Prüfung 8 März 2016, Fragen und Antworten - Thomas Hobbes Leviathan, austeilende und ausgleichende Gerechtigkeit (WS 2015/16) PDF

Title Prüfung 8 März 2016, Fragen und Antworten - Thomas Hobbes Leviathan, austeilende und ausgleichende Gerechtigkeit (WS 2015/16)
Course Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie
Institution Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
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Summary

Thomas Hobbes Leviathan, austeilende und ausgleichende Gerechtigkeit (WS 2015/16)...


Description

I

Aufgabenstellung

1. Austeilende Gerechtigkeit (iustitia distributiva) und ausgleichende Gerechtigkeit (iustitia commutativa) – Erläutern sie bitte die Bedeutung dieser beiden Arten der Gerechtigkeit, die ihnen insbesondere nach Aristoteles zukommt, nehmen Sie dabei Bezug auf die entsprechenden Ausführungen von Aristoteles (anhand der Folien und des Readers) 2. Was meint Thomas Hobbes, wenn er über die beiden Arten der Gerechtigkeit in seinem Buch „Leviathan“ (Buch 1, Kapitel 15) folgendes sagt?: a) „Genau genommen ist die ausgleichende Gerechtigkeit die Gerechtigkeit eines Vertragschließenden, das heißt die Erfüllung eines Vertrages durch Kauf und Verkauf, Mieten und Vermieten (…) und andere vertragliche Handlungen.“ b) „Und die austeilende Gerechtigkeit ist die Gerechtigkeit eines Schiedsrichters, das heißt der Akt des Definierens, was gerecht ist. Wird ihm von den Menschen, die ihn als Schiedsrichter einsetzen, vertraut und erfüllt er hierbei das in ihn gesetzte Vertrauen, so sagt man, er teile jedem das Seine zu."

Inhaltsverzeichnis

A. Aufgabe 1..........................................................................-

1-

I. Einleitung...........................................................................................................- 1 II. Allgemeine Gerechtigkeit.................................................................................- 3 III. Partikulare Gerechtigkeit.................................................................................- 4 1. Justitia Distributiva........................................................................................- 6 2. Justitia Commutativa.....................................................................................- 7 II

3. Tauschgerechtigkeit.......................................................................................- 8 IV. Fazit.................................................................................................................- 9 B. Aufgabe 2........................................................................-

10 -

I. Einleitung.........................................................................................................- 10 II. Thomas Hobbes ausgleichende Gerechtigkeit................................................- 11 III. Thomas Hobbes austeilende Gerechtigkeit...................................................- 12 IV. Resümee und Kritik.......................................................................................- 13 -

III

Literaturverzeichnis

 Aristoteles : Nikomachische Ethik , Philipp Reclam 1969 Stuttgart.  Dornheim, Andreas : Gerechtigkeit, Westdeutscher Verlag, 1999 Opladen / Wiesbaden.  Haacke, Stefanie : Zuteilen und Vergeltung "Figuren der Gerechtigkeit bei Aristoteles ", Turia & Kant Verlag, 1994 Wien.  Hobbes, Thomas : Leviathan, Felix Meiner Verlag, 1996 Hamburg.  Horn, Christoph; Scarano Nico : Philosophie der Gerechtigkeit "Texte von der Antike bis zur Gegenwart", Suhrkamp Verlag, 1. Auflage, 2002 Frankfurt a. Main.  Höffe, Otfried : Aristoteles III, C. H. Beck Verlag, 2006 München.  Höffe, Otfried : Thomas Hobbes, C. H. Beck Verlag, 2010 München.  Kaul, Susanne : Poetik der Gerechtigkeit, Wilhelm Fink Verlag, 2008 München.  König, Burghard : Rowohlts Enzyklopädie, Politik , 2. Auflage, 2003 Reinbeck bei Hamburg.  Krebs, Angelika : Arbeit und Liebe "Die philosophischen Grundlagen sozialer Gerechtigkeit", Suhrkamp Verlag, 1. Auflage 2002 Frankfurt a. Main.  Rolfes, Eugen : Aristoteles philosophische Schriften Band 4, Politik, Felix Meiner Verlag, 1995 Hamburg.

IV

A. Aufgabe 1 I. Einleitung Aristoteles zählt zu den bekanntesten und einflussreichsten Philosophen der Geschichte. Geboren als Sohn eines Arztes in Stageira 384 v. Chr. in der Nähe des Berges Athos.1 Er war nicht nur ein einflussreicher Philosoph, sondern befasste sich unteranderem auch mit Ethik und verschiedenen Staatstheorien. Im Alter von 17 Jahren im Jahr 367 v. Chr. trat er der Akademie Platons bei, welche er nach dem Tod Platons 347/348 v. Chr. wieder verließ.2 Im Laufe seines Lebens befasste sich Aristoteles, wie viele andere Philosophen, mit Gerechtigkeitstheorien, zur systematischen Bestimmung, dem Ursprung und der Begründung, eher er im Jahre 322 v. Chr. auf der Insel Euboia verstirbt.3 Der Begriff Gerechtigkeit , im griechischen "dikaiosyne", ist schwer zu definieren. Denn seit der Antike wird Gerechtigkeit durchdringend diskutiert. In der Antike galt der Begriff der Gerechtigkeit als zentrales Gut, welche den Wert des Lebens übermitteln sollte.4 Darüber hinaus wurde sie als eine in der Natur vorhandenen Ordnung oder als göttlichen Ursprungs verstanden. In der Gegenwartphilosophie wird Gerechtigkeit als ein Zustand des sozialen Miteinanders definiert, d.h. Gerechtigkeit besteht in der Schaffung gleicher Lebensaussichten für alle Menschen.5 1 Aristoteles, Nikomachische Ethik, Nachwort S. 381.

2 Politik, Burghard König, S. 9.

3 Politik, Burghard König, S. 9.

4 Susanne Kaul, Poetik der Gerechtigkeit, S. 9.

5 1

Nach Politeia geht Platon davon aus, dass Gerechtigkeit eine langandauernde und feste Idee ist, die in der Seele verankert ist. D.h. Gerechtigkeit würde dann bestehen, wenn jeder das ihm zumutbare verrichtet.6 "Die Gerechtigkeit dagegen ist der staatliche Gemeinschaft eigen. Denn das recht ist die Ordnung der staatlichen Gemeinschaft, und die Gerechtigkeit urteilt darüber, was gerecht sei. (...) "7 Aristoteles sieht den Staat als Hypothese für ein glückliches Miteinander. Demnach versucht jeder einzelne das möglich Beste für eine intakte Gemeinschaft beizutragen.8 Nach Aristoteles haben sozusagen alle Menschen den Drang zu einer funktionierenden Gemeinschaft9 und deshalb gilt die Gerechtigkeit als oberste Priorität. In der Nikomachischen Ethik hat Aristoteles der Bedeutung der Gerechtigkeit ein eigenes Kapitel gewidmet. Nach Aristoteles ist die Gerechtigkeit nicht nur Wissenschaft oder Fähigkeit, sondern er sieht die Gerechtigkeit als eine Art Haltung an, die das Ziel hat, den Menschen zu gestattet, gerecht zu handeln.10. Das Gegenbild zur Gerechtigkeit ist die Ungerechtigkeit und es wird sich herausstellen, dass die Ungerechtigkeit die positiven Wirkungen der Gerechtigkeit Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 95.

6 Christoph Horn/Nico Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 44 ff..

7 Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit, S. 92.

8 Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit, S. 91.

9 Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit, S. 92.

10 Christoph Horn/Nico Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 62.

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auf den einzelnen Charakter und auf die Gemeinschaft entgegen steht.11 Aristoteles spricht von der Gerechtigkeit als vollkommenste Tugend, die alle anderen Tugenden beinhaltet und in ihrem Vollzug im Verhältnis zu den anderen steht.12 Es besagt, dass Tugend eine Fähigkeit des Menschen ist, um aus seinem Inneren heraus etwas Gutes zu tun. Diese Ansicht hat sich bis heute durchgesetzt und besagt, dass all das als gerecht gilt, was alle Menschen gleich behandelt. In der Nikomachischen Ethik spricht Aristoteles neben der hier erläuterten allgemeinen Gerechtigkeit des Weiteren von zwei verschieden zu betrachtenden Arten von Gerechtigkeit. Zum einen von der allgemeinen Gerechtigkeit, welche im weiten Sinne dem allgemeinen Wesen ähnlich ist, jedoch im engeren Sinn als eine gesetzliche oder sittliche Gerechtigkeit bezeichnet wird13. Sie umfasst alle Tugenden, wie zum Beispiel Kühnheit, Freundschaft, Scharfsinnigkeit oder Selbstbeherrschung.14 Zum anderen von der partikularen Gerechtigkeit, die sich nochmals in die "justitia distributiva", die verteilende Gerechtigkeit, die "justitia commutativa", die ausgleichende Gerechtigkeit und in die Tauschgerechtigkeit unterteilt.15

11 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 167 ff..

12 Otfried Höffe, Aristoteles, S. 130 ff..

13 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 167.

14 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 168.

15 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 169.

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II. Allgemeine Gerechtigkeit "Diese Gerechtigkeit ist die vollkommene Tugend, nicht die vollkommene Tugend überhaupt, sondern soweit sie auf andere Bezug hat."16 D.h. die universale Gerechtigkeit bezeichnet dies als eine Art ethische Haltung gegenüber anderen.17 Sie wird als vollkommenste Tugend angesehen mit der Aufgabe die Glückseligkeit im Zusammenleben der Menschen zu erhalten. Aristoteles führt der universalen Gerechtigkeit die Achtung des Gesetzes zu. Weiter sagt er, dass die Gerechtigkeit aus Handlungen besteht, welche den Gesetzen entsprechen; wobei hier anzumerken ist, dass er hier nicht schlichten "Gesetzesgehorsam" meint, sondern vielmehr das Befolgen der "Werke des Tapferen, Besonnenen, Sanftmütigen(…), der gesellschaftlichen Vorschriften (…)."18 Demnach behauptet Aristoteles, dass all diejenigen die sich an die Gesetze halten, als gerecht gelten. Er sieht also als Ziel der Gesetze, dass die Menschen sie als Hilfsmittel oder Leitfaden nutzen, um gut und gerecht miteinander umzugehen. Allerdings schlussfolgert er kritisch hieraus, dass die Gerechtigkeit somit von den Staatsmächten definiert werden kann, also abhängig davon ist, wer gerade regiert und somit die Gesetze konzipiert.19 Die vollkommenste Gerechtigkeit scheint es also folglich nur in sittlicher Hinsicht, jedoch nicht in politischer zu geben. Aristoteles bestärkt diesen Punkt, indem er in Frage stellt, ob ein als guter Bürger identifizierter Mensch, überall als ein solcher angesehen werden würde. Er kommt zu dem Schluss, dass ein Bürger, welcher 16 Aristoteles, Nikomachische Ethik, 1129b 27.

17 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 167.

18 Stefanie Haacke, Figuren der Gerechtigkeit bei Aristoteles S. 22.

19 Günther Bien in: Otfried Höffe, Gerechtigkeit bei Aristoteles, S. 141.

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unsittliche Gesetze in einem Staat befolgt, zwar ein gut handelnder Bürger im Sinne des Staates, niemals jedoch ein guter Mensch an sich sein kann. Um zu bestärken, dass die politische Gerechtigkeit immer im Sinne der jeweiligen Regierung geregelt wird, weist er darauf hin, dass nicht alle Gesetze ausschließlich nach Gerechtigkeit streben, sondern auch andere Ziele verfolgen können. D.h. er schwächt seine These, "alle die sich an Gesetze halten, sind als gerecht zu bezeichnen ," ab. Vielmehr stürzt er sich auf die Tugend der Menschen und verweist darauf, dass diese in einem politischen Staat im Vordergrund stehen müssten, um ein Gleichgewicht herzustellen.

III. Partikulare Gerechtigkeit Diese Form der Gerechtigkeit bezieht sich auf das Verlangen am Gewinn, Ehre und Geld und dient der Aufforderung der sozialen Positionen des jeweiligen Menschen. Das angestrebte Rechte nennt Aristoteles hier auch "das Gleiche" oder "das Faire".20 Hier ist also zu erkennen, dass Aristoteles zwei Bedingungen der allgemeinen Gerechtigkeit anbringt. Zum einen die Achtung vor dem Gesetz und zum anderen die Gleichheit zwischen den Menschen oder Bürgern. Die Achtung vor dem Gesetz wurde bereits in der universalen Gerechtigkeit erläutert, mit der Achtung der bürgerlichen Gleichheit befasst sich die partikulare Gerechtigkeit, die Aristoteles neben die universale Gerechtigkeit stellt. Er nennt die partikulare Gerechtigkeit eine Gerechtigkeit des Ausgleichs, die sich nochmals aufteilt. Zum einen in die austeilende Gerechtigkeit, die in einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft fungiert, in welcher jedem Bürger das Seine zugeteilt wird, zum anderen die ausgleichende oder auch ordnende Gerechtigkeit,21 welche vom Richter ausgeht und in der Anwendung 20 Stefanie Haacke, Figuren der Gerechtigkeit bei Aristoteles, S. 23.

21 Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit S. 104.

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eines Rechts besteht, welches die Gleichheit der Individuen voraussetzt. Sie befasst sich also mit der fairen Verteilung von Gütern zwischen zwei Parteien.22 Sollen diese beiden Zweige in derselben Gesellschaft gelten, ohne dass ein Konflikt entsteht, ist eine ordentliche Trennung nötig. So werden sie in verschiedenen gesellschaftlichen, sozialen Bereichen angewendet. Als dritten Zweig der Gerechtigkeit nennt Aristoteles die Tauschgerechtigkeit, die er als Unterart der ausgleichenden Gerechtigkeit behandelt, die jedoch laut S. Haacke einen eigenständigen Platz neben den beiden anderen Zweigen einnehmen kann. In der Tauschgerechtigkeit werden Güter von unterschiedlicher Qualität und Quantität getauscht. "Die beiden Begriffe stehen daher im Verhältnis Teil, als Ganzes zueinander."23

1. Justitia Distributiva Die austeilende Gerechtigkeit ist die erste Unterform der partikularen Gerechtigkeit. Hier wird die Verteilung öffentlicher Güter, wie zum Beispiel Geld, zum Gegenstand der Gerechtigkeit.24 Distributive Gerechtigkeit kann Verteilungsgerechtigkeit im Allgemeinen meinen.25 Die Verteilung liegt der distributiven Gerechtigkeit also zu Grunde, auszudrücken mit dem Satz "Jedem das Seine".26 Jeder Bürger soll also das bekommen, was ihm zusteht. Aristoteles sieht also das 22 Stefanie Haacke, Figuren der Gerechtigkeit bei Aristoteles, S. 24.

23 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 168. , s. a. Reader Poetische Gerechtigkeit S.104.

24 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe , S. 169.

25 Kersting in: Andreas Dornheim, Gerechtigkeit, S. 47.

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Gerechte, wie bereits erläutert, als die Mitte zwischen zwei Extremen der Ungleichheit. So ergibt sich dann auch die gerechte und angemessene Verteilung von Gütern zwischen zwei Personen.27 D.h. bei einer ungerechten Verteilung sorgt die geometrische Proportionalität , dass sich ein Anteil verkleinert und der andere vergrößert, um ein Gleichgewicht zu schaffen.28 Es stellt sich nun die Frage der gerechten Angemessenheit, denn, "es handelt sich nicht mehr nur um einen Teil von zu verzehrenden Produkten und Ressourcen, sondern um öffentliche Ehrungen". Die Menschen, die geehrt werden, haben der Gemeinschaft etwas Gutes getan, z.B. durch Besetzung bestimmter Ämter oder Aufgaben. Es heben sich hier also diese Personen hervor, wo nun die hierarchische Vergesellschaftung deutlich wird. Folglich geht es in erster Linie darum, Individuen einer bestimmten Rangordnung zuzuweisen.29

2. Justitia Commutativa Die zweite Unterform der partikularen Gerechtigkeit30 ist die ausgleichende Gerechtigkeit, die kommutative oder arithmetische Gerechtigkeit. Als Voraussetzung für die arithmetische Gerechtigkeit nennt Aristoteles die Gleichheit der beteiligten Menschen, hier findet sich eine horizontale Vergesellschaftung.31 Aristoteles unterscheidet in Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit, S. 104.

27 Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit, S. 104.

28 Kersting in: Andreas Dornheim, Gerechtigkeit, S. 47.

29 Kersting in: Andreas Dornheim, Gerechtigkeit, S. 48.

30 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 169.

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der korrektiven Gerechtigkeit zusätzlich noch zwischen freiwillig und unfreiwillig.32 Sie ähnelt der distributiven Gerechtigkeit insofern, da sie sich ebenfalls durch die rechte Mitte definiert.33 Ihr Unterschied liegt jedoch darin, dass sich die Verteilung nicht nach der geometrischen, sondern nach der arithmetischen Proportion richtet, was soviel bedeutet, dass sie sich lediglich auf die zu verteilenden Gegenstände beschränkt und nicht noch zusätzlich auf die Personen. Aristoteles lässt hier also außer Acht, ob ein Anständiger einen Schlechten beraubt, oder umgekehrt, sondern das Gesetz betrachtet nur den Unterschied des angerichteten Schadens und behandelt die Personen als gleiche.34 Es ist also die Aufgabe der korrektiven Gerechtigkeit das Unrechte wieder auszugleichen, also die rechte Mitte zwischen Schaden und Gewinn wieder herzustellen. Folglich haben wir es hier mit einer Wiedergutmachung der Ungleichheit zu tun.35 Wurde einer Person ein Gut entwendet, so wird die Gleichheit und Gerechtigkeit wieder hergestellt, wenn die Person ihr Gut von der beteiligten zweiten Person zurück bekommt. Der Unterschied zwischen der austeilenden und ausgleichenden Gerechtigkeit liegt also darin, dass sich die ausgleichende nicht damit beschäftigt, wodurch die Ungleichheit entstanden ist, also ob ein guter oder schlechter Mensch daran beteiligt war. Es geht lediglich darum, die Ungleichheit wieder rückgängig zu machen und die rechte Mitte wieder herzustellen. Zu Beginn hatte ich erwähnt, dass Aristoteles die korrektive Gerechtigkeit nochmals in freiwillig und unfreiwillig Stefanie Haacke, Figuren der Gerechtigkeit, S. 25.

32 Christoph Horn/Nico Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 66.

33 Reader Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Poetische Gerechtigkeit, S. 104.

34 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 172.

35 Christoph Horn/Nico Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 67.

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unterteilt. Als unfreiwillige Beziehungen zwischen Menschen werden Situationen gesehen, in denen die Beteiligten auf so genannte Glücksgüter aus sind und immer mehr davon haben wollen. Aristoteles nennt diesen Menschen auch "Mehr-Haben-Woller".36 Die Ungerechtigkeit drückt sich hier also darin aus, dass das Vermögen ungerecht verteilt und aus „Mehr-Haben-Wollen“ entstanden ist. Hier fungiert die korrektive Gerechtigkeit nun, um die rechte Mitte wieder herzustellen, also die Ungerechtigkeit zu beseitigen, wie bereits erläutert. Folglich wird die rechte Mitte im Falle des Diebstahls wieder hergestellt, in dem der entwendete Gegenstand zurück gegeben wird. Freiwillige Beziehungen zwischen Menschen wären solche Handlungen, die wir aus eigenem, freien Willen vollziehen und eingehen.37 Hier wäre eine Wiederherstellung der Gerechtigkeit nicht nötig, weil sich die Beteiligten im Klaren darüber sind, dass ihre Güter gerecht getauscht werden; es geht lediglich darum, einen gerechten Tausch zu vollziehen. Aristoteles benutzt hierfür den Begriff "Tauschgerechtigkeit"38, da er diesen Vorgang des freiwilligen Tauschs weder der austeilenden, noch der ausgleichenden Gerechtigkeit zuteilen kann, wie bereits erwähnt.

3. Tauschgerechtigkeit Der Unterschied der Tauschgerechtigkeit zu den beiden anderen Zweigen liegt darin, dass hier Gegenstände von unterschiedlicher Qualität und Quantität getauscht werden und sich hier die Schwierigkeit des Gerechten stellt, nämlich, wie das Maß der Gerechtigkeit der auszutauschenden Güter festgelegt wird. Eine Gemeinsamkeit mit der korrektiven Gerechtigkeit ist unter anderem 36 Stefanie Haacke, Figuren der Gerechtigkeit, S. 23.

37 Christoph Horn/Nico Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 66.

38 Angelika Krebs, Arbeit und Liebe, S. 174.

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das Streben nach dem gleichen, fairen Tausch, wozu als "Art austauschbarer Stellvertreter des Bedarfs (…) das Geld geschaffen worden ist"39, um gegenseitiges Einverständnis zu schaffen. Die auszutauschenden Gegenstände werden also in Geld umgerechnet, um somit eine Art Gleichgewicht in die Güter zu bekommen. Das Geld macht die Güter also messbar und schafft somit ein gemeinsames Maß, welches folglich Gleichheit schafft. Ein Beispiel hierfür ist der Austausch der Güter zwischen dem Baumeister und dem Schuhmacher.40 Hier muss also der Wert des Hauses dem Wert der Schuhe gegenüber gestellt werden, um einen gerechten Tausch zu vollziehen. Es ist offensichtlich, dass sich hier der Wert nicht anhand der Anzahl der Güter errechnet, da die rechte Mitte hier anhand der arithmetischen Proportion gebildet wird. Die geometrische Proportion greift hier nicht, weil die Güterverteilung nicht davon abhängt, in welchem...


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