Jugendsprache - Appunti 1 PDF

Title Jugendsprache - Appunti 1
Author Francesco Galli
Course Lingua tedesca
Institution Università degli Studi di Ferrara
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Summary

Jugendsprache...


Description

1. Titelseite 2. Seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts beschäftigt sich die Linguistik mit den Sprech- und Schreibweisen der Jugendlichen. Jugendsprache ist ein populäres Thema. Großes Interesse an der Jugendsprache haben in den letzten Jahrzehnten auch Verlage gezeigt. Langenscheidt lässt jedes Jahr von einer Jury das Wort des Jahres erwählen und Pons sammelt seit 2001 in „PONS Wörterbuch der Jugendsprache“ Jugendwörter durch einen Wettbewerb, an dem bis zu 20 000 Schülern der Klassenstufen fünf bis elf teilnehmen. Auch wenn sie wissenschaftlich fragwürdig sind, geben diese Werke Auskunft über die neuen Ausdrücke und ihren unterhaltenden Wert. 3. Wissenschaftliche Untersuchungen haben als erstes die Frage gestellt, was sei eigentlich Jugendsprache. Jugendsprache könnte als Jargon, als Register, als Stilschicht, als spielerischer, unkonventioneller Sprachgebrauch betrachtet werden. Schon die Definition Jugend erscheint problematisch, weil die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenenalter in unserer postindustrialisierten Gesellschaft, in der sich die Ausbildungszeit ausgedehnt hat, immer länger geworden ist. Sicher gehören zu der Jugendzeit Brüche und Konflikte zwischen jungen Leuten und Erwachsenen. 4. Insbesondere seit der 50er Jahren des XX. Jahrhunderts haben die Protestbewegungen ein neues Selbstbewusstsein der Jugendlichen geschaffen, die eigene alternative Lebensstile und Kommunikationsgewohnheiten entwickelt haben, was einen neuen Umgang mit der Sprache mit sich bringt. 5. Inzwischen haben diese neuen Kommunikationsformen das Interesse der Medien erweckt: Werbung, Fernsehserien bemächtigen sich dieser Kommunikationsformen und beeinflussen sie ihrerseits, mit dem Ziel, sich kommerziell bei einem weiteren Publikum durchzusetzen. Das Interesse von Soziologen und Linguisten wendet sich zu bestimmten Auffälligkeiten der Jugendsprache, die die Phonetik, die Morphologie, die Wortbildung und die Syntax betreffen. Eine Schwierigkeit ergibt sich auch wegen der rasanten Veränderungen der Jugendsprache, deren Ausdrucksformen schnell veralten, gerade weil sie ihre Funktion als Marker für Gruppenzugehörigkeit verlieren, sobald sie von „ Gruppenfremden“ übernommen werden. Angesichts dieser Schwierigkeiten erscheint vielen Forschern ziemlich unmöglich, eine rein sprachwissenschaftliche Annäherung vorzunehmen. 6. Historischer Überblick Die Entdeckung der sprachlichen, generationstypischen Eigenarten der Studenten begann im 18. Jahrhundert, als die ersten Studentenwörterbücher veröffentlicht wurden, die die Besonderheiten der Studentensprache registrierten. Zwischen 1749 und 1888 wurden 21 Wörterbücher zur Studentensprache veröffentlicht. Sie befassten sich mit Wörtern und Sprüchen, Grußformeln und sprachlichen Ritualen. Damals waren häufige Latinismen, die die „ Ungebildeten“ aus der Kommunikation innerhalb der Studentenkreise ausschlossen. Außerdem gab es Einflüsse aus dem Jiddischen oder Entlehnungen aus der Gaunersprache. Damit distanzierte sich die akademische Jugend selbstbewusst von der Welt der Stadtbürger und der sogenannten Philister, was sich auch im Lebensstil und Kleidung äußerte. Schon damals kennzeichneten sich als zentrale Motive die Stabilisierung der Gruppe nach innen sowie die Abgrenzung nach außen. 7. Um die Jahrhundertwende beginnen die sprachwissenschaftlichen Untersuchungen über die Besonderheiten der Studentensprache als Sprache der Jugend des Bildungsbürgertums und ihren Beitrag zur Entwicklung der deutschen Standardsprache. In der 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erwacht das öffentliche Interesse für alternative Sprachregister auch bei den Presseorganen (siehe den FAZ-Artikel vom

Januar 1979 über die Disco-Sprache). Die Deutsche Akademie für Sprache schreibt die Preisfrage aus, ob die Jugend eine andere Sprache spricht, brillante Essays ( Pörksen, Weber) beschäftigten sich mit dieser Problematik, die evangelische Akademie Loccum organisiert im Jahre 1982 eine Tagung, die das Band „Sprüche, Sprache, Sprachlosigkeit“ publiziert, empirische Studien werden über Schulklassen durchgeführt (Henne 1986, Neuland 1999). Die öffentliche Diskussion führt zur Veröffentlichung zahlreicher Wörterbücher zur Jugendsprache, die das Interesse von Pädagogen, Autoren, Lehrern erwecken. 8. In den 90er Jahren beschäftigt sich die Forschung mit regionalen Varietäten, mit der Verbindung zwischen „Knastsprache“ und Jugendjargon, insbesondere von Randgruppen wie Drogenabhängigen, Rockern, Sprayern, Punker, Raver. Indessen erleben die Forschungen einen qualitativen Sprung: Milieubedingte Kommunikationsstile erfordern kultursoziologische Ansätze. Eine umfangreiche empirische Studie wurde von Eva Neuland an Schulen von neun Bundesländern durchgeführt. Man kann zwei Perspektiven unterscheiden: 1. Jugendsprachen werden als innovative Entwicklungstendenzen der Gegenwartssprache betrachtet, zu der sie in einem Wechselverhältnis stehen. 2. die Kommunikation Jugendlicher differiert bei den jeweiligen Gruppen abhängig vom sozialen Status, den Interessen, von der Zugehörigkeit zu bestimmten Jugendkulturen, von regionalen Dialekten. DIe Funktion ist die gruppenspezifische Abgrenzung nach außen und die Identifikation nach innen. 9. Merkmale Für Sprachstile der Jugendlichen sind folgende Techniken charakteristisch: (zuerst Liste aller Merkmale vorlesen) 10. Hyperbolik, Übertreibung, Drastik Der Trend zu greller Steigerung zeigt sich vor allem bei Adjektiven und Adverbien: riesig, kosmisch, gigantisch, galaktisch, episch. Zur Übertreibung dienen auch Präfixe wie super-, mega-, giga-, hyper-. Einige Adjektive oder Adverbien werden umgedeutet und umbewertet. Ihre ambivalente Bedeutung wird nach dem Kontext bestimmt: krass, tierisch, scharf, abartig, brutal, irre Die häufige Benutzung führt zu einer schnellen Entwertung, die wieder mit zusätzlichen Adverbien kompensiert wird (absolut irre). 11. Verkürzung, Verknappung, „Comic-Sprache“. Es werden zwei Typen von Verknappungen beobachtet: Wortstamm plus -i ( Sponti, Promi, Asi) und Wortstamm plus -o ( Macho, Prolo, Radikalo, logo, klaro ), die sich auf spielerische Sprachverhalten bei den Studentenszenen zurück zu führen sind. Die Comic-Sprache basiert vor allem auf Klangwörter (peng, schluck, würg), deren Herkunft meistens die amerikanische Comic-Literatur ist. Vulgarismen, Obszönitäten in Bezeichnungen und Sprüchen Einige Interjektionen oder Präfixe wie sau-, scheiß-, oder schweine-, enthalten Vulgarismen, deren provozierende Anstößigkeit auf einem tabulosen Umgang mit Sexualität, Krankheit, Fäkalbereich beruht. Anredeformeln enthalten Vulgarismen als harmlose Beschimpfungen( ihr Scheisser, ihr piss.) Viele Vulgarismen, beispielsweise „geil“, haben im Lauf der Zeit Ihre provokatorische Kraft verloren. 12. Spielerische, umdeutende Verwendung von Elementen der Standardsprache. Jugendsprache steht immer im Austausch mit der übergeordneten Standardsprache und mit verschiedenen Sprachbereichen. Viele Ausdrücke sind Entlehnungen aus der Standardsprache. Bei Modifikationen werden Basislexeme durch Präfixe verändert (rumlabern statt weitersagen, vollquatschen statt überreden, rumbossen statt herumkommandieren, durchnerden statt die ganze Zeit am Computer spielen). Bei manchen Entlehnungen werden semantische Veränderungen nach einem metaphorischen oder metonymischen Verfahren vorgenommen: sich die Tussi krallen, Kohle, spinnen, Jucken, trichtern. Bei manchen bizarren Umdeutungen wird eine

Beziehung zu kriminalisierten Randgruppe beobachtet: Dope, Knastis. Immer mehr sind Entlehnungen aus der Welt der Technologien: chatten, simsen, googeln), oder metaphorische Umdeutungen (checken statt probieren, leerer Speicher statt erschöpft. Aus der angloamerikanischen Sprache werden die meisten lexikalischen Adaptionen entnommen ( Band, Song, feeling, Style, Event…, und viele Adjektive: cool, in, out, top, oder Verben (chillen, liken), deren Gebrauch zur Profilierung und Kreativität begründet werden kann. 13. Sprachspiele, Parodien, Verfremdungen, Sprachgebräuche Nach den Sprachwissenschaftlern Schlobinski, Kohl und Ludewig sind Sprachphänomene als gruppenspezifische Sprechverhaltensweisen zu beobachten, die situativ gebunden sind. Der ethnographische Ansatz der Untersuchungen verlangt eine soziale und situative Einbettung des Sprachmaterials. Erfahrungshintergrund, persönliche Interessen werden bei der Analyse einbezogen. Anredeformeln wie ey, na, du, dienen der Definition der Situation, als Signal der Interaktion in narrativen Kontexten. Bestimmte wiederholende Sätze, Running Gags dienen zur Verstärkung der Gruppenidentität, oft sind sie Sprachspiele oder Zitate aus Fernsehserien (Dalli Dalli) Songtexten, Werbung, Slogans, die ironisch transformiert werden: „du hast keine Chance, aber nutze sie“, „milde Sorte rauchen, denn das Leben ist hart genug“. 14. Stellungen/Bewertungen Pädagogen meinen, dass Lautwörter, Vulgarismen, Verknappungen Beweise für die Sprachverwilderung oder Sprachlosigkeit der Jugend sind. In der Öffentlichkeit sind immer wieder auch Klagen über den Verfall der deutschen Sprache. Übersehen wird hiermit die ausdrucksvolle Dichte, die Kreativität, die mit anderen Sprachmitteln nicht erreicht wird, die Ironische Ausdruckskraft, die Farbigkeit, insbesondere wenn etwas erzählt wird als eingeschobene Kommentare oder Bewertung. 15. Selbstbilder und Selbsteinschätzung Innerhalb der Gruppierungen werden die Besonderheit der eigenen kulturellen Stile und das eigene Sprachverhalten selten reflektiert, wenn schon versucht man dies zu rechtfertigen oder zu evaluieren (gutes/schlechtes Deutsch). Wenn man Jugendliche nach ihrer Art zu sprechen fragt, werden immer Rahmenbedingungen erwähnt: eigene Klasse, Freundeskreis, Stimmungslage. Das Bedürfnis nach Selbstdarstellung und Profilierung ist oft der Grund für die Suche nach den originellsten Ausdrucksformen. Jugendliche betonen auch, dass Ihnen der Sprachwitz wichtig ist, dass es Spaß macht, neue Ausdrücke zu erfinden oder die Bedeutung bestehender Begriffe zu verändern. In der Auseinandersetzung mit den Erwachsenen wird oft die Provokation gezielt als Mittel der Abgrenzung benutzt. Im Lauf der Zeit hat der Konflikt mit der älteren Generation neue Formen gezeigt. Seit der Mitte der 80er Jahre wird mehr auf das spielerische und experimentelle gesetzt als auf die politische Kritik. 16.Schlussfolgerungen Das Interesse für die Jugendsprache ist mit der Sorge um die Jugend und ihre Zukunft verknüpft. Es wird auf die Gefahren der Lese- und Rechtschreibschwäche, den Verfall der schönen Sprache hingewiesen. Zusammenfassend kann man behaupten, es gibt nicht die/eine Jugendsprache, weil die Jugend keine homogene Gruppe ist. Kommunikationsstile sind Mittel zur Identitätsfindung und zur konflikthaften Auseinandersetzung mit den Erwachsenen. Die Sprechweisen dienen der Stabilisierung der Gruppenidentität und der Zuweisung der Rollen in der Gruppe. Die besonderen Sprechweisen werden als Signale der Abgrenzung, des Andersseins gegenüber der Außenwelt. Die Strategien sind das Ignorieren der Tabus, Bruch der kulturellen Normen, Provokation, Parodie von Mustern. Nach der Kritik der Normenverletzung hat die Gesellschaft das innovative Potential der Jugendsprache entdeckt und vermarkt. In Jugendsprachen werden zeitgeschichtliche Verhältnisse kulturkritisch, ironisch reflektiert.

Bibliographie J. Volmert, Jugendsprachen - Szenensprachen, in S. Moraldo Deutsch aktuell, 2004 A-K. Baradaranossadat, Jugendsprache im Deutschunterricht, Frankfurt a. M., 2011 P. Schlobinski, Jugendsprache und Jugendkultur, bpd.de, Politik und Zeitgeschichte, 2002 H. Henne, Jugend und ihre Sprache, Berlin-New York, 1986 E. Neuland, Jugendsprachen, Heidelberg, 1999...


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