[Calcium deficiency: a problem in growing and adult dogs: two case reports] PDF

Title [Calcium deficiency: a problem in growing and adult dogs: two case reports]
Author Britta Dobenecker
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Summary

Kasuistik © Schattauer 2012 135 Kalziummangel – bei wachsenden und ausgewachsenen Hunden ein Problem Zwei Fallberichte N. Becker; E. Kienzle; B. Dobenecker Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik der Ludwig-Maximilians-Universität München Schlüsselwörter Key words Kalzium, Fehlernährung, Hund, Wach...


Description

Kasuistik

© Schattauer 2012

Kalziummangel – bei wachsenden und ausgewachsenen Hunden ein Problem Zwei Fallberichte N. Becker; E. Kienzle; B. Dobenecker Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik der Ludwig-Maximilians-Universität München

Schlüsselwörter

Key words

Kalzium, Fehlernährung, Hund, Wachstum

Calcium, malnutrition, dog, growth

Zusammenfassung

Summary

Zwei Fallberichte zeigen Folgen und Therapiemöglichkeiten eines Kalziummangels beim Hund. Beim ersten Fall handelt es sich um einen adulten Hund, der aufgrund einer Futtermittelallergie über Jahre eine unbilanzierte Ausschlussdiät (ohne Ergänzung von Mineralstoffen oder Vitaminen) erhielt und schließlich mit der Problematik eines Gummikiefers (Osteomalazie) zur Rationsoptimierung überwiesen wurde. Im zweiten Fall wurde ein Welpe mit einer selbst zubereiteten und ebenfalls unmineralisierten Ration ernährt und erlitt eine Oberschenkelfraktur nach moderater Belastung. In beiden Fällen ergab die computergestützte Rationsüberprüfung neben weiteren Nährstofffehlversorgungen einen massiven Kalziummangel, während die Serumkalziumspiegel im Referenzbereich lagen. Nach bedarfsdeckender und ausgewogener Ergänzung der Rationen mit Mineralstoffen und Vitaminen zeigten beide Hunde eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes. Für die Praxis gilt, dass bei Störungen des Skelettsystems eine Fütterungsanamnese zum Ausschluss nutritiver Ursachen essenziell ist. Die Bestimmung des Serumkalziumspiegels hat bei der Überprüfung eines nutritiven Kalziummangels dagegen in der Regel keine Aussagekraft.

Two case reports demonstrate the consequences of a deficient calcium supply in dogs. The first case describes an adult dog with a history of food allergy. The dog had been fed with an unbalanced elimination diet (no minerals and vitamins supplemented) over many years and was referred with the diagnosis of osteomalacia (rubber jaw) for optimization of his ration. The second case refers to a puppy which was fed a homemade diet without supplementing the missing minerals and vitamins and suffered a femur fracture after moderate physical impact. In both cases, the computer-aided ration calculation showed a suboptimal to severely deficient supply for several minerals and vitamins, in particular calcium whereas serum calcium levels were normal. Both dogs recovered after being fed a complete and balanced diet. In conclusion, a survey of the feeding using ration calculation is essential especially in the case of potential nutrition-related skeletal disorders. Serum calcium levels cannot be used as a tool to diagnose nutritional calcium deficiency.

Korrespondenzadresse Dr. med. vet. Nicola Becker Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik der Ludwig-Maximilians-Universität München Schönleutnerstraße 8 85764 Oberschleißheim E-Mail: [email protected]

Calcium deficiency – a problem in growing and adult dogs. Two case reports Tierärztl Prax 2012; 40 (K): 135–139 Eingegangen: 15. Juli 2011 Akzeptiert nach Revision: 19. September 2011

Einleitung und Literaturübersicht Obwohl die Folgen eines Mangels an Kalzium (Ca; Demineralisierung der Knochen bis hin zu Spontanfrakturen, Gummikiefer beim Adulthund) vor allem beim Welpen und Junghund aus der Praxis und der Literatur hinlänglich bekannt sind (u. a. 5, 7, 11), können sie immer wieder beobachtet werden. Das Bewusstsein für mögliche Gesundheitsschäden durch einen Ca-Mangel bei adulten Hunden ist aufgrund der großen Verbreitung von kommerziellen Alleinfuttermitteln (1, 10, 16) und der Tatsache, dass klinische Symptome einer Ca-Unterversorgung hier selten diagnostiziert werden, in den Hintergrund getreten. Eigene Erfahrungen sowie

sich häufende Berichte aus Deutschland, Frankreich und den USA (2, 4, 8, 9, 15) über einen nutritiv bedingten Ca-Mangel sowohl bei Welpen als auch Adulthunden zeigen hingegen, wie aktuell das Problem ist. Immer öfter stellen Hundebesitzer aus Überzeugung oder aus medizinischen Gründen (z. B. Futtermittelallergien oder -unverträglichkeiten) die Tagesration ganz oder teilweise aus Einzelfuttermitteln zusammen bzw. praktizieren Spezialformen der Fütterung wie das BARFen. Ohne individuelle Rationsanpassung oder Verwendung geeigneter Rezepte steigt dabei jedoch das Risiko für Fehlversorgungen, wie die Zahlen belegen, besonders auch mit Kalzium (3, 5, 6, 14). Beispielhaft sollen zwei Fälle vorgestellt werden. Tierärztliche Praxis Kleintiere 2/2012

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N. Becker et al.: Kalziummangel bei wachsenden und adulten Hunden

Falldarstellungen

Rationsüberprüfung

Fall 1: Adulter Hund

Die Rationsberechnung (씰Abb. 2) erfolgte computergestützt (Software Diet Check Munich©, Bedarfszahlen basieren auf Empfehlungen des NRC, 2006) und ergab bei der Ration aus 400 g Kängurufleisch (Dose), 150 g Batate und 20 g Apfel eine Ca-Versorgung von knapp 50 mg/Tier/Tag bei einem Bedarf von 650 mg/ Tier/Tag (13), entsprechend 7% des Bedarfs. Aufgrund einer bedarfsüberschreitenden Zufuhr an Phosphor (P; 945 mg/Tier/Tag, Bedarf 490 mg/Tier/Tag [13]) war das Ca/P-Verhältnis zudem deutlich invers (< 0,1 : 1, Empfehlung 1 : 1 bis 2 : 1; [12]). Des Weiteren entsprach die Versorgung mit den Spurenelementen Kupfer (50% Bedarf), Mangan (38% Bedarf) und Jod (2% Bedarf) nicht den Empfehlungen (13). Die Vitamine A und D waren in der Ration ebenfalls nicht bedarfsdeckend enthalten.

Anamnese und Untersuchungsbefunde Vorgestellt wurde ein West Highland White Terrier (12 Jahre, männlich, aktuelles Gewicht 9,6 kg, Idealgewicht 8,5 kg, entsprechend 13% Übergewicht) mit dem Vorbericht einer nichtsaisonalen dermatologischen Symptomatik (Pruritus, Alopezie, Schuppen, Zwischenzehenekzeme). Nach Konsultation verschiedener niedergelassener Tierärzte und unterschiedlichen Therapien erhielt der Hund auf Anraten von dermatologischen Spezialisten eine Eliminationsdiät aus Kängurufleisch (All-Meat-Produkt in Konserve) und Süßkartoffeln ohne Ergänzung. Aufgrund des Diäterfolgs wurde die Fütterung langfristig beibehalten, ohne Mineralstoffe und Vitamine zu ergänzen. Bei einer Wiedervorstellung beim Haustierarzt nach knapp 2 Jahren aufgrund gestörten Allgemeinbefindens, Kauproblemen und Bewegungsstörungen ergaben klinische und röntgenologische Untersuchungen (씰Abb. 1) eine Osteomalazie (Demineralisierung mit Gummikiefer). Anhand der Befunde einer Blutuntersuchung – Parathormon (PTH) 374 pg/ml (Referenzbereich [RB] 18–130 pg/ml), korrigiertes Kalzium 2,7 mmol/l (RB 2,0–3,0 mmol/l), anorganisches Phosphat 1,4 mmol/l (RB 0,7–1,6 mmol/l), alkalische Phosphatase 485 U/l (RB < 81 U/l) – und Biopsien beider Ober- und Unterkieferseiten mit histologischem Befund wurde die Diagnose Osteodystrophia fibrosa im Ober- und Unterkiefer infolge eines Hyperparathyreoidismus gestellt. Nachdem eine Nierenerkrankung – Harnstoff 33,7 mg/dl (RB 10–25 mg/dl, nach Fütterung physiologisch erhöht), Kreatinin 0,8 mg/dl (RB < 1,4 mg/dl) – und damit das osteorenale Syndrom ausgeschlossen werden konnte, wurde der Hund an den Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik zur Rationsüberprüfung überwiesen.

Diätetische Therapie und weiterer Verlauf Die Tagesration aus Kängurufleisch und Süßkartoffeln wurde mit einer individuell konzipierten Mineralstoff-Vitamin-Mischung ergänzt, um eine bedarfsgerechte und ausgewogene Ernährung zu gewährleisten (씰Abb. 2). Die Ca-Zufuhr wurde mithilfe des Mineralfutters auf 650 mg/Tier/Tag angehoben, die P-Versorgung auf 500 mg/Tier/Tag reduziert (Ca/P-Verhältnis 1,3 : 1). Die P-Reduktion erfolgte durch eine reduzierte Energiezufuhr (von 2,4 MJ = 570 kcal auf 1,7 MJ = 400 kcal ME/Tier/Tag zur Gewichtsabnahme) und damit verringerter Fleischmenge (200-g-Dose) sowie der Ergänzung von Öl (essenzielle Fettsäuren). Die übrigen in der Ration fehlenden Spurenelemente und Vitamine wurden bedarfsgerecht über die Mineralstoff-Vitamin-Mischung ergänzt. Bei Nachbestellung des Mineralfutters (5 Monate nach der Rationsanpassung) berichteten die Besitzer von einer deutlichen Verbesserung des Allgemeinbefindens ihres Hundes (Spaziergänge von täglich 2 Stunden waren wieder möglich). Des Weiteren wies der Rüde ein Körpergewicht von 8,7 kg auf, was seinem Ideal-

Abb. 1 Röntgenbilder* vom Schädel des West Highland White Terriers (links laterolateraler, rechts dorsoventraler Strahlengang) (*zur Verfügung gestellt von Kleintierpraxis Wilgenbus, Metzingen)

Fig. 1 X-rays of the West Highland White Terrier’s cranium (left laterolateral view, right dorsoventral view) (*kindly made available by small animal practice Wilgenbus, Metzingen).

Tierärztliche Praxis Kleintiere 2/2012

© Schattauer 2012

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N. Becker et al.: Kalziummangel bei wachsenden und adulten Hunden

Abb. 2 Darstellung der Versorgung des adulten Hundes während der Eliminationsdiät mit Energie, Rohprotein, Mineralien und Vitaminen (% des Bedarfs [NRC, 2006]) vor und nach der Rationsanpassung

Fig. 2 Supply of the adult dog with energy, protein, minerals and vitamins during the elimination diet (% of the requirements [NRC, 2006]) before and after correcting the diet.

gewicht sehr nahe kommt. Kontrollröntgenaufnahmen fertigte der Haustierarzt nicht an.

Fall 2: Welpe Anamnese und Untersuchungsbefunde Aus einem Wurf mit 10 Mischlingswelpen wurde ein 10 Wochen alter Rüde (aktuelles Gewicht 7 kg, adult ca. 46 kg; Mutter Bernhardiner, 52 kg; Vater Riesenschnauzer, 46 kg) mit frakturierter Hintergliedmaße in einer Tierklinik vorgestellt. Laut Besitzerangaben waren Entwicklung und Verhalten aller Welpen bis auf eine orale Aufnahme von Steinen und Wandputz unauffällig. Mehrere Welpen zeigten vor allem in der 7. und 8. Lebenswoche (LW) während eines deutlichen Wachstumsschubs eine intermittierende Lahmheit. Mitte der 8. LW verstarb ein Welpe laut Verdacht des Haustierarztes durch Herztod. Bei der routinemäßig vom Haustierarzt vorgenommenen Untersuchung der übrigen neun Welpen wurden die Lahmheiten als unbedenklich eingestuft. Am folgenden Tag wurde ein Welpe in einer Schiebetür leicht eingeklemmt. Er war palpatorisch hochgradig schmerzhaft und zeigte Schocksymptomatik, Atemnot und Krämpfe. Nach kurzer Stabilisierung kam es zu Lungenblutungen und Tod. Trotz des unerwartet dramatischen Verlaufs unterblieb eine pathologische Untersuchung. In der 9. LW wurden zwei Welpen (auch der eingangs beschriebene Hund) aufgrund verstärkter Lahmheit erneut dem Haustierarzt vorgestellt, der fälschlicherweise anhand der normalen Ca- und P-Blutspiegel (Ca 2,91 mmol/l, RB 2,3–3,0 mmol/l; P 2,61 mmol/l; RB 2,07–3,65 mmol/l) trotz anderer abweichender Parameter (AP 557 U/l, RB < 394 U/l; CK 514 U/l, RB < 170 U/l) eine Fehlernährung ausschloss. Beide Welpen erhielten Schmerzmittel und ein Teufelskrallenpräparat. In der 10. LW erlitt der eingangs vorgestellte Welpe eine spontane Oberschenkelfraktur (씰Abb. 3) und wurde in eine Tierklinik gebracht. Intra operationem fiel eine sehr dünne Kortikalis auf. Zum Vergleich wurde ein gesund erscheinendes Wurfgeschwister geröntgt und erlitt bei der Fixation ebenfalls eine Gliedmaßenfraktur. Daraufhin setzten sich die Besitzer mit dem Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik in Verbindung, um eine eventuell nutritive Ursache abklären zu lassen.

Gewichtsüberprüfung Das Gewicht eines Hundes mit einem erwarteten Adultgewicht von 35 bzw. 60 kg sollte in der Mitte des 3. Lebensmonats 22 bzw. 27% des geschätzten Endgewichts betragen (12). Demzufolge lag das Gewicht (7 kg) des Welpen mit der Oberschenkelfraktur im Alter von knapp 10 Wochen deutlich unterhalb der zu erwartenden Gewichtsentwicklung (15% des erwarteten Endgewichts von 46 kg).

Nutritive Anamnese und Rationsberechnung Alle adulten Hunde des Haushalts erhielten aufgrund rezidivierender Magen-Darm-Probleme des Deckrüden eine Rohfütterung (Muskel- und Kopffleisch, Gemüse, Öl). Mineralstoffreiche Ergänzungen wie z. B. Marienfelde Vitakalk® erfolgten unregelmäßig, da die Besitzer einen Zusammenhang mit schlechter Kotqualität vermuteten. Während der Trächtigkeit wurden der Hündin zusätzlich Hüttenkäse und Bananen gefüttert. Die Welpen erhielten ab der 3. LW einen kommerziellen Milchaustauscher als Beifutter, ab En-

Abb. 3 Mediolaterale Röntgenaufnahme* des frakturierten Femurs eines 10 Wochen alten Welpen (*zur Verfügung gestellt durch die Tierklinik Weilheim) Fig. 3 Mediolateral X-ray* of the fractured femur in a 10-week-old puppy (*kindly made available by the veterinary clinic Weilheim).

© Schattauer 2012

Tierärztliche Praxis Kleintiere 2/2012

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N. Becker et al.: Kalziummangel bei wachsenden und adulten Hunden

Abb. 4 Darstellung der Versorgung der Welpen mit Energie, Rohprotein, Mineralien und Vitaminen [% des Bedarfes (NRC, 2006)] vor und nach der Rationsanpassung

Fig. 4 Supply of the puppies with energy, protein, minerals and vitamins (% of the requirements [NRC, 2006]) before and after correcting the diet.

de der 4. LW ergänzend Haferflocken und Rinderhackfleisch. Der Fleischanteil wurde ab Ende der 5. LW erhöht und sukzessive auf Muskelfleisch, Schlund und Gurgel umgestellt. Zusätzlich erhielten die Welpen weiterhin Milchaustauscher sowie eingeweichte Kartoffel-, Reis- und Gemüseflocken. Die Überprüfung der Welpenration nach dem Absetzen (Diet Check Munich©, 씰Abb. 4; 320 g Rindfleischmischung aus Muskelfleisch, Gurgel und Schlund, 35 g Kartoffel-/Reis-/Gemüseflocken, 50 g Haferflocken, 15–20 g Milchaustauscherpulver) ergab eine Energieversorgung von 3,7 MJ = 890 kcal ME/Tier/Tag (ca. 70% des durchschnittlichen Energiebedarfs gleichaltriger und gleichschwerer Welpen) sowie eine deutliche Unterversorgung mit Kalzium (aktuell 400 mg/Tier/Tag, Bedarf 3780 mg/Tier/Tag [13]) und Phosphor (aktuell 800 mg/Tier/Tag, Bedarf 2925 mg/Tier/Tag [13]) bei inversem Ca/P-Verhältnis (0,5 : 1, Empfehlung 1 : 1 bis 2 : 1 [12]). Die Versorgung mit weiteren Mengen- (Kalium, Natrium) und Spurenelementen (Kupfer, Zink und Jod) sowie Vitaminen (besonders A, D und E) war ebenfalls defizitär (13).

Diätetische Therapie und weiterer Verlauf Alle Welpen wurden nach Empfehlung auf ein kommerzielles Alleinfutter für Welpen (Ca 1,3%, P 1,1%) in restriktiver Dosierung (Sicherstellung eines moderaten Wachstums) umgestellt. Um auch bei reduzierter Energiezufuhr (Futtermenge < Fütterungsempfehlung) eine ausreichende Versorgung mit allen Nährstoffen, beson-

Fazit für die Praxis Bei Störungen des Bewegungsapparats (insbesondere ohne vorberichtlich erwähntes Trauma) ist eine Fütterungsanamnese essenziell, um nutritive Gründe ausschließen zu können. Besonders bei selbst zubereiteten, unsupplementierten Rationen und All-Meat-Konserven ohne entsprechende Kalziumergänzung ist zur Stellung der Verdachtsdiagnose Kalziummangel eine detaillierte Rationsüberprüfung oft gar nicht nötig. Die Bestimmung des Serumkalziumspiegels hat bei der Überprüfung eines nutritiven Kalziummangels jedoch nur selten Aussagekraft.

ders Protein, Kalzium und Phosphor, zu gewährleisten, wurde die Tagesration mit Magerquark (50 g) und Di-Calciumphosphat (29% Ca, 22% P [12]) ergänzt (씰Abb. 4). Drei Monate nach Futterumstellung zeigte ein in der Tierklinik angefertigtes Kontrollröntgenbild eine verbesserte Mineralisierung des Femurs. Im weiteren Verlauf (Betreuung während des gesamten ersten Lebensjahres) traten keine weiteren Mineralisierungsstörungen auf.

Diskussion In beiden dargestellten Fällen kann davon ausgegangen werden, dass in erster Linie die unzureichende Ca-Zufuhr für die klinischen Symptome verantwortlich zu machen ist. Beide Patienten erhielten Ca-Mengen, die nicht nur deutlich unterhalb üblicher Bedarfsempfehlungen (13) lagen, sondern die Verluste und den Ansatz im Skelett (= Nettobedarf) unterschritten und somit mittel- (Wachstum) bzw. längerfristig (adulter Hund) zu einer negativen Mineralstoffbilanz führten. Selbst bei einer 100%igen Verwertung wäre die Ca-Zufuhr unzureichend und nicht zu kompensieren gewesen. Durch die unzureichende Versorgung mit Vitamin D und das enge Ca/P-Verhältnis wurde die Situation noch verschärft. Auch aufgrund des Erfolgs der diätetischen Therapie kann in beiden Fällen die Diagnose Osteodystrophia fibrosa generalisata bzw. Osteomalazie als Folge eines sekundären nutritiven Hyperparathyreoidismus bestätigt werden. Beim sekundären nutritiven Hyperparathyreoidismus entwickelt sich durch einen absoluten Ca-Mangel im Futter eine transiente Hypokalzämie, wodurch die PTH-Sekretion angeregt und zusätzlich Calcitriol gebildet wird. Cacitriol und PTH bewirken eine kompensatorische Demineralisierung des Knochens, um den Abfall des Ca-Spiegels im Serum auszugleichen. Bei anhaltender unzureichender Ca-Zufuhr kommt es infolge des chronisch erhöhten PTH-Spiegels zu einer fortschreitenden Demineralisierung der Knochen. Eine mangelhafte Ca-Versorgung ist und bleibt gerade auch bei interessierten, bemühten Tierhaltern eine Ursache für klinisch relevante Störungen wie Lahmheiten, Fehlstellungen der Gliedmaßen und Spontanfrakturen. Bei Verdacht auf einen kausalen

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N. Becker et al.: Kalziummangel bei wachsenden und adulten Hunden

Zusammenhang stellt die Rationskontrolle den Goldstandard dar und kann durch keine Blutuntersuchung ersetzt werden. Relevant für die beschriebene Symptomatik ist, dass die Ca- und P-Werte meist im Referenzbereich liegen. Aufgrund der straffen Regulation des Ca-Spiegels im Blut gibt insbesondere der Ca-Blutspiegel nur im Ausnahmefall Auskunft über die Mineralstoffversorgung. Ein erhöhter PTH-Spiegel in Kombination mit deutlich erhöhten Werten der alkalischen Phosphatase kann auf einen nutritiven CaMangel und eine damit einhergehende kompensatorische Knochenresorption hindeuten. Wird mithilfe einer Rationsberechnung der Verdacht eines Ca-Mangels erhärtet, muss eine Rationsanpassung erfolgen. Diese sollte sich an den Bedarfsempfehlungen (12, 13) orientieren, d. h. es sollte weder im Wachstum noch beim adulten Hund versucht werden, vorhergehende Mangelversorgungen durch überhöhte Ca-Gaben auszugleichen. Dies kann die Regulationsmechanismen des Körpers inklusive der Verwertung anderer Mineralstoffe negativ beeinflussen. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass die Ca-Zufuhr regelmäßig (optimalerweise täglich) erfolgt und nicht wie beispielsweise bei vielen Rohfutterrationen nur einmal wöchentlich. Bei Welpen und Junghunden ist nach Phasen einer Fehlernährung zudem eine langsame Aufzucht, also eine restriktive Energiezufuhr zu empfehlen, um negativen Effekten infolge einer hohen Energieversorgung und einem damit verbundenen forcierten Wachstum vorzubeugen (17). Sowohl Besitzer von Tieren mit besonderen Ernährungsansprüchen (Diätetik) als auch Halter gesunder Tiere, die auf Fertigfutter verzichten wollen, sind auf Hilfe bei der Erstellung ausgewogener und bedarfsgerechter Rationen angewiesen. Eine überschlägige Abschätzung der Ration kann im Praxisalltag oft schon Hinweise geben und sollte im Zweifelsfall Grund für eine Rationsüberprüfung oder Überweisung an einen spezialisierten Kollegen sein. Interessenkonflikt

Die Autoren bestätigen, dass kein Interessenkonflikt ...


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