade, die gelernt werden müssen.! → Textnahes Lesen ist nicht mit der Art des Lesens, die in der Freizeit vorkommt, identisch. Lesen ist auch Arbeit!!

Sechs Thesen zum Textnahen Lesen (Elisabeth Paefgen 1998)! “Lest gründlich, liebkost die Einzelheiten, die erhabenen Einzelheiten.“! 1. These: „Textnahes Lesen soll im folgenden verstanden werden als genaues, langsames, gründliches Studieren eines literarischen Textes; als ein Lesen mit Stiften mit Papier, mit

29.6.18 Zeit und Geduld für den Satz, den Absatz ,die Seite; als ein statisches Lesen, das häufiges Zurückblättern ebenso wenig scheut wie wiederholtes Lesen ein- und derselben Passage, ein- und desselben Textes.“! 2. These: „Textnahes Lesen ist eine didaktische Herausforderung. Freiwillig lesen Schüler, lesen Lernende nur selten ‘textnah’. Textnahes Lesen gehört zu den Leseformen, die gelehrt und gelernt werden müssen; in der Schule, aber nicht nur dort.“! 3. These: „Eine solche Leseform wird durch vielerlei erschwert: Die leichte Zugänglichkeit von Lesestoff steht dem ebenso entgegen wie die Fülle des Gedruckten die lesend zur Kenntnis genommen werden soll.Textnahes Lesen ist nach dem Verlusts des Kanons, der einen selbstverständlichen Textkorpus des immer wieder neu gelernten voraussetzte, fast eine antiquierte Angelegenheit geworden.“! 4. These: „Je fremder der Text dem Leser gegenübersteht, um so stärker muß dieser versuchen, ihn textnah zu lesen. Das Übersetzen fremdsprachlicher texte erzwingt auf ‘natürlichste‘ Art textnahes Lesen.“! 5. These: „Textnahes Lesen steht in Abhängigkeit von den Gattungen: Lyrik wird am textnächsten gelesen; dramatische Texte stehen an zweiter Stelle. Am schwersten haben es die epischen texte, die - wie auch immer - eine Geschichte erzählen.“! 6. These: „Methodische Verfahren, die zu textnahen Lesen auffordern sind: Reduktion der zu lesenden Textmenge, Diktieren, Abschreiben; überhaupt: Lesen mit Schreiben verbinden. Theoretische Bezüge können sein: Dekonstruktion, Nachvollzug in Formulierungsentscheidungen, tiefenhermeneutische Spurensuche, Intertextualität etc.“!

Pro und Contra Pro: • Sehr genaues Auseinandersetzen mit dem Text fördert Erkennen seiner Eigenarten! • Verbindung zum (Nach- oder Forsetzungs-) Schreiben (HopuLU) möglich! • Problem: Assoziationen müssen am Text bleiben/ mit ihm abgeglichen werden; sonst kann wieder jeder Schüler alles mögliche assoziieren.! • Eigene Anmerkungen scheinen ein gutes Mittel, Leseeindrücke mit dem Text abzugleichen! • Problem: Assoziationen müssen am Text bleiben/mit ihm abgeglichen werden, sonst kann wieder jeder Schüler alles mögliche assoziierten ! Verbindung zum (Nach- oder Fortsetzungs-)Schreiben (HupoLU) möglich! •

29.6.18 Contra: • sehr langsam und kleinschnittig! • Ein Text, vor allem ein längerer Text, wird „zerfleddert“! - Ausgesprochen kognitiv ausgerichtet, manchmal sehr schwierig, am Text zu bleiben; Manchmal kann es ein Problem sein, über den Text hinausgehendes Wissen (z.B. über den Autor) erst einmal auszuschalten ! → Methode: Werkimmanente Interpretation ! → Teilrückkehr zum analytischen Interpretieren !

Methodenverlauf während der Schullaufbahn • Gymnasium (vor allem in der Sek II):! • Analytischer Umgang mit Literatur und literarische Bildung im Vordergrund! • Andere Schulformen: ! • Förderung de Leseverstehens und der Lesemotivation im Vordergrund ! • Herkömmliche Methode • fragend entwickelndes Interpretationsgespräch! • Reformierte Methoden • Literarisches Unterrichtsgespräch (Härle > Heidelberger Modell)! • Reformierte Methode in der Grundschule bzw. Schuleingangsphase • Vorlesungsgespräch! Sprechen über einen vorgelesenen text während des Lesens oder nach dem Vorlesen! • Bzw.: Literarisches Anschlussgespräch nach dem (Selbst-)Lesen! Herkömmlich: Fragend entwickelndes Interpretationsgespräch Gespräche zur Literatur im Unterricht gibt es, seit es Literaturunterricht gibt. Sie stellen sogar den quantitativ größten Bereich des Literaturunterrichts dar. Oftmals verlaufen diese Gespräche aber für die Schüler äußerst unbefriedigend.! Der Lehrer bzw. die Lehrerin entwickelt fragend und die Klasse lenkend eine Interpretation, die er oder sie selbst für die angemessene Interpretation hält. Für die Schüler, zumal jene, die mit Textinterpretationen nicht vertraut sind, wirkt dies häufig wie ein Ratespiel.! Die Methode des fragend entwickelnden Unterrichtsgesprächs geht zurück auf Sokrates (Platon).!

Literarische Gespräche nach Härle „Mit wachsender Resonanz setzt sich das Heidelberger Modell des Literarischen Unterrichtsgespräch das Ziel, den herrschenden literaturdidaktischen Strömungen der

29.6.18 fragend-entwickelnden und der handlungs- und produktionsorientierenden Verfahren ein Konzept gegenübergestellt, das dem Text, dem Textverstehen un der interaktiven Lerngruppe gleichermaßen gerecht wird.“!

Literarische Gespräche nach Härle (vgl. Härle/Steinbrenner 2004 und 2006) • Hermeneutik als theoretische Basis:! „Verstehen als gesprächsförmiger Prozess“! • Themenzentrierte Interaktion als praktische Gesprächsform! • Partizipierende Leitung durch Lehrperson: ! - prozessorientierte Impulse statt inhaltliche Fragen ! • Verbindung von! - Reden über einen Text! - Reden von sich selbst ! - Reden mit anderen ! Beim literarischen Unterrichtsgespräch wird „Verstehen als dynamischer Prozess gedacht […]. Dieser Prozess ist individuell und unabschließbar […]. Die Gesprächsform zielt deshalb nicht auf aufgeschlossene Interpretationen ab, sondern ermöglicht die Entfaltung von Textsinn im Gesprächsprozess.“! Der Unterschied zum traditionellen „fragend-entwickelnden Unterrichtsgespräch“ bzw. „gelenkten Unterrichtsgespräch“ (Meyer 1987) liegt vor allem in der Haltung der Lehrperson.! Im gelenkten Unterrichtsgespräch hat die Lehrperson schon genau im Kopf, zu welchem Ziel sie die SuS durch ihrer Fragen hinführen will. Deshalb versucht sie, die SuS dazu zu bringen, dieser Denkrichtung zu folgen. Schüleräußerungen, die zur Zielvorstellung passen, werden gelobt, andere werden meistens übergangen oder zurückgewiesen.! [Steinbrecher/ Wiprächtiger-Geppert 2006[!

Ziele Durch das literarische Unterichtsgespräch lernen die SuS! - „ein Modell für einen angemessen Umgang mit Literatur“ kennen,! - „Leseerfahrungen in der eigenen, gesprochenen Sprache zu artikulieren […],! - anderen Leserarten zuzuhören und sich darüber zu verständigen, - Erfahrungen des Nicht-Verstehens und der Fremdheit auszuhalten und als einen Teil des Verstehensprozesses zu betrachten.“! - „die kulturell tradierte Form der Annäherung an literarische Texte [kennen], was die Fähigkeit fördert, auch außerhalb der Schule über Leseerfahrungen […] zu sprechen.“

Methode Die Gesprächsleiterin/der Gesprächsleiter ist gleichzeitig TeilnehmerIn (partizipierende Leitung).!

29.6.18 „Partizipierende Leitung heißt, dass sich der Leiter nicht nur in seiner Funktion als Gesprächsleiter, sondern auch als Teilnehmer in das Gespräch einbringt. In einem gelingenden literarischen Gespräch beteiligt er sich […] mit authentischen Beiträgen, die seine eigenen Einstellungen, Wahrnehmungen und Fragen artikulieren.“! „Gesprächsleitung in diesem Sinn ist weniger eine spezifische Technik als vielmehr eine bestimmte Haltung […]:! • Es besteht seitens der Lehrperson ein ernsthaftes Interesse, mit den Schülern zu dem gewählten Text ins Gespräch zu kommen.! • Die Lehrperson unterstellt den Schülern, dass sie (prinzipiell) fähig sind, an dem Gespräch teilzunehmen und den Text zu verstehen.! • Die Lehrperson fördert ein Gesprächsklima, das von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist.“!

Ablauf

Das literarische Anschlussgespräch • Das literarische Anschlussgespräch (auch Vorlesegespräch) stellt die formloseste Form des Gesprächs über Literatur dar. Ziel ist es hier nicht in erster Linie, Wege zur Interpretation des Textes zu eröffnen, sondern es geht um eine ans Vorlesen oder selbstständige Lesen anschließende Gesprächsrunde, deren oberstes Ziel es ist, über Literatur ins Gespräch zu kommen. Es ist gleichsam eine Form der mündlichen Kommunikation, ein Einüben von Gesprächen.! • „Hilfreiche Anregungen können […] aus der vorschulischen Lesesozialisation in den Familien gewonnen werden.“!

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Vorlesegespräche

- die Gestaltung eines Textes beim Vorlesen fördert unter bestimmten Bedingungen das implizite literarische Lernen!

- Ritualisierte Vorlesepraxis mit Verbindung von lesen und offenen Gesprächen zur Kompensation von Chancenungleichheiten!

- Typologie möglicher Gesprächseinlagen/ Impulse beim Vorlesen nach Spinner 2004:! -

Typ 1: Aktivierung eigener Erfahrungen (Vorwissen)! Typ 2: Antizipationen! Typ 3: Anregungen zur Perspektivenübernahme! Typ 4: Anregungen zur Reflexion von Figurenverhalten! Typ 5: Interpretationsfragen!

Wiederholung/ Zusammenfassung Methoden im DU Herkömmliche Methoden im DU

- Analytisches Interpretieren! - Lehrergesteuertes Erfragen von Interpretationen im Literaturunterricht! Reformierte Methoden im DU

-

Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht ! Textnahes Lesen (Paefgen)! Literarisches Unterrichtsgespräch (Härle)! Literarische Anschluss- und Vorlesegespräche !

Stärken und Schwächen/ Funktionsschwerpunkte didaktischer Ansätze • HupoLu ist besonders gut für das Lernziel Kreativität/Imagination; wenn er gut ist, fördert er die Textkompetenz und die ästhetische Kompetenz ! • Textnahes Lesen hebt besonders (wieder) auf die Textkompetenz, das analytische Denken und das ästhetische/literarische Lernen ab! • Das literarische Unterrichtsgespräch hebt auf ästhetisches Lernen ab, aber auch auf Fremdverstehen und Identitätsfindung ! • Leseförderung hat als Hauptziel die Teilhabe an der Gesellschaft, aber auch ästhetisches Lernen und Empathie ! • Die Wahl der einzelnen Methoden ist abhängig von Text, Lerngruppe und Lernziel

29.6.18 → Methodische Ansätze ordnen sich auf dieser Skala unterschiedlich an, manche eher konkret-erlebnisbezogen, manche eher abstrakt-reflexiv → Methoden unterscheiden sich ebenfalls in Reichweite ihrer Verortung (manche nur an einem Pol der Skala, manche reichen fast von einem Pol zum anderen)!

Produktive Verfahren als Grundlage reflexiven und diskursiven Arbeitens (Zum Beispiel Entwicklung von jüngeren zu älteren Schülern, aber auch als Reihenfolge innerhalb einer Unterrichtseinheit).! Darüber hinaus sind die thematischen Ansätze natürlich auch vom literaturwissenschaftlichen Ansatz (und deren Methoden) geprägt.! [Vgl. Elisabeth K. Paefgen]...


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