Title | 4 - Schuss |
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Course | Rechtsmedizin für Juristen, Biologen und Biomediziner |
Institution | Julius-Maximilians-Universität Würzburg |
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Schuss Ballistik
Innere Ballistik: Vorgänge innerhalb des Waffenlaufes nach Auslösen des Schusses Äußere Ballistik: Flug des Geschosses nach Verlassen der Mündung Zielballistik o Vorgänge durch das Geschoß im Ziel o Bei Lebewesen: Wundballistik
Geschosse
Erstes historisches Geschoß: Stein Übertragung von Energie über eine größere Distanz mitgegebene Energie muss ausreichen für Zurücklegen der Wegstrecke und Wirkung im Ziel Patrone = Hülse mit Zündelement, Treibmittel (Nitropulver) und eigentliches Geschoss Kaliber = Innendruchmesser des Laufs (Feld-Feld)
Geschossformen Stein: 30-50 g bei Hand-Steinschleudern / Handwurf Pfeile / Speere: geringer Luftwiderstand, hohe Durchschlagskraft Kugel: keine Querkräfte; innenballistisch problematisch Langgeschoß: 1828 Delvigne Voll-/Vollmantelgeschosse o Vollbleigeschosse: Revolver, Büchsen, Flintenlaufgeschosse o Vollmantelgeschosse Deformationsgeschosse Vergrößerung des Geschossquerschnitts beim Auftreffen auf den Körper o Teilmantelgeschosse o Hohlspitzgeschosse „Nicht-tödliche“ Geschosse o Theorie: Geschoss soll nicht in den Körper eindringen, sondern beim Auftreffen eine genügend starke Schmerzempfindung hervorrufen o viel Energie, geringe Querschnittsbelastung o „Short-Stop-Geschoss“ .38 spec, .357 Mag. Schrotkörner in Leinensäckchen Einsatzbereich 2-10 m Schusswaffen Handfeuerwaffen o Büchsen Jagdgewehre Militärgewehre o Flinten Bewegungsenergie Ekin = ½ • m • v2 Faustfeuerwaffen
ca. 250 – 400 m/s
Faustfeuerwaffen o Revolver o Pistolen
Schießapparate o Schießfallen o Bolzenschussapparate
Handfeuerwaffen
ca. 600 – 1000 m/s
Veränderungen im Zielmedium Temporäre Wundhöhle: vom Geschoß abgegebene kinetische Energie führt zur Beschleunigung der im Geschoßweg liegenden Masse des Mediums in radialer Richtung von der Geschoßbahn weg Zone der Extravasation: Gewebsblutungen ohne Zerstörungen Bleibende Wundhöhle (Schusskanal, Wundkanal) o Zertrümmertes, zerrissenes, blutdurchtränktes Gewebe o nicht deckungsgleich mit geometrischem Schusskanal Vollmantelgeschosse o gerader Einschusskanal („narrow channel“): > 1,5 Kaliber, je nach Form & Geschwindigkeit o Primäre temporäre Höhle: Querstellen des Geschosses o Sekundäre Höhle: Weitere Drehung o Endlage Deformationsgeschosse o Primäre Höhle: kein Einschusskanal o Deformation innerhalb weniger Zentimeter nach Auftreffen auf Zielmedium (hoher Druck an der Geschoßspitze) o Geradliniger Schusskanal o Terminale Abweichung Handlungsfähigkeit Exakte Lokalisation des Treffers Konstitution des Getroffenen Psychische Verfassung des Getroffenen Schmerzen sofortige Handlungsunfähigkeit bei Treffern in o oberem Halsmark o Hirnstamm o Kleinhirn o Großhirn mit Ausnahme von Frontalhirn und Schläfenlappen rasche Handlungsunfähigkeit bei Treffern in o Herz, Aorta, Truncus pulmonalis o Handlungsfähigkeit für mindestens 6 Sekunden erhalten
Verletzungen durch Geschosse Einschusswunde Hautdefekt Abstreifring: Überzug des Geschosses mit Öl / Reinigungsmittel / Schmauch, der beim ersten Kontakt abgestreift wird Kontusionssaum (Schürfsaum): retrogrades „Wegspritzen“ der Oberhaut vertrocknet ähnlich wie Schürfwunde
Dehnungshof (manchmal): Hämatom um den Kontusionssaum, Blutung von kleinen Gefäßen
Kriterien unabhängig von der Schussdistanz
Ausschuss Nicht zwingend notwendig Steckschuss bei niedriger Geschossenergie (häufig bei Kopfschuss, da der Schädel viel Energie aufnimmt) Unregelmäßige Wundränder Kein makroskopisch erkennbarer Gewebsdefekt Ggf. mehrere Ausschüsse bei Geschosszerlegung oder Knochenfragmenten Dehnung, Schürfung bei Ausschuss gegen festen Untergrund
Rekonstruktive Aspekte Schussdistanz Absoluter Nahschuss: aufgesetzter Schuss (direkter Kontakt von Lauf und Haut) o Stanzmarke (= Abdruck von Laufmündung / Waffengesicht) Einschuss aufgesetzter Schuss Rückschlüsse auf Waffenhaltung bei der Schussabgabe Rückschlüsse auf den Waffentyp (Abprägung des Waffengesichts) o Hautaufreißung o Schmauchhöhle: Schmauchgase erzeugen Verbrennungen, müssen sich ausdehnen in der Mitte viel Schmauch, außen weniger Relativer Nahschuss o Schussabgabe in Zielnähe o Distanz abhängig von Waffentyp & Munition o Schmauchhof o Pulvereinsprengungen Fernschuss: keine Nahschusszeichen Schussrichtung
Linie zwischen Einschuss und Ausschuss ABER: Projektil kann im Körper abgelenkt werden Position des Schützen schwer nachzuvollziehen, da abhängig von Position
Knochendurchschuss: leichtere Bestimmung, da charakteristische Ränder
Schussabgabe Eigene Hand: Suizid oder Unfall Fremde Hand: Tötungsdelikt oder Unfall
Spuren Schmauchspuren Blutspritzer (Backspatter) Schlittenverletzung (nach hinten rutschender Schlitten klemmt Haut ein) Spurensicherung Nachweis von Schmauchbestandteilen o Blei, Antimon, Barium (Zündsatz) o Nitrozellulose (Treibmittel)
Abhängig vom Schmauchverhalten der Waffe Verfahren o Abklatschverfahren:Papier mit Weinsäure wird aufgelegt; Na-Rhodizonat (Blut färbt sich rot) o Stiftprobenträger: Abtupfen der Haut und Betrachtung im Rasterelektronenmikroskop o Handschuhverfahren: Überschichtung der Hand mit Latex & Untersuchung Blutspritzer können so fein sein, dass sie nicht mit bloßem Auge zu erkennen sind
Bemerkung: auch Schreckschusswaffen können aufgrund des Druckes sehr gefährlich sein!...