Friedrich Dürrenmatt - Die Panne PDF

Title Friedrich Dürrenmatt - Die Panne
Course Staatsexamenskolloquium Deutsch NDL
Institution Universität Konstanz
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Summary

Zusammenfassung Vorbereitung Staatsexamen Lehramt Deutsch
Schwerpunkt: Literatur nach 1850
Wintersemester 20/21...


Description

Die Panne   















1955 Eine von Ds bekannteste Erzählung Die Erzählung kann als Geschichte eines Verbrechens gelesen werden o Allerdings: Ein Kriminalfall, der erst konstruiert werden muss (im Umkehrung des traditionellen Kriminalschemas) Stoff, den D viermal gestaltet hat o Hörspiel (gesendet 1955, gedruckt 1960) o Erzählung (gedruckt 1956) o Fernsehspiel (gesendet 1957) o Bühnenbearbeitung (UA 1979, gedruckt 1979) Mehrfachwertung o D unterschied die ungeschrieben von den geschriebenen Stoffen o Geschriebene Stoffe: gefiltert, umgeformt, verformt, zwar immer wieder neu gestaltet, aber doch schließlich abgeschlossen, zur Sprache gebracht, damit der Sprache angepasst, angenähert o Die Mehrfachverwertung konnte aus finanziellen Gründen erfolgen, oder dahinter könnte auch die experimentelle Lust stehen Der Zufall spielt bei Ds Verläufen seiner Plots eine wichtig Rolle o -> Es erscheint nur konsequent, wenn es auch nicht nur den einen Schluss gibt o Ob der jeweilige Schluss mit Blick auf die Gattung gewählt wurde, ist nicht entschieden Im Hörspiel und der Fernsehfassung dominiert der Spielcharakter o Es kommt zu keinem tödlichen Ausgang -> er nimmt sich das Geschehen nicht zu Herzen und setzt seine Geschäftsreise am nächsten Morgen fort Das Theaterstück schließt sich dem Schluss der Erzählung an, fügt aber eine weitere spielerische Komponente hinzu, indem es als die eigentlichen Schuldigen die Götter outet o Das Gerechtigkeitsspiel der Herren erscheint als Parodie auf die Gerechtigkeit o Die Greise können ihrem privaten Gerechtigkeitsbegriff zu klarer Geltung verhelfen o Sie schaffen, die offizielle Justiz überwindend, eine private, schrullige und groteske Gerechtigkeit Zu Beginn der Erzählung erörtert D die Frage, welche Geschichte in einer Welt ohne Schicksal und Gott noch möglich seien o Das Schicksal hat die Bühne verlassen, an seine Stelle treten Unfälle, Krankheiten und Krisen o In einer technisierten und wissenschaftlich strukturierten Welt gibt es kein waltendes Fatum, nur noch der Zufall und damit die Panne Das Altherren-Experiment lässt zahlreiche Deutungen zu o 1) Eingeständnis eines schlechten Gewissens und damit einer faktischen Schuld





o 2) Selbstbezichtigung eines sich immer schuldig fühlenden Kleinbürgers, die Kafkas Prozess nachempfunden ist o 3) Das Weltgeschehen als ein verabsolutierendes Spiel Da die Gerechtigkeit nur in der Vorstellung angeheiterter Pensionäre existiert, stellt sich auch die Frage nach ihrer Authentizität o Das Prinzip einer absoluten Gerechtigkeit erweist sich als Anachronismus (durch die Zeit überholte Einrichtung) o Mit ethischen und moralischen Kategorien ist einer total kommerzialisierten Welt nicht mehr beizukommen Das Gericht führt sich selbst ad absurdum o Angesichts der eigenen Absolutheit kann es kein eindeutiges Urteil mehr fällen o Alles wird zur Frage der jeweiligen Perspektivik, d.h. der individuellen Interpretation

„Die Panne“ als Kriminalnovelle 







Ihre Thematik bindet „Die Panne“ eng an Ds Kriminalromane o Es geht um das Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit zur Wahrheit, die Wiederherstellung von Gerechtigkeit auch außerhalb der Normen eines Rechtsstaates, um Schuld und unerbittliche Sühne Aber: Die Erzählung gerät zur Parodie eines kriminologischen Gestaltungsprinzips o Die frühen Romane waren darauf ausgerichtet, ein Verbrechen aufzuklären, um die Schuld des Täters auch in unwahrscheinlichen Konstruktionen nachzuweisen Hier wird der entgegengesetzte Weg eingeschlagen: o Die alten Herren gehen davon aus, dass jeder Mensch Schuld auf sich geladen habe und damit die Rolle des Angeklagten übernehmen könne, auch wenn sein spezifisches Verbrechen noch unbekannt sei o Nicht „Wer ist der Verbrecher?“, sondern „Was ist die Tat?“ wird zum Thema der Ermittlung o Traps, weil sie seinem Leben eine neue Tiefendimension verleiht, wächst in die Rolle des Meisterverbrechers hinein „Die Panne“ reduziert das Geschehen traditioneller Kriminalromane auf eine rein rhetorische Variante: die Auflösung dieses Falles, die Ermittlung und Befragung durch des Staatsanwalt, das Plädoyer des Verteidigers und das Urteil des Richters o D setzt auf die strenge Form eines Gerichtsverfahrens

Zur Thematik der Erzählung 

Welche Rolle spielen Dichter in der heutigen Zeit, welche Geschichten erscheinen noch möglich? o Mit diesen Fragen beginnt D den „Ersten Teil“ seiner Erzählung

















Er entfaltet in seinem theoretischen Exkurs zunächst, warum dichterisches Selbstverständnis problematisch geworden ist o In einer Zeit, die keine bedeutenden Charaktere und schicksalhaften Begegnungen mehr kennt, fehlt der Literatur ihr adäquates Thema Was bleibt, wenn der Dichter weder bloße Unterhaltung noch sentimentale Moralien zu liefern bereit ist o Er erwägt eine Abdankung, weil er objektive Wahrheit nicht mehr beschreiben, nur subjektive Erfahrungen verarbeiten kann o Gerade dies jedoch gehe das Publikum nichts an Wenn tragische Größe nicht mehr existiert, bleibt nur noch ein Ausweg: Der Dichter müsse die Alltagswelt ins Auge fassen, eine Welt, die durch Zufälle regiert, durch Unfälle, Krankheiten, Krisen aller Art bedroht werde o Sie erscheint als Spielball menschlicher Fehlleistungen, Pech weite sich ohne Absicht ins Allgemeine In dieser Welt der Pannen lassen sich noch einige mögliche Geschichten finden, denn das Schicksal habe lediglich die Bühne verlassen, um hinter den Kulissen zu lauern o Es gibt also noch diese Geschichten, mit denen der Autor die Welt der modernen Konflikte einfangen kann, in denen „Gericht und Gerechtigkeit sichtbar werden, vielleicht auch Gnade, zufällig aufgefangen, wiedergespiegelt vom Monokel eines Betrunkenen.“ Es sind Alltagsbanalitäten, eine Autopanne, die den Vertreter in Kontakt mit vier Gerechtigkeit spielenden Greisen bringt o Gerade dieser triviale Zufall erweist sich jedoch als die schlimmstmögliche Wendung der Geschichte Auch an Traps ist nichts außergewöhnlich o So wird die Erzählung zum Spiegelbild jener alltäglichen „Welt der Pannen“, die in der Zeit des Wirtschaftswunders noch künstlerisch plausibel darstellbar ist Zufällige Begegnungen und ein geschäftsübliches Verhalten, das zum Motor einer aufstrebenden Vertreterkarriere gerät, werden zu Kausalzusammenhängen verwandelt o Traps wird als Mörder umgedeutet o Er wird zum absurden Opfer einer grotesken Gerichtsbarkeit, die Strafbares um jeden Preis ermittelt, Gerechtigkeit zu einem bizarren Gesellschaftsspiel pervertiert und letztlich als Überlebensstrategie missbraucht Die stringente Logik in der Beweisführung des Staatsanwaltes lässt die „Schuld“ des Angeklagten für alle Prozessbeteiligten deutlich werden o Ein Verfahren, wie es in den stalinistischen Schauprozessen der 50er Jahre vorexerziert wurde o Ds Verweis auf die politischen Verbrechen seiner Zeit macht deutlich, dass er an den Strukturen einer Gesellschaft interessiert ist, die dafür verantwortlich sind, dass es keine Schuldigen und keine Verantwortlichen mehr gibt











Justiz wird als Vergnügen betrieben, das nicht mehr darauf ausgerichtet ist, Gerechtigkeit herbeizuführen, sondern als unterhaltsames Beiprogramm eines alle Grenzen überschreitenden Gelages dient o Wirklichkeit und künstliche Welt scheinen für Traps durcheinandergewirbelt o Die phantastische Fiktion erscheint ihm als Realität, die sein nüchternes, profitorientiertes Leben individualisiert und aus dem Rahmen des Üblichen heraushebt, ihm die Aura des Besonderen verleiht Das Gerechtigkeitsspiel entlarvt eine Gesellschaft, in der die Banalitäten und Grausamkeiten eines entfremdeten Lebens uminterpretiert und kompensiert als sensationelle Außergewöhnlichkeit erscheinen o Individuelle Schuld und Schuldlosigkeit halten sich dabei die Waage Die Frage nach persönlicher Schuld oder Unschuld wird irrelevant o Die vier alten Herren glauben nicht an Unschuld o Der Verteidiger gibt aber zu erkennen, dass Traps nicht mehr und nicht weniger Schuld auf sich geladen hat als der Durchschnitt seiner Mitmenschen; er sei ein Opfer der Epoche o Ein Mord wird schließlich zum Ergebnis der Gedankenlosigkeit der Welt umgedeutet Wird Schuld derart zum Spielball einer possenhaften Greisenrunde, ist auch die Sühne Teil dieses Spiels o Der Ausgang der Handlung erscheint völlig willkürlich  Wie auch die unterschiedlichen Fassungen der „Panne“ zeigen o Die Willkür des Dichters entspricht der Zufälligkeit des Gerechtigkeitsbegriffs Tragische Größe kommt dieser Welt nicht mehr zu o Ob Traps zuletzt tot ist oder nicht, es ist eigentlich gleichgültig

Figuren 

Kurt Zorn o Die sprechenden Namen „Zorn“ und „Kummer“ geben bereits zu erkennen, dass die Welt der Villa kein Abbild realer Verhältnisse darstellt, sondern typische Gestalten und Situationen entwirft  Eine unwirkliche Konstellation entsteht, mit der die Sonderexistenz der Bewohner und ihrer Gewohnheiten hervorgehoben wird o 86 o war Staatsanwalt o der eigentliche Erfinder des Spiels o lang, hager, Hakennase, Monokel, rotes Gesicht, weiße Löwenmähne o Rhetor von hohen Graden  In Augenblicken juristischer Euphorie zitiert er abwechselnd griechische, lateinische oder Verse der dt. Klassik mit großen Gesten o Er schien schon auf dem Totenbett zu liegen, als ihm der rettende Einfall zum Spiel kam o scharfsinnige Anklagereden







Rechtanwalt Kummer o 82 o Verteidiger o Eine reiche Klientel hat dem Junggesellen zu einem mehr als auskömmlichen Verhältnis verholfen  So ist er Geldgeber des Spiels geworden o Blutdruckprobleme haben ihn vor Beginn des Spiels geplagt o Er strahlt vertrauenswürdige Jovialität aus  auch wenn er zum Gehrock ein Nachthemd trägt o Er geht völlig in dem Spiel auf  Nicht minder aufgeregt, wenn sich der Prozessablauf zuspitzt: Er trommelt dann mit den Fäusten an die eigenen Schläfen o Es ist seine persönliche Tragik, auf einen wenig kooperativen Angeklagten zu treffen  So wird er vom Staatsanwalt besiegt o Doch vereinigen Staatsanwalt und Advokat sich am Ende mit den übrigen Beteiligten in unmäßiger Betrunkenheit Gastgeber: der Richter o Die altmodische Einrichtung und die Szenen der Nationalgeschichte auf den Bildern an den Wänden offenbaren die Vorliebe des Richters für historische Ereignisse  Diese zeigt sich auch darin, dass die Greise sich v.a. auf die Aufbereitung historischer Prozesse spezialisiert haben  Selbst Essen und Trinken scheinen aus vergangen Zeiten  Mit jedem fortschreitenden Mahl werden auch die Weine und der Weinbrand immer älter o 87, steht aber der Vitalität seiner Mitspieler nicht nach o Seinen Namen erfährt der Leser nicht o War einst der Unterkunftgeber des Spiels o kleinwüchsig, von schmächtiger Statur o gutbürgerlich eingerichtetes Landhaus o Auch er hat sich mit Hilfe des Spiels gerettet  Verdacht auf Magenkrebs (Bärlach-Zitat) o Auf dem Höhepunkt der Beweisführung wird er vor Freude gleichsam zum Kinde und vollführt abenteuerliche Schattenspiele an der Zimmerwand Herr Pilet: Gastwirt und ehemaliger Henker o 77 o wie die anderen ist auch er verwitwet o wohlsituiert, dick, glatzköpfig, überkorrekt hergerichtet o Er isst viel und pedantisch o beträchtlicher Alkoholkonsum o Man weiß nie genau, ob er in dem juristischen Spiel Komparse ist oder tatsächlich eine Rolle verkörpert o Nebenberuflich war er vor mehr als zwanzig Jahre Henker im Nachbarland





o In heißen Phasen der Ereignisse neigt er dazu, die Contenance zu verlieren  Dann kommt es z.B. zu Jodelversuchen o Die Rechtsprechung in diesem Prozess greift auf eine altertümliche Vollstreckungsart zurück: die alten Herren bestehen auf die Todesstrafe  Damit wird auch die stumme Rolle Pilets verständlich o Er hat nur eine ausführende Funktion, und ist an der Urteilsfindung nicht beteiligt Die vier Greise o Wirken wie Relikte aus früherer Zeit, die sich an die gesellschaftlichen Bedingungen der heutigen Welt anzupassen versuchen o Die vier alten Herren erweisen sich als reduzierte literarische Charaktere, die nach einer Art Baukastensystem höchst ökonomisch zusammengesetzt worden sind o Das Rabenhafte erscheint als der größte gemeinsame Nenner o Sie sind alle verwitwet und pensioniert o Sie realisieren verschiedene Stationen des Prozesses o Die Berufsausübung dürfte für die Greise allerdings nie so ausgesehen haben, wie sie sich in der Villa abspielt  Das Prozessspiel als „Gesundbrunnen“ hat keine Bedeutung mehr für die Wiederherstellung von Gerechtigkeit  Moralische Kriterien liegen diesen Juristen fern: sie sind auch begierig darauf, Traps‘ erotische Abenteuer zu erfahren  Ihr Streben, die Schuld des Angeklagten zu ermitteln und zu vergelten, entspricht einer ästhetischen, spielerischen Logik und nicht einer ausgleichenden Gerechtigkeit  Die Umwertung aller Werte macht den besonderen Charme dieses Spiels aus  Sie berauschen sich an der Machtfülle einer Sonderjustiz, die von keiner höheren Instanz eingesetzt wurde o In dieser absurden Welt wird die Essenz von Recht und Gerechtigkeit in einer planvollen Ordnung durchgespielt  Traps wird am Ende zum Spielverderber, weil er diesen Ausnahmecharakter von Gerechtigkeit nicht mehr erkennt und die artifizielle Welt für die wirklich nimmt und sich erhängt Afredo Traps o Sprechender Name  „Alfredo“ erinnert an Alfred Ill aus dem Besuch der alten Damen  Der Nachname erinnert an das bernische „i öppis ine trappe“ = in etwas hineintappen oder engl. die Falle o Generalvertreter o Ellenbogenmensch  Er ist ein nüchterner Geschäftsmann, dessen berufliches wie privates Verhalten in den Bereich der Kriminalität hineinreicht, ohne dass ihm das selbst bewusst wäre

 typische Karriere in Zeiten der Hochkonjunktur o lässt nichts anbrennen – weder erotisch noch kommerziell o Zugehörigkeit zur Schlaraffia  Symbol seiner Honorabilität  gleichzeitig unterstützt der Rahmen der Zusammenkünfte die Geschäftsbeziehungen o Seine Frau hat sich daran gewöhnen müssen, dass er ihr fremdgeht o er hat vier Kinder, wobei er den Jüngsten abgöttisch liebt o sein Vater war Fabrikarbeiter mit einer fatalen Neigung zu den Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels, die Mutter Wäscherin  so vermochte er lediglich die Primarschule absolvieren  es ist zu merken, dass seine Manieren gelernt sind o Traps hegt ein Misstrauen gegen die Studierten  Er versteht nicht von Kunst und Literatur  Es spricht für ihn, dass er sich das selbst eingesteht, auch wenn er direkt eine Ausrede parat hat: Der Geschäftskampf zehrt seine Kräfte auf o Er ist also nicht allzu gebildet und führt ein typischer Kleinbürgerleben o Traps Sprache passt zu seinem Bildungsgrad o Innerhalb von 10 Jahren ist er vom simplen Hausierer zum Generalvertreter für den Kunststoff „Hephaiston“ aufgestiegen  Das ist nicht ohne Austeilen und Einstecken gegangen o Sein Studebaker ist das Kennzeichen seines Aufstiegs  Entscheidend dafür, dass Traps gerade diesen Fahrzeugtyp wählt, ist der Flair der US-amerikanischen Herkunft o Defizite in der Denkschärfe verhindern auch, dass Traps das Spiel der vier Greise durchschaut o Stolz darauf, kein Spießer zu sein, nimmt er im Bewusstsein völliger Unschuld an dem gespielten Prozess teil  Aber: Die neue Sicht der Dinge schafft plötzlich den Nährboden für Schuldgefühle o Das Ambiente und der Alkohol lassen die Welt der Villa für Traps in einem unwirklichen Licht erscheinen  Seine Wahrnehmungsfähigkeit ist zu diesem Zeitpunkt schon so schwankend, dass er den Innenraum für real, die Außenwelt für märchenhaft erachtet  In diese verschollene Welt passen die Gastgeber, die selbst allesamt dem 19. Jh. entstammen, aber ihre Kleidung ist ramponiert – Widersprüche in Auftrete, Verhalten und Effekt o Dass ihn Studierte als mitspielenden Mörder für gleichwertig nehmen, rührt ihn zu Tränen  Das Todesurteil erscheint ihm als Ritterschlag o Das Plädoyer des Verteidigers will die erfahrene Würdigung von Seiten des Staatsanwaltes zurücknehmen

Doch Traps möchte an seiner Schuld festhalten Traps begreift die Interpretation des Staatsanwaltes, die ihn individualisiert und heraushebt, geradezu als Sinngebung für sein Leben  Wie um den gewonnenen Status auf ewig zu befestigen, stirbt Traps von eigener Hand  Die Geschichte hat damit ihre schlimmstmögliche Wendung genommen o Der Leser muss sich fragen, ob ein kaltblütiger, berechnender Mörder gestorben ist (einer wie Gastmann oder Emmenberger) oder ob er erst unter der Führung der vier Greise die Folgen seines Tuns gegriffen hat und diese Erkenntnis annimmt (wie Ill) o Am Ende des Stückes verdirbt Traps den Herrenabend durch seinen Freitod  Im Hörspiel wird jeder Traps vom Henker ins Bett gebracht und am Morgen macht er sich mit blassen Erinnerungen verkatert, aber ungeläutert, wieder auf den Weg  Auch das Fernsehspiel bleibt bei dieser Version  In der Bühnenfassung von 1979 ist Traps bereits tot, wenn der Vorhang aufgeht  

Sprache und Stil 





Novelle: Die gesamte Handlung organisiert sich von einem zentralen Konflikt aus und läuft auf den frappierenden Höhepunkt zu, eine beschränkte Zahl von Personen wird auf engem Raum geführt, alles Unwesentliche ausgeschlossen o Diese strenge Form der Prosadichtung bringt Theodor Storm dazu, die Novelle als die Schwester des Dramas zu bezeichnen o Am Beispiel der „Panne“ zeigt sich die Nähe zum Drama auch darin, dass D von einem Hörspieltext ausgeht und in einer zweiten Bearbeitung den Stoff in ein Lustspiel umformt Aber: Nicht nur die technische Form rechtfertigt Ds Kennzeichnung, mehr noch ist es der Inhalt der „Panne“ o D bindet das Geschehen in seinem Text eng an die ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung der Schweizer Nachkriegszeit, eine Hochkonjunktur, in der ein beständiger Aufschwung der als sicher gilt o Moralische Skrupel sind in dieser Phase nicht gefragt, sind sie doch dem Karrierismus der Zeit nur im Wege Der Goetheschen Definition folgend, steht im Mittelpunkt der Novelle ein bedeutsamer Einzelfall, der eine überraschende Wendung des Geschehens erfährt o Zufälle, ein plötzlicher Wandel oder paradoxe Widersprüche regieren das Geschehen und heben die Undurchschaubarkeit und Unberechenbarkeit menschlicher Erfahrung hervor o Schicksalhafte Begegnungen ersetzt D durch eine Welt der Pannen

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Das Geschehen ist auf einen engen Raum begrenzt, er umfasst nicht mehr als die Villa und ihre direkte Umgebung Die Natur geleitet das Prozessgeschehen, indem sie die Vorgänge der Villa unterstreicht oder ironisch kommentiert (Natur als Kommentar des Inhalt) o Fühlt Traps sich wie im Märchen, so liegt auch eine märchenhafte Stimmung über der Landschaft Dir Sprache ist konsequent gesetzt o Analytische Stringenz des Staatsanwalts  In direkter, spannungsgeladener Rede wird die Beweisführung des Staatsanwaltes vorgetragen, der alle Mittel der Rhetorik verwendet, um die Schuld des Angeklagten nachzuweisen  Mit einer genialen Kombinationsfähigkeit deutet er zufällige Begebenheiten in eine schlüssige Konsequenz um, wobei sich seine Beweisführung ausschließlich auf der Ebene der Fiktion bewegt, ein fast poetisches Konstrukt o Indirekte Rede des Verteidigers  Sein Plädoyer ist gänzlich in der ind. Rede gehalten, die völlig undramatisch bemüht ist, die Schuld eines Mandanten zu relativieren und ihn auf die Ebene eines typischen Durchschnittsmenschen zu nivellieren  unterbrochen durch Zwischenrufe, in denen Traps auf seinen Mord beharrt o Direkte Rede des Richters  Die Urteilsbegründung führt die poetische Konstruktion des Staatsanwaltes zu ihrem eigentlichen Höhepunkt, dem Todesurteil  Zwar könnte Traps durch die offizielle Justiz kaum verurteilt werden, anders sei dies auf der Ebene eines Kunstwerks  Der Richter beschwört eine groteske, schrullige, pensionierte Gerechtigkeit und beschreibt damit die Atmosphäre, die dieses Prozessspiel durchzieht D vergleicht das Aussehen der Greise mehrfach mit dem von Raben o...


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