Friedrich Dürrenmatt - Der Verdacht PDF

Title Friedrich Dürrenmatt - Der Verdacht
Course Staatsexamenskolloquium Deutsch NDL
Institution Universität Konstanz
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Summary

Zusammenfassung Vorbereitung Staatsexamen Lehramt Deutsch
Schwerpunkt: Literatur nach 1850
Wintersemester 20/21...


Description

Friedrich Dürrenmatt - Der Verdacht Zeitgeschichtlicher Hintergrund 







Als der Roman erscheint, sind erst 8 Jahre seit dem Ende des 2. Weltkrieges vergangen o Man hat sich gerade im Frieden eingerichtet und ist dabei, die Zeit des Nationalsozialismus zu vergessen/verdrängen Schon stehen die Menschen wieder an der Schwelle zu einem nächsten, noch größeren und dann wahrscheinlich auch letzten Krieg, denn die einstige Anti-HitlerKoalition ist längst zerfallen o Die USA und die Sowjetunion stehen sich im Kalten Krieg in Europa am Eisernen Vorhang hochgerüstet gegenüber o Mitte der 50er beläuft sich das Arsenal an Atomwaffen auf rund 50000 Stück o Die Menschheit ist längst in der Lage, sich selbst und alles Leben auf der Welt auszulöschen o Die Blockade Berlins (1948/49) und der Koreakrieg (1950-1953) sind deutliche Zeichen der Blockkonfrontation, deren Symbol die Mauer in Berlin werden sollte (13. August 1961) In Deutschland ist man im Jahre 1953 dabei, die letzten Trümmer des Krieges wegzuräumen o Das Wirtschaftswunder der sozialen Marktwirtschaft setzt ein und die Westintegration der BRD hat begonnen o Politisch ist das Klima durch die Konservativen Regierungen aus CDU und CSU bestimmt  Konrad Adenauer  Wahlslogan: Keine Experimente! o Die Menschen sehen optimistisch in die Zukunft  Die Einkommen lassen ersten bescheidenen Wohlstand zu, man sieht vermehrt Autos auf den Strafen  Die ersten weiteren Reisen werden geplant; ein Land vieler Träume sich die USA; das Land der unbegrenzten Möglichkeiten Die Schweiz, vom Krieg und seinen Folgen nur wenig berührt, vollzieht die Entwicklung rascher als etwa Deutschland

Aufbau 

D benutzt die Konzeption von Edgar Marsch, die dieser im Anschluss an Ernst Bloc entwickelte o Indem Marsch zwei von Block formulierte Kennzeichen von Detektivgeschichten übernimmt, setzt er drei konstituierende Elemente an:  1. Die Vorgeschichte  2. Der Fall  3. Die Detektion







Geht man davon aus, dass es sich im Idealfall einer Erzählung jeweils einpolig nur um einen Fall, eine Vorgeschichte und einen Lösungsprozess handelt, so lassen sich vier mögliche Bauformen konstruieren: o Wir finden diese vier Möglichkeiten in Ds Roman wieder  Vorgeschichte, Fabel und Detektion rücken immer mehr in den Erzählfluss, bis sie gleichsam von selber logisch auflösen o Erste Bauform:  1. Emmenberger als Lagerarzt  2. Ein Lagerarzt führ Operationen ohne Narkose durch  3. Gespräch Bärlachs mit Hungertobel o Zweite Bauform:  1. Emmenberger als Lagerarzt  2. Verdachtsmomente gegen Emmenberger verdichten sich  3. Lektüre Bärlachs von Fachzeitschriften und Zeitungen, Gespräche mit Dr. Lutz o Dritte Bauform:  1. Emmenberger als Lagerarzt  2. Bärlach erfährt, dass Nehle tot ist. Also muss es sich bei dem Lagerarzt um Emmenberger handeln  3. Klärung von Nehles Tod o Vierte Bauform:  1. Emmenberger als Leiter der Klinik Sonnenstein  2. Emmenberger will Bärlach umbringen  3. Bärlach enttarnt Emmenberger als ehemaligen KZ-Arzt. Emmenbergers Tod. Das detektorische Grundprinzip reizt D o Die Beweisaufnahme durch Indizien scheint ihm wichtiger als das schließlich erfolgende Geständnis Für Ernst Block hängt das Aufkommen der Detektivfigur mit der Ausbreitung des Indizienverfahrens zusammen, das durch die Aufklärung des 18. Jh. die oft erzwungenen Geständnisse ablöste

Erzählstruktur und Spannungsbogen 



Drei Gespräche als Strukturelemente o Bärlach – Gulliver o Bärlach – Dr. Emmenberger o Bärlach – Dr. Marlok o In diesen Gesprächen geht es um die Themenbereiche Vergangenheit, Moral, Recht, Glauben und Macht, politische und philosophische Fragestellungen Eingebettet sind diese Gespräche in einen Handlungs- und Spannungsaufbau, der dem Schema der Gattung „Krimi“ entspricht o Kapitel 1-3: Expositorische Funktion  bauen den Spannungsbogen auf

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 führen den Verdächtigen ein  leiten den Beginn der Arbeit Bärlachs ein Kapitel 4: retrospektivisches Kapitel  verstärkt den Verdacht  vermittelt Infos über den Werdegang Emmenbergers Kapitel 5: retrospektivisches Kapitel  präsentiert eine weitere Figur des Romans, Gulliver  führt über dessen Erinnerungen in die Thematik des Nationalsozialismus ein Kapitel 6:  Bärlach stellt, ganz im Stile einer kriminalistischen Deduktion, Hypothesen auf, die den Verdacht als schlüssig erscheinen lassen und münden in den Entschluss Bärlachs Kapitel 7:  Schnittstellte zum zweiten Hauptteil des Romans  ist mit einem Ortwechsel verbunden Kapitel 1 und 2:  Bärlachs Ankunft in der Klinik  Selbstzweifel des Kommissars  Exposition und Spannungssteigerung durch die wachsende Verunsicherung Bärlachs Kapitel 3:  Spannungsbogen steigt  Treffen zwischen Bärlach, Emmenberger und Marlok Kapitel 4:  Feststellung Bärlachs, dass er Emmenberger ausgeliefert ist  retrospektivische Elemente: Biografie Dr. Marloks Kapitel 7-9:  allgemeine Spannungssteigerung, weil sie Bärlachs hilflose Situation verdeutlichen  Am Ende: direkte Auseinandersetzung mit Emmenberger Kapitel 10:  Androhung von Bärlachs Tod Kapitel 11: finale Spannung  löst sich auf, mit der überraschenden Wendung

Ort und Zeit 

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nur zwei Handlungsorte: o Berliner Spital Salem o Klinik Sonnenstein In den retrospektivischen Passagen werden dann aber weitere Handlungsorte in den Roman geholt Verbunden sind die zwei Handlungsorte durch Bärlachs Fahrt von Bern nach Zürich









o Es ist auch eine Reise in die Abgründe der menschlichen Existenz und in das Innere Bärlachs, denn es werden seine Ängste, Zweifel und Selbstzweifel deutlich Die Handlungsorte selbst haben schon eine symbolische Funktion o Denn die Welt ist in ihnen als eine Welt der Krankheit erfasst, wobei Bärlachs Aktionsradius sogar letztlich auf das Krankenbett reduziert ist o Im zweiten Teil wird das Krankenhaus sogar zum Gefängnis und zur Todesstation Die Kernhandlung umfasst die (erzählte) Zeit die Tage vom 27.12.1948-06.01.49 o in den retrospektivischen Passagen geht der Roman bis ins Jahr 1908 zurück o Über die Retrospektiven werden die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, die Zeit der stalinistischen Herrschaft in der (damaligen) Sowjetunion sowie die Aspekte der Nachkriegszeit in der Schweiz in den Roman geholt Zwischen den einzelnen Kapiteln liegen kleinere und größere (Zeitraffungen) Zeitsprünge o Die Kapitel „Die Uhr“ und „Ein Kinderlied“ weisen eine Besonderheit auf o Hier wird das Verrinnen der Zeit als Mittel der Spannungssteigerung eingesetzt o Das geht einher mit der wachsenden inneren Spannung Bärlachs Neben der Bedrohung durch Emmenberger gibt es aber noch eine weitere Dimension der Zeit in Bärlachs Leben o Bärlach hat nur noch ein Jahr zu leben -> Zeitdruck bei der Bearbeitung des Falls Emmenbergers o Bärlach will den Fall abschließen, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, aber er wird auf dem Weg von Bern nach Zürich von Müdigkeit und Resignation erfasst und fragt sich nach der Sinnhaftigkeit seines Handelns o Bärlach erkennt, dass das Leben eines Einzelnen und auch den Tod eines Einzelnen keinen Einfluss auf den stillen Lauf der Planeten hat o Im Zusammenhang mit der Zeit wird die Frage nach der Bedeutung der Existenz des Menschen überhaupt aufgeworfen

Motive und Symbole 







D greift im Zusammenhang mit der Ermordung des Schriftstellers Fortschig ein zentrales Motiv des Krimi-Genres auf: das „locked-room“-Motiv, also den Mord in einem von innen verschlossenen Raum Die Lösung eines „locked-room-Rätsels“ ist eine typische Denksportaufgabe für den klassischen Detektiv, weil es kraft des Verstandes etwas zu erklären gilt, was als unmöglich erscheint D knüpft mit diesem Element an die Erzählung „Der Doppelmord in der Rue Morgue“ von Edgar Allen Poe an (1841) o Bei Poe ist ein Affe der Täter Noch in einem weiteren Punkt knüpft D an die Erzählung von Poe an







o Poes Detektiv Dupin ist der begleitende Ich-Erzähler an die Seite stellt, der der Erzählung zunächst eine Abhandlung über die Fähigkeit des Detektivs zur „ratiocination“ voranstellt  Diese Fähigkeit besteht darin, durch die Kraft der Kombination, durch analytisches Vorgehen und Deduktion eine zwingende Auflösung des Rätsels zu finden  Der Weg der Lösung besteht also darin, zunächst eine Hypothese aufzustellen und sie durch detektivische Arbeit zu verifizieren o Auf diese Weise verfährt Bärlach auch in „Der Verdacht“ In Ds Roman finden wir aber auch literarische Elemente, die das Genre überschreiten o Die Figuren Gulliver und der Zwerg als Elemente des Schauerromans, des Märchens, des Phantastischen und Grotesken  Bezug auf Jonathans Swifts Roman „Gullivers Reisen“ Zwei Bilder: o Bei Bärlachs Einlieferung in „Sonnenstein“ hängt das Bild „Die Anatomie des Dr. Tulp“, das Rembrandt (1606-1669) im Auftrag der Amsterdamer Chirurgengilde geschaffen hat  Das Bild zeigt eine Gruppe von Medizinern, die ihrem Kollegen Prof. Tulp (1593-1674) bei einer Sektion zuschauen o Dieses Bild lässt Bärlach durch Dürers Kupferstich „Ritter, Tod und Teufel“ (1513) ersetzen  Grafik als eigenständige Gattung etabliert dadurch  Der Ritter kann den Teufel überwinden, aber nicht den Tod, auch wenn er an ihm vorbeireitet, denn sein irdisches Leben ist der Zeit unterworfen  Der Kupferstich verbildlicht, dass der Tod für Bärlach von nun an präsent ist  Bärlach hat sich über- und Emmenberger unterschätzt  Er wird zu einem „traurigen Ritter ohne Furcht und Tadel“ Das Motiv des Essen o Das kommunikative Moment des Essens: So kommen die Figuren ins Gespräch miteinander und so kann Dialog und Handlung vorangetrieben werden o Aber: D wendet die kommunikative Situation des Essens oft ins Bedrohliche und Gespenstische  „Henkersmahlzeit“  Auch Verbindung zu „Die Panne“

Figuren 

Hans Bärlach o Einzelgänger o war rund 40 Jahre im Polizeidienst, auch im türkischen



o wohnt im Stadtteil Altenberg und lässt sein Haus unverschlossen o lehnt die neuen wissenschaftlichen Methoden der Polizei ab  verlässt sich auf seinen Instinkt anstatt auf wissenschaftliche Polizeimethoden o Das Unrecht dieser Welt hat er in sich hineingefressen  Er hat Magenkrebs o Er ist überzeugt, dass man den Kampf gegen das Böse nicht aufgeben darf o Mit seinem Entschluss, in die Klinik Sonnenstein zu gehen, verlässt Bärlach den Bezirk rationalen Handelns, den er im 1. Zeil des Romans durch die Aufstellung seiner Hypothese unter Beweis gestellt hat o Er ist ein Moralist, der den Einsatz seines Lebens nicht scheut, aber auch selbst unmoralisch handelt, um der Moral Geltung zu verschaffen o Er wird von Gulliver als Narr bezeichnet, den die Zeit ad absurdum geführt hat und der einsehen muss, dass die Welt nicht von Einzelnen gerettet werden könne o Verbindung zu Romulus:  Romulus erkennt im Gespräch mit Odoaker an, dass er sich das Recht genommen hat, Roms Richter zu sein  Bärlach muss sich eingestehen, dass er durch die Wette mit Gastmann Schuld auf sich geladen hat, die er durch eine erneute Schuld in der Gegenwart (auch er macht sich zum Richter) zu tilgen sucht o Verbindung zu Ill:  Ill wird ebenfalls von der Vergangenheit, in der er Schuld auf sich geladen hat, eingeholt o Verbindung zu Möbius:  Möbius sieht durch die Ergebnisse seiner Forschungen die Existenz der gesamten Menschheit gefährdet  Um ein schreckliches Morden zu verhindern, ist er zum Mörder und somit schuldig geworden o -> Alle vier Figuren ziehen individuelle Konsequenzen aus ihren Einsichten und Schuldanerkenntnissen  Durch ihre individuelle Tat wird die Welt als Ganzes aber nicht gerettet  Besonders Möbius trägt durch seinen Entschluss dazu bei, dass die schlimmstmögliche Wendung ein Dr. Emmenberger o Gegenspieler von Bärlach o im gleichen Alter wie Bärlach o Im August 1945 beginnt er unter seinem richtigen Namen seine Karriere als Modearzt  nur reiche Patienten  er operiert seine Patienten ohne Narkose

er erkauft die Zustimmung seiner Patienten zu dieser Folter durch die Hoffnung zu überleben o Hinter Emmenberger ist wohl der SS-Arzt Dr. Eisele zu sehen, der von 1940-42 im KZ Buchenwald tätig war o Als Bärlach Emmenberger begegnet, steht ihm eine hagere, leicht gebückte Gestalt gegenüber  Aber hinter dieser Erscheinung verbirgt sich ein sadistische Folterer, eine Personifizierung des Bösen und Teuflischen o Bärlach bezeichnet ihn als Nihilisten  Er selbst hält die Materie für heilig, lehnt den Humanismus ab und definiert die Freiheit als den Mut zum Verbrechen, weil sie selbst (die Freiheit) ein Verbrechen ist  In Mord und Folter spiegeln sich sein Triumph und seine Freiheit o Emmenberger, Bärlach und Gastmann können als Teil einer Versuchsanordnung gesehen werden  Der Schriftsteller sieht Gastmann ebenfalls als Nihilisten, dessen Nihilismus darin bestehe, das Gute und das Böse aus einer Laune heraus zu tun  Zu dem Nihilisten Gastmann konstruiert der Schriftstellen ein Spiegelbild, das einen Menschen zeigt, der ein Verbrecher wäre, weil das Böse seine Moral darstellt, das er ebenso fantastisch täte wie ein anderer aus Einsicht das Gute  Geht man von diesem Konstrukt aus, so erscheint Gastmann als Mensch, der frei ist von allen Bindungen – was er tut, ob gut oder schlecht, folgt seinen Launen  Sein erstes Gegenbild ist dann Emmenberger, der fanatisch das Böse tut  Ihnen gegenübergestellt ist Bärlach, der fanatisch das Gute tut Gulliver o holländischer Jude Max Nebig, einer der wenigen Menschen, die Eiseles Versuche überlebt haben o Wenn Gulliver sich selbst als „Ahasver“ bezeichnet, spielt er damit auf die Legende vom Ewigen Juden an, der, nach einem Volksbuch aus dem Jahre 1602, bis zum Jüngsten Gericht die Welt durchwandern muss, weil er Jesus auf dem Kreuzweg keine Rast gestattet und ihn verspottet hat o riesig -> imposante Erscheinung  aber auch entstellt und voller Narben o Über die Gulliver-Figur holt D die Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten der nationalsozialistischen KZs in den Roman o Bärlach ist auf seine Hilfe angewiesen o Gulliver wird Richter und Henker zugleich  er richtet nach den alttestamentarischen Gesetzen Moses 













o Er hat erkannt, dass ein Einzelner nicht die Welt retten kann, aber durchaus im Einzelnen helfen kann, so wie er – einem Deus ex Machina gleich – auch Bärlach in größter Not geholfen hat Dr. Marlok o als überzeugte Kommunistin hat sie in Dt. gegen Elend und Ausbeutung gekämpft  Als Hitler an die Macht kommt, flüchtet sie in die Sowjetunion, gerät dort aber in die Mühlen des stalinistischen Systems, wird interniert und schließlich, nach dem Hitler-Stalin-Pakt, wie viele andere in die Sowjetunion geflüchtete Kommunisten auch an die Nazis ausgeliefert o Im KZ Stutthof begegnet sie Emmenberger  sie wird zu seiner Geliebten, um sich so das Leben zu retten  Vom Opfer wird sie zur Mittäterin  Aufgrund ihrer politischen Erfahrungen desillusioniert und vom Morphium zerstört, wird sie zur Zynikerin, die für Bärlachs Humanismus und Glauben an die Gerechtigkeit nur Spott übrighat o Durch Marlok bezieht D die Darstellung des sowjetischen Systems zur Zeit Stalins ein Der Zwerg o ist auch mit dem KZ Stutthof verbunden o bereits im KZ zum Werkzeug Emmenbergers geworden, weil er sein Leben verschont hat o Der Zwerg ist Täter und Opfer zugleich o Mit Gulliver verbindet ihn eine Freundschaft Kläri Glauber o Sprechender Name: ist einem religiösen Wahn verfallen o Emmenberger gibt vor, durch die Lektüre ihrer Schrift bekehrt worden zu sein o Nun glaubt sie, er töte aus Liebe, weil der Mensch im Geheimen nach seinem Tod verlange o ist mit teilweise grotesk ausgestattet  Sie gerät zur Parodie auf den Beruf der Krankenschwester Fortschig o groteske Züge o greift die Schriftstellerfigur in DRUSH auf, aber wendet sie ins TragischIronische o Er sieht sich als Dichter und verkanntes Genie, übt teilweise verquere Kritik an seiner Schweizer Heimat o Bärlach benutzt ihn als Werkzeug für seinen Angriff auf Emmenberger o Weil Bärlach Emmenberger unterschätzt, trägt er einen Teil der Verantwortung für Fortschigs Tod Dr. Hungertobel o Namensbestandteile: Hunger/Tobel = Schweizer Schokoladenmarke

Stil und Sprache     





Häufig Hypotaxen einfache, verständliche Sprache, aber nicht flach oder klischeehaft In einigen Passagen, z.B. der Monolog Dr. Marloks, wird die Sprache nahezu lyrisch und sehr bildhaft Auch der Sprache des Erzählers ist dieser bildhafte Ton zu eigen Stärker als im DRUSH kommen Elemente der Berner Mundart zum Tragen o Die Mundart Berns spielt insofern eine größere Rolle, als mit ihr ein Teilelement der Detektion verbunden ist Wie in DRUSH spielt die Wetter- und Lichtmetaphorik eine große Rolle o Als Bärlach Bern verlässt, erreicht er beim Hereinbrechen der Nacht die Stadt Zürich  Eine bedrohliche Kulisse baut sich auf: alles ist dunkel, nass, kalt  -> Diese Wetter- und Lichtverhältnisse gehen einher mit Bärlachs Resignation und Verzweiflung Doppeldeutigkeiten von Sprache o Dies trifft v.a. auf das Kapitel „Das Verhör“ zu, in dem sich Bärlach und Emmenberger sozusagen sprachlich belauern o Dadurch wird ein Spannungsmoment aufgebaut

Interpretationsansätze 



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Die moderne Kriminalgeschichte konnte sich in der Folge der Epoche der Aufklärung und damit der Ersetzung der Folter als Mittel zur Erpressung von Geständnissen durch das Cardringen wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden, Sammlung von Indizien und Deduktion konstituieren Der Detektiv tritt auf den Plan, der sich der Wissenschaft bedient, aber auch mit der Fähigkeit der „ratiocination“ ausgestattet ist, einer nahezu ans Übernatürliche grenzende Fähigkeit zur Analyse o Der Urvater dieser Detektive ist Poes Detektiv Dupin o Ihr bekanntester Repräsentant ist Sherlock Holmes Der Detektiv löst en Rätsel, überführt den Täter und stellt somit nicht nur seine Fähigkeit zu Analyse unter Beweis, sondern auch die Rechtsordnung wieder her Bärlach passt mit seinen Eigenheiten, seiner Lebensweise, seiner Einsamkeit, seiner Fähigkeit durchaus in das Schema des Detektivs o Und es passt auch in das Schema, dass der Ausgangspunkt des Romans ein Verdacht ist Eine Besonderheit von Ds Roman besteht schon darin, dass der Detektiv krank ist, die Untersuchung vom Krankenbetthaus aus einleitet und sein Aktionsradius eingeschränkt ist o in der entscheidenden Konfrontation mit dem Mörder ist Bärlach ihm ausgeliefert



o er wird nur gerettet, weil ihm Gulliver als Deus ex Machina zur richtigen Zeit hilft o im Grunde wird auch die Rechtsordnung nicht wiederhergestellt  Emmenberger wird nicht der Justiz ausgeliefert, sondern Gulliver rächt sich an ihm o der Kommissar verlässt zwar lebend, aber gescheitert das Krankenhaus o Der eingeschränkte Aktionsradius hat eine Handlungsarmut zur Folge, v.a. im zweiten Teil  Auf der anderen Seite stehen lange Monolog- und Dialogpassagen, die dem Roman etwas „Kammerspielhaftes“ verleihen  Diese Passagen dienen dazu, gesellschaftliche, politische und historische Themen in den Kriminalroman zu holen  Erstes Thema: Nationalsozialismus, KZ  Zweites Thema: Sowjetunion zur Zeit Stalins, Zusammenspiel mit Hitler-Deutschland  Drittes Thema: Rolle der „neutralen“ Schweiz zur Zeit des Nationalsozialismus und die Problematik der offenen und verdeckten Zusammenarbeit der Schweiz mit dem NS-Regime, wobei im Vordergrund die Frage steht, wie die Schweiz mir ihrer eigenen Geschichte umgeht und wie sie es zulassen kann, dass ein Nazi-Arzt als erfolgreicher Mediziner praktizieren kann  D greift mit der Behandlung dieser Thematik einer innerschweizerischen Thematik weit vor, die in der 90er Jahren zur Einsetzung einer Expertenkommission führte Noch eine tiefergehende grundsätzliche Fragestellung: Was ist der Mensch? o Die Figuren des Romans sind in unterschiedliche Konfliktfelder gestellt, die durc...


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