Loe 2 EA 55105 SS 2010 PDF

Title Loe 2 EA 55105 SS 2010
Course Arbeitsvertragsrecht
Institution FernUniversität in Hagen
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Summary

Lösung Sachverhalt 2 SS 2010...


Description

2. Einsendeaufgabe zum Kurs 55105 (Modul 6: Arbeitsvertragsrecht) Kurseinheit 3 und 4 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Verf.: Patrick Hoffmann

SS 2010

Lösungsskizze: Der Aufgabenfall ist dem Urteil des BAG vom 7. 7. 2005 - 2 AZR 581/04 - in NZA 2006, 98 ff. nachgebildet. Frage 1.):

I.

Handlungsmöglichkeiten des B gegen Arbeitnehmer A

Verbieten für die Zukunft

Nach § 611 BGB hat der Arbeitgeber (im Folgenden kurz: AG) Anspruch auch vertrags- und ordnungsgemäße Arbeitsleistung, also einen Erfüllungsanspruch. Der AG kann damit vom Arbeitnehmer (im Folgenden kurz: AN) verlangen, die unerlaubte Internetnutzung zu unterlassen. Jede Verpflichtung zur positiven Leistung enthält nämlich zugleich die Pflicht, alles zu unterlassen, was den Leistungserfolg beeinträchtigen könnte (§ 242 BGB). Die Dienstleistungspflicht nach § 613 BGB ist allerdings eine höchstpersönliche Pflicht des Arbeitnehmers, mithin eine unvertretbare Handlung. Die Zwangsvollstreckung aus Urteilen zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung ist nach § 888 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen. Der Ausschluss als Betriebsratsmitglied aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG kommt nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine betriebsverfassungsrechtliche Pflichtverletzung handelt.

II.

5 Punkte

Abmahnung

Hält der AG die Pflichtverletzung für nicht so gravierend, kann er sich mit einer Abmahnung begnügen, was auch bei Betriebsratsmitgliedern möglich ist (vgl. BAG in NZA 1992, 690). Davon abgesehen ist die Abmahnung Voraussetzung für eine Kündigung (§ 314 Abs. 2 BGB). Bei der privaten Nutzung des Internets am Arbeitsplatz bedarf es einer Abmahnung als Kündigungsvoraussetzung stets dann, wenn der AN mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei entweder nicht vertragswidrig oder werde vom AG zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen (BAG in NZA 2006, 98). Die Abmahnung hat drei Bestandteile, nämlich die Feststellung der Pflichtverletzung, die Aufforderung, künftig besser zu arbeiten, und die Androhung der Kündigung (Dokumentations -, Erinnerungs- und Warnfunktion). Die Abmahnung ist formfrei, sollte aber schriftlich sein. Sie ist mitbestimmungsfrei. Das vorliegende Verhalten des AN stellt zweifelsfrei eine Pflichtverletzung dar und kann daher abgemahnt werden.

15 Punkte

2. Einsendeaufgabe zum Kurs 55105 (Modul 6: Arbeitsvertragsrecht) Kurseinheit 3 und 4 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Verf.: Patrick Hoffmann

III.

SS 2010

Außerordentliche Kündigung

Als schärfstes Reaktionsmittel kommt nur eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB in Betracht, weil A Betriebsratsmitglied ist, vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG.

1.

Formelle Voraussetzungen

Für die außerordentliche Kündigung ist die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB einzuhalten. Die Kündigung muss nach § 623 BGB schriftlich erfolgen und dem AN gem. § 130 BGB rechtzeitig zugehen. Wegen der Gefahr des § 174 BGB sollte nach § 167 BGB eine Vollmacht beigefügt werden, soweit nicht der AG persönlich, ein allgemein bzw. besonders ermächtigter oder ein aus dem Handelsregister ersichtlich befugter Vertreter die Kündigung erklärt, z.B. Prokurist (§ 48 HGB). 2.

Mitbestimmung des Betriebsrat

Nach § 103 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Die bloße Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 BetrVG genügt also nicht. Zu beachten ist, dass es nicht im Ermessen des Betriebsrats steht, ob er der außerordentlichen Kündigung zustimmen will. Er ist vielmehr verpflichtet, die Zustimmung zu erteilen, wenn nach seiner Beurteilung die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, so kann das ArbG auf Antrag des AG im Beschlussverfahren die Zustimmung nach § 103 Abs. 2 BetrVG ersetzen. Der AG muss den Zustimmungsersetzungsantrag innerhalb der 2Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB stellen. Die Einhaltung einer sog. sozialen Auslauffrist kommt nicht in Betracht.

3.

5 Punkte

5 Punkte

Materielle Voraussetzungen

Gem. § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei muss nach der st. Rspr. des BAG von einer zweistufigen Prüfung des wichtigen Grundes ausgegangen werden.

5 Punkte

2. Einsendeaufgabe zum Kurs 55105 (Modul 6: Arbeitsvertragsrecht) Kurseinheit 3 und 4 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Verf.: Patrick Hoffmann

a)

SS 2010

Vorliegen eines wichtigen Grundes

Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht. Die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit ist auch ohne ausdrückliches Verbot untersagt (BAG in NZA 2006, 98). Bei einer exzessivenprivaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit kann der AN nicht mit der Billigung durch den AG rechnen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Seiten mit pornographischen Inhalt heruntergeladen werden, die in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken könnten, der AG würde sich mit Pornographie beschäftigen. (BAG in NZA 2006, 98).

b)

5 Punkte

Interessenabwägung im Einzelfall

Bei der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung muss berücksichtigt werden, dass der AN A offenbar zehn Jahre unbeanstandet gearbeitet hat und Betriebsratsmitglied ist. Zu Gunsten des AN ist auch zu berücksichtigen, dass bisher noch kein ausdrückliches Verbot bestand und damit eine gewisse Rechtsunsicherheit gegeben ist. Trotzdem geht das BAG in solchen Fällen von einem in concreto vorliegenden wichtigen Grund aus, so dass der Kündigung nicht einmal eine Abmahnung vorausgehen muss (vgl. BAG in NZA 2006, 98 ff.). Denn selbst wenn man unterstellt und zu Gunsten des A berücksichtigt, dass er täglich eine einstündige Pause hat und zumindest der ganz überwiegende Teil der privaten Internetnutzung in seinen Pausenzeiten erfolgte, liegt bei einer privaten Internetnutzung von ca. 40 Stunden im Monat Februar 2010 ein über die - maximale tägliche - Pausenzeiten hinausgehende zeitlich ungewöhnliche umfangreiche private Nutzung des Internets vor, die mit den arbeitsvertraglichen Pflichten des AN zwingend nicht zu vereinbaren ist (vgl. BAG in NZA 2006, 98 (100)). Selbst unter Berücksichtigung möglicher Pausenzeiten des A lässt sich im Ergebnis jedenfalls festhalten, dass A zumindest an mehreren Tagen im Monat Februar nicht nur kurzfristig und unerheblich, sondern in einem beträchtlichen zeitlichen Umfang seiner Arbeitspflicht nicht nachgekommen ist, indem er während der Arbeitszeit privat im Internet gesurft hat. Diese Arbeitsvertragspflichtverletzung wird auch nicht dadurch relativiert, dass AG B die private Nutzung des Internets gestattet bzw. diese geduldet hätte. Eine solche Gestattung oder Duldung würde sich nämlich - ohne weitere Erklärungen - allenfalls auf eine private Nutzung im normalen bzw. angemessenen zeitlichen Umfang erstrecken ( , Private Internetnutzung durch Arbeitnehmer, 2003, S. 24 und 29; , NZA 2004, 457 (459)). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn A in dem konkreten Zeitraum, in dem er das Internet privat genutzt hat, mangels

15 Punkte

2. Einsendeaufgabe zum Kurs 55105 (Modul 6: Arbeitsvertragsrecht) Kurseinheit 3 und 4 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Verf.: Patrick Hoffmann

SS 2010

Arbeitsanfall ohnehin untätig gewesen wäre (s. hierzu: , NZA 2005, 752 (753)). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen. Auch liegt keine Internetnutzung i.S. einer „sozialadäquaten“ Nutzung vor, die ein solches Verhalten rechtfertigen könnte. Zum einen ist nicht ersichtlich, woraus sich eine solche „Sozialadäquanz“ im vorliegenden Fall ergeben soll. Zum anderen mag allenfalls eine kurzfristige private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit allgemein gerade noch als hinnehmbar angesehen werden, wenn keine ausdrücklichen betrieblichen Verbote zur privaten Nutzung existieren. Bei einer solchen exzessiven Nutzung des Internets während der Arbeitszeit wie hier lässt sich jedoch auf keinen Fall noch von einem „sozialadäquaten“ Verhalten sprechen und eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung negieren (vgl. BAG in NZA 2006, 98 (100). Zusammenfassend betrachtet liegt im konkreten Fall unabhängig von der möglichen Kostenbelastung eine unangemessen hohe Inanspruchnahme von Arbeitszeit vor. Außerdem besteht die Gefahr möglicher Vireninfizierung oder anderer Störungen des Betriebssystems des AG. Insgesamt wird man also vom Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgehen können, der die Kündigung aus wichtigem Grund auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. IV.

Ordentliche Kündigung

Der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gem. § 1 Abs. 2 S.1 (Var. 2) KSchG unter Einhaltung einer Frist nach § 622 Abs. 2 S.1 Nr. 4 BGB ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds gem. § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG unzulässig ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass bei einem „normalen“ AN die verhaltensbedingte Kündigung in Betracht gekommen wäre. Folglich ist auch eine Umdeutung nach § 140 BGB der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung nicht möglich.

V.

10 Punkte

Lohnzahlung bzw. Schadensersatz

Soweit A beim Surfen im Internet nicht gearbeitet hat und somit eine Nichtleistung angenommen wird, entfällt der Lohnzahlungsanspruch nach § 175 Abs. 1, 326 Abs. 1 S.1 BGB, bzw. der bereits geleistete Lohn müsste nach §§ 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB zurückgezahlt werden. Wegen der Anwesenheit des A am Arbeitsplatz ist es aber im vorliegenden Fall richtiger, Schlechtleistung anzunehmen; dann kann der AG Schadensersatz in Höhe der nicht geleisteten Arbeit nach §§ 280 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB verlangen (vgl. dazu nur ErfKomm./Preis, § 611 BGB Rn. 697 ff.).

10 Punkte

2. Einsendeaufgabe zum Kurs 55105 (Modul 6: Arbeitsvertragsrecht) Kurseinheit 3 und 4 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Verf.: Patrick Hoffmann

VI.

SS 2010

Ergebnis

Der Arbeitgeber kann mit großer Aussicht auf Erfolg gem. § 626 Abs. 1 BGB ohne vorherige Abmahnung fristlos kündigen. Er muss sich also nicht mit einer bloßen Abmahnung oder einem Erfüllungsanspruch begnügen. Im Übrigen entfällt der Lohnzahlungsanspruch für die nicht geleistete Arbeit, bzw. der Arbeitgeber kann Schadensersatz verlangen.

Frage 2.):

I.

Verbot privater Internetnutzung

Weisungsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO

Die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit ist auch ohne ausdrückliches Verbot untersagt (vgl. nur BAG in NZA 2006, 98). Der AN hat nämlich gem. § 611 BGB während der Arbeitszeit zu arbeiten und private Tätigkeiten grundsätzlich zu unterlassen (BAG in NZA 2007, 922). Die Benutzung im Betrieb vorhandener Kommunikationsmittel für Privatzwecke stellt auch keine im Privat- und Arbeitsleben sozialtypische Erscheinung dar, die der Arbeitgeber zu billigen hätte (so die wohl h.M. in der Rspr., vgl. etwa LAG Köln in BeckRS 2005, 41459; LAG RheinlandPfalz in NZA-RR 2005, 303; ArbG Frankf. a.M. in NZA 2002, 1093; kritisch hierzu ArbG Hannover in NZA-RR 2005 420). Der AG kann daher ein vertragsgemäßes Verhalten des AN verlangen und auch grundsätzlich ein entsprechendes Verbot im Rahmen des Weisungsrechts (§ 106 GewO) aussprechen, welches ohnehin nur die bestehende Rechtslage wiedergibt. Unabhängig davon könnte die private Internetnutzung auch deswegen unzulässig sein, weil Kosten für den AG entstehen. Dies ist allerdings regelmäßig wegen der Vereinbarung Verpflichtung des AG, private Internetnutzung während der Arbeitszeit zu ermöglichen, besteht jedenfalls nicht.

II.

10 Punkte

Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG

Bei einem Verbot der privaten Internetnutzung wäre ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG denkbar. Danach hat der Betriebsrat über Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Gegenstand der Mitbestimmung ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer, nicht aber die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer. Ebenso wenig unterliegt die Ausübung individualrechtlicher

10 Punkte

2. Einsendeaufgabe zum Kurs 55105 (Modul 6: Arbeitsvertragsrecht) Kurseinheit 3 und 4 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Verf.: Patrick Hoffmann

SS 2010

Befugnisse, wie z.B. eine Abmahnung, Versetzung oder Kündigung, der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 I Nr.1 BetrVG. Bei einem völligen Verbot der Internetnutzung durch den Arbeitgeber handelt es sich einerseits um die Konkretisierung der Arbeitspflicht und andererseits um die Ausübung individualrechtlicher Befugnisse. Der Betriebsrat hat folglich kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr.1 BetrVG. III.

Ergebnis

Der Arbeitgeber darf die private Internetnutzung mitbestimmungsfrei verbieten; eine freiwillige Betriebsvereinbarung ist diesbezüglich möglich (§ 88 BetrVG). Die gelegentliche und stichprobenartige Kontrolle dienstlicher Internetnutzung und E-Mails verstößt nicht gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers (§ 75 BetrVG) und auch nicht gegen § 28 BDSG.

5 Punkte...


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