Fall 7 Prüfungsrecht des Bundespräsidenten Staatsorganisation PDF

Title Fall 7 Prüfungsrecht des Bundespräsidenten Staatsorganisation
Course Öffentliches Recht
Institution Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Fall 7 Prüfungsrecht des Bundespräsidenten Staatsorganisation...


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Fall 7 – Prüfungsrecht des Bundespräsidenten Der Bundestag beschließt ein sogenanntes „Anti-Terror-Gesetz“. Danach soll in einer zentralen Datenbank, der sogenannten Anti-Terror-Datei, umfangreiches Datenmaterial von in der Öffentlichkeit auffällig gewordenen Personen gespeichert werden. Neben Name, Wohnort und Angaben über äußerliche Merkmale (Haarfarbe, Augenfarbe, etc.) sollen auch Angaben über Beruf, Waffenbesitz, Reisebewegungen sowie Bank- und Telekommunikationsdaten dieser „Terrorverdächtigen“ festgehalten werden. Landes- und Bundespolizeibehörden sollen bei entsprechender Notwendigkeit zur Bekämpfung bedeutender Straftaten frei auf diese zentral vom Bundesamt für Verfassungsschutz verwaltete Datei zugreifen können. Die Meinung der Mitglieder des Bundestages über die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzesentwurfs ist sehr gespalten. Dem Bundespräsidenten B wird das in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommene Gesetz nunmehr zur Ausfertigung vorgelegt. Dieser verweigert jedoch seine Mitwirkung, weil er das Gesetz für verfassungswidrig hält. Zunächst einmal greife das Gesetz übermäßig in die Grundrechte der Betroffenen ein. Im Übrigen halte er den Erlass eines solchen Gesetzes ohnehin nicht für sinnvoll. Die Fraktion F will dieses Verhalten des Bundespräsidenten nicht hinnehmen. Sie erhebt daher „Verfassungsklage“, um vor dem Bundesverfassungsgericht klären zu lassen, dass B zur Unterzeichnung des Gesetzes verpflichtet ist. Auch der Bundestagsabgeordnete A möchte selbstständig gegen das Verhalten des Bundespräsidenten vorgehen mit der Begründung, dass der Erlass von Gesetzen schließlich Sache des Bundestages und nicht des Bundespräsidenten ist. Haben die Verfahren von F und A Aussicht auf Erfolg?

Lösungsvorschlag zu Fall 7: F und A möchten mit einer „Verfassungsklage“ vor dem Bundesverfassungsgericht klären lassen, ob B zur Unterzeichnung des Gesetzes verpflichtet ist. Eine entsprechende Feststellung bzw. die Feststellung der Verletzung oder unmittelbaren Gefährdung verfassungsrechtlicher Rechte könnte im Rahmen eines Organstreitverfahrens beantragt werden. Diese Anträge haben Erfolg, soweit sie zulässig und begründet sind. A. Zulässigkeit Der Antrag der F-Fraktion und der Antrag des A müssten zunächst zulässig sein. Dies richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG. Hinweis: Die Verfahren der F-Fraktion und des Abgeordneten A können, da sie sich auf denselben Streitgegenstand beziehen, zusammen geprüft werden. Es handelt sich um einen Fall der subjektiven Klagehäufung. Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass an den jeweiligen Punkten der Zulässigkeit auf die Besonderheiten der verschiedenen Verfahren eingegangen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat gem. § 66 BVerfGG im Übrigen die Möglichkeit anhängige Verfahren zu verbinden oder zu trennen. I. Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht ist gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG für Organstreitverfahren zuständig. II. Beteiligtenfähigkeit Die Beteiligtenfähigkeit im Organstreitverfahren bestimmt sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG. Die Fraktion als Antragstellerin ist als ein mit eigenen Rechten (z. B. §§ 6 Abs. 1, 76 Abs. 1, 89 GO-BT) ausgestatteter Teil des Bundestages beteiligtenfähig. Fraglich ist aber, ob auch der Abgeordnete A Beteiligter im Rahmen eines Organstreits sein kann. Er selbst ist kein oberstes Bundesorgan. Er ist auch kein Organteil1 (also Teil des Organs Bundestag), weil hierzu nur die ständig vorhandenen Untergliederungen des Organs zählen. Allerdings sind nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG auch „andere Beteiligte“ beteiligtenfähig, sofern sie durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Zwar genießt § 63 BVerfGG gegenüber Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG grundsätzlich Anwendungsvorrang. Diese einfachgesetzliche Konkretisierung darf jedoch nicht zu einer Beschneidung der grundgesetzlich gewährleisteten Rechte führen. Daher ist der Anwendungsbereich der Beteiligtenfähigkeit im Organstreitverfahren um die anderen Beteiligten i.S.d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG zu erweitern. Abgeordnete können sich auf die in den Art. 38 Abs. 1 S. 2, 1 A.A.

vertreten in den Fällen 6 und 10.

46 bis 48 GG gewährleisteten Rechte stützen, sodass sie als andere Beteiligte anzusehen sind. Somit ist B als Abgeordneter beteiligtenfähig. Der Bundespräsident ist ausdrücklich gem. § 63 BVerfGG beteiligtenfähig. III. Streitgegenstand Tauglicher Streitgegenstand sind alle rechtserheblichen Maßnahmen oder Unterlassungen im Rahmen eines verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 64 Abs. 1 BVerfGG. Hier geht es allerdings um die verweigerte Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten, also eine Unterlassung. Das Unterlassen einer Maßnahme ist nur dann rechtserheblich, wenn eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu ihrer Vornahme nicht ausgeschlossen

werden kann. Das Erfordernis der Unterzeichnung ist in Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG geregelt. Danach ist hier nicht auszuschließen, dass B zur Unterzeichnung des Gesetzes verpflichtet ist. Folglich stellt die Weigerung einen tauglichen Streitgegenstand dar. IV. Antragsbefugnis F und A müssten gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG geltend machen können, durch den Beschluss in eigenen verfassungsrechtlichen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein. Dass durch die Weigerung des Bundespräsidenten Rechte speziell der F-Fraktion oder des Abgeordneten A verletzt sein könnten, ist indes nicht ersichtlich. In Betracht kommt allenfalls eine Verletzung der Rechte des Bundestags als maßgebliches Legislativorgan. Im vorliegenden Fall kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass der Deutsche Bundestag einen Anspruch auf Vornahme der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten hat, sodass B durch seine Weigerung das Gesetzgebungsrecht des Bundestages verletzt hätte. Eine Antragsbefugnis des Bundestages ist damit gegeben. Es ist allerdings zu beachten, dass hier nicht der Bundestag selbst, sondern F und A dessen Rechte geltend machen wollen. § 64 Abs. 1 BVerfGG enthält hierzu einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft. Dadurch sind aus Gründen des Minderheitenschutzes auch Teile des Organs Bundestag befugt, im eigenen Namen dessen Rechte geltend zu machen. Die Fraktion F ist ein Teil des Bundestages und somit gem. § 64 Abs. 1 BVerfGG befugt, die Rechte des Bundestages im eigenen Namen geltend zu machen. Vorliegend könnte das Recht des Bundestages aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG verletzt sein. Die F ist also antragsbefugt. Der Abgeordnete A ist, wie bereits festgestellt, kein Teil des Organs Bundestag. Er kann daher gem. § 64 Abs. 1 BVerfGG nicht die Rechte des Bundestages im eigenen Namen geltend machen. A ist demzufolge nicht antragsbefugt. Mithin ist nur die Fraktion F, nicht aber der Abgeordnete A antragsbefugt. Der Antrag des A ist somit unzulässig. V. Form und Frist Hinsichtlich der Einhaltung der Formvorschriften der §§ 23 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 2 BVerfGG sowie der Sechsmonatsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG bestehen keine Bedenken. VI. Rechtsschutzbedürfnis Mangels gegenteiliger Angaben im Sachverhalt ist vom Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses auszugehen. VI. Zwischenergebnis Der Antrag der F ist zulässig. Der Antrag des A ist mangels Antragsbefugnis unzulässig und wird keinen Erfolg haben. B. Begründetheit Begründet ist der Antrag der F, wenn B zur Unterzeichnung des Gesetzes verpflichtet ist und das Unterlassen organschaftliche Rechte des Bundestages verletzt oder unmittelbar gefährdet. Die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze werden gemäß Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG vom Bundespräsidenten unterzeichnet und ausgefertigt. Folglich könnte die Weigerung des B, das Anti-Terror-Gesetz auszufertigen, einen Verfassungsverstoß darstellen, der das Gesetzgebungsrecht des Bundestages verletzt. B begründet seine Weigerung hier allerdings damit, dass das fragliche Gesetz verfassungswidrig sei. Fraglich ist daher, ob den Bundespräsidenten eine uneingeschränkte Pflicht zur Unterzeichnung trifft oder ob ihm vielmehr ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des auszufertigenden Gesetzes zukommt mit der Folge, dass er Gesetze, die er für verfassungswidrig hält, nicht unterzeichnen muss. I. Prüfungsrecht des Bundespräsidenten

Hinsichtlich der Beantwortung dieser Frage ist zu differenzieren zwischen dem formellen und materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten. 1. Formelles Prüfungsrecht Das formelle Prüfungsrecht betrifft die Frage, ob die Anforderungen des Grundgesetzes an die formelle Verfassungsmäßigkeit des auszufertigenden Gesetzes gewahrt sind, insbesondere also, ob eine Gesetzgebungskompetenz besteht und das Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde. In dieser Hinsicht ist ein Prüfungsrecht des Bundespräsidenten zu bejahen. Dies folgt insbesondere aus dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG, der von den „nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze[n]“ spricht. Diese Formulierung entspricht dem Wortlaut des Art. 78 GG. Die formelle Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes unterliegt damit dem Prüfungsrecht des Bundespräsidenten. 2. Materielles Prüfungsrecht Fraglich ist hingegen, ob und ggf. in welchem Umfang dem Bundespräsidenten darüber hinaus ein materielles Prüfungsrecht zukommt, er also auch Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit (also insbesondere die Vereinbarkeit eines Gesetzes mit den Grundrechten) überprüfen kann. Dies ist umstritten und durch Auslegung des Grundgesetzes zu ermitteln. a) Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG Der Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG gibt zu dieser Frage keine klare Auskunft. Die Formulierung „nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze“ lässt sich in der Weise interpretieren, dass es dabei nur um die vorangehenden Verfahrensvorschriften geht. Ebenso ist es jedoch möglich, darin auch einen Bezug auf das gesamte Grundgesetz und damit etwa auch auf die Grundrechte zu sehen. Dagegen sprechen freilich der Vergleich mit Art. 78 GG, der ebenfalls den Begriff des Zustandekommens verwendet, diesen allerdings nur auf formelle Vorschriften bezieht, sowie die systematische Stellung des Art. 82 GG im Abschnitt über das Gesetzgebungsverfahren. Folglich führt eine Wortlaut-Interpretation als Argumentationsgrundlage bezüglich eines materiellen Prüfungsrechts des Bundeskanzlers nicht weiter. b) Amtseid des Bundespräsidenten und Präsidentenanklage In systematischer Hinsicht könnte für das materielle Prüfungsrecht der Amtseid des Bundespräsidenten nach Art. 56 GG, „das Grundgesetz zu wahren“, sprechen. Wenn der Bundespräsident zur Wahrung des Grundgesetzes verpflichtet ist, könnte man argumentieren, dass er dann auch nicht verpflichtet sein kann, ein Gesetz auszufertigen, dass gegen das Grundgesetz verstößt. Allerdings stellt dieses Argument einen Zirkelschluss dar. Der Bundespräsident verstößt nämlich mit der Unterzeichnung eines verfassungswidrigen Gesetzes nur dann gegen den geleisteten Amtseid, sofern er überhaupt ein materielles Prüfungsrecht hat: Soweit das Grundgesetz ihn dazu verpflichtet, Gesetze ohne materielle Prüfung auszufertigen, stellt eine solche Ausfertigung als solche auch keinen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Aus dem Amtseid lassen sich aber keine Rückschlüsse auf den Umfang der dem Bundespräsidenten nach dem Grundgesetz obliegenden Pflichten und damit auch nicht auf ein damit eventuell bestehendes Prüfungsrecht ziehen. Dies gilt ebenso für die nach Art. 61 GG vorgesehene Präsidentenanklage.

c) Historische Rechtsvergleichung mit dem Amt des Reichspräsidenten

Man könnte auch überlegen, die Befugnisse des Bundespräsidenten mit denen des Reichspräsidenten der Weimarer Republik zu vergleichen. Art. 70 Abs. 1 WRV sprach etwa von der Ausfertigung von „verfassungsmäßig zustandegekommenen“ Gesetzen. Allerdings bleibt unklar, wie sich hieraus Argumente für die Auslegung des Grundgesetzes gewinnen lassen können, insbesondere wenn das Grundgesetz wie hier einen völlig anderen Wortlaut wählt. Auch das Argument, dass die Stellung des Bundespräsidenten im Vergleich zu der des Reichspräsidenten deutlich abgeschwächt sei, verfängt nicht. Vielmehr sind die Kompetenzen des Bundespräsidenten aus dem Grundgesetz selbst zu entwickeln. d) Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts Gegen ein materielles Prüfungsrecht könnte angeführt werden, dass die Verwerfungskompetenz für formelle Gesetze nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2, 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Normenkontrolle zugewiesen ist (zu denken ist insofern auch an die Rechtssatzverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nur hinsichtlich bereits in Kraft getretener Gesetze besteht. Während diese Kontrolle also erst nachträglich greift, kann die materielle Prüfung des Bundespräsidenten bereits präventiv das Inkrafttreten verfassungswidriger Gesetze verhindern. Ein Übergriff in die Kompetenzsphäre des Bundesverfassungsgerichts Somit kann ein materielles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten mit diesem Argument nicht ausgeschlossen werden. e) Umfassende Verfassungsbindung Gemäß Art. 1 Abs. 3 und 20 Abs. 3 GG ist der Bundespräsident vielmehr bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse umfassend an die verfassungsmäßige Ordnung und die Grundrechte gebunden. Er darf folglich nur solche Akte vollziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Dies spricht entscheidend gegen seine Verpflichtung, Gesetze auszufertigen, die seiner Auffassung nach gegen das Grundgesetz verstoßen. Insoweit ist es sinnvoll, dem Bundespräsidenten ein gewisses Prüfungsrecht einzuräumen. Dies klärt jedoch noch nicht das Problem der Reichweite des Prüfungsrechts des Bundespräsidenten, da allein die Bindung des Bundespräsidenten an Art. 1 Abs. 3 und 20 Abs. 3 GG nichts über den Inhalt dieser Bindung aussagt. f) Beschränkung auf evidente Verletzungen Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass im grundgesetzlichen Institutionsgefüge primär der demokratisch legitimierte Gesetzgeber für den Inhalt eines Gesetzes verantwortlich sein soll. Dem würde es widersprechen, wenn der Bundespräsident seine Auffassung von der Verfassungskonformität, die im Einzelnen sehr schwierige und häufig umstrittene Fragen betrifft, gegenüber dem unmittelbar demokratisch legitimierten Bundestag durchsetzen könnte. Der Einschätzung des Bundestages ist daher der Vorrang einzuräumen. Wegen der Bindung an die Art. 1 Abs. 3 und 20 Abs. 3 GG ist ein materielles Prüfungsrecht zwar im Grundsatz anzuerkennen, aus den gerade genannten Gründen aber auf evidente Verfassungsverstöße zu beschränken. 3. Bedenken gegen die Sinnhaftigkeit Der Bundespräsident hat aufgrund seiner staatsrechtlichen Stellung aber unstreitig kein sog. „politisches Prüfungsrecht“. Hierbei würde er unzulässigerweise in die Kompetenzen des Bundestages

als Gesetzgebungsorgan eingreifen. 4. Zwischenergebnis Dem Bundespräsident ist somit im Ergebnis ein vollumfängliches formelles Prüfungsrecht und ein auf evidente Verstöße beschränktes materielles Prüfungsrecht einzuräumen. II. Verfassungsmäßigkeit des Anti-Terror-Gesetzes Bundespräsidenten kommt also grundsätzlich ein Prüfungsrecht im eben erläuterten Umfang zu. Daher stellt sich die Frage, ob das Anti-Terror-Gesetz formell oder evident materiell verfassungskonform ist. 1. Formelle Verfassungsmäßigkeit Das Gesetz müsste formell verfassungskonform sein. a) Gesetzgebungskompetenz Dazu müsste der Bund zunächst für den Erlass des Anti-Terror-Gesetzes zuständig sein. Grundsätzlich haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht, Art. 70 Abs. 1 GG. Hier könnte der Bund allerdings nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG ausschließlich zuständig sein. Das Anti-Terror-Gesetz regelt die Einrichtung einer Anti-Terror-Datei, in der diverse persönliche Daten zusammengestellt werden. Auf diese Datei können die Behörden des Bundes und der Länder zur Bekämpfung bedeutender Straftaten zurückgreifen, es geht also um eine dauerhafte Kooperation. Dass es insoweit auch um Prävention geht, ist unschädlich. Insbesondere der Begriff der „Kriminalpolizei“ i. S. v. Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. a GG meint nicht nur repressive, sondern auch präventive Tätigkeiten der Polizeibehörden; intendiert ist lediglich eine Beschränkung auf bedeutsame Straftaten von Gewicht. 2 Hinsichtlich der Einrichtung der Anti-TerrorDatei ist der Bund damit nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG zuständig. Der Bund verfügt daher über die Gesetzgebungsbefugnis. b) Gesetzgebungsverfahren Das Anti-Terror-Gesetz ist laut Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen. c) Zwischenergebnis Das Anti-Terror-Gesetz ist formell verfassungsmäßig. 2. Materielle Verfassungsmäßigkeit Im Hinblick auf die materielle Verfassungswidrigkeit des Anti-Terror-Gesetzes kann der Bundespräsident die Unterzeichnung nur bei einem offenkundigen Verfassungsverstoß verweigern (s.o.). Ein solcher Verstoß könnte hier in der Verletzung der Grundrechte der von dieser Datei betroffenen Personen liegen. In Betracht komm hier eine Betroffenheit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG. Durch die Anti-Terror-Datei erhalten die Landes- und Bundespolizeibehörden umfangreichen Einblick in personenbezogene Daten bestimmter auffällig gewordener Personen. Das Gesetz stellt also jedenfalls einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Aspekt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Dieses kann aber aufgrund des Gesetzesvorbehalts in Art. 2 Abs. 1 GG eingeschränkt werden. Das Anti-Terror-Gesetz kann daher eine Schranke des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anti-Terror-Gesetzes ist aber die Verhältnismäßigkeit der Regelung, wobei an diesem Punkt insbesondere der Menschenwürdegehalt des Persönlichkeitsrechts zu beachten ist. Hier kommt es auf eine Abwägung des Persönlichkeitsrechtes der

von der Anti-Terror-Datei betroffenen Personen mit dem Interesse der Landes- und Bundespolizeibehörden an der Bekämpfung terroristisch geprägter Straftaten. Die Verfassungsmäßigkeit der in Frage stehenden Regelung wird daher maßgeblich durch den Interessenausgleich der sich gegenüberstehenden Belange bestimmt. Insofern ist jedoch kein evidenter Vorrang eines Belangs festzustellen, sodass von einer offenkundigen Unverhältnismäßigkeit hier nicht auszugehen ist. Hinweis: An dieser Stelle hat grundsätzlich eine detailliertere Grundrechtsprüfung zu erfolgen. Da in diesem Zusammenhang jedoch schwerpunktmäßig um die Darstellung der staatsorganisationsrechtlichen Probleme geht und die Grundrechtsprüfung im letzten Semester ausführlich besprochen wurde, ist die Prüfung hier verkürzt worden. Das Anti-Terror-Gesetz ist also nicht offenkundig materiell verfassungswidrig. Der Bundespräsident konnte die Unterzeichnung somit auch nicht aufgrund materieller Verfassungswidrigkeit des Gesetzes verweigern. III. Ergebnis Das Anti-Terror-Gesetz ist weder formell noch offenkundig materiell verfassungswidrig. B konnte damit die Unterzeichnung des Gesetzes nicht aufgrund seines Prüfungsrechtes verweigern. Der Bundespräsident hat zu Unrecht die Unterzeichnung verweigert und damit die Rechte des Deutschen Bundestages verletzt. Somit ist der Antrag begründet. C. Gesamtergebnis. Der Antrag der F-Fraktion hat demnach Aussicht auf Erfolg....


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