Max Frisch - Stiller PDF

Title Max Frisch - Stiller
Author Sigrun Icon
Course Deutsch
Institution Gymnasium (Deutschland)
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Summary

selbsterstellte Übersicht, Inhaltsangabe, Lektüreschlüssel zu Stiller von Max Frisch...


Description

Max Frisch: Stiller (1954) Allgemein: Roman, Schweizer Max Frisch (1911 – 1991), Motiv der Frage der Identität Inhalt: „Ich bin nicht Stiller!“ Mit diesen Worten wehrt sich der IchErzähler, der einen amerikanischen Pass auf den Namen James Larkin White besitzt, gegen seine Fetsnahme bei der Einreise in die Schweiz, wo man ihn für den verschollenen Bildhauer Anatol Ludwig Stiller hält, eine Identität, die White beharrlich verleugnet, obwohl in Bekannte und Freunde als ebendiesen Stiller identifizieren. Seine konsequente Weigerung, Stiller zu sein, sowie seine laut vorgetragene Kritik an der Schweiz schüren den Verdacht einer möglichen Spionagetätigkeit, sodass er vorerst in Untersuchungshaft bleibt, wo nur sein Wärter Knobel ihn als White zu akzeptieren bereit ist, der den wilden Abenteuergeschichten aus Mexiko, die immer bunter und widersprüchlicher werden und in gleich mehreren Morden münden, die der White in Übersee begangen haben will. Stillers Ehefrau Julika Stiller-Tschudy, eine ehemalige Balletttänzerin, reist aus ihrer Tanzschule in Paris an und erkennt ebenfalls ihren Ehemann wieder. Er erfährt von der schwierigen Beziehung Stillers zu Julika, zwei Menschen, die eher durch ihre Ängste, andderen Partner nicht genügen zu können, aneinander gefesselt zu schienen, als durch ihre offene Bereitschaft, den jeweils anderen anzunehmen und zu lieben. Als Beginn aller Probleme sah Stiller sein Versagen im Spanischen Bürgerkrieg, in dem er sich weniger aus politischem Idealismus als aus Lebensüberdruss freiwillig gemeldet hatte. Je länger die Ehe zwischen Julika und Stiller andauerte, umso mehr traten seine Egozentrik und ihre Unfähigkeit, auf ihn einzugehen, hervor. Schließlich musste Julika ihr geliebtes Ballett wegen einer Tuberkuloseerkrankung aufgeben und sich in eine Kur nach Davos zurückziehen, während Stiller, der sich gegenüber seiner Frau permanent im Unrecht fühlte, in eine Affäre flüchtete. Als diese zerbrach, verließ Stiller auch seine kranke Ehefrau und blieb von da an verschollen. Auch White kann nach Julikas Erzählung diesen Stiller nicht verstehen. Und wie einst Stiller fühlt er sich von der schönen, distanzierten Julika mehr und mehr angezogen. Auf Freigängen versucht er ihr als ein Fremder und nicht als ihr wieder aufgetauchter Ehemann näherzukommen, wird von ihr jedoch so wie von allen anderen auf die Identität Stillers zurückgewiesen. Auch sein Anwalt, der brave Dr. Bohnenblust, versucht ihm mit allen Mitteln zu beweisen, dass er der ist, der er nicht sein möchte. In dieser Situation wird ausgerechnet der Staatsanwalt zu seinem engsten Vertrauten und bald schon zu seinem Freund Rolf. Es stellt sich heraus, dass auch Rolf mit der früheren Existenz Stillers

verknüpft ist, denn seine Frau Sibylle war es, mit der Stiller einst eine Affäre hatte, was die junge Ehe zwischen Rolf und Sibylle beinahe scheitern ließ. Rolf, der sich stets als toleranten Menschen gesehen hatte, versuchte sich auch seiner Frau gegenüber tolerant zu verhalten und trieb sie genau durch seine scheinbare Ungerührtheit über ihr Verhältnis immer tiefer in die Arme Stillers. Dieser jedoch scheute aus Schuldgefühlen seiner kranken Frau gegenüber die letzte Konsequenz, die in den Tagträumen Sibylles und Stillers eine gemeinsame Reise nach Paris bedeutet hätte. Erst als er ohnehin beruflich nach Paris musste und somit Julika ein unantastbares Alibi vorweisen konnte, war Stiller zu der Reise bereit, die nun jedoch Sibylle verweigerte. Sie zog sich von beiden Männern zurück, versuchte einige Monate lang in den USA Abstand zu gewinnen, kehrte am Ende jedoch zu ihrem Ehemann Rolf zurück. Dr. Bohnenblust plant seinen Mandanten mit einem Lokaltermin in Stillers Atelier zum „Geständnis“, Stiller zu sein, zu verleiten, auch im Sinne der armen Julika, für die der Anwalt wiederholt gegen seinen Mandanten Stellung bezieht. Er bietet sogar Stillers gebrechlichen Vater auf, um seinen Mandanten aus der Reserve zu locken. Dies gelingt jedoch nur insofern, als dieser in einem Tobsuchtsanfall das Atelier mit Stillers alten Kunstwerken verwüstet. Zum Auslöser für seine Raserei wird die verweigerte Antwort Julikas auf seine Frage, ob sie ihn liebe. Durch ihre Teilnahme an der Farce seines Anwalts fühlt er sich von ihr verraten. Zurück im Gefängnis gesteht Stiller zum ersten Mal seine Geschichte: Nach der gescheiterten Affaire mit Sibylle und seinem Bruch mit Julika war er als blinder Passagier nach Amerika gereist. Dort hatte er versucht, sich das Leben zu nehmen, doch ihn traf lediglich ein Streifschuss. Nach einer Nahtodeserfahrung hatte er sich damals für ein neues Leben entschieden. Doch bei der Gerichtsverhandlung sind die Fakten eindeutig: Stiller wird wieder zu seinem alten Leben verurteilt, nämlich dazu, Stiller zu sein. Im Nachwort berichtet Rolf, der Staatsanwalt, von Stillers weiterem Lebensweg. Nach dem Prozess hat er sich mit Julika in einem heruntergekommenen Chalet in Glion in der Nähe des Genfersees niedergelassen, wo Stiller die Töpferei entdeckt hat und Julika als Lehrerin für rhythmische Gymnastik arbeitet. Dort besucht ihn Rolf zweimal. Während des ersten Besuches bemerkt er, dass es in Stillers Ehe weiterhin kriselt. Julika teilt ihm unter dem Mantel der Verschwiegenheit mit, ihre Krankheit sei erneut ausgebrochen, und sie müsse so schnell wie möglich operiert werden, während Stiller die vermeintliche Gesundheit Julikas rühmt. Lange ist im Briefwechsel zwischen Rolf und Stiller nicht von der Operation die Rede, doch als Rolf und Sibylle das Ehepaar Stiller an Ostern besuchen wollen, ist Julika gerade ein Teil der Lunge entfernt worden und Stiller außer sich vor Angst. In einer langen Nacht redet er mit Rolf über seine verzweifelte Beziehung zu Julika, die nie in der Lage

war, seine Liebe zu erwidern. Er selbst wirft sich vor, Julika kaputt gemacht zu haben, und fürchtet, sie wolle sterben. Am Morgen ist er nicht in der Lage, seine Frau im Krankenhaus zu besuchen. Als Rolf und Sibylle diese Aufgabe übernehmen, ist Julika bereits tot. Auf ihrem toten Antlitz erkennt Rolf Stillers Beschreibung wieder, und in ihm erwacht die Vermutung, Stiller habe Julika stets nur als Tote gesehen. Stiller nimmt die Botschaft vom Tod seiner Frau gleichzeitig gefasst und geistesabwesend entgegen. Er meldet sich nach ihrem Begräbnis nur noch selten bei Rolf und lebt fortan alleine in Glion.

Chronologie: Die Aufzeichnungen Stillers im Gefängnis umfassen eine Zeitspanne von ca. zehn Wochen im Herbst 1952, das Nachwort des Staatsanwaltes erzählt von den darauf folgenden zweieinhalb Jahren bis zu Julikas Tod an Ostern 1955. Auffällig ist hierbei der unterschiedliche Maßstab, mit dem erzählt wird: Stiller erzählt stark vergrößernd, sozusagen mit Zeitlupe, während Rolf im Zeitraffer erzählt. Dies kommt daher, dass der erste Teil als Tagebuch angelegt ist, der die Innensicht des Betroffenen (Stiller/White) wiedergibt, während der zweite Teil von Außen erzählt wird: der Staatsanwalt berichtet von einem anderen Leben. Innerhalb des Romans lassen sich folgende Zeit- und Handlungseinheiten rekonstruieren: vor 1945: Vorgeschichte und Ehe mit Julika 1936: Stiller als Freiwilliger im Spanischen Bürgerkrieg im Kampf gegen die Faschisten 1937: erstes Zusammentreffen mit Julika 1938: Heirat Stiller/Julika 1945: Erste Hauptgeschichte (Ehekrise) Sommer 1945: Julika in Davos/Liebschaft Stillers mit Sibylle August 1945: erster Besuch Stillers in Davos September 1945: Der Jesuit stirbt; Rolf wird Staatsanwalt; Sibylle lässt Stillers Kind abtreiben November 1945: Stiller trennt sich von Julika und Sibylle Dezember 1945: Sibylle reist in die USA 1946–1952: Stiller in Amerika Anfang 1946: Stiller in New York 1946–1952: Stiller lebt in den USA und Mexiko 18. Januar 1946. Smyrnow-Affäre 1950: Selbstmordversuch Stillers in Mexiko 1952: Gefängnis Herbst 1952: Verhaftung und Untersuchungshaft Stillers

1952–1955: Das neue Leben Winter 1952/53: Stiller und Julika in Territet Februar 1953: Besuch Rolfs und Sibylles in Territet Sommer 1953: Umzug ins Chalet in Glion Oktober 1954: Besuch Rolfs in Glion Winter 54/55: Stiller schickt Rolf seine Aufzeichnungen März 1955: Operation Julikas, gemeinsamer Besuch Rolfs und Sibylles in Glion Ostermontag: Tod Julikas nach dem Frühjahr 1955: Entstehung des Nachwortes

Autor: Max Frisch, Schweizer Schriftsteller, im Zentrum seines Schaffens steht häufig Auseinandersetzung mit sich selbst, wobei viele der dabei aufgeworfenen Probleme als typisch für den postmodernen Menschen gelten: Finden und Behaupten einer eigenen Identität, insbesondere in der Begegnung mit den festgefügten Bildern anderer, Konstruktion der eigenen Biografie, Geschlechterrollen und ihre Auflösung sowie die Frage, was mit Sprache überhaupt sagbar sei. Im literarisch ausgestalteten Tagebuch, das Autobiografisches mit fiktionalen Elementen verbindet, findet Frisch eine literarische Form, die ihm in besonderem Maße entspricht und in der er auch seine ausgedehnten Reisen reflektiert. Nachdem er jahrelang im Ausland gelebt hatte, beschäftigte Frisch sich nach seiner Rückkehr zudem zunehmend kritisch mit seinem Heimatland, der Schweiz. Zeitgeschichte: Ende 2. WK 1945, innenpolitische Wende in der Schweiz, Kalter Krieg, Verbrüderung der Schweiz mit dem Westen, Abgrenzung gegen den Osten Epoche: Nachkriegsliteratur, (Post)moderne Aufbau: besteht aus den sieben Heften mit Stillers Aufzeichnungen im Gefängnis und dem Nachwort des Staatsanwaltes, Roman hat also zwei Erzähler, Stillers Tagebucheinträge sind sprunghaft, er mischt Ort und Zeit ohne erkennbare Logik, während Rolf durch seine Ordnung und Klarheit auffällt. In den Heften 1, 3, 5 & 7 berichtet Stiller tagebuchartig was er erlebt, wem er begegnet, was er träumt, woran er sich erinnert etc. In den Heften 2, 4 & 6 gibt Stiller protokollartig wieder, was ihm von Sybille, Rolf und Julika erzählt wird. ? Struktur der Aufzeichnung, Prinzip des Wechsels, Symmetrie parabelhafte Geschichten, die Stiller erzählt, innerhalb des Romans Figuren: ·Anatol Ludwig Stiller/James Larkin White: - Schweizer Bildhauer, Protagonist

- dynamische Persönlichkeit, macht drei Wandlungen durch - leidet unter Ansprüchen der Gesellschaft, seiner Frau und sich selbst - Minderwertigkeitsangst, Selbstüberforderung - kämpft 1936 im Spanischen Bürgerkrieg, kann nicht schießen, sieht sich als Versager - will sich als Mann bewähren ? heiratet Julika - macht sich für ihre sexuelle Unlust und Tuberkulose verantwortlich - flüchtet sich in Affäre mit Sybille, aber zu Liebe unfähig - flieht nach Amerika, probiert sich umzubringen, empfindet Gefühl der Befreiung aus allen bestehenden Bindungen, bemüht sich, dieses zu bewahren, indem er neue Identität annimmt - egozentrisch, ich-bezogen, narzisstisch - fragile Männlichkeit, unsicher, überfordert, Versager - feige, weicht jedweger Konfrontation aus, flieht und versteckt sich ·Julika Stiller-Tschudy: - ehemalige erfolgreiche Balletttänzerin, Frau von Stiller - wenig dynamische Persönlichkeit, macht keine Wandlung durch - graziles, fast knabenhaftes Aussehen, wirkt spröde, gefühlskalt - ehrgeizig, lebt für ihren Beruf, empfindet alles Außerberufliche als Störung - will keine Kinder, heiratet Stiller, weil sie hofft, von ihm als Mann nicht bedrängt zu werden - fragil, unsicher, frigide, asexuell (?), scheu - unfähig, auf ihn einzugehen - erkrankt an Tuberkulose, schont sich nicht, tanzt vorerst weiter - versteht sich als Opfer, nimmt die Kritik des Jesuiten, wonach sie sich in infantiler Unschuld nicht für ihr eigenes Verhalten verantwortlich fühlt - ist nach Stillers Rückkehr nicht bereit, eine neue Beziehung aufzubauen, sondern möchte ihn in seine alte Rolle zurückdrängen - empfindet bis zu ihrem Tod all seine Versuche, sie von ihrem Leiden zu befreien, als Zumutung ·Rolf, Staatsanwalt: - Ehemann von Sybille, Gegenstück zu Stiller - beherrscht, souverän, erfolgreich - unfähig, Gefühle zu zeigen und auf Sybille einzugehen - macht nach Affäre Sybilles mit Stiller Existenzkrise durch - wird Stillers Freund, hat Verständnis für Stiller und Julika ·Sybille: - Frau von Rolf, Geliebte von Stiller - Rolfs Selbstgenügsamkeit veranlasst sie zu einer Affäre mit Stiller, wird von ihm schwanger, möchte neues Leben mit ihm anfangen, lässt dann aber abtreiben und trennt sich, zieht kurzzeitig in die USA, kehrt dann aber wieder in die Schweiz zurück

Identitätskritik: ·„Du sollst dir kein Bildnis machen“ Frisch bezieht das Bibelgebot auf das Verhältnis Stillers und Julikas ·Stiller findet keine bzw verliert seine Identität, ist von Julika abhängig, sucht seine Identität im Spanischen Bürgerkrieg, ·Stiller schafft neue Identität, um vorgefertigtem Bild von ihm zu entkommen, ist mit Leben unzufrieden, möchte ausbrechen, will seiner alten Identität entkommen, flieht vor sich selbst ·Leser weiß anfangs nicht, ob White wirklich Stiller ist ·Kritik: Gesellschaft erwartet, dass der Einzelne so ist, wie andere ihn sehen, Stiller akzeptiert seine Identität nicht und schafft sich als White (weißes, unbeschriebenes Blatt) eine neue ·Stiller wurde in eine Rolle, ein uneigentliches Dasein gezwungen ·Kernaussage: Es ist unmöglich durch das Annehmen einer neuen Identität eine neue Person zu werden Scheitern des Protagonisten:

Scheitern der Beziehung: ·Stiller leidet unter Minderwertigkeitsangst und Selbstüberforderung, fühlt sich nicht als Mann (u.a Potenzprobleme), Versager (konnte im Krieg nicht auf den Feind schießen), will sich durch Ehe mit Julika als Mann beweisen ·Beide lieben sich anfangs, finden aber nicht zueinander, da sie zwar durch Ängste und Unsicherheiten aneinander gebunden werden, diese dem Glück der beiden aber im Wege stehen ·Stiller ist zu Liebe unfähig, da er sich selber nicht annimmt, empfindet Ekel vor sich selbst, denkt andere würden es auch tun, empfindet initiierte Zärtlichkeiten deshalb als unaufrichtig und spöttisch ·Stiller versagt beruflich als Bildhauer, bringt kein Geld ins Haus, Julika muss für beide verdienen (umgekehrte Geschlechterrolle zentrales Motiv bei Frisch) ·sein Gefühl der Unzulänglichkeit und Schuld verstärkt sich durch Julikas Krankheit, projeziert sein Fehlverhalten aus Julika, unfähig an sich selber zu arbeiten, kann keine Kritik annehmen flüchtet vor seinen Problemen (erst in Alkohol und Affäre, dann in neue Identität) Kriterien der Modernität: ·...


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