5 Sprachentwicklung - Vorlesungsnotizen 5 PDF

Title 5 Sprachentwicklung - Vorlesungsnotizen 5
Author Celi G.
Course Entwicklungspsychologie
Institution Universität Kassel
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Summary

komplette Vorlesung zu Entwicklungspsychologie
bei Prof. Dr. Ebersbach ...


Description

Sprachentwicklung Einführung: Sprachentwicklung - Sprache als eine Grundlage der zwischenmenschlichen Kommunikation - wichtig für Verhaltenssteuerung (selbst und andere) - basiert auf abstraktem Denken (Symbolsystem) - Grundfrage: Wie erlangen Menschen hoch abstrakte, regelhafte, umfangreiche Sprachfähigkeit? -

Sprachentwicklung als wichtige Entwicklungsaufgabe der (frühen) Kindheit (Havighurst, 1948) umfasst Sprachverstehen und –produktion Funktionen:     

Kommunikation Lernen Gedächtnis Handlungsplanung / -steuerung Kulturinstrument …

1.) Komponenten der Sprache Welche Komponenten der Sprache muss Kind erwerben?  Phonologie und Prosodie  Phonologie: Sprachlaute  Prosodie: kulturspezifische Sprachmelodie, Sprachrhythmus, Betonung



Semantik: Wortbedeutung (Wortschatz, Lexikon)



Syntax: Regeln, wie Wörter zu Sätzen kombiniert werden (Grammatik)



Pragmatik: Sprechakte, Sprache im sozialen Kontext (z.B. Humor)

2.) Theoretische Sicht 

Verschiedene Auffassungen hinsichtlich „angeboren“ / „erworben“ und notwendigen Bedingungen des Spracherwerbs

a) Inside-out Theorie (Anlage)  Sprachfähigkeit angeboren  Neugeborenes verfügt bereits über hochabstraktes grammatikalisches Wissen und ein hochspezialisiertes Sprachverarbeitungssystem (Sprachmodul)  Umwelt und allgemeine Lernfähigkeiten nur sekundär, lösen Erwerbsprozesse aus und passen sie an



Vertreter: z.B. Noam Chomsky (angeborene Universalgrammatik)

b) Outside-in Theorie (Umwelt)



Spracherwerb folgt allgemeinen Lernmechanismen 





Bahaviorismus (z.B. Skinner):  keine besondere biologische Basis; Sprache wird wie jedes andere Verhalten auch durch Verstärkung gelernt Kognitivismus (z.B. Piaget):  Denken geht Sprache voraus, Kind muss erst Konzept verstehen, bevor es Wort dafür lernen kann Vygotsky:  Sprache wird ausschließlich sozial vermittelt; kulturabhängig, variabel

Was spricht dagegen?

c)

Interaktionistischer Ansatz (Anlage x Umwelt)  Sprachspezifische Anlage und generelle Lernmechanismen / Umwelt wichtig für Spracherwerb  Interaktion zwischen Kind und Bezugspersonen zentral (in beiden Richtungen)  Bezugspersonen entwickeln ein Supportsystem, mit dem sie den Spracherwerb in relevanten Situationen stützen  „Bootstrapping“: Vorwissen, das Erwerb weiteren Wissens erleichtert (z.B. Syntax als Hinweis für Wortbedeutungen, z.B. „der Dackel frisst Wurst.“) 

Sprachentwicklung als aktiver Induktionsprozess  



zwar grundlegende Fähigkeit zum Spracherwerb sowie einzelne sprachspezifische Kompetenzen angeboren wichtig: Speicherung sprachlicher Daten im Gedächtnis; Abstraktion grammatisch relevanter Regeln und Ableitung von Wortbedeutungen auf Basis einzelner sprachlicher Beispiele (induktiv) passiv / nur durch Hören ist Sprache kaum zu lernen



implizierter Lernprozess (unwillkürlich, ohne Anstrengung, unbewusst)



Kind als aktiver Konstrukteur seiner sprachlicher Fähigkeiten 

bildet zum Teil hochkreative Worte / Grammatiken (z.B. Autofliegen statt Flugzeug; Dahlienschuhe statt Sandalen; Ärmelrock statt Kleid … )



Sprachentwicklung nicht einfache quantitative Verbesserung, sondern auch qualitative

Aktuellen theoretischen Ansätzen gemeinsam: Sprache humanspezifisch mit biologischer Basis: Kind auf Spracherwerbsprozess physisch vorbereitet Bedeutung der sprachlichen Umwelt Wichtig: Passung zwischen inneren Voraussetzungen des Kindes und angemessener Stimulation 

sensible Phase: sogenannte „Wolfskinder“ können zwar auch nach früher Kindheit sprachliche Fähigkeiten erwerben, aber insbesondere Grammatik eingeschränkt (Bsp. „Genie“, S. Curtiss, 1983)

3.) Phonologie und Prosodie 

Grundsteine schon gelegt bevor Kinder sprechen, sogar vor Geburt

Frühe auditive Unterscheidungsleistungen:   

nach Geburt: Unterscheidung menschliche Sprache vs. andere (technische) Laute sowie Kategorisierung von Lauten: z.B. „ba“ und „pa“ (Habituation) (Eimas et al., 1971) Unterscheidung aller möglichen Sprachlaute (auch nicht-muttersprachlich)  universale Voraussetzung zum Spracherwerb  geht in zweiter Hälfte des 1. Lebensjahres wieder verloren



Unterscheidung von zwei HindiPhonemen

Frühe auditive Unterscheidungsleistungen / Sprachgedächtnis:  Neugeborene nutzen auch prosodischer Merkmale (Sprachmelodie):

  

Unterscheidung Muttersprache vs. fremde Sprache (Mehler et al., 1988), aber nicht zwischen zwei fremden Sprachen offenbar vorgeburtlich ausgeprägt DeCasper & Spence (1986): Neugeborenen erkennen Text wieder, den Mutter vor Geburt mehrfach laut gelesen hat und unterscheiden ihn von neuem Text 7 – 10-Monatige: präferieren „natürlichen“ Text gegenüber Text, bei dem an unüblichen stellen (inmitten von Satzteilen) Pausen gemacht wurden (Hirsh-Pasek et al., 1987) – Basis für früheren Grammatikerwerb über Prosodie

Aktive phonologische Sprachproduktion:  

  

ab 6 Wochen: Gurren 2. – 4. Monat: lachen und Lautbildung (a, i) 6. – 9. Monat: „Lallstadium“: Duplikation von Silben „baba“, „dada“ (kanonisches Lallen) 10. – 14. Monat: erste Wörter um 18. Monat: 50-Wort-Marke, dann schneller Zuwachs



vorübergehende Verschlechterung der Aussprache (Worte nicht mehr isolierte Einheiten, sondern integriert in System; zunehmende Beachtung der Grammatik  vorübergehend weniger Aufmerksamkeit auf Phonologie)  U-förmige Entwicklung

Vier typische Aussprachefehler in früher Phase (um 2. Lebensjahr):  Silbenwiederholung: z.B. „Baba“ statt „Baby“  Auslassung unbetonter Silben: z.B. „Nane“ statt „Banane“  

Reduktion von Konsonantenclustern: z.B. „Bunnen“ statt „Brunnen“; „Luffilon“ statt „Luftballon“ Umgekehrt: z.B. „Laschwappen“ für „Waschlappen“

Zusammenfassung:  Fähigkeit, phonologische und prosodische Sprachinformation passiv zu verarbeiten, schon vor Geburt vorhanden  Aktive Lautproduktion kurz nach Geburt; rasante Entwicklung mit Höhepunkt bei Wortschatzexplosion  dann vorübergehende Verschlechterung der Aussprache (U-förmige Entwicklung)

4.) Wortschatz   

erste 30 Worte: saliente individuelle Objekte und Personen („Mama“), Kategorien von Objekten („Hund“, „Tasse“), soziale Routinen („winke-winke“) dann Ausdruck abstrakter Beziehungen („da“, „nein“, „weg“) um 18 Monate: 50-Wort-Schwelle (Wortschatzexplosion) (Wunsch, alle Objekte zu kategorisieren; basiert auf Erkenntnis, dass alle Objekte benannt werden können) Übergeneralisierung / Überdiskriminierung  

z.B. „Hund“ für alle Tiere bzw. „Essen“ für Nudeln, Fleisch, Gemüse, aber nicht für Süßes fehlendes Wissen über semantische Hierarchien

*Einige Beispiele von Übergeneralisierung bei jungen Kindern

  

mit 24 Monaten: etwa 200 Worte ab 30. Monat: schnelles lernen von Verben und Relationen (Verwechslungen, wie z.B. „geben“ und „nehmen“) mit 16 Jahren: Grundwortschatz von etwa 60.000 Worten

Wie kommt es zur Wortschatzexplosion um 18 Monaten? „fast mapping“: wenige Erfahrungen reichen zur Wortzuordnung – unvollständiges Wortverständnis Worte werden auch erworben, bevor Konzepte vorliegen und umgekehrt (reziproke Beziehung zwischen Sprache und Kognition)  z.B. einmalige Nennen eines Kunstwortes bei 3-Jährigen: „Bring mir das „chromium“ Tablett und nicht das blaue!“ – Auswahl blauem und olivfarbenem Tablett; führt dazu, dass Kinder lernten „chromium“ eine Farbe bezeichnet (Carey & Bartlett, 1978)

 induktives Erschließen von Wortbedeutung Wie wird Worterwerb gesteuert?

von dass

-

Induktionsproblem: Wort kann sich auf mehrere Merkmale beziehen  z.B. „Hund“: lebendig; Fell; Muster…

-

Annahme von angeborenen „Constraints“: mögliche Wortbedeutungen werden auf wenige beschränkt (Markman et al., 1992, 1993)

a) Ganzheitsconstraint: neue Worte beziehen sich auf ganze Objekte, nicht auf Objektteile oder Eigenschaften  „Hund“ ist das Objekt, nicht die Farbe oder das Fell b) Disjunktionsconstraint: jedes Objekt kann nur eine einzige Bezeichnung haben (hat Kind bereits Bezeichnung, bedeutet neues Wort, dass es für etwas anderes steht)

„Pferd“ ?

„Pferd“ – muss sich auf anderes Objekt beziehen (oder, wenn Hund alleine gezeigt wird, auch auf spezifisches Merkmal des Hundes oder Oberbegriff)

„Hund“

c) Taxonomie – Constraint: neues Wort steht für ein Objekt der gleichen Kategorie, nicht für thematisch verwandte Objekte (Untersuchung mit künstlichen Worten)

„Das ist ein Dax“

„Zeigst Du mir einen anderen Dax?“

taxonomisch

thematisch

Wie wird Worterwerb gesteuert? Constraints / Beschränkungen empirisch nachgewiesen (Markman, 1991) kanalisieren Worterwerb, reduzieren falsche Bedeutungszuschreibungen offene Fragen:  Sind es echte Beschränkungen oder nur Bevorzugungen?  Wo kommen sie her (angeboren versus erworben)? -

Probleme: Annahme dieser Constraints kann bei Nomen wirken, aber nicht bei Handlungsverben

Schneller Erwerb von Verben (ab 2,5 Jahren): Spezifische Schwierigkeiten: -

-

verschiedene Verben können sich auf selben Ereignistyp beziehen (z.B. „füttern“, „essen“ – nur andere Perspektive) Verben beschreiben Ereignisse auf unterschiedlichem Abstraktionsniveau (z.B. „hören“ – „lauschen“) Verben, die sich auf mentale zustände beziehen sind nicht beobachtbar (z.B. „denken“)

d) Annahme syntaktischer Constraints:  Satzrahmen, in denen Verben vorkommen können (z.B. Ich schenke dir ein Auto. – Geber, Empfänger und Objekt; Er sieht den Baum. – Sehender und Gesehenes)

Zusammenfassung:  Zunächst einfache Worte aus sichtbarem Alltag (Nomen)  Wortschatzexplosion um 18 Monaten  Worterwerb vor Konzeptverständnis möglich  Vermehrtes Lernen von Verben ab 2,5 Jahre  Constraints (Beschränkungen) kanalisieren Worterwerb

5.) Syntax  aktiv ab Wortschatzexplosion um 18 Monate  vorher passive Nutzung syntaktischer Strukturen zur Interpretation von Aussagen (z.B. Subjekt-Prädikat-Objekt) -

2- und 3-Wort – Äußerungen (ab 18 Monaten): Typische Merkmale  Telegraphische Sprache (z.B. Mehr Milch; Papa aua)  Formale Regularien: trotz Verkürzung wird teilweise schon Syntax beachtet: Kinder sagen nicht „groß das“ oder „schön die“ (Pivot-Grammatik)  typische Bedeutungsrelationen

-

Pivot Grammatik: Mehr … … nein! Mehr Milch Schlafen nein Mehr spielen Essen nein Mehr Auto Spinat nein Mehr lesen Max nein  

… weg!? Papa weg Katze weg Hand weg Sonne weg

… aus Hose aus Schuhe aus Mütze aus

einzigartige syntaktische Struktur von Zweiwortsätzen Pivot – Wort (z.B. an fixer Position + variables anderes Wort)

typische Bedeutungen von 2-Wort-Sätzen -

Weitere Entwicklung der Syntax  mit etwa 4 Jahren kennen Kinder die hauptsächlichen Satzkonstruktionen ihrer Muttersprache  Untersuchung: Kindern Sätze vorsprechen und nachspielen lassen (Fehleranalyse) 

4-5-Jährige: noch typische Fehler bei der Zuordnung des Akteurs und Passivsätzen und der zeitlichen Reihenfolge z.B. „Das Baby wird von der Mutter gewaschen.“ oder „Der Bär legte sich hin, nachdem die Katze von der Treppe gesprungen war.“

-

weitere Entwicklung der Syntax (Reorganisation)  



um 5 Jahren: implizites Sprachwissen, korrekter Sprachgebrauch, erfolgreiche Kommunikation um 6 Jahren: Reorganisation; Überführung des impliziten Wissens auf explizite Ebene (Übergeneralisierung von Regeln); Fehler (z.B. ich liegte) ab 8 Jahren: explizites Sprachwissen; bewusste Reflexion über Sprache, Erklärung von Regularitäten, Wissen über Ausnahmen

Zusammenfassung  2- und 3-Wortsätze ab 18 Monaten  Folgen zunächst Pivot – Grammatik  Entwicklung der Grammatik / Satzkonstruktion noch bis ins mittlere Kindesalter  U-förmige Entwicklung bei Syntax (zwischen 5. und 8. Lebensjahr)

6.) Pragmatische Kompetenz -

Fähigkeit, Sprache situationsadäquat einzusetzen  Voraussetzung: Soziokulturelle Kenntnisse; Wissen um Gefühle / Gedanken anderer (Theory of Mind)  ab 3. Lebensjahr: Äußerungen an Alter und Status des Gesprächspartners anpassen  kontextabhängiges Bitten  Verständnis und Anwendung indirekter Anweisungen (z.B. „Wie sagt man da?“ – „Danke!“)  Entwicklung noch bis mindestens in mittlere Kindheit

 Entwicklung der pragmatischen Kompetenz: erst in Prosodie und Stimme, später Inhalte und Wortwahl 

Forschung in natürlichen Umgebungen: auch Schulkinder sensibel für Bedürfnisse von Zuhörern (z.B. Lautstärke, Aufmerksamkeitslenkung; wichtiger Aspekt der referentiellen Kommunikation)

Das Mädchen musste dem Jungen, der sie nicht sehen konnte, beschreiben, welchen Würfel er auf den Stab setzen sollte. Die Würfel waren mit unbekannten, geometrischen Figuren bemalt.



Aber 4- bis 5-jährige Kinder z.B. noch nicht fähig, einem Zuhörer Objekt so zu beschreiben, dass er es aus einer Auswahl identifizieren konnte.



4-Jährige haben Mühe, am Telefon verständlich zu kommunizieren sind sich des Unterschiedes zum face-toface Gespräch nicht bewusst machen z.B. Zeigegesten

  



typisch in Gesprächen jüngerer Kinder: „unrelated turns“ (was einer erzählt, hat nichts mit dem zu tun was anderer erzählt) Nimmt ab bis etwa 5 Jahren (Zunahme „related turns“)

Zusammenfassung  Abhängig von der Theory of Mind  erste Anzeichen pragmatischer Kompetenz ab 3 Jahren  typische Probleme bei 4- bis 5-Jährigen  Entwicklung bis mindestens in mittlere Kindheit

7.) Voraussetzungen   

biologische Grundlagen kognitive Grundlagen soziale Umwelt

Zusammenspiel

7.1 Biologische Basis/Fundierung des Spracherwerbs a) Sprache ist humanspezifisch   

Tiere können komplexe Kommunikationssysteme ausbilden Primaten können Symbolsprachen lernen, Vögel sprachliche Äußerungen Aber keine mit der menschlichen zu vergleichenden Sprachkompetenz – vor allem Beschränkungen hinsichtlich der Grammatik (Grimm, 1995)



Schimpanse namens Nim wurde während mehreren Jahren in amerikanischer Zeichensprache unterrichtet. Er konnte ein Vokabular von über 100 Zeichen aufbauen. Seine Zwei-Wort-Sätze waren denen menschlicher Kleinkinder sehr ähnlich, längere Zeichenreihen zeigten jedoch wenig Ähnlichkeit mit der menschlichen Grammatik.

b) Menschliche Fähigkeit zum Spracherwerb sehr robust  auch gehörlose Kinder erwerben eigenständig sprachähnliche, morphologisch und syntaktisch strukturierte Zeichensysteme (Gleitman, 1986; Goldin-Meadow et al., 1998)

 

hörende Eltern von gehörlosen Kindern, die zunächst keine Zeichensprache benutzten  relativ deprivierte Entwicklung Kinder haben informelles System kommunikativer Gesten entwickelt (in Alter, wo Hörende erste Worte produzieren); dann Verbindung zu 2- bis 3-Wort-Gesten, die bestimmter Syntax folgten

c) Spracherwerb auch bei eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten  oft haben geistig zurückgebliebene Kinder große Probleme beim Spracherwerb  aber bestimmte Störungsbilder weisen bei niedrigem IQ erstaunlich gute Sprachfähigkeit auf  z.B. Williams-Beuren-Syndrom, Spina Bifida oder Down-Syndrom 7.2 Kognition und Spracherwerb a) Konzeptwissen  Konzepterwerb ohne Sprache, Worterwerb ohne Konzept zu kennen  aber Konzeptwissen und Spracherwerb können sich auch gegenseitig beeinflussen:  z.B. Wortbedeutungen (Konzepte) werden aus Syntax erschlossen  Sprache beeinflusst Konzeptwissen

(z.B. Englisch stark von Nomen geprägt, koreanisch strak von Verben  englischsprachige Kinder besser bei Objektkategorisierungen, koreanischsprachige besser bei Finden von Wegen, um bestimmtes Ziel zu erreichen)

b) Phonologisches Gedächtnis  ab Geburt relativ gutes Gedächtnis und auditive Fähigkeiten  individuelle Arbeitsgedächtnisleitungen wichtig beim Wortschatzerwerb (evtl. auch bei Grammatik) 

Gathercole et al. (1992)  Arbeitsgedächtnis-Leistungen von 4-Jährigen bei Wiedergabe sinnfreier Worte als Indikator für Wortschatz der Kinder 1 Jahr später  aber auch umgekehrt: ab 5 Jahren ist Sprachfähigkeit prädiktiv für spätere Gedächtnisleistungen

c) Implizite Lernfähigkeiten  Spracherwerb u.a. induktives Erkennen und Ableiten von Regeln  Babys können Muttersprache von anderen unterscheiden auf Basis phonologischer / prosodischer 

Merkmale  sensitiv für Regularitäten Prosodische Merkmale unterstützen auch später noch Satzverständnis jüngerer Kinder (Labelle, 1973) und bei Kindern und Erwachsenen den unbewussten Erwerb grammatischer Regeln ( Weinert, 1991)

7.3 Sozial-kommunikative Voraussetzungen

a) Gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus und Imitation  je mehr Episoden der geteilten Aufmerksamkeit zwischen Mutter und Baby (joint attention), umso  

häufiger imitiert Baby Sprachlaute und umso größer Wortschatz mit 21 Monaten (Locke, 1994) aktive Zuwendung zu Objekt / Ereignis, was Mutter neu benennt verhindert falsche Wortzuweisung durch Kind Probleme bei autistischen Kindern (Baldwin, 1995)

b) Ammensprache („Baby talk“)  bis 12 Monate  intuitive Elternfähigkeit  hohe Tonlage (400-600 Hz, entspricht Hörfähigkeit der Babys)  Übertreibung in der Satzmelodie  Pausen, Akzente (Aufmerksamkeit des Babys)  Diminutive, Wiederholungen (rhythmische Struktur)  deutlich, einfache Sätze  Aufmerksamkeit auf Sprache (vor allem Prosodie / Rhythmus)

c) Stützende Sprache („Scaffolding“)  Beginn schon im 1. Lebensjahr verstärkt aber im 2. Lebensjahr  z.B. gemeinsam Bilder anschauen und benennen („Das ist ein … “)  wechselseitiges Agieren und Reagieren (Dialog)  gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus  vermehrt Aufforderung und Verstärkung für Kind zur aktiven Teilnahme  zentral für Wortschatz

d) Lehrende Sprache („Motherese“)  ab 3. Lebensjahr  Modellsprache  Wiederholung, Transformation, Erweiterung des durch das Kind Gesagten  Sprachanregung durch W-Fragen (Was? Wie? Warum? Wo? Wer?...)  Anpassung der Aussagen an Niveau des Kindes  zentral für Grammatik

e) Wirkung elterlichen Verhaltens 

Zusammenhänge zwischen elterlichen Sprechstilen und kindlichen Sprachlernen (Whitehurst et al., 1988)  Experimentalgrupe: Eltern instruiert, wie sie beim gemeinsamen Bilderbuchanschauen am besten Fragen stellen, die die Sprachentwicklung anregen und wie sie Sprachkorrekturen vornehmen  Schon nach 1 Monat deutlich bessere sprachliche Leistungen als bei Kontrollgruppe; Vorsprung noch nach 9 Monaten

8.) Fremdspracherwerb

Wortschatz und Grammatik (Englisch) von Bilingualen in Abhängigkeit vom Alter des Zweitspracherwerbs (Vergleich mit Muttersprachlern: M)



Sensible Phase auch für Fremdspracherwerb (Perioden erhöhter Hirnplastizität)



Befunde zum Zweitspracherwerb: 

bis zum 3. Lebensjahr: „doppelter Erstspracherwerb“ (simulante Entwicklung)



bis 2. Lebensjahr: ein Lexikon für beide Sprachen



dann Differenzierung von Lexikon und Syntax



schließlich Anwendung je nach Kontext und Person



Wortschatz zunächst etwas geringer, kann ausgeglichen werden



bis 7. Lebensjahr: kaum Unterschiede zu Muttersprachlern



Fähigkeit zum Zweitspracherwerb bis ins hohe Alter



aber bei E...


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