Title | Samuel Scandola - Urteilsanalyse |
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Author | Samuel Scandola |
Course | Grundkurs Privatrecht I |
Institution | Universität Passau |
Pages | 16 |
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Urteilsanalyse - Seminar 'Wissenschaftliches Arbeiten' - Modul des LL.M. Deutsches Recht für Ausländische Studierende...
Seminar: Modul Wissenschaftliches Arbeiten Juristische Fakultät Universität Passau
Das Zu-Eigen-Machen fremder Äußerungen Urteilsanalyse bei Dr. Verena Klappstein Dr. Thomas Heiß Wintersemester 2018/2019
Samuel Scandola Donau-Schwaben Str., 18 94036, Passau [email protected] Matrikelnummer: 89103 Passau, 24. Januar 2019 1
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung
3
B. Urteil
5
I.
Darstellung des Sachverhalts
II.
Entscheidung und Entscheidungsbegründung
5
C. Analyse
7
I.
Begriff der Störerhaftung
II.
Die Störerhaftung mit Bezug auf die
III.
5
7
Normen des TMG
8
Das Zu-Eigen-Machen
9
1. Entwicklung des Begriffs
10
2. Kurze Darstellung der Tendenzen der Rechtsprechung 3. Kritik
11 12
D. Ergebnis
14
2
A. Einleitung Das Gerichtsurteil (BGH Urt. v. 4.4.2017 – VI ZR 123/16, NJW 2017, 2029), womit ich mich in dieser Arbeit auseinandersetze, bezieht sich auf Eine verhältnismäßig neuer Rechtsfragen, die u.a. auch wegen der nun globalen Nutzung des Internets zunehmend das Interesse der Rechtsprechung geweckt hat1. In einer s.g. globalen Gesellschaft, in welcher die ganze Welt Teil eines einzigen Gesellschaftssystems ist2, spielt die Reputation im Rechtsverkehr eine wichtige Rolle, denn sie kann vorher Informationen
über
die
noch
unbekannte(n)
andere(n)
Vertragspartei(en) und ihre Zuverlässigkeit verschaffen, und dadurch dem Einzelnen mit Sicherheit ausstatten. Das kann auch
leicht
von
der
allgegenwärtigen
Präsenz
von
Bewertungsportalen gemerkt werden: die Mehrheit der Nutzer befragt das Internet vor der Buchung von Dienstleistungen oder Bestellung
von
Waren
über
die
bereits
abgegebenen
Bewertungen3. Unter
diesen
Umständen
rechtsverletzende
ist
Bewertungen,
es
offenkundig, bzw.
dass
Äußerungen,
wirtschaftlich nachteilige Folge gegenüber dem Dienstleister oder dem Unternehmen auslösen können und dass ferner eine Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit, das den Äußernden gem. Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK schützt, und den Persönlichkeitsrechten des Bewerteten aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG erforderlich ist, wenn der Letzere den gerichtlichen Weg beschreitet, um die schädigende Aussage beseitigen zu lassen4. Dem von einer rechtsverletzenden Bewertung Betroffenen ist grundsätzlich nach den allgemeinen Haftungsnormen möglich, sowohl gegenüber dem eigentlichen Täter als auch dem 1 Wollin, Störerhaftung im Immaterialgüter- und Persönlichkeitsrecht, 2018, S. 19. 2 Stichweh Zeitschrift für Sozialwissenschaft, 2001, 346 (346). 3 Petruzzelli MMR, 2017, 800 (800). 4 Petruzzelli MMR, 2017, 800 (801 f.).
3
Betreiber des Portals, in welchem sich die fragliche Äußerung befindet, vorzugehen. Dem Nutzer ist jedoch prinzipiell die Möglichkeit zur anonymen Nutzung von Telemedien nach § 13 Abs. 6 TMG gewährt. Darüber hinaus ist ein Auskunftsanspruch über die Nutzerdaten des Äußernden gegen den Betreiber des Portals nach h.M. auszuschließen5. Folglich bleibt dem Betroffenen in den meisten Fällen lediglich die Möglichkeit, den Betreiber als Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 analog i.V.m § 823 Abs. 1 BGB in Anspruch zu nehmen und von ihm eventuell auch den Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB zu verlangen, falls dieser untätig geblieben ist, nachdem ihm der Betroffene die rechtsverletzende Äußerung zur Kenntnis gebracht hat. Der Betreiber, der Dienstanbieter im Sinne des Telemediengesetzes ist und lediglich fremde Informationen speichert, ist nämlich nach § 10 TMG weder strafrechtlich verantwortlich noch zivilrechtlich haftbar, sofern die im oben genannten § 10 TMG enthaltenen Voraussetzungen erfüllt sind (keine Kenntnis der rechtswidrigen Handlung, unverzügliches Tätigwerden nach Kenntnisnahme, usw.). Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Dienstanbieter insofern dieses Haftungsprivileg nicht genießt, und daher nach den allgemeinen Regeln haftet, als dieser die fraglichen Äußerungen zu eigen gemacht hat6. Das Zu-Eigen-Machen von fremden Äußerungen und seine Voraussetzungen stellen auch die zentrale Frage, deren Relevanz nun dem Leser klar sein soll, dar, womit sich der BGH u.a. in diesem Urteil befasst und womit ich mich auch in dieser Arbeit auseinandersetzen werde. Nach einer knappen Darstellung des Sachverhalts und der Entscheidungsbegründungen, wird in den folgenden Seiten die Störerhaftung nach den allgemeinen im BGB enthaltenen Normen kurz beschrieben und definiert. Ich werde mich danach mit der Störerhaftung im Rahmen der Vorschriften des 5 6
BGHZ 201, 380, Rn. 9 ff.; BGH, VersR 2014, 1465. Spindler/Schuster Elektron. Medien/Hoffmann TMG § 7 Rn. 16.
4
Telemediengesetzes (TMG) befassen, damit Relevanz
des
Zu-Eigen-Machen
Entstehungsgründe
vollkommen
als
sowohl die auch
seine
verständlich
sind.
Abschließend werde ich das Zu-Eigen-Machen und seine Voraussetzungen behandeln, indem ich die verschiedenen Auffassungen der Rechtsprechung und der Literatur erläutere. B. Urteil II. Darstellung des Sachverhalts Im vorliegenden Urteil stellte ein Patient einer Klinik (Klägerin) eine negative und potentiell rechtsverletzende Bewertung auf dem
von
dem
Beklagten
betriebenen
Bewertungsportal
www.klinikbewertungen.de. Nachdem die Klägerin am 11. Februar 2014 den Beklagten aufgefordert hatte, den Beitrag zu löschen, nahm dieser unverzüglich und ohne Rücksprache mit dem Bewertenden inhaltlich relevante Änderungen an dem Text vor. Am nächsten Tag teilte der Beklagte der Klinik mit, er habe die obenerwähnten Änderungen vorgenommen und sei der Auffassung, weitere Eingriffe seien nicht erforderlich. Die Klägerin verlangte daher vor Gericht vom Portalbetreiber, es zu
unterlassen,
rechtsverletzenden
die
in
der
Bewertung
Behauptungen
aufzustellen
enthaltenen und
zu
verbreitern. Das Landgericht gab der Klage statt. In der zweiten Instanz wurde die Berufung des Beklagten abgewiesen und so auch in der letzten Instanz, wo die Revision auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen wurde. II. Entscheidung und Entscheidungsbegründung Wie bereits gesagt, wurde dem von dem Beklagten verfolgten Ziel der Klageabweisung in dem vorliegenden Urteil nicht stattgegeben. Die
Begründung,
Berufungsgerichts
die führt,
zum
gleichen
nämlich
das
Ergebnis Bestehen
des eines
Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, 2, § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG gegen den Beklagten als unmittelbaren Störer, gliedert sich in den vier 5
folgenden Punkten, nachdem der BGH zusammenfasend die Entscheidung des OLG berichtet. Als erster Punkt wird das Problem, ob die fraglichen Äußerungen den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin als juristische Person (Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) eingreifen, behandelt, das nahezu unproblematisch positiv gelöst wird. Noch weniger problematisch zeigt sich die letzte Frage, ob eine Widerholungsgefahr i.S.v. § 1004 I 2 BGB bestehe, die auch bejaht wird. Viel problematischer zeigen sich dagegen der zweite und der dritte Punkt, die beziehungsweise das Zu-Eigen-Machen fremder Äußerungen
und
die
Abwägung
der
Interessen
(das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin auf einer Seite und das Recht auf Meinungsfreiheit des Beklagten auf der anderen) betreffen. Bezüglich des dritten Punkts führt die erwähnte Abwägung nach einer ausführlichen Argumentation dazu, die auf dem von dem Beklagten betriebenen Portal eingestellten Äußerungen (eine falsche Tatsachenbehauptung und zwei Meinungsäußerung, die sich auf dieser falschen Tatsachenbehauptung beruhen) seien rechtswidrig, denn kein Wahrheitsgehalt sei zu erblicken. Das Zu -Eigen-Machen wird zunächst auf einer theoretischen Ebene behandelt. Insbesondere handele es sich um ein ZuEigen-Machen, wenn der Portalbetreiber die Verantwortung für fremde Inhalte übernommen habe und das nach außen erkennbar sei, „was aus objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen “7 sei. Was die Übernahme der Verantwortun g für fremde Inhalte betrifft, der Umstand, dass der Beklagte sich nicht von den Bewertungen distanziert und sogar deutlich gemacht hat, er sei für die eingestellten Bewertungen verantwortlich, führe nicht zwangsläufig zu einem Zu-Eigen-Machen. Was hingegen die Richter des BGHs für entscheidend halten, sei das Verlassen der
7
BGH NJW 2017, 2029 (2030), Rn. 18.
6
Rolle eines neutralen Vermittlers seitens des Betreibers, indem er
ohne
Rücksprache
mit
dem
Bewertenden
derartige
Abänderungen an der Bewertung vorgenommen habe, dass er sich mittelbar auf den falschen tatsächlichen Inhalt gestützt haben müsse. Damit habe der Beklagte der Klägerin gezeigt, er stimme dem tatsächlichen Element der Bewertung zu. Was ferner die nach außen Erkennbarkeit des Zu-Eigen-Machen anbelangt, ist der BGH der Auffassung, dass der Einwand, die Änderung der Bewertung sei nach außen nicht erkennbar geworden, denn dem Durchschnittsnutzer sei das Zu-EigenMachen des Beklagten verborgen geblieben, nicht durchgreife. Den Verfassern des Urteils zufolge genüge es, dass der Portalbetreiber dem von einer rechtsverletzenden Bewertung Betroffenen seinen Umgang mit der Äußerung kundgetan habe. Das sei durch das Anwaltsschreiben vom 12. Februar erzielt. Der BGH stützt sich auf das Argument, dass der obengenannten objektiven Sicht eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände erforderlich sei, zu denen auch das erwähnte Anwaltsschreiben des Beklagten gehöre. C. Analyse Das
Zu-Eigen-Machen
fremder
Äußerungen
stellt
eine
Problematik dar, die aus dem System der Normen der Störerhaftung, die im BGB und im TMG enthalten sind, entsteht. Daher werden hier zunächst die Störerhaftung im Allgemeinen und das Haftungsprivileg, das im TMG enthalten ist, behandelt. I. Begriff der Störerhaftung Gesetzlicher Ausgangspunkt der Störerhaftung ist § 1004 I BGB, der
dem
Beeinträchtigten
einen
Beseitigungs-
und
Unterlassungsanspruch gegen den Störer gewährt. Nach herkömmlicher und herrschender Auffassung ist derjenige als Störer
anzusehen,
der
entweder
unmittelbar
eine
Beeinträchtigung verursacht hat oder von seinem Willen
7
abhängigen Einfluss auf den Zustand nehmen kann 8. Der Erstere ist nach h.M. als Handlungsstörer anzusehen, der Letztere als Zustandsstörer9.
Was
den
Handlungsstörer
betrifft,
unterscheidet man zwischen unmittelbarem und mittelbarem Handlungsstörer10.
Unmittelbarer
Handlungsstörer11
ist
derjenige, welcher die Beeinträchtigung durch Unterlassung oder eigene
Handlung
hervorgerufen
hat12.
Mittelbarer
Handlungsstörer ist hingegen, wer durch die Handlung eines Dritten die Beeinträchtigung provoziert hat und in der Lage ist, sie zu verhindern bzw. zu beseitigen13. Bezüglich der Haftung des mittelbaren Störers ist der Rechtsprechung des I. Senats nach außer den auch für die unmittelbare Störerhaftung erforderlichen Tatbestandmerkmalen14 die Verletzung von Prüfungspflichten zu betrachten 15, deren Umfang sich danach bestimmt, „ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist“16. Was den Unterlassungsanspruch betrifft, ist ferner nach dem Wortlaut
des §
1004
Abs.
1 S.
2
BGB
eine
Wiederholungsgefahr zu prüfen. II. Die Störerhaftung mit Bezug auf die Normen des TMG Das aktuelle am 1.3.2007 in Kraft getretene Telemediengesetz stellt sich als Nachfolger des TDG, das bereits mit den Änderungen von 2001 der Umsetzung der E-CommerceRichtlinie (RL 2000/31/EG) diente17. 8
BeckOK BGB/Fritzsche, BGB § 1004 Rn. 14; BGH NJW 1977, 1920. BeckOK BGB/Fritzsche, BGB § 1004 Rn. 16. 10 BeckOK BGB/Fritzsche, BGB § 1004 Rn. 17 ff. 11 Der I. Zivilsenat nennt den mittelbaren Handlungsstörer Täter; mehr dazu Wollin, Störerhaftung im Immaterialgüter- und Persönlichkeitsrecht, 2018, S. 98. 12 BeckOK BGB/Fritzsche, BGB § 1004 Rn. 17. 13 BeckOK BGB/Fritzsche, BGB § 1004 Rn. 18. 14 Wollin, Störerhaftung im Immaterialgüter- und Persönlichkeitsrecht, 2018 SS. 96 ff. 15 Kovacs, Die Haftung der Host-Provider für persönlichkeitsrechtsverletzende Internetäußerungen, 2018, S. 193, Wollin, Störerhaftung im Immaterialgüter- und Persönlichkeitsrecht, 2018 S. 100. 16 BHGZ 185, 330 (336), Rn. 19; BGH ZUM 2008, 685 (689), BGH GRUR 2011, 617 (619). 17 Nomos-BR/Müller-Broich TMG Einleitung Rn. 2 f. 9
8
Von zentraler Bedeutung bezüglich der vorliegenden Arbeit sind die §§ 7 und 10 TMG, die die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Dienstanbieters18 regeln. Voraussetzung dafür ist die Unterscheidung zwischen fremden und eigenen Informationen. Unter dem Begriff von Informationen versteht man „sämtliche Angaben, die iR des jeweiligen Teledienstes übermittelt oder gespeichert werden, unabhängig davon, ob dies zu gewerblichen oder privaten Zwecken erfolgt“19. Eigene Informationen sind entweder die, die von dem Dienstanbieter selbst hergestellt wurden, oder die, die zu eigen gemacht worden sind20. Für eigene Informationen haftet der Dienstanbieter i.S.v. § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen. Was hingegen die fremden Informationen anbelangt, besteht es gem. § 7 Abs. 2
TMG zulasten des
Dienstanbieters keine allgemeine
vorbeugende Überwachungspflicht, was allerdings nicht eine speziellere
Kontrolle
Kenntniserlangung
ausschließt,
einer
insbesondere
rechtswidrigen
Handlung
nach und
hinsichtlich der kerngleichen Verstöße21, und deshalb darf sich der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 2 TMG nicht auf Unterlassungsansprüche erstrecken22. §
10
TMG
gewährt
dem
Hosting-Provider,
d.h.
dem
Dienstanbieter, der nach § 10 Abs. 1 TMG fremde Informationen für einen Nutzer speichert, ein Haftungsprivileg, das jedoch lediglich für die zivil- und strafrechtliche Verantwortung gilt, während Unterlassungsansprüche unberührt bleiben23 . III. Das Zu-Eigen-Machen Es besteht die Möglichkeit, dass der Dienstanbieter auch für im von ihm betriebenen Portal eingestellte Inhalte nach den
18
Der Dienstanbieter ist vom § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 TMG so definiert : „ jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt“. 19 Nomos-BR/Müller-Broich TMG § 7 Rn. 1. 20 Nomos-BR/Müller-Broich TMG § 7 Rn. 1 f. 21 OLG Düsseldorf MMR 2009, 402 (403). 22 Nomos-BR/Müller-Broich TMG § 7 Rn. 10. 23 Nomos-BR/Müller-Broich TMG § 10 Rn. 1.
9
allgemeinen Gesetzten gem. § 7 I TMG haftet, falls dieser die fremden Äußerungen zu Eigen gemacht hat. Was unter dem Begriff von Zu-Eigen-Machen zu verstehen ist, wird in den folgenden Paragraphen behandelt. 1. Entwicklung des Begriffs Die Möglichkeit eines Zu-Eigen-Machens fremder Äußerungen scheint bereits von dem Gesetzgeber bezüglich des oben erwähnten TDG in Betracht gezogen zu sein24. Bereits in diesem anfänglichen Stadium sei „eine Würdigung aller Umstände, insbesondere der äußeren Form der Darstellun g“25 erforderlich, um fremde Informationen für eigene halten zu können. Die im TDG enthaltenen Normen (§§ 8-11 TDG nF), die sich auf die Verantwortlichkeit des Dienstanbieters beziehen, sind wortgleich in §§ 7-10 TMG übergangen26. Der früheren Rechtsprechung nach ist Kernelement eines ZuEigen-Machens lediglich der Umstand, dass der objektive Erklärungsempfänger
den
Eindruck
erhält,
die
fremden
Informationen seien eigentlich des Anbieters27. Der Begriff des Empfängers bezieht sich auf „das europäische Leitbild des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers“28 Diese Ansicht wurde eindeutig im berühmten Urteil „Steffi-Graf-Fotos“29 vertreten.
Dieser Entscheidung
zufolge reiche es, von einem Zu-Eigen-Machen sprechen zu können, dass „Diensteanbieter und Fremdinhalt als Einheit erscheinen und sich der Diensteanbieter den Fremdinhalt damit
24
BT-Drs. 13/7385, 19 zu § 5 TDG aF wo ausdrücklich steht: „Eigene Inhalte sind auch von Dritten hergestellte Inhalte, die sich der Anbieter zu eigen macht“; das ist allerdings auch bezüglich der neuen Fassung des Gesetzes zu lesen: BT-Drs. 14/6098, 23 zu §§ 8-11 TDG nF; vgl. auch BeckOK InforMedienR/Paal, TMG § 7 Rn. 30. 25 BeckOK InforMedienR/ Paal, TMG § 7 Rn. 30. 26 Spindler/Schuster Elektron. Medien/ Hoffmann TMG Vorbemerkung Rn. 5. 27 BeckOK InforMedienR/Paal, TMG § 7 Rn. 31; vgl. Spindler NJW 1997, 3193 (3196). 28 Nomos-BR/Müller-Broich TMG § 7 Rn. 2; vgl. aber auch BeckOK InforMedienR/Paal, TMG § 7 Rn 31a. 29 LG Köln MMR 2002, 254.
10
gleichsam zu eigen macht“30. Diese Einheit erfolge auch durch die dem Nutzer gewährte Möglichkeit, unter Pseudonym zu handeln31. Hierbei ändere darüber hinaus eine ausdrückliche Distanzierung des Dienstanbieters (etwa durch einen Disclaimer) nichts32. Die Entscheidung des Landgerichts wurde in der zweiten Instanz mit dem zusätzlichen Argument, dass ein Zu-Eigen-Machen auch durch eine lukrative Nutzung der fremden Informationen bestehen kann, bestätigt33. Diese Tendenz war im Übrigen in diesen Jahren mit vielen anderen Gerichten geteilt34 und rechtspolitisch so begründet, dass ansonsten ein Verlust an Rechtsschutz dem Betroffenen gegenüber bestehe35. In jüngerer Zeit scheint allerdings die Rechtsprechung, eine richtlinienkonformere Auslegung anzunehmen36. Eine solche von der Perspektive eines objektiven Erklärungsempfängers abhängige Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Informationen, die sich aus der älteren Auffassung ergibt, ist in der Tat nicht in der E-Commerce-Richtlinie zu erblicken. Was hingegen maßgebliches Kriterium eines Zu-Eigen-Machens dem EuGH zufolge ist, sei die Neutralität des Hostproviders37. 2. Kurze Darstellung der Tendenzen der Rechtsprechung Dieses Kriterium hat die jüngere deutsche Rechtsprechung angenommen, obwohl das oben beschriebene objektive Element nicht verschwunden ist38. Folglich gliedert sich die Überprüfung, ob fremde Inhalte zu eigen gemacht wurden, in zwei Punkten: der erste bleibt das objektive Element, der zweite ist das
30
LG Köln MMR 2002, 254 (254). LG Köln MMR 2002, 254 (254). 32 LG Köln MMR 2002, 254 (255). 33 OLG Köln MMR 2002, 548. 34 Spindler Anmerkung zum Urte...