ORS BB 2021 Kapitel 1 - optimale reglung und schätzung Kapital 1 PDF

Title ORS BB 2021 Kapitel 1 - optimale reglung und schätzung Kapital 1
Author feng zhou
Course Optimale Regelung und Schätzung
Institution Karlsruher Institut für Technologie
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optimale reglung und schätzung Kapital 1...


Description

Beiblätter zur Vorlesung

Optimale Regelung und Schätzung Prof. h.c. Dr.-Ing. Mathias Kluwe

Sommersemester 2021 http://www.irs.kit.edu

Literatur

ORS I

1)

Föllinger, O.

Optimierung dynamischer Systeme. R. Oldenbourg Verlag, München Wien, 2. Auflage, 1988.

2)

Anderson, B.D.O. Moore, J.B.

Optimal Control: Linear Quadratic Methods. Dover Publications, Inc., Mineola, New York, 1990.

3)

Papageorgiou, M. Leibold, M. Buss, M.

Optimierung. Statische, dynamische, stochastische Verfahren für die Anwendung. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 3. Auflage, 2012.

4)

McFarlane, D.C. Glover, K.

Robust Controller Design Using Normalized Coprime Factor Plant Descriptions. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 1990.

5)

Gu, D.-W. Petkov, P.H. Konstantinov, M.M.

Robust Control Design with MATLAB®. Springer Science & Business Media, 2. Auflage, 2013, Erhältlich im IRS-Sekretariat.

6)

Föllinger, O.

Regelungstechnik. Einführung in die Methoden und ihre Anwendung. VDE Verlag GmbH, Berlin Offenbach, 11., völlig neu bearbeitete Auflage, 2013.

7)

Simon, D.

Optimal State Estimation: Kalman, H Infinity, and Nonlinear Approaches. John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey, 2006.

8)

Papoulis, A.

Probability, Random Variables and Stochastic Processes. McGraw-Hill Publ. Comp., New York, 3. Auflage, 1991.

9)

Krebs, V.

Nichtlineare Filterung. Nachdruck des 1980 im R. Oldenbourg Verlag (München) erschienenen Buches, Erhältlich im IRS-Sekretariat.

10) Bryson, A.E. Ho, Y.-C.

Applied Optimal Control. John Wiley & Sons, Inc., New York, 1975.

1.1 Hamilton-Verfahren (1)

ORS 1-1

Gegeben sei das System 𝑥󰇗 = 𝑓(𝑥, 𝑢, 𝑡), 𝑥 (𝑡0 ) = 𝑥0 und das Bolzasche Gütemaß 𝑡𝑒

𝐽 = ℎ(𝑥 (𝑡𝑒 ), 𝑡𝑒 ) + ∫ 𝑓0 (𝑥, 𝑢, 𝑡)𝑑𝑡. 𝑡0

Dann erhält man die optimalen Werte 𝑢 ∗ (𝑡, 𝑥0 ) und 𝑥 ∗ (𝑡, 𝑥0 ) durch folgendes Vorgehen (Hamilton-Verfahren ):

1) Aufstellen der Hamilton-Funktion 𝐻 = 𝐻 (𝑥, 𝜓, 𝑢, 𝑡 ) = −𝑓0 + 𝜓 T ∙ 𝑓 zur Auswertung der notwendigen Bedingungen für das Optimum.

2) Ermittlung von 𝑢 ∗ (𝑡, 𝑥0 ) aus der sogenannten Steuerungsgleichung 𝜕𝐻 =0 𝜕𝑢

3) Einsetzen der optimalen Steuergrößen kanonischen Differentialgleichungen 𝑥󰇗 =

𝜕𝐻 𝜕𝜓

𝜓󰇗 = −

𝜕𝐻 𝜕𝑥

𝑢 ∗ (𝑡, 𝑥0 )

in

die sogenannten

1.1 Hamilton-Verfahren (2)

ORS 1-2

Hierbei gelten folgende Anfangs- und Endbedingungen :  Anfangsbedingung: 𝑥 (𝑡0 ) = 𝑥0

 Fallunterscheidung für Endbedingung 𝑥 (𝑡𝑒 ): o Endpunkt 𝑥 (𝑡𝑒 ) fest: 𝑥 (𝑡𝑒 ) = 𝑥𝑒 o Endpunkt 𝑥 (𝑡𝑒 ) auf Zielmannigfaltigkeit 𝑧(𝑥 (𝑡𝑒 ), 𝑡𝑒 ) = 0: T

𝜕ℎ 𝜕𝑧 | + 𝜓 (𝑡𝑒 ) − ( ) | µ = 0 𝜕𝑥 𝜕𝑥 𝑡 𝑡𝑒

𝑒

(Transversalitätsbedingung) o Endpunkt 𝑥 (𝑡𝑒 ) beliebig:

𝜕ℎ | + 𝜓 (𝑡𝑒 ) = 0 𝜕𝑥 𝑡 𝑒

Falls 𝑡𝑒 frei ist, tritt noch eine zusätzliche Bedingung 𝐻 (𝑥 (𝑡𝑒 ), 𝜓(𝑡𝑒 ), 𝑢(𝑡𝑒 ), 𝑡𝑒 ) −

𝜕ℎ | =0 𝜕𝑡 𝑡𝑒

Die Lösung der kanonischen Differentialgleichungen unter den Anfangs- und Endbedingungen führt zu den gesuchten Lösungen 𝑥 ∗ (𝑡, 𝑥0 ) und 𝜓 ∗ (𝑡, 𝑥0 ), die dann gemäß Schritt 2) die optimale Steuergröße 𝑢 ∗ (𝑡, 𝑥0 ) liefern.

Zur Berechnung der optimalen Regelung ist dann noch aus 𝑥 ∗ (𝑡, 𝑥0 ) und 𝜓 ∗ (𝑡, 𝑥0 )

die Abhängigkeit von 𝑥0 zu eliminieren, um 𝑢 = 𝑅(𝑥 , 𝑡 ) zu erhalten.

1.2.1 Beispiel: Zeitvarianter Optimalregler (1)

ORS 1-3

Gegeben sei das System erster Ordnung (PT 1-Glied) 𝑥󰇗 = −𝑥 + 𝑢, d.h. in den allgemeinen Gleichungen gilt 𝐴 = 𝑎 = −1 und 𝐵 = 𝑏 = 1. Betrachtet werde das Gütemaß 𝑡𝑒

1 𝐽 = ∫ [𝑞𝑥 2 (𝑡 ) + 𝑟 𝑢2 (𝑡)] 𝑑𝑡 2 0

mit 𝑞, 𝑟 > 0, das Meyersche Gütemaß verschwindet: 𝑆 = 𝑠 = 0. In diesem Fall ergibt sich die skalare Riccati-Differentialgleichung zu 1 𝑝󰇗 (𝑡 ) = 2𝑝(𝑡 ) + 𝑝2 (𝑡 ) − 𝑞. 𝑟

Das Endwertproblem zu dieser Differentialgleichung (𝑝(𝑡𝑒 ) = 𝑠 = 0) kann durch Zeitsubstitution mit 𝜏 = 𝑡𝑒 − 𝑡 in ein Anfangswertproblem 1 𝜕𝑝 = −2𝑝(𝜏) − 𝑝2 (𝜏) + 𝑞, 𝑝(0) = 0 𝜕𝜏 𝑟

überführt werden. Die numerische Lösung 𝑝(𝑡) des Endwertproblems kann offline berechnet und abgespeichert werden und ist wegen 𝑘 (𝑡 ) = 𝑟 −1 𝑏𝑝(𝑡) für 𝑟 = 1 identisch mit dem optimalen Regler 𝑘 (𝑡 ).

1.2.1 Beispiel: Zeitvarianter Optimalregler (2)

ORS 1-4

Die folgende Abbildung stellt Verläufe von 𝑘 (𝑡 ) für verschiedene 𝑡𝑒 mit 𝑞 = 𝑟 = 1 dar. 𝑘(𝑡)

𝑘𝑠 = 𝑝𝑠

Man erkennt, dass sich für wachsende Endzeitpunkte 𝑡𝑒 ein immer längerer Zeitraum ergibt, in dem 𝑘 (𝑡 ) konstant bleibt. Der zugehörige Ordinatenwert ergibt sich aus der stationären Betrachtung der Differentialgleichung des Anfangswertproblems: 1 𝑝󰇗𝑠 (𝜏) = 0 = −2𝑝𝑠 − 𝑝𝑠 2 + 𝑞. 𝑟

Mit 𝑞 = 𝑟 = 1 ergibt sich dann

𝑝𝑠 2 + 2𝑝𝑠 − 1 = 0 mit den Lösungen 𝑝𝑠,1 = −1 + √2 und 𝑝𝑠,2 = −1 − √2. Wegen 𝑝 > 0 ist daher der gesuchte Ordinatenwert 𝑝𝑠 = −1 + √2 = 0,414.

1.2.2 Beispiel: Riccati-Regler (1)

ORS 1-5

Modellierung der Verladebrücke

Die hierbei auftretenden Größen sind 𝑥𝐾 : Φ:

Position der Laufkatze

𝐹:

Masse des Lastgewichts

𝑚𝐾 : 𝑚𝐺 : 𝐿: g:

Winkelauslenkung des Lastgewichts Masse der Laufkatze

Antriebskraft der Laufkatze Seillänge Gravitationskonstante

Mit der Wahl der Eingangsgröße 𝑢 = 𝐹 , der Ausgangsgröße 𝑦 = 𝑥𝐾 sowie den Zustandsgrößen 𝑥1 = 𝑥𝐾 ; 𝑥2 = 𝑥󰇗 𝐾 = 𝑣𝐾 ; 𝑥3 = Φ; 𝑥4 = Φ󰇗 = ω ergibt sich die folgende nichtlineare Zustandsdifferentialgleichung:

𝑥󰇗 𝐾 0 2 󰇗 1 𝑚𝐺 𝑔 sin Φ cos Φ + 𝐿𝑚 𝐺 Φ sin Φ 𝑚𝐺 sin2 Φ + 𝑚𝐾 𝑚𝐺 sin2 Φ + 𝑚𝐾 + ∙ 𝐹. 𝑥󰇗 = 0 Φ󰇗 cos Φ 𝐿𝑚𝐺 Φ󰇗2 sin Φ cos Φ + (𝑚𝐺 + 𝑚 𝐾 )𝑔 sin Φ − 2 − 𝐿(𝑚𝐺 sin2 Φ + 𝑚𝐾 ) [ ] [ 𝐿 (𝑚𝐺 sin Φ + 𝑚𝐾 )]

1.2.2 Beispiel: Riccati-Regler (2)

ORS 1-6

Durch Linearisierung des nichtlinearen Systemmodells um den Punkt Φ = Φ󰇗 = 0 (𝑥𝐾 , 𝑥󰇗 𝐾 , 𝐹 beliebig), erhält man das lineare Zustandsraummodell 0 1 0 0 0 0 𝑎23 0 𝑏 0 2] 𝑢 𝑥󰇗 = [ 0 0 0 1 0 ] 𝑥 + [ 𝑏4 0 0 𝑎43 0 𝑦 = [1 0 0 0] 𝑥.

Die auftretenden Größen in der Matrix A und dem Vektor 𝑏 sind: 𝑎23 =

𝑚𝐺 𝑔 , 𝑚𝐾

𝑎43 = −

𝑏2 =

(𝑚𝐺 + 𝑚𝐾 )𝑔 , 𝐿 𝑚𝐾

1 , 𝑚𝐾

𝑏4 = −

1 . 𝐿 𝑚𝐾

Das lineare Systemmodell stellt die Grundlage für den Entwurf des Riccati-Reglers dar. Im Folgenden seien die Parameterwerte 𝑚𝐾 = 500 kg

𝑚𝐺 = 1000 kg 𝐿 g betrachtet.

= 10 m = 9.81

m s2

1.2.2 Beispiel: Riccati-Regler (3)

ORS 1-7

Entwurf des Riccati-Reglers Ziel der Verladebrücke ist ein möglichst schneller Transport des Lastgewichts bei gleichzeitiger Vermeidung möglicher Schwingungen des Transportguts. Deshalb wird die Gewichtungsmatrix der Zustandsvariablen für den Riccati-Entwurf so gewählt, dass Auslenkungen der ersten und dritten Zustandsgröße im Gütemaß besonders stark bestraft werden: 106 0 0 0 Q = [ 0 1 0 4 0]. 0 0 10 0 0 0 0 1

Des Weiteren wird 𝑅 = 𝑟 = 1 gesetzt. Die resultierende Matrix-Riccati-Gleichung P0 A + AT P0 − P0 𝑏 𝑟 −1 𝑏T P0 + Q = 0

kann mit MATLAB numerisch für P0 gelöst werden (Befehl: care). Die Anwendung des Zusammenhangs 𝑘 T = 𝑟 −1𝑏T P0 liefert dann den Regler-V ektor 𝑘 T = [1000 1548 2960 7090].

Das zugehörige Vorfilter für stationäre Genauigkeit berechnet sich nach (s. z.B. Vorlesung „Regelung linearer Mehrgrößensysteme“, Kapitel 3.2) zu −1

𝑀 = 𝑚 = − (𝑐 T (A − 𝑏 𝑘 T ) 𝑏) −1

= 1000.

Die Eigenwerte des geschlossenen Kreises lassen sich durch die Lösung des charakteristischen Polynoms det(𝑠I − (A − 𝑏 𝑘 T )) = 0

bestimmen und liegen bei 𝜆1,2 = −0.42 ± 1.68𝑖 und 𝜆3,4 = −0.41 ± 0.70𝑖. Der RiccatiRegler ist somit identisch zu einem Polvorgabe-Regler mit den genannten Polen, welcher z.B. mithilfe der Ackermann-Formel berechnet werden könnte.

1.2.2 Beispiel: Riccati-Regler (4)

ORS 1-8

Simulation Wird der entworfene Regler mit dem nichtlinearen Systemmodell simuliert, ergeben sich für 𝑤(𝑡 ) = 5 ∙ 𝜎(𝑡 − 1 s) folgende Verläufe der Zustandsvariablen:

Offenbar gelingt es dem Riccati-Regler binnen weniger Sekunden das Lastgewicht von 𝑥𝐾 = 0 m nach 𝑥𝐾 = 5 m zu transportieren. Die maximale Winkelauslenkung von ca. 13° zeigt, dass übermäßige Schwingungen des Lastgewichts vermieden werden können. Das schwingende Systemverhalten ist auf die Kopplungen der Systemzustände zurückzuführen. Erkauft wird diese Performance durch einen hohen Spitzenwert der Stellgröße von ca. 5000 N. Dieser kann verringert werden, indem ein erneuter Reglerentwurf mit einer stärkeren Gewichtung der Stellgröße von z.B. 𝑟 = 50 durchgeführt wird.

1.2.4 Beispiel: Optimaler Folgeregler (1)

ORS 1-9

Systemdynamik Gegeben sei ein zweidimensionales System[1] mit folgender Dynamik: 𝑥󰇗 1 = 𝑥2 𝑥󰇗 2 = 2𝑥1 − 𝑥2 + 𝑢



0 A=[ 2

0 1 ],𝑏 = [ ] −1 1

Das System besitzt Eigenwerte bei 𝜆1 = 1 und 𝜆2 = −2 und ist somit aufgrund von 𝜆1 instabil. Die Zustände des Systems seien direkt messbar. Ziele der Regelung sind die Stabilisierung des Systems sowie die Nachführung der Systemtrajektorien und der Stellgrößen für die Sollwertverläufe 𝑥1,s = 0.2𝑡, 𝑥2,s = 0.2, 𝑢s

= −0.4𝑡 + 0.2.

Entwurf der optimalen Folgeregelung Zunächst ist zu prüfen, ob die Sollwertverläufe der Systemdynamik gehorchen. Für die Ableitung der Sollwertverläufe gilt 𝑥󰇗 1,s = 0.2 und 𝑥󰇗 2,s = 0. Einsetzen der Sollwerte in die Zustandsdifferentialgleichung liefert ebenfalls 0 [ 2

1 0.2𝑡 0.2 0 ] + [ ] ∙ (−0.4𝑡 + 0.2) = [ ], ][ 0 1 −1 0.2

weshalb die Sollwertdynamik konform zur Systemdynamik ist. Damit ist in der Dynamikgleichung für die Abweichungen ∆𝑥 kein Störterm mehr zu berücksichtigen und 𝑝(𝑡 ) = 0 ist die Lösung der Differentialgleichung (7) in Abschnitt 1.2.3. Das Regelgesetz lautet dann nach Fall α) aus Abschnitt 1.2.4 𝑢 = −𝑟 −1 𝑏 T P(𝑥 − 𝑥𝑠 ) + 𝑢𝑠 . [1] Papageorgiou, Markos. Optimierung : Statische, dynamische, stochastische Verfahren für die Anwendung. Springer-Verlag, 3. Auflage, 2012.

1.2.4 Beispiel: Optimaler Folgeregler (2)

ORS 1-10

Weil A und 𝑏 T in diesem Beispiel zeitunabhängig sind und das System vollständig steuer- und beobachtbar ist, lässt sich die Matrix P = P0 bei Betrachtung eines unendlichen Zeitintervalls als Lösung der algebraischen Matrix-Riccati-Gleichung P0 A + AT P0 − P0 𝑏 𝑟 −1𝑏T P0 + Q = 0 berechnen. Mit den Gewichtungsmatrizen Q = I und R = r = 1 erhält man so die Lösung der Riccati-Gleichung als 9.2 4.2 P=( ). 4.2 2.2 Wird der Regelkreis mit dem Startzustand 𝑥0 = [−1 0]T simuliert, ergeben sich folgende Verläufe der Eingangs- und Zustandsgrößen:

Wie zu erkennen ist, gelingt es dem Regler, den Regelkreis zu stabilisieren und die Größen binnen weniger Sekunden den gewünschten Verläufen nachzuführen.

1.2.5 Maximumprinzip von Pontrjagin (1) Gesucht sei das Minimum des Gütemaßes

ORS 1-11

𝑡𝑒

𝐽 = ℎ(𝑥 (𝑡𝑒 ), 𝑡𝑒 ) + ∫ 𝑓0 (𝑥, 𝑢, 𝑡)𝑑𝑡 𝑡0

unter den Randbedingungen 𝑥󰇗 = 𝑓 (𝑥 , 𝑢, 𝑡 ), 𝑥 (𝑡0 ) = 𝑥0 .

Die enthaltenen Funktionen ℎ, 𝑓0 und 𝑓 seien stetig differenzierbar nach 𝑥 und 𝑡 und somit auch selbst stetig. Die Stellgröße 𝑢(𝑡) sei jetzt beschränkt und liege in einem Unterraum 𝑆 des 𝑝-dimensionalen Steuerraums. Ein Beispiel hierfür sind entsprechende Unter- und Obergrenzen für die Komponenten, etwa

Beispiel: 𝑝 = 2

𝑚𝜈 ≤ 𝑢𝜈 ≤ 𝑀𝜈 , 𝜈 = 1, … , 𝑝.

Durch einfache Koordinatentransformation lassen sich diese Forderungen in |𝑢𝜈 (𝑡)| ≤ 1, überführen.

𝜈 = 1, … , 𝑝

1.2.5 Maximumprinzip von Pontrjagin (2)

ORS 1-12

Unter der zusätzlichen Annahme, dass die Stellgrößen 𝑢𝜈 (𝑡) stückweise stetig sind, gilt dann das sogenannte

Maximumprinzip von Pontrjagin Bilden 𝑢 ∗ (𝑡) und 𝑥 ∗ (𝑡) eine Lösung des Optimierungsproblems, so gibt es eine stetige Lösung 𝜓 ∗ (𝑡) der adjungierten Differentialgleichung 𝜓󰇗 = −

derart, dass für jedes 𝑡 ∊ [𝑡0 , 𝑡𝑒 ] gilt:

mit 𝑢 ∊ 𝑆 beliebig.

𝜕𝐻 | 𝜕𝑥 ∗

𝐻 (𝑥 ∗ , 𝜓 ∗ , 𝑢∗ , 𝑡 ) ≥ 𝐻 (𝑥 ∗ , 𝜓 ∗ , 𝑢, 𝑡 )

Zusatz:  Für zeitoptimale Regelungen gilt die Forderung 𝜓 ∗ (𝑡 ) ≠ 0.

 Hängen 𝑓0 und 𝑓 nicht explizit von 𝑡 ab und ist 𝑡𝑒 frei, so gilt

für jedes 𝑡 ∈ [𝑡0 , 𝑡𝑒 ].

𝐻 (𝑥 ∗ , 𝜓 ∗ , 𝑢∗ ) = 0

Das Maximumprinzip stellt i.A. nur eine notwendige Bedingung für die optimale Lösung dar, im Falle der zeitoptimalen Regelung linearer und zeitinvarianter Strecken ist es jedoch auch hinreichend.

1.2.6 Satz von Feldbaum

ORS 1-13

Satz von Feldbaum Ist das System 𝑥󰇗 = 𝐴 𝑥 + 𝐵 𝑢

= 𝐴 𝑥 + 𝑏1 𝑢1 + ⋯ + 𝑏𝑝 𝑢𝑝

von jedem Eingang 𝑢𝑖 aus steuerbar (𝑖 = 1, … , 𝑝) und hat 𝐴 nur reelle Eigenwerte, so hat jede Komponente des zeitoptimalen Steuervektors 𝑢(𝑡) höchstens (𝑛 − 1) Umschaltungen, d.h. es liegen maximal 𝑛 Schaltintervalle zwischen 𝑡0 und 𝑡𝑒 . Beispiel: Optimaler Steuervektor für ein System vierter Ordnung (𝑛 = 4) mit einer Steuergröße (𝑝 = 1):

Anmerkung: Der Satz von Feldbaum ist aus dem Maximumprinzip von Pontrjagin ableitbar.

1.2.6 Beispiel zur zeitoptimalen Regelung (1)

ORS 1-14

Prozessmodell

Zustandsraumdarstellung 𝑥󰇗 1 = 𝑥2 , 𝑥󰇗 2 = 𝑢



𝑥󰇗 = [

0 1 0 ] 𝑥 + [ ]𝑢 ⏟ ⏟ 1 0 0 A

𝑏

(1)

Zeitoptimale Regelung Gesucht:

Zeitoptimale Überführung des Anfangszustands 𝑥0 in die Ruhelage 𝑥𝑒 = 0 bei beschränkter Stellgröße |𝑢| ≤ 𝑀 ⇒ Gütemaß: 𝐽 = ∫0 1 𝑑𝑡 = 𝑡𝑒 → Minimum 𝑡_𝑒

Lösung mittels des Hamilton -Verfahrens: 1. Hamilton-Funktion: 𝐻 = −1 + 𝜓1∗ ∙ 𝑥2∗ + 𝜓2∗ ∙ 𝑢 2. Optimale Steuerung: Wegen 𝑏 T ∙ 𝜓 ∗ = 𝜓∗2 ergibt sich das optimale Steuergesetz nach dem Maximumprinzip zu 𝑢 ∗ = 𝑀 ∙ sign(𝜓2∗ (𝑡 )).

1.2.6 Beispiel zur zeitoptimalen Regelung (2)

ORS 1-15

∗ Zur Bestimmung von 𝜓2 benutzt man die zweite kanonische Differentialgleichung

𝜓󰇗 ∗ = −

𝜕𝐻 𝜕𝑥

und erhält damit 𝜓󰇗1∗ = 0

𝜓󰇗2∗ = −𝜓1∗ = −𝑐1

0] | = − [𝜓1∗ ∗





𝜓1∗ = 𝑐1 = konst., 𝜓2∗ = −𝑐1 𝑡 + 𝑐2 .

Somit lautet die zeitoptimale Steuerfunktion 𝑢 ∗ = 𝑀 ∙ sign(𝑐2 −𝑐1 𝑡 ). 3. Optimale Regelung Zunächst werden die optimalen Zustandstrajektorien berechnet. Dabei gelte die Beziehung |𝑢| ≤ 𝑀 = 1. 𝛼)

𝑢 ∗ = +1

Mit (1) ergibt sich:

𝑥󰇗 2 = 1 ⇒ 𝑥2 = 𝑡 + 𝑑2 , 1 1 𝑑2 𝑥󰇗 1 = 𝑥2 ⇒ 𝑥1 = 𝑡 2 + 𝑑2 𝑡 + 𝑑1 = (𝑡⏟+ 𝑑2)² + 𝑑1 − 2 . 2 2 2 𝑥2

Man erhält also Parabeln 𝑥1 =

=

1 2 𝑑22 𝑥2 + 𝑑1 − ⏟ 2 2 𝑥2 2 2

1

=:𝑑1+

+ 𝑑1+

(in Bild 1 gepunktet dargestellt (…)).

1.2.6 Beispiel zur zeitoptimalen Regelung (3) 𝛽)

ORS 1-16

𝑢 ∗ = −1

Analog zu 𝛼) ergeben sich ebenfalls Parabeln 𝑑22 1 2 𝑥1 = − 𝑥2 + 𝑑1 + ⏟ 2 2 =−

𝑥2 2 2

1

=:𝑑1−

+ 𝑑1− (in Bild 1 gestrichelt dargestellt (---)).

Man erhält damit folgende Verläufe in der Zustandsebene:

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

Bild 1: Zustandstrajektorien der zeitoptimalen Regelung Zur Ermittlung der Schaltkennlinie ist zu beachten, dass der Zustandspunkt nach 𝑥 (𝑡𝑒 ) = 0 streben soll. Daher muss er sich zuletzt auf den im Bild skizzierten Trajektorien 𝑆1 bzw. 𝑆2 bewegen, für die gilt: 𝑑1+= 𝑑1−= 0.

1.2.6 Beispiel zur zeitoptimalen Regelung (4)

ORS 1-17

Für den allgemeinen Fall (𝑀  1) ergibt sich damit für die aus 𝑆1 und 𝑆2 zusammengesetzte Schaltkennlinie 𝑆: 𝑥22 𝑆1 : 𝑥1 = − ,𝑥 > 0 𝑥2 |𝑥2 | 2𝑀 2 = 𝑆 (𝑥2 ). ⇒ 𝑥1 = − 2 2𝑀 𝑥2 𝑆2 : 𝑥1 = ,𝑥 < 0 } 2𝑀 2 Also lautet die zeitoptimale Regelung: 𝑢∗ = {

−𝑀, 𝑥1 > 𝑆(𝑥2 ) +𝑀, 𝑥1 < 𝑆(𝑥2 )

bzw. 𝑢 ∗ (𝑥) = −𝑀 ∙ 𝑠𝑖𝑔𝑛 (𝑥1 +

Struktur der zeitoptimalen Regelung:

𝑥2 |𝑥2 | ). 2𝑀

1.2.7 Regeldifferenzgleichung des Riccati-Reglers

ORS 1-18

Betrachtet wird der zeitinvariante Riccati-Regler, dessen in Abschnitt 1.2.2 der Vorlesung hergeleitetes Regelgesetz 𝑢 = −K 𝑥

(1)

lautet. Die zugehörige stationäre Riccati-Gleichung ergibt sich zu P0 A + AT P0 − P0 B R−1B T P0 + Q = 0.

(2)

Mit K aus (1) folgt mit der Symmetrie von P0 (vergleiche Vorlesung) R K = B T P0 bzw. P0 B = K T R, so dass sich (2) auch umformen lässt zu P0 (𝑗𝜔I − A) + (−𝑗𝜔I − AT )P0 + K T R K = Q. −1

Multipliziert man (3) von links mit B T (−𝑗𝜔I − AT ) −1 (𝑗𝜔I − A) B, so erhält man

(3)

sowie von rechts mit dem Term

−1

−1

B T (−𝑗𝜔I − AT ) K T R + R K (𝑗𝜔I − A) B −1

−1

+B T (−𝑗𝜔I − AT ) K T R K (𝑗𝜔I − A) B −1

−1

= B T (−𝑗𝜔I − AT ) Q (𝑗𝜔I − A) B.

(4)

Die „linke Seite“ von (4) lässt sich auch als −1

−1

[I + B T (−𝑗𝜔I − AT ) K T ] R [I + K (𝑗𝜔I − A) B] − R schreiben, sodass letztlich folgende Regeldifferenzgleichung gilt: −1

−1

[I + B T (−𝑗𝜔I − AT ) K T ] R [I + K (𝑗𝜔I − A) B] −1

−1

= B T (−𝑗𝜔I − AT ) Q (𝑗𝜔I − A) B + R.

(5)

1.2.7 Phasenreserve Riccati-Regler (SISO-Fall) (1)

ORS 1-19

Im SISO-Fall gilt für den Riccati-Regler (siehe Vorlesung) |1 + 𝐹𝑜 (𝑗𝜔)|2 ≥ 1. Offenbar gilt dann auch |1 + 𝐹𝑜 (𝑗𝜔)| ≥ 1,

(1)

was sich sehr anschaulich interpretieren lässt: Der Abstand der linearen Ortskurve 𝐹𝑜 (𝑗𝜔) vom kritischen Punkt −1 + 𝑗0 der komplexen Ebene ist gemäß (1) stets ≥ 1, d.h. die Ortskurve tritt nie in einen Einheitskreis um −1 + 𝑗0 ein. In der folgenden Abbildung ist dieser Bereich grau dargestellt. Zur Abschätzung der Phasenreserve ist der Einheitskreis um 0 mit gepunkteter Umrandung abgebildet.

Es lässt sich leicht berechnen, dass der Schnittpunkt 𝐴 bei (−1/2, −√3/2) liegt. Somit folgt für die minimale Phasenreserve 𝜑R,min die Beziehung tan 𝜑R,min = √3, weshalb die Phasenreserve 𝜑R eines zeitinvarianten Riccati-Reglers offenbar stets größer als 60° sein muss.

1.2.7 Phasenreserve Riccati-Regler (SISO-Fall) (2) Beispiel:

ORS 1-20

Lineare Ortskurve des offenen Kreises 𝐹𝑜 (𝑗𝜔) der mit einem RiccatiRegler geregelten Verladebrücke von den Beiblättern ORS 1-5 bis 1-8

Unter Verwendung der linearen Systembeschreibung und der spezifizierten Gewichtungsmatrizen ergibt sich für den offenen Kreis folgende Übertragungsfunktion:

−1

𝐹𝑜 (𝑗𝜔 ) = 𝑘 T (𝑗𝜔I − A) 𝑏 =

1.678 (𝑗𝜔)3 + 1.408 (𝑗𝜔)2 + 3.037 𝑗𝜔 + 1.962 . (𝑗𝜔)4 + 2.943 (𝑗𝜔 )2

Eine Detailansicht der Ortskurve dieser Übertragungsfunktion zeigt deutlich, dass die lineare Ortskurve nie in den Einheitskreis um −1 eintritt, womit eine hinreichende Phasenreserve sichergestellt ist....


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