Kurs-1870 KE-1 Grundlagen PDF

Title Kurs-1870 KE-1 Grundlagen
Course Informationsvisualisierung im Internet (nur online)
Institution FernUniversität in Hagen
Pages 59
File Size 2.1 MB
File Type PDF
Total Downloads 179
Total Views 399

Summary

Kurseinheit 1: Grundlagen01870Informationsvisualisierung im InternetDer Inhalt dieses Dokumentes darf ohne vorherige schriftliche Erlaubnis durch die FernUniversität in Hagen nicht (ganz oder teilweise) reproduziert, benutzt oder veröffentlicht werden. Das Copyright gilt für alle Formen der Speicher...


Description

Kurseinheit 1: Grundlagen

Gerald Jäschke, Dr. Daniel Biella, Prof. Dr. Dieter Meiller, Dr. Paul Landwich, Dr. André Triebel, Christian Danowski-Buhren, Prof. Dr. Matthias Hemmje

01870 Informationsvisualisierung im Internet

Der Inhalt dieses Dokumentes darf ohne vorherige schriftliche Erlaubnis durch die FernUniversität in Hagen nicht (ganz oder teilweise) reproduziert, benutzt oder veröffentlicht werden. Das Copyright gilt für alle Formen der Speicherung und Reproduktion, in denen die vorliegenden Informationen eingeflossen sind, einschließlich und zwar ohne Begrenzung Magnetspeicher, Computerausdrucke und visuelle Anzeigen. Alle in diesem Dokument genannten Gebrauchsna-men, Handelsnamen und Warenbezeichnungen sind zumeist eingetragene Warenzeichen und urheberrechtlich geschützt. Warenzeichen, Patente oder Copy-rights gelten gleich ohne ausdrückliche Nennung. In dieser Publikation enthaltene Informationen können ohne vorherige Ankündigung geändert werden.

Website: moodle-wrm an der FernUni Lernumgebung: Informationsvisualisierung im Internet (01870) - SS 2021 Buch: Kurseinheit 1: Grundlagen Gedruckt von: Jennifer Cappel-Laubenheimer

Datum:

Mittwoch, 3. März 2021, 08:15

Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkungen und Lernziele 2. Motivation und Einführung 3. Ursprünge und Entwicklung der Informationsvisualisierung 4. Informationsdialoge - Mensch-Maschine-Interaktion mit Informationssystemen 5. Modelle zur Informationsvisualisierung 6. Daten- und Datentransformationen 7. Visuelle Abbildung 7.1. Struktur-Abbildungen 7.2. Attribut-Abbildungen 7.3. Visuelle Skalierbarkeit 8. Visuelle Wahrnehmung und Kognition 8.1. Visuelle Wahrnehmung von Bildschirmen und deren Auflösungen 8.2. Ein Modell für die visuelle Informationsverarbeitung 8.3. Elementare visuelle Wahrnehmung 8.4. Zeitschranken der Wahrnehmung 8.5. Kognitionsunterstützung und kognitive Verstärkung 9. Der Begriff der Informationsvisualisierung 10. Interaktionen und Interaktionstechniken 10.1. Interaktionen 10.2. Selektionstechniken 10.3. Navigationstechniken 10.4. Übersicht und Detail 10.5. Fokussierungstechniken 10.6. Interaktionstechniken in multiplen Sichten 10.7. Interaktionstechniken innerhalb der Informationsvisualisierung 10.8. Interaktionskategorien 11. Zusammenfassung 12. Literaturverzeichnis 13. Abbildungen und Tabellen 14. Lösung der Selbsttestaufgaben

1. Vorbemerkungen und Lernziele Dies ist die erste Kurseinheit des Kurses 1870 „Informationsvisualisierung im Internet“. Der Kurs ersetzt die Kurse 1871+1872 „Informationsvisualisierung im Internet I + II“ vollständig, baut auf deren Struktur und Inhalten auf und aktualisiert diese um wesentliche Inhalte aus dem Bereich X3D. Dank gilt an dieser Stelle den ehemaligen Fernstudenten und Doktoranden Dieter Meiller, Paul Landwich, Andre Triebel, und Christian Danowski-Buhren für die vorliegenden Kursinhalte. Die adäquate Repräsentation und visuelle Präsentation von abstrakten Daten bildet eine wichtige Grundlage für deren effektive Wahrnehmung, deren Verständnis und deren Nutzung, z. B. zum Zwecke der Information oder der Entscheidungsunterstützung. Die Verwendung geeigneter Modelle, Methoden, Visualisierungstechniken und korrespondierender technischer Standards zur Unterstützung automatisierter Informationsvisualisierung erleichtert dabei die Entwicklung von Informationsvisualisierungssoftware, von visuellen Benutzungsschnittstellen zu Informationssystemen und ganz generell von maschinenlesbaren und maschinell darstellbaren und nutzbaren Informationsvisualisierungen sowie deren Wahrnehmung, Bearbeitung, Nutzung und Austausch zwischen Menschen, zwischen Menschen und Maschinen sowie zwischen Maschinen. Solche Grundlagen stellen ein gemeinsames Grundverständnis unabhängig von einer individuellen Ausgestaltung einer Informationsvisualisierungsanwendung sicher und ermög-lichen damit auch die Realisierung interaktiver, dynamischer und damit zum einen schnell wechselnder bzw. sich schnell verändernder Anwendungen von Informationsvisualisierungen, die in unserer durch das Internet global vernetzten und sich kontinuierlich veränderten Welt immer weiter an Bedeutung gewinnen. Der Schwerpunkte dieses Kurses Ein wichtiges Ziel des Kurses ist es, in die Historie, die wesentlichen Grundlagen, Methoden und Techniken sowie in die Anwendung und aktuelle Entwicklung von Informationsvisualisierungen einzuführen sowie Kenntnisse zu visuellen Benutzungsschnittstellen für Informationssysteme im Internet unter Nutzung der verschiedenen Ebenen des World Wide Web zu vermitteln. Zunächst werden allgemeine Grundlagen und Modelle für die Informationsvisualisierung sowie wesentliche Begrifflichkeiten und Methoden vorgestellt. Der Informationsvisualisierungsbegriff wird erläutert und das Referenzmodell der Informationsvisualisierung eingeführt. Im weiteren Verlauf werden systematisch verschiedene Klassen von Informationsvisualisierungstechniken anhand von Beispielen vorgestellt und Methoden zur Evaluation von Informationsvisualisierungen erläutert bevor sich eine Vorstellung von Informationsvisualisierungsarchitekturen und –Technologien anschließt. Durch die immense Zunahme bei Zahl, Umfang und Funktionsbereich von Informationsvisualisierungstechnologien, deren Anwendungen und deren Implementierungen beschränkt sich dieser Kurs jedoch durch die Vermittlung rudimentärer Grundlagen von X3D auf die überblicksartige Einführung in eine bespielhafte und grundlegende Informationsvisualisierungstechnologie. Die Rasanz der Entwicklung auf diesem Gebiet erlaubt es nicht, das Kursmaterial immer vollumfänglich bzgl. einer und schon gar nicht bzgl. aller aktuellen Visualisierungstechnologien auf dem aktuellsten Stand zu halten. Das Kursmaterial konzentriert sich daher auf den wichtigsten der aktuell gültigen W3C-Visualisierungsstandards und die Versionen davon, die in der Praxis eine grundlegende und somit wesentliche Rolle für das Verständnis der Thematik spielen. Den schnellsten Zugang zum aktuellen Stand aller Standardisierungsprojekte des W3C finden Sie über die Adresse https://www.w3.org/TR/ . Lernziele Das hauptsächliche Lernziel dieses Kurses ist der Erwerb der Kenntnisse über die konzeptuellen Grundlagen, Modelle und Methoden der Informationsvisualisierung wie auch von praktischer Kompetenz und Handlungsfähigkeit im Bereich von X3D als Kodierungsstandard und damit einer relevanten aktuellen Informationsvisualisierungstechnologie im Internet. Nach Bearbeitung des Kurses sollten die besprochenen Konzepte und Technologien gründlich bekannt sein. Einfache Informationsvisualisierungen sollten in X3D

erstellt werden können. Eine Übersicht über die zur Verfügung stehenden Modelle, Methoden und Vorgehensweisen für die Entwicklung von Informationsvisualisierungssoftware sollte bekannt sein und mit einer wesentlichen von diesen Technologien sollten auch praktische Erfahrung gesammelt werden. Der Kurs soll dazu befähigen, Projekte mit zu konzipieren, technisch zu betreuen und durchzuführen, die die Erstellung und Evaluation von Informatiosvisualisierungssystemen im Internet zum Ziel haben. Ein weiteres sehr wichtiges erstes Lernziel dieses Kurses betrifft das Referenzmodell der Informationsvisualisierung. Das Modell soll verinnerlicht und seine Bedeutung im Kontext der Informationsgesellschaft und der automatischen Informationsverarbeitung beurteilt werden können. Nach dem Durcharbeiten des Kurses sollten Sie wissen, dass Informationsvisualisierungen innerhalb von unterschiedlichsten Anwendungssystemen automatisiert erstellt und bearbeitet werden können. Es soll darüber hinaus vermittelt werden, wie Internettechnologien im Bereich der Visualisierung von Information das Potential, welches im Referenzmodell der Informationsvisualisierung steckt, realisieren und wie diese Erkenntnisse von Ihnen auch praxisbezogen angewendet werden können. Zu den vorgestellten Thematiken und Inhalten ist jeweils eine systematische und grundlegende Darstellung vorgesehen, die bei besonders zentralen Themen um Übersichtstabellen ergänzt wird. Daneben wird auf die Originalspezifikationen des W3C sowie auf reichlich vorhandenes tutorielles Material im Internet selbst verwiesen. Die im Kurs eingeführten Informationsvisualisierungsmethoden und -technologien werden im Text ausführlich durch Beispiele illustriert. Jedes Beispiel ist für sich lauffähig. Der Code wird in elektronischer Form zur Verfügung gestellt, sodass dieser ausprobiert und auch selbst modifiziert werden kann. Darüber hinaus kann der Lernfortschritt fortlaufend anhand von in den Text eingestreuten Selbsttest-aufgaben überprüft werden. Formalia Um die Praxisteile dieses Kurses bearbeiten zu können, wird ein Arbeitsplatzrechner mit Internetzugang benötigt. Darüber hinaus benötigen Sie Grundkenntnisse im Umgang mit einem Betriebssystem und Sie sollten die Möglichkeit haben, mit einem Texteditor einfache X3D-kodierte Textdokumente im ASCIIFormat zu erstellen bzw. zu bearbeiten und abzuspeichern. Als Texteditoren kommen Programme wie Notepad, vi, Edit oder Emacs in Frage. Bitte aktualisieren Sie auch Ihren Internetbrowser. Der Umgang mit Navigation und Suche im Internet wird als bekannt vorausgesetzt.

2. Motivation und Einführung Dieser Text beinhaltet die erste Kurseinheit des Kurses 1870 „Informationsvisualisierung im Internet“. Diese Kurseinheit motiviert das Thema Informationsvisualisierung und führt in grundlegende Begrifflichkeiten und Eigenschaften der Informationsvisualisierung ein. Dabei stellt sie eine relevante Auswahl der Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung und Literatur zum Thema Informationsvisualisierung anhand deren historischer Entwicklung vor. Das Ziel der Informationsvisualisierung ist es, abstrakte Daten grafisch so zu repräsentieren, dass strukturelle Zusammenhänge und relevante Eigenschaften der Daten intuitiv erfasst werden können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die Wahrnehmung, das Verständnis, die Exploration und damit insgesamt die Interaktion mit unbekannten Datenmengen unterstützt werden.

Informationsvisuali‐ sierung

3. Ursprünge und Entwicklung der Informationsvisualisierung Betrachtet man sich die Geschichte der Informationsvisualisierung, so kann man feststellen, dass es eine Visualisierung von abstrakten Datenmengen bereits schon seit längerer Zeit gibt (s.Tabelle 1-1).

1786:

erste Arbeiten mit grafischen Mitteln

1967:

Basiselemente von Diagrammen

1977:

von statistischen zu dynamischen Grafiken

1985:

NSF: wissenschaftliche Visualisierung

1985:

Grafik-Hardware

1989:

Informationsvisualisierung

Tabelle 1-1 Geschichte der Informationsvisualisierung

Obwohl der Begriff der Informationsvisualisierung auch auf nicht digitale Repräsentationen von Information angewendet werden kann, wird er heute eigentlich nur in Zusammenhang mit der digitalen Datenverarbeitung verwendet. So wurden bereits 1786 erste Arbeiten im Bereich der Visualisierung von abstrakten Datensätzen mithilfe grafischer Hilfsmittel durchgeführt. Im Jahre 1967 gab es erste Veröffentlichungen im Bereich der Informa‐ tionswissenschaften über die Basiselemente von Diagrammen. Diese wurden fortgeführt mit der Forschung und Beschreibung von statischen und dynamischen grafischen Komponenten für Diagramme. Innerhalb der NSF (National Science Foundation) wurde in Amerika ab dem Jahr 1985 das Konzept der wissenschaftlichen Visualisierung zum Gegenstand der Forschung in der Informatik. Denn ab diesem Zeitpunkt erlaubte es die Hardware fortgeschrittener Rechnersysteme Visualisierungsaufgaben auch in Echtzeit zu erfüllen. Erste grafische Benutzungsoberflächen wurden entwickelt. Aber erst Ende der 80er Jahre wurde mit dem Aufkommen sehr leistungsstarker 3D-grafischer-Visualisierungshardware auch in Endbenutzersystemen wie Personal Computern (PC) und Workstations der Begriff der Informationsvisualisierung in der Informatik sowie im Forschungsfeld Mensch-Maschine-Kommunikation und Informationssysteme erstmals definiert. Zusammenfassend können wir also sagen, dass Methoden der Visualisierung von Information schon seit langem Verwendung finden, um menschliche Denkprozesse zu unterstützen und das visuelle Wahr‐ nehmungsvermögen zu nutzen, damit kognitive Prozesse effizienter gestaltet werden können. Dabei wurden zunächst Methoden der Visualisierung physikalischer Daten im wissenschaftlichen Bereich (Darstellung von großen Messwertmengen) verwendet. Erst mit dem Aufkommen von leistungsfähiger 3-DComputergrafikhardware wurden Visualisierungsansätze auch für abstrakte Datensätze in Betracht gezogen und um Echtzeitanimations- und Interaktionsfunktionalitäten ergänzt. Damit war der Begriff Informations‐ visualisierung als die Visualisierung abstrakter Daten in der grafischen Benutzungsschnittstelle zu Informationssystemen geboren. Im weiteren Verlauf der Kurseinheit werden wir uns nun mit einigen grundlegenden Konzepten beschäftigen, die mit dem Begriff der Informationsvisualisierung verbunden sind.

4. Informationsdialoge - Mensch-Maschine-Interaktion mit Informationssystemen Schaut man sich Informationssysteme im World Wide Web (WWW) an, so findet man dort Benutzungsschnittstellen, die auf der Grundlage grafischer Benutzungsoberflächen durch die Verwendung von Hypertext-, Formblatt-, und Listenparadigmen realisiert sind. Dort werden elementare Informationsstrategien von Benutzern wie etwa das Navigieren und Stöbern (engl. Browsing) und das gezielte Suchen (engl. Searching) unterstützt. In diesem Anwendungsfeld kann Informationsvisualisierung eine ergänzende Unterstützung für einen kognitiv effizienteren Informationsdialog zwischen Informationssystem (IS) und Benutzer anbieten.

Abbildung 1-1: Gegenstände der Interaktion im Informationsdialog (Hemmje, 1999, Seite 66)

Die Abbildung stellt die innerhalb eines suchenden Informationsdialoges verwendeten konzeptuellen Typen von Informationsmengen und damit die besondere Herausforderung an die Informationsvisualisierung innerhalb der Benutzungsschnittstelle zu einem Informationssystem zur Unterstützung eines solchen Informationsdialoges dar. Dort sind die Gegenstände der Interaktion im Informationsdialog abgebildet. Zunächst ist dazu die Inhaltsmenge zu nennen, in der sich alle Informationsobjekte (Daten, Dokumente etc.) befinden, die vom Informationssystem verwaltet und über die Benutzungsschnittstelle dem Benutzer zugänglich gemacht werden. Weiterhin findet sich eine Abbildung der so genannten Interessensmenge, in der sich alle Informationsobjekte befinden, die potentiell für das Informationsbedürfnis des Benutzers relevant sind. Relevant bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Inhalte der Informationsobjekte innerhalb der Interessensmenge dazu geeignet sind, das Informationsbedürfnis des Benutzers, das dieser hat, um eine Aufgabe zu erfüllen oder ein Problem zu lösen, partiell oder vollständig zu erfüllen. Die Schnittmenge aus der Inhaltsmenge, die vom System verwaltet wird, und aus der Interessensmenge, auf die der Benutzer gerne zugreifen würde, ist die so genannte Relevanzmenge. Gegenstand des Informa‐ tionsdialoges ist es, im Verlauf der Interaktion zwischen Informationssystem und Benutzer über die Benutzungsschnittstelle die Relevanzmenge freizulegen. Dazu wird im Verlauf des Informationsdialoges eine Reihe von Interaktionen durchgeführt, welche einen so genannten „explorativen“ Charakter haben. Das bedeutet, dass entweder durch Navigation, durch Such‐ anfragen oder durch andere Explorationsaktivitäten, die vom Benutzer an der Schnittstelle ausgeführt werden, Mengen von Informationsobjekten aus der Inhaltsmenge herausgefiltert bzw. gesucht werden und

dem Benutzer als so genannte Ergebnismengen angezeigt werden. In der Abbildung erkennt man beispielhaft drei Ergebnismengen (r1, r2, r3), die Gegenstand eines Informationsdialoges waren und zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb des Dialoges entstanden sind. Da die Suchfunktionalitäten von Informationssystemen meistens auf der Grundlage von automatischen Mechanismen implementiert werden, welche die Relevanz eines Informationsobjektes durch mathematische Methoden anzunähern versuchen, sind die Ergebnismengen, die geliefert werden, in aller Regel nicht tatsächlich vollständig relevant für das Benutzerinteresse. Aus diesem Grund überlappen sich die Ergebnismengen in der Praxis auch nur in Teilen mit der gewünschten Relevanzmenge. Die Schnittmenge zwischen den Ergebnismengen und der Relevanzmenge wird oft als Kernmenge oder Kontextmenge des Informationsdialoges bezeichnet. Diese Kernmenge auf die gesamte Relevanzmenge auszudehnen und damit alle relevanten Informationsobjekte innerhalb des Informationsdialoges über die Benutzungsschnittstelle dem Benutzer bereitzustellen, ist das Ziel des interaktiven Informationsdialoges zwischen Benutzer und Informationssystem.

Abbildung 1-2: Aktivitäten und Strukturen der Interaktion im Informationsdialog (Hemmje, 1999, Seite 73)

In der Abbildung ist zu erkennen, dass auch die strukturellen Eigenschaften des Informationsdialoges eine Herausforderung an die Benutzungsschnittstelle und die dortigen Unterstützungsmechanismen für den Benutzer darstellen. Der Informationsdialog spielt sich strukturell auf mindestens drei Ebenen ab, die zum Ziel haben, das Informationsbedürfnis des Benutzers zum einen in eine so genannte Informationsanforderung zu überführen. Dies ist in der Regel ein maschinenlesbarer Anfrageausdruck, der das Informationsbedürfnis des Benutzers so repräsentiert, dass es automatisch durch einen Information-Retrieval-Algorithmus verarbeitet und mit einer Ergebnismenge beantwortet werden kann. Innerhalb der Abbildung 1.2 ist weiterhin zu erkennen, dass im Vorfeld der Formalisierung der Anfrage mehrere Aktivitäten des Benutzers und damit mehrere korrespondierende Transformationsschritte vom Benutzerinformationsbedürfnis hin zu einer formalisierten Anfrage notwendig sind. Diese Informationsaktivitäten werden als Anfragekonstruktion bezeichnet und erzeugen beim Benutzer eine kognitive Belastung. Informationsvisualisierung kann hier eingesetzt werden, um diese Belastung zu reduzieren. Zunächst hat der Benutzer also in der Anfragekonstruktion die Aufgabe, sein Informationsdefizit (engl. (Anomalous State of Knowledge, ASK) und damit sein Informationsbedürfnis besser zu identifizieren und, sobald dies gelungen ist, dieses in eine formale Informationsanforderung innerhalb der Benutzungs‐ schnittstelle des Informationssystems zu überführen.

Auf der Grundlage dieser Informationsanforderung generiert das System durch Such- und Filtermechanismen auf der Datenmenge der zugrunde liegenden Informationskollektion eine Ergebnismenge von Informationsobjekten, die dem Benutzer, meistens in Form einer Ergebnisliste, präsentiert wird. Die Inhalte dieser Liste sind vom Benutzer nun zunächst wahrzunehmen und bezüglich ihrer informationellen Inhalte zu untersuchen und zu interpretieren. Dabei wird der Benutzer eine Relevanzanalyse durchführen und entscheiden, inwieweit die gefundenen Objekte tatsächlich für seine Informationsanforderung bzw. für sein Informationsbedürfnis relevant sind. Da die Abdeckung der Ergebnismenge bezüglich der gewünschten Relevanzmenge in aller Regel nur partiell ist, wird der Benutzer seine Informationsanforderung in den allermeisten Fällen umformulieren, um sein Informationsbedürfnis vollständiger oder präziser gegenüber dem System auszudrücken und eine neue Suchbzw. Filterungsanfrage an das System schicken. Aus diesem Grund haben viele Informationsdialoge einen iterativen Charakter, d. h. innerhalb des Informationsdialoges gibt es mehrere Unterdialoge, die einen Verfeinerungs- oder Klärungscharakter haben. Auch hier kann Informationsvisualisierung wesentliche Hilfestellung bei der Konstruktion der Informationsanforderung, aber auch bei der Wahrnehmung der Ergebnismenge und deren Inhalte anbieten. Die Aktivitäten des Benutzers innerhalb des Informationsdialoges sind dabei, wie in der Abbildung aufgezeigt, nicht alleine auf direkte Informationsaktivitäten, die zum Ziel haben, eine Informations‐ anforderung an das System zu übermitteln oder erhalte...


Similar Free PDFs