Relevanzfrage Varusschlacht Kopie PDF

Title Relevanzfrage Varusschlacht Kopie
Course Die Germanen und das Imperium Romanum
Institution Humboldt-Universität zu Berlin
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Hausarbeit...


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Inhaltsverzeichnis: EINLEITUNG ...........................................................................................................................1! 1. ÜBERLIEFERUNGEN ZUR VARUSSCHLACHT .........................................................2! 2. DIE ANTIKEN QUELLEN ZUR VARUSSCHLACHT .................................................3! 2.1 VELLEIUS PATERCULUS .....................................................................................................3! 2.2 TACITUS .............................................................................................................................4! 2.3 FLORUS ..............................................................................................................................5! 2.4 CASSIUS DIO ......................................................................................................................6! 3. AUGUSTEISCHE AUßENPOLITIK ................................................................................8! 3.1 DAS JULISCH-CLAUDISCHE SYSTEM – KLIENTELSTAATEN UND EINE MOBILE ARMEE VON AUGUSTUS BIS NERO ...............................................................................................................8! 3.2 RHEIN ODER ELBE – DEFENSIVE ODER EXPANSION? ..........................................................9! 3.3 DIE GERMANIENFELDZU!GE DES DRUSUS 12 BIS 9 V. CHR. ...............................................10! 3.4 DIE RÖMISCHE PROVINZ GERMANIEN?.............................................................................11! 4. DIE GESAMTSTRATEGIE DES RÖMISCHEN IMPERIUMS .................................13! 4.1 KRITIK .............................................................................................................................15! 5. FAZIT ..................................................................................................................................16! 6. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ...........................................................18!

Einleitung Ziel einer Gesamtstrategie ist es, unter zur Hilfenahme aller staatlichen Ressourcen, alle relevanten Sicherheitsziele zu erreichen.1 Als Augustus im Jahr 31 v. Chr. zum Alleinherrscher des Römischen Reiches aufstieg, begann eine nie da gewesene Ausdehnung der Grenzen Roms. Ob er mit seiner Außenpolitik dabei einen defensiven Kurs, zur Sicherung seiner geschaffenen Monarchie verfolgte, oder die schon durch Caesar begangene Annexionspolitik in Gallien und den damit verbundenen imperialistischen Bestrebungen der ausgehenden Republik fortführen wollte, ist bis heute ein Streitthema der Geschichtsforschung. Wieso hörte das Römische Reich dort auf, wo es stand?2 Und welchen Einfluss hatte die Niederlage des Feldherrn Publius Quintilius Varus auf die römische Außenpolitik. Im ersten Kapitel wird die Varusschlacht kurz, anhand der wenigen Eckdaten skizziert, um im zweiten Kapitel mithilfe der schriftlichen Quellen näher an die Ereignisse der Schacht zu gelangen. Quellengrundlage bilden die Schriften von Velleius Paterculus (um 20/19 v. Chr. – nach 30 n. Chr.), Tacitus (um 58 n. Chr. – um 120 n. Chr.), Florus (zwischen 98 n. Chr. und 138 n. Chr.) und Cassius Dio (um 163 n. Chr. – nach 229 n. Chr.). Zwar hat keiner die Schlacht selbst miterlebt, dennoch geben uns ihre Berichte durchaus Einblicke in den Verlauf der Schlacht und die Charakterisierung der beteiligten Personen. Nachfolgend soll es um die Außenpolitik des Augustus gehen. Während Edward Luttwak den expansiven Charakter der Politik des Augustus herausarbeitet, sehen viele eher eine defensive Orientierung. Entlang der Germanien-Feldzüge soll das politische Ziel nähergebracht werden. Im vierten Kapitel kommt es dann zu einer Zusammenfassung der Arbeit von Luttwak und der Kritik an seiner Arbeit. Im letzte Kapitel soll, auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse versucht werden, die Relevanz der Varusniederlage in den Kontext der gesamten zwischenstaatlichen Politik zur Zeit des Augustus zu stellen.

1

Kagan, K., Redefining Roman Grand Strategy. in: The Journal of Military History, Vol. 70, No. 2, 2006,

S. 348. Siehe auch E. Luttwak »For the Romans, [...], the elusive goal of strategic statecraft was to provide security for the civilization without prejudicing the vitality of its economic base and without compromising the stability of an evolving political order.« Luttwak, E., The Grand Strategy of the Roman Empire. From the First Century A.D. to the Third. London 1976, S. 1. 2

Kagan, Redefining Roman Grand Strategy, S. 346.

1

1. Überlieferungen zur Varusschlacht Die Clades Variana, die Varuskatastrophe, fand vor mehr als 2000 Jahren statt. Im Jahr 9 n. Chr. kämpfte eine germanische Stammeskoalition unter der Führung des Cherusker Arminius gegen drei Legionen des römischen Imperiums. Die Cherusker waren ein germanischer Stamm, der Rom durch die Abgabe von Hilfstruppen unterstützte und Arminius befehligte einen dieser Verbände. Durch seine Taten erlangte er wohl den Stand als Ritter und erhielt das römische Bürgerrecht. Als oberster Befehlshaber der Cherusker stand im Jahr der Varusschlacht wohl sein Schwiegervater Segestes, dem anhand der Quellen ein positives Verhältnis zu den Römern nachgesagt werden kann.3 Mit der XVII., XVIII. und XIX. Legion hielt sich Varus im Cheruskerland an der Weser auf und leitete dort Gerichtsverhandlungen und verteilte seine Soldaten über das ganze Land, damit diese für Recht und Ordnung sorgen konnten.4 Bedingt durch das Missachten germanischer Traditionen des Statthalter Varus, soll es zu Spannungen zwischen Cheruskern und Römern gekommen sein, die Arminius ausnutze, um seine Gefolgschaft zu sammeln und so zum Gegenschlag auszuholen.5 Arminius und Segimerus täuschten einen Aufstand in einer weit entfernten Siedlung vor um so Varus mit drei Legionen, drei Reitereinheiten und sechs Kohorten in unwegsames Gelände zu locken. Varus befand sich mit seinen Truppen in Vorbereitung Richtung Winterquartier an den Rhein zu ziehen, als er die Nachricht von Revolten bekam. Varus fasste den Beschluss mit dem gesamten Hab und Gut einen Umweg zu machen, um im Vorbeigehen die Aufstände niederzuschlagen. Doch die Zivilisten (Händler, Handwerker, Prostituierte, Soldatenfrauen und deren Kinder) verlangsamten die Römer im unwegsamen und unbekannten Gebiet langsam.6

3

Vgl. Moosbauer, G., Die Varusschlacht, München 2009 [Auf. 2.], S. 70. – Segestes, so steht es in den

Quellen soll vehement versucht haben Varus davon zu überzeugen das Arminius plane sich gegen Rom zu stellen. 4

Vgl. Pantle, C., Die Varusschlacht. Der Germanische Freiheitskrieg, Berlin, 2009, S. 172.

5

Vgl. Moosbauer, S. 70f. – Moosbauer bezweifelt, dass die Varusschlacht »[...] eine nationale Erhebung,

[...].« gegen die Römer war, sondern lediglich ein Aufstand der Cherusker und einiger weniger Sympathisanten des Arminius. Für ihn gibt es bedingt durch das Fehlen einer germanisch nationalen Identität keine hervorstechende Bedeutung der Varusschlacht für die Germanen. 6

Vgl. Pantle, S. 173.

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Unterwegs wurden sie immer wieder durch Germanen angegriffen und langsam dezimiert bis am vierten Tag Varus und dessen Offiziere Selbstmord begingen.

2. Die Antiken Quellen zur Varusschlacht Wie sicher unsere Antworten auf die Fragen rund um die Varusschlacht sein können, hängt entscheidend davon ab, wie verlässlich die antiken Schriftquellen sind. Im folgenden Kapitel werden die schriftlich erhaltenen Quellen von vier Historikern und ihren Schilderungen zur Varusschlacht vorgestellt.

2.1 Velleius Paterculus Der römische Historiker Velleius Paterculus gehörte einer kampanischen Familie aus dem Ritterstand an und lebte etwa in der Zeit von 20 v. Chr. bis 30 n. Chr. Neben seiner militärischen Laufbahn begleitete er mehrere politische Ämter. Er verfasste, die aus zwei Bänden bestehende, Historia Romana. In ihr betrauert Velleius die Ereignisse um die Varusschlacht, den Verlust von drei Legionen, drei Reiterabteilungen und sechs Kohorten.7 Quintilius Varus wird von ihm als sanftes Wesen mit ruhigem Charakter und einem unbeweglichen Körper und Geist beschrieben, dem die Geldgier anhaftet.8 Den Germanen attestierte Velleius trotz ihrer Wildheit eine gewisse Fähigkeit zur List und Lüge, um so Varus in dem Glauben zu versetzen, seine Reformen würden auf fruchtbaren Boden fallen.9 Die eigentliche Schlacht wird von Velleius nicht weiter beschrieben.10

7

Vgl. Vell. 2, 117, 1.

8

Vgl. Ebd. 117, 2.

9

Vgl. Ebd. 118.

10

Velleius Paterculus gibt in seinem Text an, über die Ereignisse der Varusschlacht in einem weiteren

Geschichtsbuch zu schreiben: »Ordinem atrocissimae calamitatis, qua nulla post Crassi in Parthum damnum in externis gentibus gravior Romanis fuit, iustis voluminibus ut alii, ita nos conabimur exponere: nunc summa deflenda est.« – Vell. 2, 119, 1.

3

In der Darstellung des Velleius wird die Person Varus ohne Ausnahme negativ umschrieben und als Schuldiger für den Ausbruch und die anschließende militärische Niederlage ausgemacht.11 Nicht außer Acht lassen darf man, dass Velleius Zeitzeuge der im Jahr 9 n. Chr. stattgefundenen Ereignis war. Über Arminius, dem Gegenspieler des Varus, erfährt man nur sehr wenig. Kurz werden seine positiven Eigenschaften als Feldherr erwähnt, ohne dabei nicht auch Varus zu kritisieren.12

2.2 Tacitus Publius Cornelius Tacitus lebte ca. 55 n. Chr. bis um 120 n. Chr. Als junger Mann leistete er seinen Militärdienst und bekleidete mehrere politische Ämter. In seinem Werk Annales (ab excessu divi Augusti) schildert Tacitus den Feldzug des Germanicus gegen die Cherusker bzw. Arminius im Jahr 15 n. Chr. 13 und den Versuch, die Gefallenen Kameraden der Varusschlacht zu bestatten.14 In den Texten des Tacitus erfährt man im Vergleich zu Velleius mehr über die Person des Arminius. Und auch wenn Tacitus Angaben sehr vage bleiben, so lassen sich in seinem Text Ortsangaben zur Varusschlacht entnehmen.15 Auch Tacitus sucht die Schuld der Niederlage im militärischen Versagen des Varus und führt wie Velleius an, Segestes habe den Varus vor Arminius gewarnt und zum Einschreiten aufgefordert.16 Ob überhaupt die Möglichkeit für Varus bestanden hat, den zu römischen Ehren gelangten und Freund der Römer, Arminius überhaupt einzusperren,

11

Vgl. Ebd. 117, 3. & 119, 2.

12

Vgl. Ebd. 118, 2. – »Tum iuvenis genere nobilis, manu fortis, sensu celer, ultra barbarum promptus

ingenio, nomine Arminius, Sigimeri principis gentis eius filius, ardorem animi vultu oculis praeferens, adsiduus militiae nostrae prioris comes, iure etiam civitatis Romanae decus equestris consecutus gradis, segnitia ducis in occasionem sceleris opprimi, quam qui nihil timeret, et frequentissimum initium esse calamitatis securitatem.« 13

Vgl. Tac. ann. 1,55-62.

14

Vgl. Ebd. 1,60,3 & 1,61,1. – »[...] in quo reliquiae Vari legionumque insepultae dicebantur. Igitur

cupido Caesarem invadit solvendi suprema militibus ducique, permoto ad miserationem omni, qui aderat, exercitu ob propinquos, amicos, denique ob casus bellorum et sortem hominum.« 15

Vgl. Ebd. 1,60,3. – »[...] quantumque Amisiam et Lupiam amnis inter, vastatum, haud procul Teuto-

burgiensi saltu, [...].« 16

Vgl. Ebd. 1,58,1-2.

4

bleibt unbeantwortet. Bedenken sind zumindest angebracht. Auch die Rede des Segestes, wie sie Tacitus schreibt, kann nicht zweifelsfrei belegt werden. Arminius hingegen wird sehr positiv dargestellt und von Tacitus als Befreier Germaniens tituliert.17 Abschließend kritisiert Tacitus seine griechischen und römischen Kollegen dafür, sich gar nicht oder nur sehr geringschätzig mit Arminius zu beschäftigen. Anders als Velleius, der durch seine zeitliche Nähe zu Arminius Gefahr lief, diesen durch positive Charakterisierung zu glorifizieren, versuchte Tacitus wahrscheinlich der eigenen römischen Bevölkerung, ein positives Beispiel an Uneigennützigkeit und Mut vorzuhalten.18

2.3 Florus Das Werk Epitome bellorum omnium annorum DCC libri wird dem römischen Historiker Florus zugeschrieben. Florus soll etwa zu Beginn des 2. Jhd. geschrieben haben. Überwiegend werden im Text kriegerische Auseinandersetzungen beschrieben und idealisiert. Zwar weisen die Schriften des Florus einen sehr markanten Schreibstil auf, dennoch beinhalten die Texte häufig falsche Behauptungen und historische Ungenauigkeiten. Im Kapitel bellum Germanicum berichtet Florus auch über die Varusschlacht. Er schreibt davon wie schwer es ist, errichtete Provinzen zu halten. Und damit einhergehend das römische Rechtssystem zu installieren und durchzusetzen. Florus schreibt weiter, dass die durch Varus abgehaltenen Tribunale für Unruhen sorgten und sich die Germanen unter der Führung des Arminius gegen Rom stellte. Auch die Anekdote von der Warnung des Segestes weiß Florus zu berichten. Die Schlacht selbst umschreibt er als grausames Abschlachten inmitten der Sümpfe und Wälder und der Spott der Barbaren sei unerträglich.19 Das Ergebnis, so schreibt es Florus abschließend über

17

Vgl. Ebd. 2,88,3. – »[...] liberator haud dubie Germaniae et qui non primordia populi Romani, sicut

alii reges ducesque, sed florentissimum imperium lacessierit, proeliis ambiguus, bello non victus. septem et triginta annos vitae, duodecim potentiae explevit, caniturque adhuc barbaras apud gentis, Graecorum annalibus ignotus, qui sua tantum mirantur, Romanis haud perinde celebris, dun vetera extollimus recentium incuriosi.« 18

Tacitus lässt Arminius und seinen Bruder Flavus über ihre jeweiligen Motive zum Kämpfen sprechen.

Flavus auf der Seite der Römer und Arminus als Vertreter germanischer Interessen. – Vgl. Tac. ann. 2,910. 19

Vgl. Flor. 2,30,29-39.

5

den Krieg gegen die Germanen, sei das Stehenbleiben der römischen Herrschaft am Rhein.20 Zwar sind die Schilderungen des Florus in einer ansprechenden Form geschrieben, Details die der Rekonstruktion der Ereignisse dienen würden, finden bei ihm aber keine Verwendung und so erhält man aus ihnen nur wenige Informationen über die Varusschlacht. Auch dieser Bericht versucht vornehmlich die Verantwortung für die Niederlage bei Varus zu suchen.

2.4 Cassius Dio Der römische Historiker Cassius Dio Cocceianus lebte in der Zeit zwischen 164 und 235 n.Chr. Auch er durchlief einige politische Ämter und verfasste die Römische Geschichte (Ῥωµαϊκὴ ἱστορία) in griechischer Sprache. Das 80 Bände umfassende Werk des Cassius Dio ist nicht mehr vollständig vorzufinden, sondern teilweise nur fragmentarisch oder in mittelalterlichen Exzerpten erhalten. Die Textstellen zur Varusschlacht sind fast vollständig erhalten und sind sehr ausführlich. Cassius Dio schreibt, wie sich die Germanen allmählich an die römischen Einflüsse gewöhnten und ihr Leben viele römische Elemente aufwiesen. Doch mit dem Erscheinen des Varus und seinem Versuch die Romanisierung schneller zu vollziehen, fühlten sich die Germanen als Untergebene. Unter der Führung des Arminius planten sie einen Aufstand gegen Varus. Sie lockten den römischen Feldherren vom Rhein ins Landesinnere und trieben die römischen Truppen auseinander. Inmitten eines waldigen und hügeligen Gebietes und unter widrigen Witterungsbedingungen griffen die Germanen an und fügten den Römern, unter denen nicht nur Soldaten, sondern auch Frauen, Kinder, Lasttiere und Wagen befanden, große Verluste zu.21 Wie glaubwürdig die Schilderungen des Cassius Dio sind, darüber lässt sich diskutieren. Und trotzdem bietet der Text einen größeren Ausschnitt und hilft gewiss dabei eine bessere Vorstellung der Ereignisse zu erhalten.

20

Ebd. 2,30,39. – »Hac clade factum, ut imperium, quod in litore Oceani non steterat, in ripa Theni flu-

minis staret.« 21

Vgl. Cass. Dio 56,18,1-22,1.

6

Sowohl bei Cassius Dio als auch bei den verbleibenden drei hier behandelten Autoren wird Varus als der Schuldige für die Niederlage gegen Arminius und die Germanen dargestellt.22 Casius Dio benennt die Abhaltung von Tributen und die Forderung zur Einführung des römischen Rechtssystems als Fehler.23 Alle vier Quellen benennen auch die nicht ernst genommene Warnung eines Aufstandes bzw. Verrates des Arminius gegen Varus und sehen darin eine Fehleinschätzung des Statthalters. Im Vergleich zu den anderen Autoren ist bei Cassius Dio eine genauere Schilderung der Kämpfe und deren Ablauf beschrieben. So berichtet er etwa von einem Marsch der Römer und dem germanischen Angriff. Die detaillierten Beschreibungen lassen die Vermutung zu, Cassios Dio habe für seinen Text auf ebenso detaillierte Quellen zurückgreifen können. Ob dadurch seine Schilderungen als historisch korrekt bezeichnet werden können, ist aber nicht zweifelsfrei möglich. Letztlich lässt sich mithilfe der antiken Quellen weder Ort noch der genaue Ablauf der Schlacht rekonstruieren. Diesen Anspruch hatten die jeweiligen Autoren vermutlich auch gar nicht. Ihnen allen ist eine literarische und politische Färbung gemein. Emotionale Schilderungen und die jeweilige aktuelle Meinung des Herrschenden wiederzugeben, scheinen ebenfalls wichtige Motive der antiken Historiker gewesen zu sein. Trotzdem lässt sich aus ihnen die Erkenntnis gewinnen, die Varusniederlage war ein wichtiger Punkt in der augusteischen Außenpolitik.24

22

Vgl. Vell. 2,118,2ff; Tac. ann. 1,58,2; Flor. 2,30,33; Cass. Dio 56,19,2f.

23

Vgl. Ebd. 56,18,3.

24

G. Moosbauer schreibt »Auch wenn Augustus sich nach dem Ereignis weder Haar noch Bart geschnit-

ten haben und ab und an seinen Kopf [...] gegen ein Tor geschlagen haben soll, [...] stellt dieses Ereignis aus Sicht der Zeitgenossen kein militärisches Desaster dar.« Moosbauer, G., Die Varusschlacht, München 2009 [Auf. 2.], S. 71. Freilich sieht der Zeitgenosse Velleius Paterculus das anders, wenn er schreibt: »Den Ablauf dieser schrecklichen Katastrophe – die schwerste Niederlage der Römer gegen auswärtige Feinde seit der des Crassus gegen die Parther [...].« Vell. Pat. 2,119.

7

3. Augusteische Außenpolitik In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden welche Ziele die römischen Offensiven rechts des Rheins unter Augustus verfolgten. Des Weiteren sollen die folgenden Fragestellungen im Mittelpunkt stehen: Wie werteten die Römer ihre Zielsetzungen, nach der Unterwerfung der germanischen Stämme, als erfüllt und welche Beherrschungskonzepte schließen sich daran an? Und wie kam es zur Varuskatastrophe und welche Konsequenzen zogen sich für die augusteische Germanien Politik daraus?25

3.1 Das Julisch-claudische System – Klientelstaaten und eine mobile Armee von Augustus bis Nero In der Zeit der Republik versuchte man die gewachsenen Sicherheitsprobleme, die sich aufgrund der enormen Ausbreitung des Territoriums ergaben, mithilfe von hegemonialer Ausdehnung entgegen zu wirken. Die geführten Kriege ergaben dabei nur ein geringfügiges Wachstum des römischen Gebietes und stärkten eher die diplomatischen Einflüsse und festigten das Klientelstaaten Konzept26. Am Ende der republikanischen Zeit, beschleunigte sich die territoriale Ausdehnung, bedingt durch die neuen politischen Machtverhältnisse, merklich und erreichten unter Augustus ihren Höhepunkt.27 Für Edward Luttwak ist die Marschrichtung von Augustus klar. »Under his direction, wars of conquest were fought in all directions, resulting in the annexation of vast ter[r]itories: […].«28 Die Eroberung von kontrollierbaren und effizienten Klientelstaaten war, bis auf die Einnahme Judäas im Jahr 6 n. Chr., hingegen keine politische Option

25

Vgl. Dreyer, B., Als die Römer frech geworden. Varus, Hermann und die Katastrophe im Teutoburger

Wald, Darmstadt 2008, S. 15. 26

»The conventional characterization of the client kingdoms as...


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