Friedrich Dürrenmatt - Der Richter und sein Henker PDF

Title Friedrich Dürrenmatt - Der Richter und sein Henker
Course Staatsexamenskolloquium Deutsch NDL
Institution Universität Konstanz
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Summary

Zusammenfassung Vorbereitung Staatsexamen Lehramt Deutsch
Schwerpunkt: Literatur nach 1850
Wintersemester 20/21...


Description

Friedrich Dürrenmatt - Der Richter und sein Henker Grundlegendes 

   



1950/51 o vom 15. Dezember 1950 bis zum 31. März 1951 in acht Folgen in der Wochenzeitschrift „Der Schweizerische Beobachter“ erschienen Handlungszeitraum: 1948 Handlungsort: Schweiz Das Werk versteht sich als Denkspiel und exerziert die Frage nach der Gerechtigkeit und deren möglicher Realisierung durch Bewusst liefert D ein Gegenmodell zum gängigen Kriminalschema o In diesem stellt der Detektiv die verletzte Rechtordnung wieder her: Er setzt eine heile Welt voraus und kämpft für sie o Mit der Figur des Kommissars Bärlach wird es eine sozialkritische Erzählung Die Darstellung zeigt die Fragwürdigkeit einer rechtswidrig hergestellten Gerechtigkeit und entlarvt außerdem die Polizei als einen korrupten Apparat, der mit kriminellen Methoden arbeitet o Die Durchführung der Intrige wird pointiert geschildet  Wie in einem Schachspiel nähert sich Bärlach Zug um Zug seinem Ziel o Die Figuren sind eher abstrakte Typen als individuelle Charaktere o Der Roman präsentiert sie eher wie eine Versuchsanordnung, in der Bärlach sich bemüht, den Täter Gastmann mit dessen eigenen Mitteln zu schlagen  Das gelingt am Ende, aber wenn Bärlach Gastmann zur Streckte gebracht hat, dann hat er damit nicht seine Zufallsthese bestätigt  Denn Gastmanns Bestrafung ist eher ein Beleg für ein kühl ausgeklügeltes Vorgehen, das nichts dem Zufall überlässt  Insofern lässt sich der Zufall eben doch ausschalten

Personen 

Hans Bärlach o bereits über 60 o Lebt sich 15 Jahren wieder in seiner Heimatstadt Bern  Zu dieser hat er ein zwiespältiges Verhältnis  Seine Rückkehr war nicht aus Liebe, sondern aufgrund der Affäre in Frankfurt geschuldet und in Bezug auf seine Karriere ein Rückschritt  Gleichfalls liebt er den Fluss an seinen Haus, der ihn beruhigt o Als junger Kriminalbeamter hat er zuvor in Konstantinopel und Deutschland Karriere gemacht, sogar als Chef der Frankfurter Kriminalpolizei o unabhängig, ohne Angst vor Autoritäten oder den Konsequenzen seiner politisch nicht „korrekten“ Auffassungen o Er ist Individualist, sogar bereit, eine hoffnungsvolle Karriere aufs Spiel zu setzen

o Sein Individualismus und Einzelgängertum ziehen sich auch durch sein privates Leben  Er ist unverheiratet; von einer vergangenen oder gegenwärtigen Beziehung ist nie die Rede  Seine einzigen Freunde scheinen das Essen, Trinken und Rauchen zu sein  Diese stehen im starken Kontrast zu seinen gesundheitlichen Problemen (Magenkrebs) o Seine prägenden Charaktermerkmale spiegeln sich auch in seinem Verhalten als Kriminalist, das ungewöhnlich und fragwürdig erscheint  Er lässt Clenins dilettantisches Verhalten beim Auffinden des Mordopfers durchgehen, obwohl dadurch alle Spuren verwischt worden sind  Er schaut sich weder die Leiche an noch hat er sich anhand der Protokolle die bisherigen Ergebnisse angesehen  Von den neusten kriminalistischen Methoden hält er nichts  Anschein der Rückständigkeit  Er zeigt Lutz gegenüber keinen Respekt  Im Gegenteil: Es macht ihm Spaß, diesen zu provozieren  Er ignoriert die Anordnungen seines Chefs, weil er sowieso seine eigenen Pläne verfolgt  Über seinen Verdacht und den Stand der Ermittlungen informiert er niemanden o Trotz dieses Eigenbrötlertums erweist er sich als fähiger Kriminalist  So findet er die Täterkugel und vergleich sie später mit der Kugel Tschanz‘  Die Szene mit der Hundeattacke wurde von Bärlach als Folge seiner Recherchen arrangiert  Er beobachtet scharf, und ist in der Lage, den wahren Mörder Schmieds zu entlarven o Aufgrund seiner Schrulligkeit, die dazu führt, dass er von anderen auch mal unterschätzt wird, seiner Widerborstigkeit Autoritäten oder dem Polizeiapparat gegenüber, seines gleichzeitigen kriminalistischen Scharfsinns und seiner beharrlichen Vorgehensweise kann Bärlach zunächst durchaus in die Tradition berühmter klassischer Detektivgestalten wie Sherlock Holmes, Miss Marple, etc. eingereiht werden o Der Jäger – „ein großer alter schwarzer Kater, der gern Mäuse frisst“  Erst in der Mitte der Handlung wird klar, dass es Bärlach nicht nur um die Auflösung des Mordes geht  In einer Rückschau enthüllt Gastmann die nun schon vierzig Jahre bestehende gemeinsame Geschichte der beiden  Bärlachs Leben ist bestimmt durch die Wette mit Gastmann  Bärlachs Leben ist von diesem Zeitpunkt an darauf ausgerichtet gewesen, Gastmann zu jagen und eines Tages zu überführen

Und auf diese Weise zu beweisen, dass menschliche Unvollkommenheit, Unvorhersehbarkeit und der Zufall jedes Verbrechen zwangsläufig zutage fördern  Er konnte Gastmann jedoch nie etwas nachweisen  Jedoch kann er sich mit dieser Niederlage nicht abfinden  Er ist geradezu davon besessen, diesen zu besiegen  Bärlach wird vom Jäger zum Richter, der Tschanz als Henker benutzt  Das Ende der Jagd bedeutet für ihn nicht nur Befriedigung, sondern auch das Bewusstsein von den Nähe des Todes sowie die Erkenntnis, wie verzehrend und moralisch fragwürdig sein Vorgehen war  Am Ende erweist sich, dass Bärlach, der immer behauptet hat, dass man mit Menschen unmöglich wie mit Schachfiguren operieren könne, selbst als unerbittlicher Schachspieler agiert hat, der Tschanz mattgesetzt hat o Der Richter – „ein Tiger, der mit seinem Opfer spielt“  Bärlach erweist sich nicht nur als hervorragender Kriminalist und besessener Verbrecherjäger  Er maßt sich eine Rolle an, die ihm vom beruflichen Ethos und moralischen Verständnis her nicht zusteht: Er wird zum Richter, der Selbstjustiz aus Rache verübt  Dadurch überschreitet er nicht nur seine Kompetenzen als polizeilicher Vertreter der Exekutive, der einen Verbrecher überführen und dann der unabhängigen Gerichtsbarkeit überstellen soll  Bärlach entschließt sich zu einer kaltblütigen wie fragwürdigen Manipulation  Er benutzt Tschanz, der Mörder Schmieds, als Henker, der das vom Richter Bärlach beschlossene Urteil an Gastmann vollstreckt  Damit verlässt er den Boden des Rechts im Namen einer von ihm selbst festgelegten Gerechtigkeit !  Er ist aber von der moralischen Richtigkeit seines Handelns überzeugt  Im letzten Schritt enthüllt Bärlach Tschanz seinen perfiden Plan  Er hat kein Mitgefühl für Tschanz, nur Verachtung für ihn übrig  Bärlach wird in dieser Szene mit grausamen, unheimlichen, fast unmenschlichen Zügen versehen o Er erscheint wie ein „Dämon“  Es ging Bärlach mehr um Gastmann als um Tschanz o Er richtet ihn nicht o Bärlach ist ein problematischer Charakter  Er setzt „seine“ Gerechtigkeit nur durch eklatante Rechtsbrüche durch  Im Grunde geht es ihm weniger um Gerechtigkeit als um die schon viele Jahre zurückliegende Wette  Theoretisch hat Gastmann sie gewonnen 







Versagt also Bärlachs Zufallsthese, so ist es gerade seine menschliche Unvollkommenheit, d.h. seine kriminelle Intrige, die letzten Endes zur Ausschaltung des Zufalls und zur Hinrichtung Gastmanns führt

Gastmann o Widersprüchliche Angaben zu Gastmanns Biografhie  Der Leser erhält kein zufriedenes Gesamtbild von ihm  Das liegt daran, dass Informationen zu ihm aus verschiedenen Quellen kommen o Offizielles Bild: sympathischer Gönner  Der Dorfpolizist beschreibt ihn als den sympathischsten und beliebtesten Menschen im ganzen Kanton, als sehr reich und großzügig o Von Schwendi beschreibt ihn als zentrale Figur in den Geheimverhandlungen zwischen Schweizer Industriellen und Geschäftsleuten mit einer fremden Macht  Sein Haus ist Ort von Geheimverhandlungen o Lutz ergänzt die beeindruckende, schillernde Persönlichkeit Gastmanns durch Informationen aus seinen Recherchen o Bärlach kennt jedoch die andere Seite Gastmanns  Er ist Verbrecher im großen Stil o Die Wette war der Beginn seiner Verbrecherkarriere  Dieser Mord hat er mit Kaltblütigkeit und Kühnheit sowie frei jeder moralischen Bedenken und Regeln ausgeführt o Durch diese Wette ist Gastmann lebenslang mit Bärlach verbunden  Ein entscheidender Faktor in Gastmanns Leben ist der Kampf mit Bärlach  Er demütigt Bärlach gerne o Gastmann liefert eine weitere Version einer Herkunf  In Lamboing habe ein Weib ihn geboren, der Vater unbekannt  emotionslose, sarkastische Darstellungsweise  -> das weist auf die schon frühe Bindungslosigkeit und als Fehlen jeglicher menschlichen Regung hin Der Schrifsteller: o Bezeichnet Gastmann als interessanten Menschen, aber er sei ein „schlechter Mensch“ o Er hält Gastmann zu jedem Verbrechen fähig o Er erläutert das Charakterbild Gastmann, das sich v.a. auf dessen Motivation und Grundeinstellung zum Leben bezieht:  Er sei ein Nihilist  Für den Schriftsteller bedeutet das, dass Gastmann nicht an bestimmten Regeln oder Werten, also z.B. Vorstellungen von Gut und Böse, oder an (materiellen) Zielen oder an irgendeinem anderen Sinn orientiert handeln, sondern aus einer Laune heraus  Gastmanns Nihilismus bestehe in einer besonderen Freiheit

Bei ihm ist das Böse nicht der Ausdruck einer Philosophie oder eines Triebes, sondern seiner Freiheit: der Freiheit des Nichts Gastmann und Bärlach – „wie ein graues Gespenst“ o Gastmann ist eher ein theoretisches Konstrukt als eine Figur aus Fleisch und Blut  Seine Verbrechen werden nur von ihm skizziert, man sieht in nicht aktiv beteiligt  Er spricht, droht, kündigt an, reagiert o Gastmanns ist der ewige Schatten im Leben Bärlachs  Ihre Lebens- und Handlungsenergie scheinen sie aus der jeweiligen Existenz des anderen zu ziehen o Im Gespräch mit dem Schriftsteller wird die Funktion Gastmanns noch weiter verdeutlicht  Es ist von einem „Bild“ die Rede, die der Schriftsteller sich von Gastmann gemacht hat  Für ihn ist Gastmann die Umsetzung der „Möglichkeiten eines Menschen“, in diesem Fall eines Nihilisten, der man in der Realität begegnet o Es wäre zu einfach, Gastmann als Gegenpol oder reine Kontrastfigur zu Bärlach zu sehen  Als Menschen sind sie sich ähnlicher, als es an der Oberfläche erscheint  Grundsätzliche Gemeinsamkeit: Die Besessenheit, mit der sie – wenn auch gegeneinander – ihre Vorstellungen umsetzen  Gastmann die von der absoluten Freiheit des Handelns  Bärlach die von der absoluten Durchsetzung der Gerechtigkeit Tschanz o Aus klassischen Kriminalromanen kennt der Leser die Figur des Kollegen bzw. treuen Helfers der Hauptfigur, der wichtige und entscheidende Impulse einbringt o Tschanz scheint zunächst diesem Bild zu entsprechen  Lutz hält sehr viel von ihm o Tschanz‘ Charakter und seine gesamte Handlungsweise sind von einer einzigen Kraft geprägt: dem Gefühl des Unterlegenseins gegenüber Schmied  Eine Mischung aus Sozialneid und beruflichem wie gesellschaflichem Minderwertigkeitsgefühl  Er versucht permanent, die Morduntersuchungen selbstständig voranzutreiben, um so zu beweisen, dass er es mit Schmied aufnehmen kann o Intellektuelle sind Tschanz ein Gräuel  Auch das ist sicher ein Reflex auf Schmied o Tschanz‘ Besessenheit in Bezug auf Schmied geht so weit, dass er quasi dessen Identität übernehmen möchte 





Diese Fixierung in Tschanz‘ Handlungsweise ist auch Ausdruck einer Eindimensionalität seines Charakters  Das macht ihn für Bärlach zu einem leichten Opfer o Zu spät wird ihm klar, dass Bärlach ihn benutzt hat  Tschanz ist auf alle Fallen hineingefallen, die Bärlach ihm gestellt hat  Die Erkenntnis, auch dieses Mal nicht selbstbestimmt gehandelt zu haben, anstatt Schmied nun Bärlach unterlegen zu sein und von ihm manipuliert worden zu sein, lässt ihn die Ausweglosigkeit seiner Existenz erkennen Dr. Lucius Lutz o Untersuchungsrichter und Chef der Berner Kriminalpolizei o Seine Stelle scheint er v.a. der Tatsache zu verdanken, dass er einem angesehenen und vermögenden stadtbernischen Geschlecht entstammt o Sein Vorname „Lucius“ darf als Ironiesignal gedeutet werden  Lat. lux – Licht, Erleuchtung, Aufklärung  Er irrt sich aber of o Karikatur eines hohen Polizeibeamten  Von Anfang an wird er in seiner Rede- und Handlungsweise lächerlich präsentiert o Als Kriminalist unfähig  Die Informationen, die er über Gastmann herbeischafft, sind falsch  Auch seine Einschätzung in Bezug auf Tschanz erweist sich als falsch o Auch als Persönlichkeit im Allgemeinen gibt er ein schwaches Bild ab  Er ist feige, hat keinerlei Autorität und Durchsetzungsfähigkeit  Er wird von von Schwendi regelrecht vorgeführt, erniedrigt o Er erweist sich als manipulierbar  Letztlich wird er von allen manipuliert Oskar von Schwendi o versehen mit dem dreifachen Titel Nationalrat, Oberst und Advokat o Karikatur eines Politikers o Von Anfang an wirkt er in seiner übertrieben Aufgeregtheit, seinem arroganten, aufgeblasenen Auftreten und seinem Kommandoton wie eine Witzfigur o Er kennt Dr. Lutz, er ist sein Parteifreund  Diese Beziehung nutzt er aus, indem er Dr. Lutz unter Druck setzt  Er geht dabei nach einem bestimmten Plan vor:  Er vermittelt Lutz seine Überlegenheit, indem er ihn seinen Wissensvorsprung in Bezug auf Schmied spüren lässt  Er deutet an, dass in Gastmanns Haus wichtige diplomatische Geheimverhandlungen stattfinden kann, die Lutz gar nicht überblicken kann  Er bleibt bewusst vage und kompensiert die mangelnde Bereitschaft zur Kooperation und Aufklärung mit zynischen Attacken, die sowohl die Polizei als auch Lutz beleidigen 







 Herablassende Art gegenüber Lutz o Er ist skrupellos  Er stellt die finanziellen Interessen über die Aufdeckung der Wahrheit  Damit gibt er das Bild eines Politikers ab, der alles andere als im Dienst der Öffentlichkeit tätig ist und offensichtlich korrumpierbar ist o Am Ende, nach der Tötung Gastmanns, geht es ihm nur darum, sich selbst als Opfer einer großen Intrige aus der Affäre zu ziehen Der Schrifsteller o Ähnlichkeiten mit dem realen Autor  Es wird davon ausgegangen, dass sich D in der fiktiven Figur des Schriftstellers „verewigt“ hat  Parallelen Lebensort, Wohnsituation, Kind und Hund, Leibesumfang, Vorliebe für Rauchen und gutes Essen  Nicht ohne Selbstironie zeichnet D den Schrifsteller als mürrisch, abweisend, zugleich egozentrisch und eitel, da er enttäuscht ist, dass die Polizei ihm den Mord nicht zutraut o Innerhalb der Handlung hat das 13. Kapitel eine retardierende, d.h. die Spannung verzögernde Wirkung o Er bezeichnet Gastmann als interessanten Menschen  Es geht im darum, in Gastmann ein ideales Objekt für seine beobachtende Tätigkeit als Schrifsteller zu sehen  Er habe sich von Gastmann ein Bild gemacht, in dem Sinne, dass dieser ihm wie die perfekte Umsetzung eines philosophischen oder auch psychologischen Konzepts erscheine

Der Erzähler und seine Erzählstrategie 



Der Titel des Romans lässt zunächst an einen ordentlichen Gerichtsprozess denken o Die Leitwörter „Richter“ und „Henker“ weisen auf das Themenfeld, in dem es um Recht und Gerechtigkeit, um Verbrechen und Verurteilung, um Schuld und Strafe, manchmal auch um Sühne und Wiedergutmachung geht Der Erzähler informiert in den ersten Sätzen ohne einer Vorrede über die Faktenlage eines Falls, der nach Aufklärung verlangt o Im Gegensatz zum Ich-Erzähler, der genauso viel weiß wie die Personen und zum auktorialen Erzähler, der mehr weiß als die Personen, bleibt der personale Erzähler im Hintergrund o Der personale Erzähler will die Wirklichkeit zur Geltung bringen, nicht aber eine eigene Meinung vortragen oder durchsetzen  Deshalb fügt er sich in jenes naturalistische und realistische Programm ein o Mit der Zeitangabe im ersten Satz bietet der Erzähler einen Bezug zur Realität  Diese Angabe ist sachlich falsch: Der 3. November 1948 war ein Mittwoch

Aber: Trotzdem erfüllt das die Forderung einer realistischen Zeitangabe  Von da an werden vier Tage, die zur Aufdeckung des Mordes an Ulrich Schmied nötig sind, eingeteilt Hauptschauplätze der erzählten Geschichte sind die Schweizer Hauptstadt Bern und Orte um den Bieler See o Auch hinsichtlich der Ortsangaben wird wirklichkeitsgetreu berichtet DRUSH scheint der Forderung, der Roman müsse Wirklichkeit reproduzieren, zu entsprechen o Trotzdem bietet auch der personale Roman dem Leser gestaltete, nicht abgebildete Wirklichkeit an Für die Wirkung und den Erfolg eines Kriminalromans (v.a. in der Variation des Detektivromans) ist die Erzählstrategie von besonderer Bedeutung o Zuerst wird das Ergebnis des Verbrechens mitgeteilt, danach lässt er den Detektiv nach dem Täter und seinen möglichen Motiven suchen und legt langsam offen, wie der Täter gestellt und dem Gericht überantwortet wird o Indem das Geschehene schrittweise aufgedeckt wird, entsteht ein analytischer Roman Im „Richter und sein Henker“ hat der personale Erzähler von vorherein den Überblick über das Ganze o Indem er aus seinem Wissensvorrat einiges preisgibt, einiges andeutet, anderes zurückhält, treibt er sein Spiel mit dem Leser o Am Schluss durschaut der Leser das Spiel und stellt, rückwärts blickend, fest, dass der Erzähler ihm viele Hinweise gegeben hat, die sich aber erst am Ende in das Gesamtbild einfügen 









Eine Wette – und keiner gewinnt  





Bärlachs und Gastmanns Wette begann als eine Art theoretische Auseinandersetzung über ein zunächst eher abstraktes Thema Sie vertraten entgegengesetzte Thesen in Hinblick auf die Aufdeckung von Verbrechen o Bärlach: Die menschliche Unvollkommenheit sowie die Macht des Zufall verhindern letztlich immer das perfekte, unentdeckte Verbrechen o Gastmann: Gerade diese Faktoren machen es möglich, viele Verbrechen unerkannt und somit auch ungestraft zu begehen o -> Diese Auseinandersetzung mündete schließlich in einer Wette Was zunächst als ein Spiel wirkt, ist durch Gastmann kaltblütig geplante Ermordung des deutschen Kaufmanns Realität geworden o Er hat damit den Beweis für seine These geliefert In der Folge hat sich die Wette zu einer existenziellen Verkettung ihrer beiden Leben entwickelt







o Die Wette ist zu einem unerbittlichen Kampf geworden, in dem sich die beiden Kontrahenten zu immer neuen Höchstleistungen auf ihren jeweiligen Lebenswegen antreiben o Gastmann: „Ich wurde ein immer besserer Verbrecher und du ein immer besserer Kriminalist.“ Der Wetteinsatz ist nicht von materieller Natur, sondern besteht in zwei völlig gegensätzlichen Lebensprinzipien o Hier setzen zwei Menschen immer wieder ihre ganze Lebenskraft ein und sehen ihren Lebenssinn darin, den jeweils anderen zu besiegen, wobei der klage Gegensatz Gut und Böse, Recht gegen Unrecht und Verbrechen immer mehr verloren geht Man kann nicht mehr von dem „guten“ Bärlach und dem „bösen“ Gastmann sprechen o Dass Gastmann im Zuge seiner Verbrecherlaufbahn immer wieder schuldig wird ist eindeutig o Bärlach wird zum moralisch fragwürdig Handelnden  Die letzte Möglichkeit, den Wettkampf doch noch erfolgreich beenden zu können, besteht darin, seine grundlegenden Auffassungen von Recht und Gerechtigkeit neu zu interpretieren und damit die Grundlagen seines Berufes zu ignorieren, indem er zur Selbstjustiz greift und selbst ein Verbrechen begeht  Im letzten Gespräch legitimiert Bärlach sein Tun quasi als Vollstreckung eines göttlichen Urteils  Gleichzeitig widerlegt er damit seine eigene These zu Beginn der Wette, dass man mit Menschen unmöglich wie mit Schachfiguren operieren könne o Gleichwohl ist Bärlach bewusst, dass sie durch die Wette beide schuldig gemacht haben  Dieses Schuldgefühl, gepaart mit seiner Unzulänglichkeit, Gastmann zu überführen, scheint Bärlach innerlich zerstört zu haben So sind am Ende beide Männer Verlierer der Wette

Das Spiel mit dem Zufall 



Ds Weltbild: o Der Zufall, sein schicksalhafter Einbruch in das Leben der Menschen, die Offenheit und Nicht-Berechenbarkeit menschlichen Verhaltens und menschlicher Erfahrungen, die Unmöglichkeit rein rationalistischer Lösungen für die Probleme einer immer komplizierter werdenden Welt spielen in Ds Weltauffassung und in seinen Werke eine große Rolle Der Zufall ist grundlegender Bestandteil der Wette o Bärlach: Der Zufall sorgt dafür, dass jedes Verbrechen zwangsläufig aufgedeckt wird





o Gastmann gelingt es, beim Mord an dem deutschen Kaufman...


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