Karl Marx Das Kapital Zusammenfassung Band 1 PDF

Title Karl Marx Das Kapital Zusammenfassung Band 1
Course HS/OS "Der Reichtum ist die Tugend (arete) des Besitzes" (Aristoteles) - Zum Begriff des Reichtums bei Aristoteles und Marx
Institution Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Karl Marx Das Kapital Zusammenfassung Band 1

Wintersemester 2018/2019...


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DAS KAPITAL. ERSTES KAPITEL. 1.1 Gebrauchswert, Tauschwert, Wert „Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine „ungeheure Warensammlung“, die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.“(49) Der materielle Reichtum in kapitalistischen Gesellschaften ist also in Warenform vorhanden, Arbeitsprodukte werden zum Verkauf produziert: auf diese Art und Weise werden Güter verteilt Was aber zeichnet eine Ware aus? Zunächst ist sie ein Ding, das irgendein menschliches Bedürfnis befriedigt; um was für ein Bedürfnis es geht, ist dabei ganz egal. Die Nützlichkeit eines Gegenstandes macht ihn zum Gebrauchswert. Gebrauchswerte verwirklichen sich in der Benutzung bzw. in der Konsumtion und sie bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums — unabhängig von der Form. (Ein Bier besitzt die Nützlichkeit, Durst zu löschen und betrunken zu machen, ob es als Ware für den Verkauf produziert wurde oder von mir für den Eigenbedarf oder als Geburtstagsgeschenk selbst gebraut.) Im Kapitalismus haben Dinge nicht nur einen Gebrauchswert — hier haben die nützlichen Gegenstände Warenform; der Gebrauchswert gilt zugleich als Träger des Tauschwerts. Dieser ist die Bedingung dafür, dass Dinge ausgetauscht werden können: Der Tauschwert erscheint als Austauschverhältnis von Gebrauchswerten, „die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen.“(50) „Mannigfache Tauschwerte … hat der Weizen statt eines einzigen.“ Eine Ware tauscht sich mit verschiedenen Waren in verschiedenen Proportionen, in ganz verschiedenen Ausdrücken wird also etwas gemeinsames ausgedrückt: Beide Waren sind gleich viel wert. Aber was soll das heißen? „Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus.“ (51) WAS? „Dies Gemeinsame kann nicht eine geometrische, physikalische, chemische oder sonstige natürliche Eigenschaft der Waren sein. Ihre körperlichen Eigenschaften kommen überhaupt nur in Betracht, soweit selbe sie nutzbar machen, also zu Gebrauchswerten. Andererseits aber ist es grade die Abstraktion von ihren Gebrauchswerten, was das Austauschverhältnis der Waren augenscheinlich charakterisiert.“(51f) Sachen, die außer ihrer Nützlichkeit — die subjektiv und daher nicht quantifizierbar ist — nichts gemeinsam zu haben scheinen, werden in bestimmter Proportion gleichgesetzt. Was haben Backpulver und Gabelstapler miteinander zu tun? Die einzige Eigenschaft, die die Waren gemeinsam haben, wenn man von ihrem materiellnützlichen Charakter abstrahiert, ist diejenige, Arbeitsprodukte zu sein. Jemand hat gearbeitet, um sie herzustellen. Abstrahiert man aber vom konkreten Gebrauchswert muss auch von der konkreten Arbeit abstrahiert werden, die ihn hergestellt hat. (Beton mischen, ist was anderes als Mikrochips bauen.) Mit dem konkret nützlichen Charakter der Produkte, mit ihrem Gebrauchswert, verschwinden auch die konkreten nützlichen Arbeiten. Als Wertbildner reduzieren sie sich nun auf „abstrakt menschliche Arbeit“(52): Anteil an gesellschaftlich notwendiger Arbeit zu haben, ist das Gemeinsame der Waren, ihre Wertsubstanz, die die Austauschbarkeit überhaupt erst ermöglicht. D.h. es ist gearbeitet worden, und zwar so, dass etwas, was für die Gesellschaft nützlich ist, dabei herauskommt. Was das konkret ist, ist auf 1

der Ebene des Tauschwerts irrelevant. Als materielle, nützliche Gegenstände sind die Waren Gebrauchswerte. Das Austauschverhältnis einer Ware zu einer beliebigen anderen bezeichnen wir als ihren Tauschwert. Den Austauschverhältnissen liegt der Wert zu Grunde, die „Vergegenständlichung“ abstrakt menschlicher Arbeit. Nur durch den Tauschwert (das Austauschverhältnis) als seine notwendige Ausdrucksform kann der Wert in Erscheinung treten. Messen lässt sich der Wert einer Ware durch das Quantum der abstrakt menschlichen Arbeit, die zur Herstellung derselben verausgabt wurde; dieses wiederum misst sich an der Zeitdauer. Veranschlagt wird dabei eine gesellschaftlich notwendige Durchschnittsarbeitszeit, die Dauer, die auf Grund des gesellschaftlichen Produktivkraftstandes zur Herstellung nötig ist. „Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich-normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.“(53) Die Substanz des Werts ist also die Arbeit. Sein Größenmaß ist die Arbeitszeit. 1.2 Doppelcharakter warenproduzierender Arbeit Der Doppelcharakter der Waren findet also sich auch in der Arbeit, die sie herstellt: So wie die Ware unterschiedlichen Charakters ist, je nachdem man sie nach ihrer Gebrauchswertseite (Nützlichkeit) oder ihrer Wertseite (Tauschbarkeit) betrachtet, so ist auch die Arbeit doppeldeutig, je nachdem man den nützlichen und konkreten Charakter der Arbeit betrachtet oder ihre abstrakte wertbildende Seite. Die wertbildende Arbeit ist die Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, bei der von jeder konkreten Eigenschaft abstrahiert wird. Nur als solche gelten die in den Waren vorhandenen Arbeiten als deckungsgleich. Wenn mehr Gebrauchswert geschaffen wird, steigt der materielle Reichtum (zwei Spülmaschinen statt einer), was aber nichts damit zu tun haben muss, dass auch mehr Wert geschaffen wird. Da der Wert vom Quantum der verausgabten abstrakt-menschlichen Arbeit abhängt, kann die Wertgröße der beiden Spülmaschinen gegenüber der einen Spülmaschine, die vorher gebaut wurde, konstant bleiben, wenn sich die Produktivkraft verdoppelt. Es geht ja um die Zeit; für die zwei Spülmaschinen ist gleich lang gearbeitet worden, daher sind sie gleich viel wert. Die abstrakt-menschliche Arbeit verteilt sich auf mehr Produkte; der Wert der einzelnen Ware sinkt. „Die nützliche Arbeit wird daher reichere oder dürftigere Produktenquelle im direkten Verhältnis zum Steigen oder Fallen ihrer Produktivkraft. Dagegen trifft ein Wechsel der Produktivkraft die im Wert dargestellte Arbeit an und für sich gar nicht. Da die Produktivkraft der konkreten nützlichen Form der Arbeit angehört, kann sie natürlich die Arbeit nicht mehr berühren, sobald von ihrer konkreten nützlichen Form abstrahiert wird. Dieselbe Arbeit ergibt daher in denselben Zeiträumen stets dieselbe Wertgröße, wie immer die Produktivkraft wechsle. Aber sie liefert in demselben Zeitraum verschiedene Quanta Gebrauchswerte, mehr, wenn die Produktivkraft steigt, weniger, wenn sie sinkt. Derselbe Wechsel der Produktivkraft, der die Fruchtbarkeit der Arbeit und daher die Masse der von ihr gelieferten Gebrauchswerte vermehrt, vermindert also die Wertgröße dieser vermehrten Gesamtmasse, wenn er die Summe der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit abkürzt. Ebenso umgekehrt.“ (60f) Gebrauchswerte können existieren, ohne Tauschwert zu werden. Allerdings ist der Gebrauchswert Voraussetzung für den Tauschwert. Wert entsteht unter der Voraussetzung, dass Gebrauchswerte für andere produziert und am Markt ausgetauscht werden können: Gibt es einen zahlungskräftigen Bedarf? D.h. ob Arbeit gesellschaftlich notwendig ist (also 2

wertbildend) stellt sich erst auf dem Markt heraus. Ob ich mit meiner Ware auf andere zugreifen kann, entscheidet sich erst nach ihrer Produktion. Der Tausch vermittelt das Verhältnis des Werts zur gesellschaftlichen Gesamtarbeit. Das Verhältnis, das Bedürfnisbefriedigung im Kapitalismus vermittelt, ist also ein Eigentumsverhältnis, das sich im Wert ausdrückt. Wert ist dabei das gesellschaftlich vermittelte Verhältnis, in dem sich zwei Waren gegenübertreten. Er gibt an, gegen welche Quantität eines anderen Produkts die betreffende Ware eingetauscht werden kann. Wert ist vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit und somit Verfügungsgewalt über Güter, die ebenfalls Produkt gesellschaftlich anerkannter Arbeit sind. Je größer die Menge Arbeit, über die ich verfüge, desto größer die Werte auf die ich zugreifen kann. Wer über die Arbeit verfügt, verfügt also über den Zugang zu Reichtum: Die kapitalistische Produktionsweise beruht darauf, dass Zugang zu Waren nur über eigene Waren stattfindet; diese müssen produziert werden und dafür benötigt man Produktionsmittel. Wer also über die Produktionsmittel verfügt, hat potenziell Zugang zu Reichtum. Menschen, die keine Produktionsmittel besitzen, müssen das einzige verkaufen, was sie anzubieten haben: ihre Arbeitskraft. Der Arbeiter hat keine Produktionsmittel, ohne sie bringt ihm auch seine Arbeitskraft nichts. Also verkauft er sie. Was aber ist der Wert seiner Arbeitskraft? Wie bei jeder anderen Ware durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die zu ihrer Produktion nötig ist. Also der Wert der Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um arbeiten zu können, wird ihm bezahlt. Da er aber lediglich die Kosten für den Erhalt seiner Arbeitskraft erstattet bekommt, kann er nichts aufsparen, kann aber auch über seine Arbeit nicht mehr verfügen, also auch keinen Zugang zu Reichtum bekommen. So reproduzieren sich die Verhältnisse immer wieder selbst. Aber wer soll dem Arbeiter seine Arbeitskraft abkaufen und warum? Der Kapitalist besitzt eine mehr oder minder große Wertsumme, die er investieren möchte, damit sie sich vermehrt. Eine Wertsumme, deren Zweck es ist, sich zu verwerten, d.h. mehr zu werden, ist Kapital. D.h. der Kapitalist geht nicht auf den Markt, um sich Waren zu kaufen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Der Kapitalist kauft Waren, um sie danach teurer zu verkaufen. Aber wie soll das funktionieren, das teurer-verkaufen — wenn auf dem Markt doch Äquivalententausch stattfindet? Wie kann das Kapital sich verwerten, mehr werden, wenn auf dem Markt gleiche Werte zu gleichen Werten getauscht werden? Es muss eine Ware gefunden werden, deren Gebrauchswert es ist, mehr Wert zu schaffen, als sie selber kostet, als also zu ihrer Produktion notwendig ist. Diese Ware ist die …Arbeitskraft. Durch den Kauf von Arbeitskraft verwandelt sich Geld in Kapital. Der Kapitalist kauft dem Arbeiter seine Ware ab, weil diese etwas Besonderes hat: Die Arbeitskraft hat die Eigenschaft mehr Wert zu schaffen, als sie selbst wert ist. Dies bezeichnet Marx als Ausbeutung: Der Arbeiter arbeitet länger, als die Zeit, die nötig ist, um den Wert seiner Lebensmittel zu produzieren6. Hat er den Gegenwert seines Lohns für den Kapitalisten produziert, geht der Rest seines Arbeitstages für die Mehrarbeit drauf, aus der der Kapitalist seinen Mehrwert zieht. Dabei werden die Gesetze des Warentausches nicht verletzt. Es ist lediglich ein Glück für den Kapitalisten, dass der Gebrauchswert und Tauschwert der Arbeitskraft so auseinanderfallen. Auf diesem Unterschied beruht die Mehrwertproduktion, also die Möglichkeit von Kapital sich zu verwerten, also letztlich die kapitalistische Produktionsweise: Kapitaleigentum besitzt die Eigenschaft, Kommando über die Arbeit anderer zu sein, wesentlich Kommando über unbezahlte Arbeit. Der Kapitalist muss, wenn er seine Werte in wirksames Kapital verwandeln will, sowohl Produktionsmittel als auch eigentumslose Lohnarbeiter auf dem Markt vorfinden. „Geld und Ware sind nicht von vorn herein Kapital, sowenig wie Produktions- und Lebensmittel. Sie bedürfen der Verwandlung in Kapital. … Zweierlei sehr verschiedene Sorten von 3

Warenbesitzern müssen sich gegenüber und in Kontakt treten, einerseits Eigner von Geld, Produktions- und Lebensmitteln, denen es gilt, die von ihnen geeignete Wertsumme zu verwerten durch Ankauf fremder Arbeitskraft; andererseits freie Arbeiter, Verkäufer der eignen Arbeitskraft und daher Verkäufer von Arbeit.“ (742) Marx geht es um Kapitalimuskritik; nicht um Kapitalistenkritik. Marx stellt Kapitalisten nicht als Zeitgenossen dar, die man liebhaben muss, aber er macht sie auch nicht für die Verhältnisse verantwortlich. Es handelt sich für ihn „um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen.“ Dies bezeichnet Marx mit dem Begriff der Charaktermaske: er will nicht die konkreten Personen angreifen, sondern die Verhältnisse, die dafür sorgen, dass es Kapitalisten auf der einen und Lohnarbeiter auf der anderen Seite gibt. Wert als sich selbst verwertender Wert, Kapital, ist das Prinzip, das dieser Gesellschaft zu Grunde liegt; darum geht’s hier. Die Anhäufung von immer mehr Kapital, Kapitalakkumulation.

Kapitel 1.3 Die Wertformanalyse Kapitel I. Abschnitt 3: Wertformanalyse „Wir kennen jetzt die Substanz des Werts. Es ist die Arbeit. Wir kennen sein Größenmaß. Es ist die Arbeitszeit. Seine Form, die den Wert eben zum Tausch-Wert stempelt, bleibt zu analysieren.“ (MEW23, 55(FN)) Wert…? Wert ist das gesellschaftlich vermittelte Verhältnis, in dem sich zwei Waren gegenüber treten. Waren, die gleich viel wert sind, gelten als gleich hoher Anteil an gesellschaftlicher Arbeit. Der Wert einer Ware ist ihre Austauschpotenz, der Gradmesser der gesellschaftlichen Zugriffsmacht. Je mehr Wert ich mein Eigentum nenne, desto größer ist meine private Zugriffsmacht auf den Reichtum der Gesellschaft.1 [kap1] 3. Die Wertform oder der Tauschwert (62) Um auf den Reichtum dieser Gesellschaft zugreifen zu können, benötige ich Geld. Die Waren werden dem Geld in bestimmter Proportion gleichgesetzt. Die Geldform ist die gemeinsame Wertform der Waren; die Form also, die der Wert der Waren annimmt. In diesem Abschnitt wird der GENESIS der Geldform nachgegangen. Dies ist nicht historisch, sondern analytisch zu verstehen. Es geht also nicht um die Frage: „Wie ist Geld entstanden?“, sondern darum, zu klären, was Geld eigentlich ist. „Was Marx herleitet, ist nicht die Existenz des Geldes – Geld gibt es –, sondern er stellt dar, was das Geld ist und warum es das Geld in der warenproduzierenden Gesellschaft notwendig gibt.“ (Iber, 49) Die bürgerliche Ökonomie sucht nicht nach dem Wesen des Geldes. Ihr geht es um die Funktionen, denn sie hält Geld für ein bloßes TAUSCHMEDIUM und begründen es auch so: „Die Verwendung von Geld im Tauschverkehr stiftet erheblichen Nutzen.“ oder: 4

„Die Probleme unmittelbarer Tauschakte werden durch Einführung des Geldes als generelles Tauschgut vermieden.“ Der Blick auf die Warenwelt zeigt: Alle Waren sind aufeinander bezogen. (Sie alle haben Preise, drücken also ihren Wert in einem bestimmten Quantum Geld aus.) Marx stellt nun zunächst zwei Waren aus der Warenwelt scheinbar einander gegenüber. Was kann man dabei über sie erfahren? A. Einfache, einzelne oder zufällige Wertform „x Ware A = y Ware B“ oder „x Ware A ist y Ware B wert“ (20 Ellen Leinwand = 1 Rock“ oder „20 Ellen Leinwand sind 1 Rock wert) Der Wert der Leinwand kann nur relativ dargestellt werden, d.h. in Beziehung zu anderer Ware. Das, was die Ware A zur Ware macht, ihr Wert, kann nur dargestellt werden in der Beziehung auf eine andere Ware. Ohne diese wäre die Ware A ein einfacher Gegenstand. Die Leinwand befindet sich daher in „relativer Wertform“. Der Rock funktioniert in dieser Gleichung als Äquivalent, er befindet sich also in „Äquivalentform“. Am einzelnen Gebrauchswert ist der Wert nicht zu fassen, eine gegenständliche Form erhält er erst im Wertausdruck: Die Ware, die sich in Äquivalentform befindet, gilt jetzt als die Verkörperung des Werts der Ware, die sich in relativer Wertform befindet. Ware B (Rock, als Träger von Wert: in ihm steckt abstrakt-menschliche Arbeit) in Äquivalentform verkörpert den Wert der Ware A (Leinwand, die sich in relativer Wertform befindet). Im Wertausdruck gilt der Gebrauchswert des Rockes als Verkörperung von Wert: Rockform ist Wertform. Vermittels des Wertverhältnisses wird der Körper der Ware B zum Wertspiegel der Ware A. Die Wertform hat also nicht nur Wert überhaupt, sondern Wertgröße auszudrücken: Im Rock steckt eben so viel Wertsubstanz wie in der Leinwand: beide Warenquanta kosten gleichviel Arbeitszeit. Darüber hinaus ist keine quantitative Wertbestimmung möglich – die Äquivalentform einer Ware ist „nur“ die Form ihrer unmittelbaren Austauschbarkeit mit anderer Ware. Im Wertausdruck wird Gebrauchswert zur Erscheinung seines Gegenteils, des Werts. D.h. die Ware gilt in ihrer Gebrauchswertrealität als Wert. Indem Gebrauchswert zur Erscheinung von Wert wird, erscheint etwas „rein gesellschaftliches“, ihr Wert, in natürlicher, dinglicher Gestalt. Die Äquivalentform führt somit zur „Verdinglichung“, zur „Naturalisierung“ von etwas rein Gesellschaftlichem; daher das Rätselhafte der Äquivalentform: Der Rock vertritt im Wertausdruck der Leinwand eine „übernatürliche“ Eigenschaft beider Dinge: ihren Wert. Ein gesellschaftliches Verhältnis erscheint also als eine Eigenschaft des Rockes. Isoliert betrachtet ist die zweite Ware genauso Gebrauchswert, wie die erste. Innerhalb des Wertausdrucks spielt sie aber eine spezifische Rolle: unmittelbare Verkörperung von Wert. Nur weil der Wert die Form eines Rockes annimmt, erhält der Wert der Leinwand eine gegenständliche Form, ihr Wert wird fassbar, sichtbar, messbar als eine bestimmte Menge Rock. Wert ist etwas rein gesellschaftliches, er drückt die gleiche Gültigkeit zweier ganz verschiedener Arbeiten aus, also ein gesellschaftliches Verhältnis: dies erhält in der Äquivalentform die Gestalt eines Dings: Rock ist innerhalb des Wertausdrucks Verkörperung von Wert. „Eigentümlich“ an der Wertform ist gerade das, was sie einem normalen Maßverhältnis unterscheidet: dass die Ware, mittels welcher Wert ausgedrückt wird, nicht einfach als Maßstab, sondern als unmittelbare Verkörperung von Wert gilt. Im Verlaufe der Wertformanalyse zeigt sich, wie das gesellschaftliche Prinzip Eigentum als das natürlichste der Welt erscheint: Sachen haben Wert. Das ist eine Eigenschaft, wie es die Eigenschaft des Geldes ist, Wert zu haben und somit auszudrücken. (Das ganze wird im vierten Abschnitt im 5

Fetischkapitel expliziert.) Salopp: Rock und Leinwand sind gleich viel Wert, weil sie gleich viel „Geld an sich ziehen“ und das tun sie, weil sie „gleich viel“ abstrakte Arbeit enthalten. Das stellt sich aber erst auf dem Markt heraus, ob Wert entstanden ist, ob es sich um abstrakt menschliche Arbeit handelt. Die „Menge“ abstrakt-menschlicher d.h. gesellschaftlich -notwendiger Arbeit wird erst mit dem Geld festgestellt. Also nicht: Die „Menge“ abstrakt-menschlicher Arbeit bestimmt den Wert, sondern umgekehrt: Gelingt es, die Ware zu verkaufen, zeigt sich, dass Wert (Zugriffsmacht auf gesellschaftlichen Reichtum) hergestellt wurde. Marx will nachweisen, dass Warenproduktion und Geldform sich nicht trennen lassen, d.h. dass Geld mehr als nur ein praktisches Hilfsmittel ist. Ihm geht es darum, zu zeigen, dass die Existenz von Warentausch und die Existenz von Geld einen immanenten, notwendigen Zusammenhang aufweist. Eine Ware ist qua ihres Werts Mittel, um auf andere Waren zugreifen zu können. Eine einzelne Ware kann aber nicht unmittelbar auf alle anderen Waren zugreifen. Um wirkliche Zugriffsmacht zu sein, muss ihr Wert selbstständig dargestellt werden können: Im Tauschwertausdruck: im Geld. Es liegt im Begriff der Ware, einen Preis zu haben.

Noch einmal zum Kap. 1.3: Die Wertformanalyse (eine etwas modifizierte Zusammenfassung) Wertformanalyse – Teil 2 (77-85) Ausgangslage Nachdem Marx zunächst in den ersten beiden Abschnitten des 1. Kapitels den Wert, die Wertsubstanz (abstrakt menschliche Arbeit) und die Wertgröße (gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeitszeit) hinreichend bestimmt hat, fragt er nun im 3. Abschnitt nach der Form, in der sich der Wert ausdrückt. Beginnend bei der einfachen, einzelnen oder zufälligen Wertform diskutiert er die unterschiedlichen, auseinander hervorgehenden Wertformen. Er zeigt dabei die Mängel der einzelnen Wertformen auf und kommt zu dem Schluss, dass erst in der Geldform der Wert umfassend dargestellt ist. Ich werde nun versuchen diese Argumentation nachzuzeichnen. Dazu diskutiert er zunächst die einfache Wertform oder Form I. (63-76) Er kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass diese den Wert nur unzureichend darstellt: „Der Ausdruck in irgendwelcher Ware B unterscheidet den Wert der Ware A nur von ihrem eigenen Gebrauchswert und setzt sie daher auch nur in ein Austauschverhältnis zu irgendeiner einzelnen von ihr selbst verschiedenen Warenart, statt ihre qualitative Gleichheit und quantitative Proportionalität mit allen andren Waren darzustellen.“ (76) Totale oder ...


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