Praktikum Versuch 3 PDF

Title Praktikum Versuch 3
Course Physik für Humanmediziner Zahnmediziner und Pharmazeuten
Institution Universität Regensburg
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Praktikum Physik ...


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Physikpraktikum für Pharmazeuten Universität Regensburg Fakultät Physik

3. Versuch: Radioaktivität

In diesem Versuch beschäftigen Sie sich mit den Grundlagen der Radioaktivität. Hierzu lernen Sie neben dem theoretischen Hintergrund auch die Funktionsweise eines Geiger-Müller-Zählrohrs kennen.

1 Einführung Der folgende Versuch dient als Einführung in die Radioaktivität. Auch wenn dieses Thema vielleicht im Alltagsgeschehen eher in den Hintergrund gelangt, beeinflusst dieses Teilgebiet der Physik stark unseren Alltag. Trotz der Tatsache, dass erneuerbare Energien immer wichtiger werden, kommt ein großer Teil des weltweit produzierten Stroms aus Atomkraftwerken. Auch im Bereich der Medizin spielt die radioaktive Strahlung eine zentrale Rolle. So verwendet man zum Beispiel bei Strahlungstherapien hochenergetische Kerne, welche gezielt auf kranke Zellen geschossen werden, um diese bewusst zu zerstören. Um in diesem Gebiet einige Grundkenntnisse zu erlangen, lernen Sie in diesem Versuch die grundlegenden Arten radioaktiver Strahlung und darüber hinaus auch deren Detektion kennen. In dem experimentellen Teil des Versuchs werden Sie mit einem GeigerMüller-Zähler radioaktive Zerfälle zählen und die Statistik dieser auswerten.

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2 Theorie 2.1 Grundlagen der Radioaktivität Radioaktivität ist ein Prozess bei dem instabile Atomkerne Energie durch ausgesandte Strahlung verlieren. Die drei einfachsten Zerfallsprozesse sind die der α-, β- und γ Strahlung. α-Zerfall. Der α-Zerfall tritt bei instabilen Atomkernen auf, bei denen die Kernkräfte schwächer sind als die abstoßenden elektrostatischen Kräfte der Protonen untereinander. Um in einen stabileren Zustand überzugehen, wird ein Helium-Atomkern (42 He), ein sogenanntes α-Teilchen ausgesandt. Ein Beispiel hierfür ist das in der Natur vorkommende Isotop Radium-224, welches in ein α-Teilchen und Radon-220 zerfällt. Bei diesem Prozess wird eine Energie von 6,3 MeV frei. 224 88 Ra

220 →86 Rn +24 He + 6, 3 MeV

β-Zerfall. Ist die Neutronenzahl eines Atomkerns verhältnismäßig groß gegenüber der Protonenzahl, so neigt der instabile Kern dazu, eines der Neutronen in ein Proton und ein Elektron (und ein Anti-Elektronen-Neutrino) umzuwandeln. Dabei wird das Elektron (und das Neutrino) von dem Kern ausgesandt. Es kann dabei Geschwindigkeiten zwischen 0 und der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Die Elektronenstrahlung wird auch als β − -Strahlung bezeichnet. Ein Beispiel hierfür ist das Isotop Blei-214, welches durch einen β − -Zerfall zu Bismut-214 zerfällt. Die Freigesetzte Energie beträgt 1,02 MeV. 214 82 Pb

0 ¯e− ) →214 83 Bi + 0−1 e(+0 ν

γ -Zerfall. Bei γ -Strahlung handelt es sich um keinen tatsächlichen Kernzerfall, sondern um einen energetischen Übergang eines Kerns von einem angeregten, hochenergetischen Zustand in einen niedrigeren. Dabei muss aufgrund der Energieerhaltung die Energiedifferenz der zwei Zustände abgegeben werden. Das geschieht mithilfe der Ausstrahlung von γ-Strahlung, das sind hochenergetische Photonen, also Lichtquanten. Diese sind aufgrund ihrer hohen Energie jedoch nicht mehr sichtbar für das menschliche Auge, so wie es bei Röntgenstrahlung auch der Fall ist. Nach so gut wie jedem α oder β-Zerfall tritt auch γ-Strahlung auf, da die Kerne nach dem Zerfallsprozess noch in einem höheren Energiezustand als dem Grundzustand sind.

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2.2 Messung radioaktiver Strahlung mittels Geiger-Müller-Zählrohr Radioaktive Strahlung wird meist mit einem Geiger-Müller-Zählrohr gemessen. Dieses Zählrohr besteht aus einem mit Gas gefüllten, metallischen Zylinder. Der Zylinder hat außerdem einen Draht, der entlang der Zylinderachse gespannt ist. Zwischen Zylindermantel und Draht wird eine Gleichspannung angelegt, sodass der Zylinder negativ (Kathode) und der Draht positiv (Anode) geladen sind.

Abbildung 2.1: Das Geiger-Müller-Zählrohr Radioaktive Strahlung gelangt durch ein Glimmerfenster in das Zählrohr, das Gas kann dadurch jedoch nicht entweichen. Gelangt nun ein α, β oder γ-Teilchen in das Zählrohr, so schlägt das Teilchen Elektronen aus den Gasatomen heraus und ionisiert sie somit. Die freien Elektronen werden dann zur Anode beschleunigt und schlagen weitere, sogenannte Sekundärelektronen, aus den anderen Gasatomen heraus. Dadurch entsteht pro einfallendem Teilchen eine Elektronenlawine, die als Signal (knacken) detektiert wird.

2.3 Statistik Die Wahrscheinlichkeit, dass ein radioaktiver Kern zerfällt, ist auf kurzen Zeitskalen unabhängig von vorherigen Zerfallsprozessen konstant. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anzahl der radioaktiven Kerne über den Zeitraum der Messungen relativ konstant bleibt.

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Auf längeren Zeitskalen zerfällt ein Großteil der Kerne. Daher ist diese Näherung dann nicht mehr möglich. Um eine Einschätzung treffen zu können, welche Zeitskalen als groß und welche als klein zu klassifizieren sind, vergleicht man diese mit den Halbwertszeiten der radioaktiven Materialien. Die Halbwertszeit gibt dabei an, ab welcher Zeit die Hälfte aller Kerne eines bestimmten Materials zerfallen sind. Diese kann sogar Millionen von Jahren betragen. Auch in diesem Versuch ist die Halbwertszeit genügend groß, um die Näherung einer konstanten Anzahl radioaktiver Kerne zu rechtfertigen. Aus diesem Grund können Zerfallsprozesse mit üblichen statistischen Methoden, die Sie auch schon in den vorigen Versuchen kennengelernt haben, beschrieben werden.

2.3.1 Die Binomialverteilung Die Binomialverteilung B(n, p, k) gibt bei einer Wahrscheinlichkeit p eines Ereignisses die Wahrscheinlichkeit an, dass bei n Versuchen das Ereignis genau k mal eintrifft. B(n, p, k) = (nk )pk (1 − p)n−k Hierbei ist der Binomialkoeffizient: (nk ) =

n! k ! · (n − k )!

Ein Beispiel dafür ist das achtfache Werfen eines Würfels. Will man nun wissen, wie wahrscheinlich es ist, dass von den 8 Würfen genau 4 mal eine 6 gewürfelt wurde, so muss man die Binomialverteilung B(8, 1 /6,4) berechnen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit bei einem Wurf eine 6 zu würfeln genau 1 /6. B(8, 1/6, 4) = (84 )(1/6)4 (1 − 1/6)8−4

2.3.2 Poisson Statistik Bei einer großen statistischen Masse (d.h. bei großem n) und kleiner Ereigniswahrscheinlichkeit p kann die Binomialverteilung durch die Poissonverteilung, Gleichung (2.2), genähert werden. Hierbei ist Pλ (x) die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Ereignisanzahl x, wenn die mittlere Rate der Ereignisse n · p = λ ist. P (x = k) = B(n, p, k) ≈

λk −λ ·e k!

(2.1)

λx −λ ·e (2.2) x! Misst ein Geiger-Müller-Zähler also die Anzahl der Zerfallsereignisse in einem Zeitintervall ∆t, so gibt die Poissonverteilung Pλ (x) an, wie wahrscheinlich es ist, dass genau x Zerfallsprozesse in diesem Zeitintervall gemessen werden. Pλ (x) =

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Abbildung 2.2: Die Poissonverteilung für verschiedene λ Wie in Abbildung 2.2 zu erkennen ist, ist die Poissonverteilung bei kleinen λ asymmetrisch. Mit zunehmendem λ wird die Verteilung immer symmetrischer und nähert sich der Gestalt einer gaußschen Normalverteilung. Für große λ gilt: 2 1 − (x−λ) (2.3) e 2λ Pλ (x) ≈ √ 2πλ

2.4 Mathematische Beschreibung von exponentiellen Zerfallsund Wachstumsprozessen Wachstumsprozesse beschreibt man in den Naturwissenschaften oft durch eine Differentialgleichung der Form dN = λ · N (t). dt Dabei gibt N eine beliebige Bestandsgröße (z.B die Anzahl an Bakterien in einem Experiment) an. Die Differentialgleichung legt die zeitliche Veränderung von N fest. Sie sagt aus, dass sich die Bestandsgröße in einem jeweils gleichen Zeitraum dt immer um den selben Faktor λ ändert. Die Differentialgleichung hat die Lösung N (t) = N (0) · eλ·t

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mit der Anfangsbedingung N (0) = N (t = 0). Dies ist z.B. die anfängliche Anzahl an Bakterien in einem Experiment. Ist λ nun positiv so spricht man von exponentiellen Wachstum. Beispiele hiefür sind das Wachstum von Bakterien durch Zellteilung, wenn man einen unbegrenzten Lebensraum und unbegrenzte Ressourcen annimmt, das diffusive angleichen der Konzentrationen eines gelösten Stoffes in zwei miteinander verbundenen Kammern oder das Aufladen eines Kondenstors. Ist λ hingegen negativ, so spricht man von exponentiellen Zerfall. Beispiele für diesen Prozess sind das Entladen eines Kondensators oder eben der radioaktive Zerfall von Atomen. Eine charakteristische Größe von Radioaktiven Zerfällen ist die Halbwertszeit T 1 . Nach dieser Zeit ist die Hälfte aller radioaktiven Atomkerne zerfallen. 2 Diese für jedes radioaktive Element charakteristische zeit kann einfach aus der Lösung der Differentialgleichung berechnet werden. −λ·T 1

N (T 1 ) = 0, 5 · N (0) = N (0) · e

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ln(2) . λ Da die Halbwertszeit direkt mit λ zusammenhängt, bezeichnet man λ auch als Zerfallskonstante. → T1 = 2

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3 Versuchsdurchführung 3.1 Versuchsaufbau Um die radioaktiven Zerfälle in den zur Verfügung gestellten radioaktiven Proben zu zählen, befestigen Sie die Probe wie in Abbildung 3.1 gezeigt mit einer Klemme an einem Ständer. Nehmen Sie anschließend die Schutzkappe des Geiger-Müller-Zählrohrs ab und platzieren dieses in einem Abstand von wenigen Millimetern von der Probe, wie ebenfalls in Abbildung 3.1 zu sehen.

Abbildung 3.1: Das Geiger-Müller-Zählrohr in Messposition Stecken Sie das Kabel des Zählrohrs in die Eingangsbuchse des Bedienelements, welche sich links unten befindet. Achten Sie dabei darauf, dass das Bedienelement während

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des Einsteckens ausgeschaltet ist. Nachdem Sie das Bedienelement eingesteckt haben, können Sie es mit dem Schalter auf der Rückseite anschalten. Um eine angenehme Arbeitsatmosphäre sicherzustellen, können Sie mit dem rechten Knopf den Ton ausschalten.

Abbildung 3.2: Bedienelement des Geiger-Müller-Zählrohrs

3.2 Aufgaben • Messen Sie 400 mal wie viele Zerfallsprozesse innerhalb einer Sekunde stattfinden. Stellen Sie hierzu den Drehknopf am Bedienelement auf 1 s. Mit Start/Stop starten Sie eine Messung. Diese zählt ab diesem Zeitpunkt eine Sekunde lang alle

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Zerfallsprozesse. Nach einer Sekunde stoppt die Zählung und die Zahl kann notiert werden. Geben Sie dabei die Zahl aus zeittechnischen Gründen möglichst sofort in QTI-plot ein (und speichern lieber vorsichtshalber hin und wieder). Um die nächste Messung zu starten, muss der Zähler zurückgesetzt werden, sonst addiert das Bedienelement die nächsten Zerfallsprozesse dazu. Drücken Sie hierzu den Reset Button. Nach 400 Durchläufen haben Sie diesen Versuchsteil erledigt. • Plotten Sie in QTI ein Histogramm der Daten. Markieren Sie hierzu die Spalte in der die Daten gespeichert sind und wählen Sie mit Rechtsklick: Diagramm → Statistische Diagramme → Histogramm. Erforschen Sie den Einfluss, den die Anzahl der Bins auf das Histogramm hat. Dazu können Sie das Diagramm mit Doppelklick darauf auswählen. Damit kommen Sie in das in Abbildung 3.3 gezeigte Menü. Dort können Sie die Anzahl der Bins einstellen.

Abbildung 3.3 • Fitten Sie nun das Histogramm mit einer Poissonverteilung. QTI hat eingebaute Fitfunktionen, die Sie unter Analyse → Fit-Assistent finden können. Bei Histogrammen stellt sich das Programm jedoch ein wenig an. Um hier eine Funktion zu fitten müssen Sie in dem Kästchen "Bin Arbeitsplatz", wie in Abbildung 3.3 zu sehen, auf "Statistik anzeigen" klicken. Dann erscheint eine Matrix von der Sie die ersten zwei Spalten mit einem Säulendiagramm plotten können. Dieses Diagramm können Sie dann wie gewohnt fitten. Im Fit-Assistenten ist die Poissonverteilung bereits eingebaut, diese finden Sie entweder unter "Grundlegend" oder Sie geben per Hand "poisscdf(k,x)" ein. Hierbei bezeichnet x den Datensatz und k ist das λ aus Formel (2.2). Da die Poissonverteilung normiert ist, d.h. sie ist so gewählt, dass das Integral darüber 1 ist, müssen Sie noch einen Vorfaktor als Fitparameter an die Poissonverteilung multiplizieren. Auf welchen Wert kommen Sie für λ? Tipp: Achten Sie im Ergebnis-Log darauf, ob der Fit erfolgreich war, dies erscheint bei "Status". War der Fit nicht erfolgreich, so können Sie z.B. einen anderen Algo-

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rithmus wählen oder die Anzahl an Iterationen erhöhen. • Zuletzt messen Sie 100 mal wie viele Zerfallsprozesse innerhalb von 10 Sekunden stattfinden. Dazu drehen Sie das Bedienelement auf Auto/10 s. In diesem Fall müssen Sie nicht immer wieder Reset und Start drücken, da das Bedienelement selbst immer wieder von vorne zu zählen beginnt. Sie müssen lediglich alle 10 Sekunden den neuen Wert notieren. Plotten Sie auch hier wieder ein Histogramm. Das Ergebnis sollte Sie nun an die Gaußsche Normalverteilung erinnern, dies liegt daran, dass das λ für 10 s größer ist als für 1 s. Fitten Sie an das Histogramm eine Gaußsche Normalverteilung. Das ist wieder einfacher, gehen Sie dazu unter Analyse auf Gauß-Fit.

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