Nicholas Carr „Is Google Making Us Stupid“ PDF

Title Nicholas Carr „Is Google Making Us Stupid“
Course Mediengeschichte Als Wissensgeschichte
Institution Leuphana Universität Lüneburg
Pages 6
File Size 99.9 KB
File Type PDF
Total Downloads 35
Total Views 144

Summary

Download Nicholas Carr „Is Google Making Us Stupid“ PDF


Description

2008 veröffentlichte der Journalist Nicholas Carr seinen Artikel „Is Google Making Us Stupid?“ Dies war der erste Versuch, in zugängliche Weise zu erklären, wie das Internet unser Gehirn und seine Fähigkeiten und Prozesse beeinflusst – Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Denken, Wahrnehmung von uns selbst und von der Welt um uns herum. Carrs Schlussfolgerungen waren alles andere als optimistisch. Einige positive Folgen gibt es trotzdem. Es stellte sich z. B. heraus, dass Teenager, die nur zehn Tage lang Computerspiele spielten, beeindruckende Fortschritte beim Wechsel zwischen Aufgaben und visuellen Objekten zeigten. Erfahrene Internetsurfer beherrschen auch die Fähigkeit, eine Webseite in sehr kurzer Zeit zu lesen und für sich selbst zu bestimmen, welchen Wert sie hat. Geschwindigkeit beim Internetsurfen hilft zumindest irgendwie mit dem unendlichen Fluss der Inhalte umzugehen. Nicht alle wissen jedoch, dass die Steigerung einiger Gehirnfunktionen die Schwächung anderer bedeutet. Eine Erhöhung der Wahrnehmungs- und Reaktionsgeschwindigkeit beeinflusst das Verständnis. In den von Carr zitierten Studien wurde darauf hingewiesen, dass ein aktiver User extrem anfällig für Ablenkungen ist, während das Verständnis von Informationen und die Fähigkeit, sich auf ein Objekt zu konzentrieren, drastisch verringert werden. Der römische Philosoph Seneca hat es vor 2000 Jahren am besten ausgedrückt: „Nirgends ist, wer überall ist“. Menschen, die einen mit Links übersäten Text lesen, verstehen laut den Studien viel weniger als diejenigen, die einen traditionellen „linearen“ Text lesen. Menschen, die sich anspruchsvolle multimediale Präsentationen anschauen, erinnern sich an Details am Ende weniger als diejenigen, die Informationen ruhiger und zielgerichteter

wahrnehmen. Menschen, die ständig von E-Mails, Benachrichtigungen und anderen Nachrichten abgelenkt werden, begreifen weniger als diejenigen, die sich konzentrieren können. Und Menschen, die versuchen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, sind weniger kreativ und weniger produktiv als diejenigen, die nur eine Aufgabe machen. Zu den wichtigsten Einflussfaktoren gehören laut Carr RSS-Feeds, Twitter, ständige Überprüfung von E-Mails. Die Hauptverursacher der beschriebenen negativen Entwicklung sind das Surfen im Internet und Hyperlinks. Seitdem hat aber die Technologie einen bemerkenswerten Sprung gemacht (im Gegensatz zu unserem Gehirn). Wir haben nun entwickelte, umfassende, ununterbrochene Informationsnetzwerke und mobiles Internet. Facebook ist im Leben von vielen Menschen präsent – mit den endlosen Inhalten von Freunden und Bekannten, Unternehmen und Marken, Medien und Prominenten. Das mobile Internet ermöglichte es, fast überall auf die Informationsquelle zurückzugreifen, und machte uns zur Zielscheibe für endlose Nachrichten, Push-Benachrichtigungen und Aktualisierungen – mit anderen Worten, für verschiedene Arten von Reizfaktoren. Natürlich versuchen wir, uns mit nützlichen und qualitativ hochwertigen Informationen zu umgeben. Für uns ist es wichtig, Nachrichten und Fotos von unseren Freunden und Verwandten zu sehen. Auf Wunsch können wir 24 Stunden am Tag Spaß haben oder etwas Neues lernen. Außerdem sind wir in fast jeder Situation bereit, auf eine wichtige Nachricht zu antworten. Aber haben wir uns jemals gefragt, wie sich diese Superverfügbarkeit und aufdringliche Informationsfülle auf unseren Lebensstil auswirken? Oder darauf, wie wir nun denken und neue Informationen unter dem Einfluss sozialer Netzwerke verarbeiten? Unser Gehirn versucht, Informationen sofort zu identifizieren. Auf diese Weise befriedigen wir unsere Wissensbedürfnisse. Das System von Hyperlinks, die in allen Internetquellen verfügbar sind, rechnet mit unserer Neugier. Aber beim Folgen verschiedener Links vergessen wir manchmal, was genau wir im Internet finden wollten. Diejenigen, die gerne im Internet surfen, kennen sich in vielen Bereichen gut aus, aber ihr Wissen ist normalerweise oberflächlich. Außerdem sind wir nicht immer in der Lage, Internetinhalte zu analysieren und zu kritisieren, falls wir an ihrer Korrektheit zweifeln – in vielen Fragen fehlt uns die Kompetenz. Es besteht also die Gefahr, dass wir nicht mehr schnell denken können. Mit der Zeit kann dies dazu führen, dass man zunehmend populären Webressourcen vertraut und das konsumiert, was sie anbieten. Das Informationssystem wird von der Anzahl der Anfragen bestimmt, daher kann alles Durchschnittliche – Massenfilme, -literatur, -journalismus – populärer werden. Obwohl der Informationsfluss in diesem Fall auch eine positive Seite haben kann: Wir können unseren kritischen Verstand üben, unseren Standpunkt

entwickeln und ihn vor den anderen verteidigen. Ein zusätzlicher Grund für unser Gehirn, noch plastischer zu werden. Alle Informationen, die wir begegnen, werden zuerst im Arbeitsspeicher verarbeitet. Wenn die Daten als wichtig angesehen werden, werden sie im Langzeitgedächtnis gespeichert, dessen Reserven nahezu unbegrenzt sind. Im Gegensatz zum Langzeitgedächtnis, dessen Reichtum die meiste Zeit unberührt bleibt, verwenden wir den Arbeitsspeicher ständig. Sein Volumen ist sehr begrenzt – es können nicht mehr als drei oder vier Informationseinheiten gleichzeitig gespeichert werden. Man soll sich nur vorstellen, wie viele solcher Einheiten der moderne Mensch pro Minute begegnet. Wir müssen einen riesigen Informationsfluss bewältigen und versuchen, mithilfe eines kleinen Arbeitsspeichers einen Sinn darin zu finden. Was wir beim Surfen im Internet opfern, ist unsere Fähigkeit zum ruhigen, achtsamen Denken, das die Grundlage für Kontemplation, Reflexion und Selbstbeobachtung ist. Das Internet lässt uns nie langsamer werden. Es hält uns in einem Zustand endloser geistiger Bewegung. Es ist wichtig (und alarmierend), kognitive Fähigkeiten bei der Nutzung des Internets z. B. mit frühen Informationstechnologien zu vergleichen, d. h. mit gewöhnlichen Büchern. Während das Internet unsere Aufmerksamkeit zerstreut, hilft das Buch im Gegenteil, sich zu konzentrieren. Im Gegensatz zum Bildschirm tragen Seiten zur Kontemplation bei. Das Lesen einer langen Abfolge von Seiten hilft uns, geistige Fähigkeiten zu entwickeln. Nicholas Carr hat sich auch in seinem Artikel darauf gestützt: Hektisches Surfen und galoppierende Bewegungen von einem Link zum anderen führen dazu, dass wir nicht mehr verstehen und uns nicht mehr merken, was wir lesen, sehen oder hören. Wichtige Informationen werden aus dem Arbeitsspeicher verdrängt und im Langzeitgedächtnis nicht gespeichert. Die Sache ist, dass sich die Situation wegen der sozialen Netzwerke nur noch verschlechtert. Solche sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram ziehen den User an – man verbraucht da unglaublich viel Zeit. Denküberlastung ist noch stärker als zuvor. Wenn wir den Arbeitsspeicher ständig mit neuen Informationseinheiten verstopfen, verlieren wir wirklich wichtige Daten. Eine übermäßige kognitive Belastung hindert uns daran, die erhaltenen Informationen in Wissen umzusetzen, und wir verlieren dann die Fähigkeit, starke Verbindungen zu unseren eigenen Erinnerungen herzustellen. Aber wir können einfach damit nicht aufhören, das Newsfeed durchzuschauen. Wir scrollen und scrollen, folgen den Links und kommen wieder zurück, um zu schauen, was Neues es noch gibt. Viele von uns schauen ständig nach neuen Nachrichten, Aktualisierungen, Ereignissen oder Informationen.

Und es ist nicht so einfach, damit aufzuhören. Ab und zu passiert das mit jedem, dass man in ein Zimmer geht und dann vergisst, was er/sie in diesem Zimmer machen wollte. So öffnet man manchmal Facebook nur für ein paar Minuten, um eine wichtige persönliche Nachricht zu lesen, und sich nach anderthalb Stunden am Lesen eines Artikels oder Beitrags findet. In einer solchen Situation passiert das Folgende: Die Freude an neuen Informationen oder der Aufmerksamkeit durch Likes oder Kommentaren tritt in den Vordergrund und verdrängt aus dem Arbeitsspeicher alle anderen Beschäftigungen, die vor einer Minute so wichtig erschienen. Wir vergessen, was für einen großen Aufwand uns diese Ablenkungen kosten, wenn wir unser eigenes Bewusstsein, die Fähigkeit, auf dem Laufenden zu bleiben und eine effektive Orientierung im Informationsfluss zu finden, loben. Der Wechsel von einer Aufgabe zur anderen erhöht unsere kognitive Belastung erheblich und verhindert, dass wir Informationen verstehen und uns merken. Jedes Mal, wenn wir uns so ablenken, zwingen wir unser Gehirn, sich auf eine neue Aufgabe umzustellen, und verschwenden gleichzeitig unsere mentalen Ressourcen. Indem wir uns immer verfügbar machen, Messenger auf Facebook nicht schließen, immer jede PushBenachrichtigung prüfen, verschlechtern wir unsere eigene Produktivität. Denn die Hauptfeinde des Arbeitsablaufs sind bereits seit langem bekannt und gehen in der Regel Hand in Hand – das sind verschiedene Ablenkungen und Multitasking, an die unser Gehirn einfach nicht angepasst ist. Außerdem indem wir uns voll und ganz der Macht neuer Informationsgewohnheiten hingeben, verlieren wir nicht nur die Möglichkeit produktiv zu arbeiten, sondern auch die Fähigkeit kreativ zu denken. 2008 wurde diese gefährliche Situation in einer Studie des Royal Institute of Technology in Stockholm erforscht. Es wurde darauf hingewiesen, dass moderne Theorien der Gehirnfunktion nicht nur einen aktiven, sondern auch einen passiven Zustand erfordern, was uns oft als Zeitverschwendung erscheint. Ruhephasen sind für den Gehirn notwendig, damit die erhaltenen Informationen sorgfältig verarbeitet werden können. Das Paradoxe ist, dass wir uns als Pause von der Arbeit oft für das Surfen in sozialen Netzwerken entscheiden – also, die Aktivitäten, für die kognitive Belastbarkeit nicht weniger ist, und die unsere zerstreute Aufmerksamkeit noch mehr zerstreuen. In unserer sich schnell bewegenden Welt haben wir Technologien, mit denen wir noch nicht ganz gut zurechtkommen können. Dies lässt uns über eine so genannte Informationshygiene nachdenken. Es gibt bereits einige Hinweise, wie man seinen Informationsverbrauch begrenzen kann, um nicht von einer Lawine von Nachrichten

niedergeschlagen zu werden. Die meisten sind ganz einfach und logisch: Man soll Pausen machen, Smartphone während der Arbeit oder Erholung am besten ausmachen, mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen, Kommunikation mit dem Internet nicht beschränken. Manchmal lohnt es sich doch, die Internetverbindung zu trennen und ein gutes Buch zu lesen!

Literaturverzeichnis Carr, Nicholas (2008). “Is Google making us stupid? What the Internet is doing to our brains”. The

Atlantic.

http://www.theatlantic.com/magazine/archive/2008/07/is-googlemaking-us-

stupid/6868 (30.06.2020)...


Similar Free PDFs