Gehör und Gleichgewicht PDF

Title Gehör und Gleichgewicht
Course Funktionssysteme und biologische Regulation
Institution Medizinische Universität Wien
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SS 17/18...


Description

1 Hören und Gleichgewicht 1. Ohr Besteht aus spezialisierten Strukturen, die mechanische Reize, wie Linear-, Drehbewegungen, Beschleunigungen und Schallwellen (=Luftschwankungen) in Flüssigkeitsbewegungen/Vibrationen konvertieren. Diese wiederrum werden in neuronale Signale umgewandelt, damit sie zentral verarbeitet werden können.

Stato-Akustisches System Aufbau des Ohres. Das Ohr umfasst unter anderem folgende Strukturen: Äußerer Gehörgang, Membran, Gehörknöchelchen-Kette. Außerdem wichtig sind das ovale und das runde Fenster. Die Membran hat einen wesentlich größeren Durchmesser als das ovale Fenster. Über die Gehörknöchelchen-Kette entsteht eine relativ starke Verstärkung, weil man den Druck einer großen Fläche auf eine sehr kleine Fläche weiterleitet. Das Signal wird weiter in die Schnecke geleitet. Außerdem findet man hier auch die Bogengänge, die das Gleichgewichtsorgan umfasst. Schall. Schall sind periodische Luftschwankungen, ein reiner Ton ist eine reine Sinusschwingung. Ein Klang, immer noch melodisch, umfasst neben Sinusschwingungen auch noch sog. Obertöne, die aber noch regelmäßig sind. Ein Geräusch oder Rauschen beschreibt mehrere Töne (Überlagerung vieler Frequenzen). Messung des Schalldrucks (Sound Pressure Level). Hierbei handelt es sich, im Gegensatz zur Hearing Level, um eine physikalische Größe, die mit Dezibel bemessen wird. Der Druck ist ein Quotient aus einem Schalldruck im Verhältnis zu einem Bezugsschalldruck. Beim Sound Pressure Level ist dieser Bezugsschalldruck P 0 = 2 x 10-6 N/m2 und das entspricht dann 0dB. Die mittlere Hörschwelle liegt bei ca. 4000 Hz bei -4dB SPL. Bei hohen und besonders tiefen Frequenzen darüber. Schallsignale mit unterschiedlichen Frequenzen, die gleich laut empfunden werden, wie ein Referenzton von 1000Hz liegen sog. Isophonen (Kurven gleicher Lautstärkepegel). Der Hörbereich des Menschen erstreckt sich von etwa 20Hz bis 20kHz. Bei 4kHz hört der Mensch am besten. Niederfrequente und höherfrequente Töne hört der Mensch jedoch zunehmend schlechter. Bei der Altersschwerhörigkeit fallen einzelne Frequenzen sogar komplett aus. Physiologie des Hörorgans. Das Ohr lässt sich in das Äußere Ohr, das Mittelohr und das Innenohr unterteilen. Der Schall wird von den Reliefkanten der Ohrmuschel geleitet, gebrochen, gedämpft. Das Richtungshören basiert auf den Laufzeitdifferenzen vom linken und rechten Ohr, d.h. die verzögerte Erfassung von Schallwellen links und rechts. Wie wird nun der Schall im Mittelohr geleitet? Von der äußeren Membran über die Gehörknöchelchen-Kette zum ovalen Fenster. Das wird eingedrückt und dahinter befindet sich Flüssigkeit, die dann in Bewegung versetzt wird. Die ausgelöste Welle läuft dann die Schnecke hinauf. Die Drucksteigerung von Membran auf GehörknöchelchenKette hat das Verhältnis 1:17. Dazu kommt noch die Hebelwirkung, aufgrund der wirksamen Länge der Gehörknöchelchen, die der Schalldruck im Verhältnis 1:1,3 verstärkt. Die Gesamtdrucksteigerung geschieht dann im Verhältnis 1:22, der dann ins Ohr weitergeleitet wird. Jedoch vermindert sich der Schalldruck im Laufe der Weiterleitung durch sog. Reflexionsverluste (bei Übergang Luft-Flüssigkeit, ca. 98% → 40%). Cochlea. Das Innenohr und das Cort'sche Organ. Hier finden sich verschiedene Scala: -

Scala vestibuli (Perilymphe) Scala media (Endolymphe) Scala tympani (Perilymphe)

Das Cort'sche Organ ist für die Schallwahrnehmung verantwortlich. Das Corti-Organ sitzt der Basilarmembran (Membrana spiralis) auf und ist nach oben hin durch eine azelluläre Deckmembran (Tektorialmembran) vom Lumen des Ductus cochlearis abgetrennt. Die für die Schallwahrnehmung verantwortlichen Sinneszellen des Corti-Organs werden Haarzellen genannt. Dabei handelt es sich um Mechanorezeptoren, die an ihrem apikalen Zellpol Stereozilien-Büschel tragen. Die Haarzellen sind in sog. Stützzellen eingebaut. Ihre Spitzen sind durch feine Zellmembranbrücken verbunden, die so genannten tip-links. Man unterscheidet nach ihrer Lokalisation zwei Formen vor Haarzellen: -

-

äußere Haarzellen (OHC - "Outer Hair Cells"): Sie stehen nebeneinander in drei Zellreihen auf der Außenseite des Corti-Organs, entlang der ganzen Schnecke. Auf ihrem apikalen Zellpol finden sich 3 Reihen W-förmig angeordneter Stereozilien. Die Stereozilien der äußeren Haarzellen sind in der Tektorialmembran verankert. innere Haarzellen (IHC - "Inner Hair Cells"): Sie befinden sich in einer Zellreihe an der Innenseite des Corti-Organs, d.h. näher am Modiolus. Ihre Stereozilien stehen nicht in Kontakt zur Tektorialmembran.

Wie können wir einzelne Frequenzen unterscheiden? Die Cochlea besitzt so etwas wie eine Ortsanalyse, die den Ort der maximalen Erregung zuordnen kann. Jeder Ort ist einer bestimmten Frequenz zuzuordnen, weil die Schnecke immer steifer wird und an einer bestimmten Resonanzstelle (spezifisch für bestimmte Frequenz) 1

kommt es zu einer massiven Erregung. Die Resonanzstellen der hohen Frequenzen befinden sich näher zum ovalen Fenster, die tiefen wandern weiter in hinauf. Von den einzelnen Referenzstellen gehen spezifische Afferenzen weg. In einem von diesen spezifischen Axonen werden analog zur Sinusschwingung Aktionspotentiale generiert. Daher wird als Aktionspotential dieselbe Frequenz weitergeleitet, die der Ton hat (Orts-Frequenz-Koppelung). Es gibt Neurone, die schon auf schwache Lautstärken reagieren und Neurone, die erst bei erst sehr hohen Lautstärken reagieren. Wenn die Basilarmembran erregt wird, kommt es zu Abscherungen, indem sich die Tektorialmembran verschiebt, d.h. die Stereozilien, die mit der Tektorialmembran verankert sind, biegen sich hin und her. Am Hörnerv gibt es auch efferente Nervenfasern, die die Informationsweitergabe modulieren können. Dies dient in erster Linie dem Schutz vor lauten Tönen, indem die Informationsweiterleitung inhibiert wird. Bei den äußeren Haarzellen findet man diese Efferenzen verstärkt, da sie mehr Informationen weiterleiten. Durch die tip-links reicht es, wenn die längste Haarzelle ausgelenkt wird, da sie die anderen mitzieht. Potentiale. In der Scala media herrscht ein sehr positives Potential. In den äußeren Haarzellen haben wir das klassische Potential von -70mV. In der Perilymphe ist das Potential 0mV und in den inneren Haarzellen -40mV. Ionenverteilungen. In der Perilymphe ist die Ionenverteilung ähnlich wie die im Plasma, Interstitium etc. In der Endolymphe hingegen herrscht eine sehr hohe Kaliumkonzentration, d.h. von der Scala media (Endolymphe) zu den Sinneszellen gibt es keine keinen Kaliumgradienten (Kalium spielt hier eine andere Rolle als üblicherweise im Nervensystem). Transduktion. Die Reissner-Membran wird eingedrückt, die Tektorial-Membran verschiebt sich und es kommt Reizung der Haarzellen. Die Haarzellen können sich in zwei Richtungen bewegen: tip-links angespannt = Reizung, tip-links entspannt = Hemmung. Wenn die Haarzellen nun erregt werden (tip-links angespannt) kommt es zur Öffnung der Kalium-Kanäle und aus der Endolymphe strömt in die Zelle (anders als bisher). Jetzt sorgt nicht das Natrium, sonder das Kalium für die Depolarisation. Das Kalium gelangt dann wieder durch andere Kalium-Kanäle hinaus. Die Depolarisation bewirkt eine kaliumvermittelte Transmitterfreisetzung durch mechanische Öffnung eines Kaliumkanals. Eine weitere elektrische Antwort. Prestin (spannungssensitives Protein) wird ebenfalls aktiviert und bewirkt eine Verstärkung der Übersetzung der mechanischen Erregung (cochleärer Verstärker OHC). Die Veränderung der äußeren Haarzelle überträgt sich nun auch auf die innere Haarzelle, die primär für die Fortleitung des Aktionspotentials verantwortlich ist. Zentralnervöse Verschaltung. Wichtig sind u.a. die Nuclei cochleares, an denen angedockt wird. Die Oliva (Stichwort: Motorik, Kleinhirn). Die Colliculi inferiores und der Corpus geniculatum mediale sind ebenfalls wichtig. Von da geht es dann weiter in die primäre Hörrinde (Sehnerven, entsprechende Kerne im Hirnstamm, etc). Die Eingänge in Cochleariskerne kreuzen zum Teil und gehen zur Oliva und andere Teile gehen ungekreuzt ein Stück weit hinauf, passierendie Oliva und kreuzen erst danach. Dann ziehen sie in den Lemniscus lateralis zum Colliculus inferior. Die Informationen (von beiden Ohren), die zur Oliva ziehen, spielen auch für motorische Prozesse, wie Halte- und Stützreflexe eine Rolle. Akustisch evozierte Potentiale. Als akustisch evoziertes Potential (AEP) bezeichnet man im medizinischen Sinn eine Veränderung des Hirnstromkurvenbildes (EEG), die durch ein Schallereignis hervorgerufen („evoziert“) wird. Dadurch lässt sich v.a. auch bei Neugeborenen das Gehör überprüfen. Durch diesen Test lassen sich auch (v.a. durch die frühen Wellen) frühe (am Anfang) Leitungsstörungen diagnostizieren. Klassische Audiometrie. Bei der Klassischen Audiometrie wird eine eigene Dezibel-Skala verwendet, die leichteres Ablesen ermöglicht, die sog. HL-Skala (Hearling Level). Hier wird als Bezugsschalldruck P 0 ein empirisch ermittelter (ermittelter Erfahrungswert) Wert verwendet. Für jede Frequenz gibt es einen anderen Bezugsschalldruck. Durch die klassische Audiometrie lassen sich nun sowohl Knochenleitungen sowie Luftleitungen messen. Als Ergebnis erhält man zwei Knochenleitungskurven und zwei Luftleitungskurven, für jedes Ohr. Hörschädigungen. Schädigungen können v.a. durch chronische, laute (>80dB) Geräusche, Musik etc. ausgelöst werden. Umso weniger Zeit das Ohr hat, sich von starker Lärmbelastung zu erholen, desto größer ist die Gefahr einer Schädigung. Die meisten Schädigungen sind berufsbedingt.

Vestibuläres System Vestibularapparat. Der Vestibularapparat liefert über den Nervus vestibulo-cochlearus (VIII) Afferenzen für Lage- und Bewegungsempfindungen, Afferenzen für Lage- und Bewegungsempfindungen, Afferenzen für vegetative Reaktionen (Seekrankheit), Afferenzen für okulo-motorische Reflexe sowie Afferenzen für die Stützmotorik. Der Vestibularapparat besitzt drei Bogengänge, die in die drei Raumachsen orientiert sind und in diesen Bogengängen befindet sich jeweils ein Bogengangsorgan (Sinneszellen mit Ciliengruppen, die in eine gallertige Masse (Cupula) ragen). Desweiteren finden sich zwei Maculaorgane, die Macula utriculi und Macula sacculi (Sinneszellepithelien mit Ciliengruppen, die in eine Otolithen-besetzte gallertige Membran ragen). Daher hat das Ohr 5 Gleichgewichtsorgane (2 Bogengangsorgane und 2 Makulaorgane). Die Bogengänge sind für 2

Drehbeschleunigungen (Kopfdrehung) wichtig, die Makulaorgane für Linearbeschleunigungen (Schwerkraft). Die Vestibularneuronen haben in Ruhe eine relativ hohe Grundfrequenz. Eine Hemmung (tip-links entspannt) sorgt für eine Inhibition dieser Grundfrequenz. Bei der Drehung des Kopfes wird nun in einem Ohr eine Erregung wahrgenommen, während im anderen Ohr eine Hemmung passiert. Formen der Augenbewegungen. Im Zusammenspiel mit dem Gleichgewichtssystem. Sog. Sakkaden, sprunghafte bewusste oder unbewusste Augenbewegungen. Man hat die ganze Zeit ganz kleine Bewegungen, sog. Mikrosakkaden (unbewusst), damit das Auge nicht adaptiert. Während der (Makro-)Sakkaden kommt es zur Suppression des visuellen Inputs. Dann gibt es noch Folgebewegungen. Lesen ist bspw. eine (willkürliche) Folgebewegung. Unwillkürlich umfasst alle optokinetischen Reflexe, in die das Vestibularorgan eingebaut ist. Dann gibt es noch Vergenz-Bewegungen, die bei der Nahstellreaktion erfolgen. Nystagmus. Eine Kopfdrehung benötigt eine kompensatorische Augenbewegung in die andere Richtung. Eine langsame Augenbewegung gegen die Drehrichtung und die schnelle erfolgt in Drehrichtung (wenn das Auge einen neuen Fixpunkt finden muss). Es nimmt langsam ab, Folgebewegungen dauern immer länger, Rückstellbewegungen kommen immer seltener. Wichtig hierbei sind die Abducens-Kerne, die Oculomotoris-Kerne. Letzere haben eine kreuzweise Verschaltung.

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