Clemens Brentano Der Spinnerin Nachtlied (1818) Interpretation PDF

Title Clemens Brentano Der Spinnerin Nachtlied (1818) Interpretation
Author Sarah Esten
Course Deutsch
Institution Gymnasium (Deutschland)
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Clemens Brentano: Der Spinnerin Nachtlied (1818) // INTERPRETATION Form und Inhalt: 

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Das Liebesgedicht „Der Spinnerin Nachtlied“, welches von Clemens Brentano verfasst und 1818 veröffentlicht wurde, thematisiert eine Spinnerin, die nachts bei Mondschein ihrer verflossenen Liebe nachtrauert. Somit gibt bereits der Titel dem explizitem lyrischen ich das weibliche Geschlecht. Bei erster Betrachtung lässt sich das Gedicht aus sechs Strophen mit jeweils vier Versen, welches, aus den zahlreichen Wiederholungen schließend, als Liedform aufgebaut ist, in drei Sinnabschnitte gliedern. So leiten Strophe eins und zwei mit Erinnerungen an eine vorgegangen Liebe ein, darauffolgend bieten Strophe drei bis fünf einen Rückblick auf diese vergangene Liebesbeziehung, wobei Strophe sechs mit dem tragischen Ende dieser gescheiterten Liebe abschließt. In Bezug darauf gibt das Sprachtempus des Präteritums in Strophe 1, 3, Vers 20 die Leidenschaft der Vergangenheit wieder, welche durch die Verwendung des Präsens in Strophe 2, 4, 5, 6 als Ausdruck der verzweifelten Sehnsucht in die Gegenwart der vorherrschenden Einsamkeit übertragen wird. Auch die Vokaldominanzen heben den ständigen Wechsel der Stimmung hervor, so wird die vergangene Liebe in den Strophen eins, drei und fünf mit der vorherrschenden a- Assonanz, wie beispielsweise „Es sang vor langen Jahren“ (Vers 1) mit positive Assoziationen verknüpft, während die jetzige Sachlage mit den dunklen o- Assonanzen in Strophe vier und sechs wie z.B. „So oft der Mond mag scheinen“ (Vers 13) als negativ und bedrückend dargestellt wird. Die Wechsel der Zeitformen zeigen die emotionale Verbundenheit an die Vergangenheit und deren Auswirkungen auf das Hier und Jetzt, welches maßgeblich durch die damaligen Gefühle bestimmt wird. Die durch den Rückblick entstehende zunehmende Zerrissenheit wird auch durch die Abnahme der vorhandenen Enjambements, welche zu Beginn noch präsent sind (Vers 1,5,6,7,9), verdeutlicht. Mit Hinblick auf das Metrum lässt sich ein drei- hebiger Jambus bestimmen, welcher in Verbindung mit der auf den ersten Blick scheinenden Nachtruhe und dem unaufhörlichen Sehnen des lyrischen Ichs steht. Der verwendete Kreuzreim verstärkt neben diesen Aspekten zudem die aufkommende Monotonität des Leserhytmus, welche die Einsamkeit des lyrischen Ichs hervorhebt, welches in dem alltäglichen Kreislauf der unerfüllten Liebe gefangen zu sein scheint. Auch die Kadenzen, welche einen regelmäßigen Wechsel zwischen männlich und weiblich verkennzeichnen (je Strophe w, m, m, w), lassen auf die emotionale Abhängigkeit des lyrischen Ichs zu ihrem Geliebten schließen. Hinzufügend heben die Ellipsen (Vers 7, 17) und die Inversion (Vers 8) die innere Zerissen- und Zerstreutheit des lyrischen Ichs hervor.

Verfasst von Nina, Rilana, Sarah E.

Interpretation: 



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Zu Beginn wird durch das Symbol der „Nachtigall“ (Vers 2), welches sich als Leitmotiv durch das ganze Gedicht zieht und für Sehnsucht und Leidenschaft steht, die „vor langen Jahren“ (Vers 1) in der Vergangenheit liegende Beziehung des lyrischen Ichs aufgegriffen. Durch die Alliteration „war wohl“ (Vers 3), sowie die Personifikation des Schalls (vgl. Vers 3) und die gleichzeitig damit verbundene Synästhesie, also die Konnektion des Geruchs- und Hörsinns, wird folglich die Liebe, welche in ihrer Vollkommenheit alle Sinne anspricht, weiter charakterisiert. Das „Lied der Liebe“, welches die Nachtigall zu singen pflegt, wird in Vers 10 durch die Personifikation „da sang die Nachtigall“ zum Ausdruck gebracht. Das dieses Lied der längst verklungenen Liebe jedoch der Vergangenheit angehört und nur noch in den Gedanken des lyrischen Ichs weiterhin besteht, wird durch die Aussage „Nun mahnet mir der Schall“ verdeutlicht, welcher gleichzeitig die Erinnerung an das Verlassen- werden (vgl. Vers 12) hervorruft Die gedankliche Reflektion wird durch die Anaphern „Da war“ (Vers 3,4), „Da“(Vers 9,10) verstärkt. Mit Zuwendung zur Gegenwart hebt der Parallelismus „und kann nicht weinen“ (vers 1) in Kombination mit „und spinne so allein“ (Vers 2) die mit der Erinnerung aufkommende, immer größer werdende Sehnsucht und Verzweiflung hervor. Zusammen mit der Ellipse in Vers 7, welche die Zerissen- und Zerstreutheit des lyrischen Ichs nochmals hervorhebt, steht die Metapher „Faden“, der „klar und rein“ (Vers 7) ist, „Solange der Mond wird scheinen“ (Vers 8) zum einen dafür, dass sich nachts alles Rationale beginnt aufzulösen und ihre unterdrückten Sehnsüchte aus den Tiefen des Unterbewusstseins an die Oberfläche komme können. Der „Faden“ repräsentiert dabei den Faden ihres Lebens, der zusammen mit ihrem Herzen (vgl. Vers 15), also ihrer gesamten Gefühlswelt, ´nur dann „klar und rein“, also perfekt und vollkommen ist, wenn sie mit ihrem Geliebten für die Ewigkeit vereint ist, welcher alleine in der Lage ist, sie von ihrer Verzweiflung zu erlösen. Die Repetition „Gott wolle uns vereinen“ (Vers 16, 21) hebt den Wunsch nach einer erneuten Vereinigung mit dem Geliebten abermals hervor, sie sieht die Beziehung als „von oben gewollt“ und ihr Schicksaal an, welches ihr zu Unrecht geraubt wurde. Der Parallelismus zu Vers 12 „Seit du von mir gefahren“ (Vers 17) deutet wie bereits erläutert darauf hin, dass das lyrische Ich verlassen und alleine zurückgelassen worden ist. Mit erneuter Bezugnahme auf das Singen der Nachtigall, was nicht nur in der Vergangenheit wie in Strophe 2, sondern auch in der Gegenwart zu hören ist, wird die Besessenheit des lyrischen Ichs von der vermeintlich perfekten Liebe dargestellt, an die sie trotz Enttäuschung glaubt und festhält. Das Paradoxon „Ich sing und möchte weinen!“ zeigt zum einen auf, dass die Vergangenheit das lyrische Ich mit Glück erfüllt und sie in Gedanken in einer Traumwelt der vollkommenen Liebe lebt, sich auf der anderen Seite aber der Realität

Verfasst von Nina, Rilana, Sarah E.





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bewusst ist, die sie spätestens am Tag, obwohl sie die ganze Nacht ihren unerfüllten Sehnsüchten nachgetrauert hat, einholt und von Verzweiflung bestimmt ist. Folglich wird dem Verb „singen“ eine zweideutige Bedeutung verliehen, denn während das Singen der Nachtigall sowohl positive als auch negative Assoziationen bezüglich der Liebe, aber auch dem Verlustschmerz hervorruft, zeigt der Scheinwiderspruch, dass das lyrisch Ich durch das Singen ihre Gefühle zu verarbeiten versucht. Somit wird aus dem „kann nicht weinen“ (Vers 5) „möchte weinen!“ (Vers 20)

Durch die klassischen Symbole Nachtigall, Mond und Herz, sowie deren Bezug zur Natur lässt sich das Gedicht eindeutig in die Literaturepoche der Romantik einordnen. Weiterhin liegt der Mittelpunkt eindeutig auf der Gefühlsebene und Emotionen wie Liebe, Sehnsucht und Verlangen, das Wenden an die transzendente Macht Gottes stellt einen starken Kontrast zu rationalem Denken dar und zeigt neben der Blindheit und Naivität des lyrischen Ichs die klassischen Leitbilder der Romantik auf.

Beurteilung 





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Zusammenfassend macht das regelmäßige Reimschema und Metrum es für den Leser einfach, sich in die Gefühlswelt und die aktuelle Sachlage des lyrischen Ichs hineinzuversetzen. Geläufige Symbole wie „Herz“ oder Verben wie „weinen“ berühren den Rezipienten auch auf emotionaler Ebene und vermitteln eine Stimmung der Melancholie und unerfüllten Sehnsucht, die sich durch das ganze Gedicht zieht. Das beschriebene Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart führt zu der Kernaussage, dass das Festhalten an der Vergangenheit und den damaligen Gefühlen zu einer bloßen, nicht mehr greifbaren Illusion von der vermeintlich perfekten Liebe und dem vollkommenen Schicksaal führen. Dies kann als Moral aufgefasst werden, Vergangenes hinter sich zu lassen, um zu einer emotionalen Weiterentwicklung kommen zu können. Im Bezug darauf kann auch der Gesichtspunkt der ironischen Romantik in den Kontext miteingebracht werden, nachdem die Sehnsucht nach einer idealisierten Liebe nur zur Verzweiflung führen kann. Statt des komplett reinen Lebensverlaufs sollte ein gesundes Gleichgewicht sowohl auf emotionaler, aber auch irdischer Basis angestrebt werden.

Verfasst von Nina, Rilana, Sarah E....


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