Modelllernen-Zusammenfassung (wichtiges Thema) PDF

Title Modelllernen-Zusammenfassung (wichtiges Thema)
Author Patricia Sunshine
Course Psychologie Erziehungswissenschaften
Institution Ludwig-Maximilians-Universität München
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Summary

Zusammenfassung eines wichtigen Themas für das Staatsexamen in Psychologie...


Description

Modelllernen (Sozial-kognitive Lerntheorie)

1.

Definitionen Beobachtungslernen (Tausch & Tausch, 1971): „Unter Beobachtungslernen (Modelllernen) ist zu verstehen, dass sich das Verhalten eines Individuums auf Grund der Wahrnehmung von Verhaltensweisen anderer Personen (so genannte Modelle) oder auf Grund verbaler Darstellung über das Verhalten anderer Personen ändert, und zwar in Richtung größerer Ähnlichkeit mit der beobachteten oder auf Grund verbaler Übermittlung vorgestellten Verhalten.“ nach Schermer: „Erwerb oder Veränderung von Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells, das entweder real oder symbolisch gegeben sein kann.“ 2. Theorie Soziale Lerntheorien und kognitive Theorien -> Verhalten wird von der Umwelt beeinflusst. Betonung kognitiver Prozesse, denkender Geist Beispiel: Lehrkräfte können einen positiven emotionalen Umgang mit eigenen Fehlern und eigener Unzulänglichkeit modellhaft vorleben, sowie ihre eigenen Anstrengungen, ihre Emotionen zu regulieren, zur Lernerfahrung für Schüler werden lassen. Es wird expliziter zwischen Lernen und Verhalten unterschieden: Lernen = Erwerb symbolischer Repräsentationen in sprachlicher oder bildlicher Form, die später als Leitlinien für Verhalten dienen können. Es ist möglich, dass Lernprozesse stattfinden, die nicht direkt im Verhalten zum Ausdruck kommen. In der Schule: Leistungen die ein Schüler unter Prüfungsbedingungen erbringt müssen nicht notwendigerweise ein Abbild seines bisherigen Lernens sein. (Prüfungsangst kann beispielsweise die Wiedergabe hemmen) Es wird nicht nur aufgrund der Konsequenz eigenen Verhaltens, sondern auch durch stellvertretende Verstärkung gelernt. Dieses Lernen ist sehr effizient, denn der Lernende muss seine Erfahrung nicht umständlich durch Versuch und Irrtum sammeln, sondern kann durch Beobachtung vergleichsweise schnell komplexe Verhaltensweisen lernen und ausführen. (Bandura) Verstärkungen besitzen aus sozial-kognitiver Sicht eine andere Funktion als beim operanten Konditionieren: Sie informieren Beobachter über den Wert oder die Angemessenheit bestimmter Verhaltensweisen. Beispiel: Lob und Tadel vom Lehrer -> Schüler lernen durch Beobachten, welche Handlungen toleriert werden und welche nicht. Banduras sozial-kognitive Lerntheorie Er gilt als der Begründer der sozial-kognitiven Lerntheorie: Soziale Verhaltensweisen; Kognitive Prozesse(Aufmerksamkeit, Interpretation, Verarbeitung) „Die Menschen müssten ihre Meinung ändern, wie Wetterfahnen ihre Richtung, um sich den Launen anderer anpassen zu können.“ (Bandura 1977) Laut Bandura: Mensch ist aktiv am Lernprozess beteiligt, nimmt Informationen und Reize auf und verarbeitet diese gedanklich, bevor er reagiert. Komplexe Interaktion zwischen individuellen Faktoren, Verhaltensweisen & Umweltreizen = Wechselseitiger (reziproker) Determinismus Beispiel: Aggressives Kind erwartet Feindseligkeit der anderen -> Kind aggressiver -> andere tatsächlich aggressiver -> Erwartung bestätigt, möglich Verstärkung (Bell-Gredler, 1986) Nach Bandura lernt der Mensch nicht nur durch Auswertung von Verhaltenskonsequenzen, sondern auch durch Beobachtung (= Modelllernen) anderer, macht sich Erfahrungen, die andere gewonnen haben, zunutze.

Phasen/Prozesse des Beobachtungslernens (Verarbeitungsprozesse des Modelllernens) (Bandura, 1986)

Vier-Prozess-Modell: 4 Prozesse bestimmen den Umfang des Imitierens: Aufmerksamkeit, Gedächtnis/Erinnerung, Reproduktion, Motivation a) Aufmerksamkeit Prozess, der aus dem gesamten Reizangebot der Umwelt eine Auswahl für die weitere Verarbeitung vornimmt. Maximale Aufmerksamkeit, wenn das Modell kompetent, freundlich und mächtig ist. Beobachter: Emotional erregt, engagiert, abhängig, Zweifel über angemessenes Verhalten Lehrkräfte erfüllen meist diese Voraussetzungen: Kompetent im Fachwissen, freundliche Beziehung zu Schülern, begeisterungsfähig (sprachliche Äußerung und Gestik/Mimik). Wenn er die Schüler in hohem Maße mitreißen kann -> Schüler haben Interesse am Stoff -> Einsicht, dass Lernen sinnvoll ist. b) Gedächtnis Vor der Nachahmung des beobachteten Verhaltens muss es ins Gedächtnis transferiert und dort gespeichert werden. [in bildlicher und/oder sprachlicher Form]. Um das erlernte Verhalten zu behalten ist Wiederholen erforderlich c) Reproduktion In dieser Phase wird man durch Selbstbeobachtung oder objektive Rückmeldung (feedback) auf Fehler aufmerksam. Lehrer sollte in dieser Phase keine negativen Bewertungen vornehmen! (nur informative Rückmeldung!). Im Schulalltag häufig keine korrekte Reproduktion, da Schüler ihre Aufmerksamkeit nicht auf alle Aspekte der Lehrerdemonstration richten. d) Motivation Ob ein beobachtbares Verhalten nachgeahmt wird, hängt von der Motivation des Lernenden in einer gegebenen sozialen Situation ab. 3 Formen der Verstärkung (Bandura): Direkte Verstärkung: Beobachter ahmt Verhalten nach und bekommt dafür direkten Verstärker Stellvertretende Verstärkung: Beobachtung von Verhalten, das belohnt wurde (Verstärkung) -> Bereitschaft der Nachahmung steigt Selbstverstärkung: Beobachter verstärkt sich selbst. Ziel pädagogischer Einwirkung = Selbststeuerung des Lernenden Verarbeitungsprozess wird nach Bandura (1969) in zwei Phasen unterteilt: a) Aneignungs-/Lernphase (Akquisition), bestehend aus Aufmerksamkeitsprozessen und Gedächtnisprozessen b) Äußerungs-/Ausführungs-/Verhaltensphase (Performanz), bestehend aus motorischen Reproduktionsprozessen und Verstärkungs- und Motivationsprozessen 3. Arten von Modellen beim stellvertretenden Lernen Beim stellvertretenden Lernen muss das Modell nicht unbedingt durch einen Menschen repräsentiert sein:  Natürliche Modelle, mit denen ein Lernender unmittelbar in Kontakt steht, wie etwa Eltern oder Lehrer  Symbolische Modelle (in Zeichentrickfilmen zB), die die Lernenden beobachten und eventuell nachahmen  Eine sprachlich formulierte Erläuterung oder Anweisung , die Schritt für Schritt angibt, welcher Weg zu einem bestimmten Ziel führt. Bsp: So verfasst der Lehrer ein Plakat, das übersichtlich die Schritte benennt, die zur Durchführung eines Rechenwegs zu durchlaufen sind

4. Beispielhafte Experimente Experiment nach Bandura, Ross & Ross (1963): Bobo Doll Study 4 Gruppen von Kindern (KIGA: 3-5 J) beobachten: (1) wie eine Puppe real misshandelt wird (2) wie sich eine Frau im Film aggressiv verhält

eine aggressive Katze in einem Zeichentrickfilm keine Aggression (= Kontrollgruppe) Die jeweiligen Gruppen wurden in einen Raum geführt mit attraktiven Spielsachen, mit denen sie jedoch nicht spielen durften. -> Ziel: Erreichen von Frustration Danach: in einen weiteren Raum mit älteren und unattraktiveren Spielsachen und einer Puppe (Bobo). Ergebnis: Die Gruppen 1-3 zeigten daraufhin mit den Spielsachen relativ gleich starkes aggressives Verhalten: doppelt so viele aggressive Akte wie die Kontrollgrupe -> = Modelllernen Variation dieses Experiments (1965): (= wichtigstes Experiment) 3 Gruppen (KIGA: 3-6 J) beobachten: (1) aktiv aggressiven Erwachsenen, der anschließend belohnt wurde (2) aktiv aggressiven Erwachsenen, der anschließend bestraft wurde (3) aktiv aggressiven Erw.: Verhaltensweisen zogen keine Konsequenzen nach sich Die Kinder wurden in einen Spielraum gebracht, in dem sich auch die Puppe Bobo befand, die zuvor von den Erwachsenen aggressiv behandelt wurde. Ergebnis: Jungen insgesamt aggressiver als Mädchen. Gruppe 1 und 3 verhielten sich ähnlich aggressiv der Puppe gegenüber wie die Erwachsenen, Gruppe 2 (Bestrafung) deutlich weniger aggressiv. -> Beobachtungslernen: die gezeigten Handlungen können sich nicht vorher schon im Verhaltensrepertoire der Kinder befunden haben! (z.T. neu geschaffene Schimpfwörter) Weiterführung des Experimentes: Dann wurden den Kindern Belohnungen versprochen, für jede gesehene Handlung, die sie nachahmen konnten. Alle Kinder (der drei Gruppen) verhielten sich aggressiv der Puppe gegenüber. D.h. alle Kinder lernten das Verhalten, nur die Motivation für die Ausführung war unterschiedlich. -> Bandura schloss daraus, dass die Kinder das Modell-Verhalten gleichermaßen erlernt, aber je nach Folgen unterschiedliche reproduziert haben. -> Konzeption einer 2-Komponenten-Theorie des Beobachtungslernens: 1. Erwerbsphase (mit ihren Aufmerksamkeits-, Behaltensprozessen), 2. Ausführungsphase (mit ihren Reproduktions-, Motivationalen Prozesse). (3) (4)

5. Effekte des Modelllernens Neuerwerb von Verhaltensweisen, Hemmungs- / Enthemmungseffekte, Auslöseeffekte (z.B. Applaus), Nullwirkung (Verhaltensweise bereits bekannt) a) Neuerwerb von Verhaltensweisen: (Modellierender Effekt) Modell führt Verhaltensweisen vor, die der Beobachter noch nicht beherrscht, aber mehr oder minder identisch reproduziert (keine reine Imitation, sondern Prozess mit Kognitionen). Bsp.: Motorische Fähigkeiten wie Autofahren, Werkzeuggebrauch, etc. Modellieren geht über das Kopieren von Verhaltensweisen hinaus. Durch Modellieren kann die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens erhöht oder gesenkt werden. -> Erwerben von allgemeinen Schemata/ Verhaltensstilen Beispiele für das erlernen neuer Verhaltensweisen - Gewinnung relevanter Informationen mit Hilfe Anderer: Versuch der Nachahmung von spezifischen Verhaltensweisen. Schulbezug: Erlernen des Zehnerübergangs bei einem älteren Schüler! Vorteil hierbei ist das Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit ist höher als die bei der Lehrerdemonstration! - Erlernen kognitiver Strategien Modell kann genutzt werden um bestimmte Vorgehensweisen bei der Lösung von Aufgaben zu demonstrieren.(durch Selbstverbalisierung -> wichtig für Problemlösen). Schulbezug: Lehrer (Modell) gibt den Lernenden nicht nur Erklärungen, sondern verbalisiert zusätzlich seine Gedanken und nennt Gründe für seine eigene Vorgehensweise. b) Hemmungs-/ Enthemmungseffekt Hemmungseffekt: Reduktion der Häufigkeit früher erworbener Verhaltensweisen, abhängig von der Beobachtung aversiver Verhaltensfolgen einer Handlung (Bestrafung etc.)

Bsp.: Beobachtung der Bestrafung explorativen Verhaltens durch ungeduldige Mutter. Enthemmungseffekt: Beim Beobachten werden vorher gehemmte Verhaltensweisen häufiger oder treten wieder auf, nachdem ein Modell beobachtet wurde, das vorher verbotene oder bedrohliche Handlungen ohne negative Folgen ausführt und/ oder damit sogar Erfolg hat. Bsp.: Dialekt in einer Umgebung sprechen, welcher normalerweise negativ sanktioniert wird. Im Unterricht: Wenn Lob und Tadel vom Lehrer ausgeht, dann gibt es viele Beobachter, die daraus Lernen sich gemäß zu verhalten. c) Auslöseeffekte Modelle können Verhalten auslösen, welches der Beobachter schon völlig beherrscht! Bsp.: Mitklatschen wenn es andere tun (Konzert etc.) d) Nullwirkung Verhaltensweise bereits bekannt -> keine Lernwirkung

6. Anwendungsbeispiele für Modelllernen Meistens findet sich Beobachtungslernen heutzutage unter Gleichaltrigen (Jugendliche), in Rollenspielen, bei Prüfungsängstlichkeit, durch Modelle in den Medien . Beispiel: Lernen von Gewaltbereitschaft durch Medien Untersuchungen über Fernsehgewohnheiten und Aggressivität zeigen keine vollständig eindeutige Tendenz: „Während die Mehrzahl der Untersuchungen eine kausale Beziehung zwischen Gewalt im Fernsehen und aggressivem Verhalten nachweist, bleiben die - zahlenmäßig weit geringeren - Verfechter der Gegenposition bei ihrer Auffassung, dass keine Wirkungen nachgewiesen werden können.“ (Television and Behavior, 1982) Die stellvertretende Verstärkung eines Modellverhaltens bezüglich Gewalt hat eine besondere und weitreichende Wirkung. Verschiedene Thesen zur Wirkung medialer Gewalt: Habitualisierungshypothese: ständiger Konsum -> Abnahme der Sensibilität in der Realität -> Aggression als normales Alltagsverhalten angesehen Erregungshypothese: realitätsnahe Gewaltdarstellung -> emotionale Erregung -> aggressives Verhalten je nach Umgebungsbedingungen Stimulationshypothese: Förderung der Bereitschaft zur Gewaltanwendung bei Frustration -> in kritischen Situationen Gewaltdarstellungen als Auslöser Suggestionshypothese: direkte Nachahmung der Gewaltdarstellung in der Realität Lerntheoretische Überlegungen: Lernen beim Beobachten medialer Gewaltdarstellungen und Anwendung einzelner Elemente in der Realität Abbau des Aggressionsverhaltens der Schüler durch den Lehrer:  vorsichtig und wohlüberlegt bestimmte Fernsehsendungen empfehlen  Modell für nichtaggressives Verhalten abgeben  ehrliche Diskussionen im Unterricht, um Voraussetzung für Verarbeitung und Kontrolle von Aggression, Feindseligkeit, etc. zu schaffen  soziales und emotionales Klima, in dem der Schüler aufwächst, Aufmerksamkeit schenken...


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