Referat Handout Longue Vue PDF

Title Referat Handout Longue Vue
Course Einführung in die Literaturwissenschaft
Institution Universität Regensburg
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Summary

Referat zum Buch "Longue vue" von Patrick Deville mit dem Thema "Filmische und photographische Techniken" im Werk...


Description

Patrick Deville Perspektiven – Photographische und filmische Techniken in Longue Vue (Zusammenfassung der Handlung -

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Schauplatz: nordafrikanische Hafenstadt (evtl. Casablanca?) Erste Juliwoche des Jahres 1957 Handlungsgegenstand: österreichischer Ornithologe Prof. Körberg; Vorwand, Vögel zu beobachten und den Grand Atlas ornithologique zu aktualisieren; kehrt in Stadt zurück, in der er vor langer Zeit einzige große Liebe (Sängerin Stella) hatte (bald nach Begegnung verstorben) Erkundung der Umgebung mit Fernrohr und Fotoapparat Ebenso in Stadt: Skoltz und Jyl (Freizeitaktivitäten zwischen Bungalow, Strand, Restaurants, Geschäften); S. ist Ex-Priesterseminarist, arbeitet an nicht näher definierte Manuskript, kümmerst sich auf Bitte von Anton-Mokhtar (Freund seiner Eltern) in Ferien als Betreuer und Lehrer um hochbegabte Jyl A.-M. war Komponist und musikalischer Begleiter Stellas; Jyl ist Stellas Tochter, Körberg vermutlich Vater K. spioniert A.-M. nach, wird auf S. und J. aufmerksam; zweimal direkte Begegnung jedoch ohne sich erkennen zu geben; plötzliche Herzschwäche von K., reist daraufhin ab ) Quelle: Tschilschke: Roman und Film (S.169f.)

Aufbau und Besonderheiten der in der Darstellung Photographische Literalisierung in der äußeren Form -

Postavantgardistischer Roman (1987) Wesentlicher Aspekt von Devilles literarischer Auseinandersetzung mit der Photographie: Beschäftigung mit Robbe-Grillets Poetik des „Neuen Sehens“  stilistische Unterbietung der diesbezgl. Aspekte des Schreibens  Entstehung selbstironischer, parodierter Einschreibungen, bleiben in ihrer Bedeutung spielerisch offen, bieten keine sinnverdichtende Funktion an; vielmehr sinnentleerte Reminiszenzen (etwas, das durch Ähnlichkeit an etwas anderes erinnert) einer sich gleichzeitig ironisch davon distanzierenden Haltung

Theorieteil: wichtige Begrifflichkeiten Écriture photographique -

Gesamtkonzept photographischer Darstellung umfasst zwei Grundtypen: 1) Monomediale photographische Schreibweise  photographische Momente in reinen Sprachtexten (sprachliche Gestaltungsweisen literarischer Texte) 2) Bimediale photographische Schreibweise  bei materiell realisierten Photo-TextKombinationen Frage an Kurs: Welcher Typ? HIER: Ersteres

Effet photographique -

Eindruck photographischer Präsenz beruht auf effet photographique (ähnlich dem effet réel von Barthes)  Wirkung bestimmter literarischer Verfahren, die beim Rezipienten Illusionseffekt des Photographischen hervorrufen (Simulation photographischer Bilder im nicht-photographischen Medium) Feuerzeug-Szene:

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Körberg installait l’appareil photographique sur le viseur. Liffey-Rairez retournait s’asseoir au volant. Skoltz feulletait le programme, illustré de reproductions d’Ascot de Dufy et de Chevaux de course à Longchamp de Degas. Il le repose et allume une cigarette. Quelle maladie? Il joue avec le briquet d’Anton-Mokhtar, soulève le capot du pouce, tourne la molette Flamme-, claque le capot de l’index. Au début c’étaient des sautes d’humeur pendant lesquellees, contre sa propre volonté, elle brisait des objets, criait… Il prend une cigarette dans le paquet. Skoltz lui offre du feu.

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Verschränkung des Gespräches zwischen K. und L.-R. mit photographisch voyeuristischen Beobachtungsbildern mithilfe geschickter Simultanverschachtelung

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(Sehpunkt (interne Fokalisierung) liegt deutlich bei K., heterodiegetischer Erzähler lässt K. und L.-R. in direkter Rede zu Wort kommen, erzählerische Vermittlung erfolgt über Stimme des allwissenden Erzählers, denn nur er allein kennt Namen von A.-M.s Freund)

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Weitere Hervorhebungen: mikrostrukturelle Fotointerferenzen auf syntaktischer Ebene  jede der Syntaxeinheiten bildet fixiertes Handlungsmoment ab: Skoltz beim Blättern in Programmheft, deren Hinlegen, Anzünden von Zigarette, Spielen mit Feuerzeug, Herausnehmen von Z. aus Schachtel, Skoltz beim Anbieten von Feuer

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Auffällig: Abfolge der Satzteile – nur ein Satz enthält zwei aufeinander folgende Bilder, die mittels nebenordnender Konjunktion et in engere raum-zeitliche und inhaltliche Verbindung zueinander gebracht werden, wobei zwischen beiden Hauptsätzen geringe zeitliche Aussparung vorliegt  wesentlicher Unterschied zur filmischen Schreibweise: hier wird gerade eben versucht, Illusion der kontinuierlichen Bewegungsabfolge zu kreieren; in Beispiel wird bruchlose Handlungsabfolge gerade in Einzelsegmente zerbrochen, zwischen denen mehr oder weniger viele dazwischenliegende Handlungsmomente weggelassen werden  Betonung der bewegungsimmobilisierenden Einzelsegmente

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Unmittelbare Aufeinanderfolge zweier Bilder wird durch weitere Abtrennung des „Einzelbildes“ flamme innerhalb von Satzglied mittels zweier Gedankenstriche markiert

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Im kurzen Augenblick des Aufleuchtens wird Flamme „photographisch“ erfasst und detailvergrößert  füllt gesamte Bildfläche bis zum Bildrahmen (typographische Markierung) aus; Setzung von Gedankenstrichen und Kommata zur Folgehandlung (Schließen des Feuerzeugs) unterstreicht größere zeitliche Differenz zu dieser, während Feuer als direktes Ergebnis des fixierten Drehvorgangs des Reiberädchens einfach nur durch Gedankenstrich abgetrennt wird

Intermedialität Zusammenspiel verschiedener Medien Im trivialen Sinne: Jede Form der Referenz eines Mediums auf ein anderes Darstellung der Differenzen zwischen den Prozessen von Wahrnehmung und Vorstellung Schnitt&Überblendung

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Schnitt: hartes Aneinanderfügen zweier Einstellungen, bei der auf letztes Bild A unmittelbar erstes Bild von B erfolgt Überblendung: weicher Übergang zweier Einstellungen, bei dem letzte Bilder der Einstellung A durch erste Bilder der nachfolgenden Einstellung B überlagert und letztlich ersetzt werden

Praxisteil: Analyse der Textstellen 1) An welchen Merkmalen ist bereits an der äußeren Form des Romans eine photographische Präsenz erkennbar? Inwiefern lässt sich der Titel „Longue vue“ als zweideutig bezeichnen?

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Äußere Form 3 Teilung, 8 Kapitel, Fragmentierung in kurze, durch Leerstellen getrennte Abschnitte Betonung des Montagecharakters der äußeren Form durch Einschub anderer Textsorten, z.B. Zeitungsbericht, Postkarte etc. Scheinbar lose Hintereinanderschaltung der einzelnen Textblöcke erinnert an Fotoalbum, in dem Bilder durcheinandergeraten sind Fehlen ausdrücklicher Überleitungen durch Erzähler

Mehrdeutigkeit des Titels Longue vue Titel „Longue Vue“ ist mehrdeutig: Allgemein: Betonung der zentralen Bedeutung des Sehens und Beobachtens, wenn auch kein expliziter Verweis auf Photographie (emphatische Signalwirkung) 1) Nominalphrase bedeutet so viel wie „Weitblick“  Roman handelt von weiten Blicken: topographisch weitschweifende Blicke einerseits und von Rückblicken in die geographisch wie zeitlich weit zurückliegende Vergangenheit von Körberg andererseits

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2) mikrostrukturelle Ebene: homonymes Lexem longue-vue (Fernglas)  orthographische Unterscheidung von der Nominalfügung durch Bindestrichschreibung  Raum-zeitliche Distanzen: Was wirkt an den beiden Szenen in Bezug auf die hier aufgeführten Gegenstände der Zigarettenschachtel und des Kieselsteins auffällig? Was wird durch die verwendete Technik beim Leser erreicht?

Zigarettenschachtel + Kieselsteinepisode -

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Problematik der Aufhebung der Zeitlichkeit und die der Entropie: Bildung der strukturellen Basis in Longue vue Scheinbar lose Hintereinanderschaltung der einzelnen Textblöcke erinnert an Fotoalbum, in dem Bilder durcheinandergeraten sind Minimalistischer Roman: Beliebtheit des mikroskopischen Blicks „Maxwellscher Dämonenblick“: Wesen, das versucht, Ordnung in die Unordnung zu bringen  v.a. in Zusammenhang mit Körberg, der mit Teleobjektiven und Ferngläsern arbeitet und für den jedes vergrößerte Detail von herausragender Bedeutung ist Häufig detailreiche Schilderungen, die das scheinbar banale und unbedeutende Detail mit einem geradezu „teleobjektivischem Blick“ in Großaufnahme darstellen, wodurch der Blick auf das Ganze durch die Fragmentierung und Verzerrung der realen Proportionen verloren geht Besonders starker Eindruck der völligen Unordnung bei extrem starker Vergrößerung kleinster Objekte und deren Gleichstellung zu Handlungsszenen  Z.B.: Zigarettenschachtel-Episode: schiebt sich direkt zwischen 2 Handlungssequenzen (S. 12)  Irritation für Leser, da Suche nach besonderem Informationsgehalt der so detailliert gezeigten Objekte, aber nur Auffinden von Banalität und erzählerischer Willkür der Fokussierung um ihrer selbst Willen  Gleichberechtigte Darstellung von Handlungselementen und banalen Details, die für Fortgang der Handlung völlig irrelevant sind (Aber: Beobachtungsrealismus taugt nur noch zur Täuschung)  Kieselsteinepisode Weitere Verwendung der Technik des Vergrößerns eines Detailausschnitts: Verknüpfung einzelner Absätze und Kapitel Erster Blick: Reihung zusammenhangloser Abschnitte, jedoch: oftmals kohärente Abfolge; manchmal aber Vorsicht!  zwar bleibt Kieselstein in Longue vue mehrfach zwischen Absätzen und Kapiteln im fokussierten Bildmittelpunkt, allerdings in unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Kontexten, z.B. zwischen erstem und zweitem Kapitel des ersten Teils (LV 22-23) Einzelne Bilder zeigen zwar stets gleiches Motiv, jedoch Bilder aus völlig unterschiedlichen Zeiten und räumlichen Kontexten, durch mehr oder weniger große Leerstellen voneinander getrennt

Fernrohr -

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Titelgebendes Fernglas repräsentiert einen der wichtigsten Handlungsträger und steht als Synekdoche für ganze Reihe anderer optischer Geräte (u.a. für Fotoapparat) Fernrohr als wichtigster Handlungsgegenstand (klischeehaftes Symbol  Verbindung voyeuristischen Begehrens und sexueller Ohnmacht): Voyeur: Kindheitserinnerung (S. 73), nackte Nachbarin im Hotelzimmer (S. 34f.), weitere Entkleidungsszene (S. 81) s. nächster Punkt // Metapher: Fernrohr ruft Erinnerungen an zeitlich weit Entrücktes hervor Beobachtung einer Blondine; zwar keine Nennung eines optischen Geräts, jedoch expliziter Verweis auf Rahmung seines Sehfeldes, das ihm wohl nur photographisch begrenzte Einstellungsperspektive zu erlauben scheint Beispiel: Tout à gauche, elle claquait la portière d’une vieille Mercedes et quittait le champ. (LV 60)

Oftmals Motivation auf Figurenebene durch Geräte wie Fernglas oder Fotokamera: künstliche Veränderungen der Distanz zwischen wahrnehmendem Subjekt und wahrgenommenem Objekt Somit können ontologische Differenzen unterschiedlicher Beobachter optisch bzw. photographisch ebenso leicht überwunden werden wie raum-zeitliche Distanzen Filmtypische Übergänge Schnitt

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blancs (Leerstellen) zwischen Abschnitten  schon rein äußerlich fragmentarischer, montageartiger Charakter (v.a. dort, wo Wechsel des Erzählstrangs oder Beginn von Rückwendung) typographisches Äquivalent zum filmischen Schnitt (Übergang Erzählstränge räumlicher Sprung zwischen zwei Sätzen eines Abschnitts geht mit konstitutivem Wechsel der Erzählform bzw. der Realitätsebene einher: „Il est dix heures. Devant chez moi, le soleil déjà haut écrase les champs. Un vent tourbillonnant fait parfois frissonner les cyprès. Sur la route passe un homme qui pousse une brouette. Le professeur Körberg est assis à son bureau. Il porte une robe de chambre rouge. Devant lui sont étalés des photographies d’oiseaux, des croquis, des cartes. (S. 65)  unvermittelter Schauplatzwechsel ! (Haus von Ich-Erzähler und Hotel von Körberg an unterschiedlichen Orten. Ich-Erzähler kann nicht an beiden Orten gleichzeitig sein, darum Wechsel der Erzählform) Überblendung Realisierung filmischer Überblendungen geschieht auf unterschiedliche Weise, aber immer Wechsel der Zeit und/oder Realitätsebene  Darstellung der Erinnerungen oder Vorstellungen einer Figur

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Whitehouse-Szene optische Halluzination Körbergs (Betreten des Hotels ruft Erinnerung hervor, S. 40)

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Nennungen einzelner intradiegetischer Photographien gewinnen dann an struktureller Bedeutung, wenn leitmotivische Verwendung: Fotos von Stella (verstorbene Jugendliebe des Protagonisten)  Thematisierung des für die Photographie typischen Potentials: Fähigkeit des Überschreitens der Todesgrenze  Personen in Photographien noch sichtbar, aber physisch nicht (mehr) präsent  Verschmelzungseffekt: Keine Trennung mehr zwischen realer Wirklichkeitswahrnehmung, mentalen Bildern und photographischen Abbildern Verschmelzungseffekt verschiedener Raum-Zeit-Ebenen: Körbergs Ankunft im Ort seiner alten Liebe; Erkundigung nach Hotel White-House (S.40)  Plötzlich einsetzende Vergegenwärtigung einer vergangenen Szene: Markierung des Zeitwechsels durch Tempuswechsel (passé simple u. Imperfekt  Präsens); Imitation des photographischen Charakters durch explizite Markierung mit demonstrativem Hinweis auf statisch-bildhafte Szene („cette image“); deutliche Zeitmarkierung („noir et blanc“)  Signal der Photohaftigkeit Strand-Szene

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„Tu t’imagines […] s’il se mettait à neiger?“  (S. 75) Übergang von sommerlicher Strandpromenade zu Winterpanorama („Tous deux suivant maintenant la descente…“) Überlagerung Erinnerung und Gegenwart / Wahrnehmung und Vorstellung Go-Tchang-Szene Ikonisierung des Verfahrens der Überblendung: Überlagerung Realität und literarische Fiktion (S. 54)  erst im letzten Satz: Erwähnung von Jyl, innerhalb des stilistisch völlig homogenen Abschnitts passiert Wechsel der Realitätsebene (sylleptische Verknüpfung?) Eigtl. Scharnier: vorletzter Satz, lexikalische Schnittmenge (vent, feuilles, éclair, pins, tonnerre) Flashbacks: Erinnerungen, Träume, Visionen Körbergs (Erleben der Vergangenheit in der Gegenwart) Merkmale Selbstironie Beginn des Buches, S. 9 Relativierung des Minimalismus: Übersättigung der Handlung mit Elementen des Liebes-, Kriminal- und Abenteuerromans, sodass sie ironisch untergraben wird Filmische Schreibweise: will Illusion einer authentischen, unvermittelten Wirklichkeitsdarstellung gar nicht erst aufkommen lassen  Inauthentizität Mimesis (= Nachahmungs-) problematik: 1. Satz ironisiert jeden möglichen Anspruch des Romans auf objektive und authentische Darstellung der Wirklichkeit (Voici un livre scientifique, car Skoltz et Körberg, effectivement, je les ai connus) Mediale Ironie: absichtsvolle Unterbietung literarischer Normen und schriftstellerischer Prätentionen („Tiefstapelei“): filmische Bezüge und Techniken werden so eingesetzt, als dass sie umso stärker auf die Literatur zurückweisen, je größer der filmische Effekt ist, den sie hervorbringen Titel und einleitende Aussage („Voici un livre scientifique…“) Versuch des Bezugs auf wissenschaftliche Wirklichkeitsdarstellung ; ABER: Banalität des Titels und Begründung (… „car Skoltz et Körberg, effectivement, je les ai connus“) ziehen Versuch eines exakt abbilden wollenden Romans im Stile Zolas ins Lächerliche

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Formale und stilistische Gestaltung stellt sich Anspruch auf wissenschaftlichnüchterne Sprache entgegen  Körbergs positivistische Überzeugung, Wirklichkeit mit der optischen Wahrnehmung angemessen erfassen und durch Photographien exakt abbilden zu können: lächerlich Ironie: Beharren auf Präzision, aber Vermischen von gelebter Wirklichkeit und filmischer Fiktion  Filmisches wird in Rückwendungen nicht nur realisiert, sondern auch thematisiert! Auch Autor zieht sich mit einleitender Aussage ins Lächerliche (nicht intellektuell?) Fazit: weder existenzielle Suche nach Sinn und Erkenntnis, noch ernste, soziokulturelle Kritik, sondern ironisches, selbstbelächelndes Formspiel im Modus des ästhetisch-formalen Understatements, das einer Art Poetik der Unterbietung zu folgen scheint  Entliterarisierung Filmsprache Explizite Systemreferenz: filmische Fachsprache; implizite Systemreferenz (v.a. auf Ebene des Diskurses) dadurch vereindeutigt und bestätigt 3 Gruppen in Longue vue: 1) Filmtechnisches Vokabular: gros plan (S. 39)  Beschreibung eines Wahrnehmungserlebnisses Körbergs (metaphorischer Gebrauch); optische Geräte und Handhabung: jumelles (S. 9f, 92, 100…), appareil-photo (S. 9, 81..), viseur (S. 10, 81…) u.v.m. 2) Skript-Kommentare: Art, mit der in L.V. verschiedene Objekte aus genau festgelegter Perspektive der Figuren oder Erzähler beschrieben werden; Vokabular erinnert an Beschreibung von Filmeinstellungen wie in Drehbüchern, Verweis auf Beschreibungspraktiken des nouveau roman; z.B. Hervorheben des begrenzten Gesichtsfeldes der Figuren: leur champ visuel (73), champ visuel bei Kamel (123, Selbstparodie), Tout à gauche, elle claquait la portière d’une vieille Mercedes et quittait le champ (60) „Dans la scène centrale, une modification importante est intervenue“ (67) (auch in la jalousie, Robbe-Grillet) Ebenso : « en noir et blanc »  Regiebemerkungen : ausschließlich im zweiten Kapitel  Ankündigungen des auktorialen Erzählers, Bezug auf Erzählvorgang selbst: „déplacons-nous“ (23) Rückblick auf Körbergs Erinnerung an Kindheit in Österreich; „Elargissons le champ“ (25)  Hinweis auf bestimmte filmische Eigenart des Textes: Mobilität des Erzählerstandpunkts und Nachahmung von Einstellungsgrößen und Kamerabewegungen Funktion der filmischen Fachsprache in L.V.: zusammen mit eingestreuter, naturwissenschaftlicher Fachsprache (Ornithologie, Geologie (23f.), Physik (74f.)) wichtiges Element selbstreflexiven Spiels, in dem Roman L.V. seine Identität als literarischer Text, sprachliches Gebilde mit fiktionalem Charakter, ironisch in Frage stellt  bringt umso nachdrücklicher in Bewusstsein! Naturwissenschftl. Fachsprache (erste Zeile von Buch) steht für Anspruch der Naturwissenschaften auf Wahrheit, objektive, überprüfbare Erkenntnis  Gegensatz

zu Literatur! Gerade dadurch Betonung der Fiktionalität des Romans; durch filmische Fachsprache Betonung der Sprachlichkeit des Romans und damit erst recht des Unterschieds zur audiovisuellen Wirklichkeitsdarstellung des Films! Trotzdem immer wieder Verweis darauf, durch ihm zur Verfügung stehenden sprachlich-erzählerischen Mitteln FAZIT: Ausreizung der latenten Ambivalenz zu einem dialektischen Wechselspiel zwischen Film und Roman; kein genereller Bruch mit Regeln der Mimesis, aber keine Chance auf Illusion eines ungebrochenen, unvermittelten Wirklichkeitsbezugs! Die Diversität der photographischen Darstellung im Vergleich zu „La jalousie“ -

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Ablehnende Haltung gegenüber Film La Jalousie: externe Fokalisierung, interne Okularisierung (Kamera zeigt lediglich äußere Beschaffenheit der Dinge und ihre räumliche Beziehung zueinander, und das von konkretem Standpunkt aus  bestimmtes narratives Verfahren (subjektive Kamera bzw. point of view-shot)  Figur = Kamera (künstliche Wirkung) Gerasterte Wirklichkeitswahrnehmung; nicht nur description, sondern auch Aufzeigen der Art und Weise des auf die Quantifikation reduzierten mathematisch-vermessenden Blicks La jalousie: entpersönlichte Erzählfigur, auf regard reduziert Longue vue: Erzähler ist zwar Maler, aber zurückhaltend, sammelt Figurenkonstellationen und Bilder aus dem Blick der Personen wie Forschungsmaterial; Körberg aber ist ebenfalls Beobachter, „verfolgt“ Jyl und Skoltz  Bei Robbe-Grillet: lediglich Beobachter, bei Patrick Deville: Beobachter (Körberg) wird zugleich beobachtet Gemeinsamkeit: Doppeldeutigkeit der Titel (jalousie, longue vue)  Unterschied: jalousie  eingegrenzte Sicht, longue vue  Weitsicht Robbe-Grillet: scheinbar unbewegte, quasi handlungslose, dominant deskriptive Erzählungen  Deville: Romane mit permanenter Bewegung, Unruhe und chaotisch anmutender Welt (schnelle Ortswechsel ebenso wie Personen- und Zeitbezüge); ABER: Romanfiguren ers...


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