Spezialthemen der Philosophie lecturenotes 1to9 2019 2020 PDF

Title Spezialthemen der Philosophie lecturenotes 1to9 2019 2020
Author Andreas Nasos
Course Spezialthemen der Philosophie
Institution Johannes Kepler Universität Linz
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Summary

Lecture notes of Spezialthemen der Philosophie course of lectures 1 to 9 of the academic year 2019-2020....


Description

2019-2020

Spezialthemen der Philosophie 1. Ethische Grundlagen Die Ethik ist ein Teilbereich der Philosophie, in welchem die zentrale Frage lautet: „Was soll ich tun?“ In der Ethik geht es um Handlungsnormen, Regeln, an denen wir uns orientieren können, wenn wir Entscheidungen treffen. Diese Regeln sollen uns in die „richtige“ Richtung leiten und dafür sorgen das wir nichts „schlechtes“ machen.1 Die Ethik hat viele Einsatzgebiete, eines zum Bespiel hierfür wäre die Euthanasie, dieses Anwendungsgebiet wird auch das Hauptthema in dieser Arbeit sein.

2. Euthanasie 2.1. Was bedeutet Euthanasie? Das und Das und

Wort Euthanasie, oder vereinfacht Sterbehilfe, beschreibt den würdigen schmerzlosen Tod eines Individuums. Wort selbst besteht aus zwei Teilen - „eu“ steht für gut oder auch schön der Teil „thanatos“ für den Tod.2

Es gibt vier verschiedene Arten von Sterbehilfe: passive Sterbehilfe, indirekte Sterbehilfe, Beihilfe zur Selbsttötung und die aktive Sterbehilfe. Diese Arten unterscheiden sich im Ablauf der Sterbehilfe sowie dem Ausgang dieser. Die genaue Unterscheidung wird unter Punkt 2.3 genauer erklärt. In folgender Arbeit werde ich die Begriffe “Euthanasie” und “Sterbehilfe” synonym verwenden.

1 2

Vgl. Hausarbeit, STURM_ADRIANA_K11805507_2.HÜ_Spezialthemen Philosophie Vgl. https://www.gedenkort-t4.eu/de/wissen/was-heisst-euthanasie, 1.1.2020

2.2. Euthanasie im Laufe der Zeit 2.2.1.

Euthanasie in der NS- Zeit

In der Zeit des Nationalsozialismus in Mitteleuropa wurde der Begriff besonders populär. Das Ziel der Nationalsozialisten war es mithilfe des Nürnberger Rassengesetztes die lebensunwerten Leben zu vernichten. So etwa wurde Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen durchgeführt, diese galten jedoch noch nicht offiziell zur Euthanasie, da in beiden Fällen keine Personen getötet wurden. Mit diesen beiden Maßnahmen wurde versucht das entstehen von nicht Arian zu verhindern. Die Aktion T4 (dies war die Bezeichnung der systematische Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in Deutschland zwischen den Jahren 1940 und 1941 in der Dienststelle T4) und die Kinder- Euthanasie sind jedoch eindeutig zur Euthanasie zugehörig. Der Begriff Euthanasie wurde damals mit Ermordung von Behinderten oder auch Beeinträchtigten Menschen gleichgesetzt. Diese grausame Art der Euthanasie wurde besonders in Österreich und Deutschland praktiziert. Das Schloss Hartheim3 in Alkoven in Oberösterreich wurde zu einem Hauptschauplatz dieses Verbrechens. Zwischen den Jahren 1940 und 1944 wurden etwa 30.000 Menschen getötet, deren Leben als „lebensunwert“ eigestuft worden war. Nach dem 8. Mai 1945, dem offiziellen Ende des zweiten Weltkriegs, wurde versucht die Spuren der Tötungsanstalt zu beseitigen, alle Leichen wurden verbrannt und die Asche wurde teilweise verstreut und eingegraben.4 2.2.2.

Euthanasie in der Neuzeit

Ein berühmter Philosoph namens Francis Bacon prägte den Begriff der Euthanasie in der Neuzeit besonders. In einen seiner Werke namens „Euthanasia medica“ griff er das zu dieser Zeit bereits antike Wort, Euthanasie wieder auf. Er unterschied in diesem literarischen Werk zwischen der seelischen Vorbereitung auf den Tod, und der Methode des leichteren und schmerzlosen Restlebens unter Inkaufnahme eines verkürzten Lebens. Im deutschsprachigen Bereich wird das Wort "Euthanasie" oft als Synonym für Sterbehilfe benutzt. Durch den sehr rassistischen Hintergrund der Massentötung in der NS Zeit wird es jedoch zunehmend vermiedenen diesen Begriff zu verwenden bzw. in Büchern oder Fachzeitschriften welche nicht auf 3 Vgl. http://www.schloss-hartheim.at/ 4 Vgl. http://www.politik-lexikon.at/print/euthanasie/, 30.12.2019

den Nationalsozialistischen Hintergrund abzielen wird das Wort bewusst vermieden und durch Sterbehilfe ersetzt.

2.3. Verschiedene Formen von Euthanasie Es gibt nicht nur eine Form der Euthanasie, sondern einige die sich in ihrem Verlauf unterscheiden. Sterbebeistand bzw. die Sterbebegleitung können als eine Form der Sterbehilfe angesehen werden. In diesen beiden Formen steht die Pflege im Vordergrund. Besonders die Zuneigung der Menschen und auch Behandlungen, die eine Schmerzlinderung zur Folge haben sind hier besonders wichtig. Im Gegensatz dazu gibt es auch die Hilfe zum Sterben, welche zur echten Euthanasie gezählt werden kann. Hilfe zum Sterben bedeutet nichts geringeres als die Tötung oder das Sterbenlassen einer schwer Kranken oder leidenden Person, aufgrund seines Willens und Verlagerns. Wichtig ist hierbei der eindeutige Sterbewille und das Verlangen zu Sterben der betroffenen Person. 2.3.1.

Formen der „Hilfe zum Sterben“

Hinsichtlich des Begriffes Hilfe zum Sterben wird unter verschiedenen Unterformen unterschieden. Die erste Form wird als Sterbenlassen oder auch Passive Sterbehilfe bezeichnet. Hierbei geht es vor allem auf den Verzicht von lebensverlängernden Maßnahmen. Die Grundpflege der kranken Person, wird aber trotzdem weitergeführt um den Prozess möglichst schmerzlos zu halten. Ein Beispiel für die passive Sterbehilfe ist, die nicht Zustimmung zu einer Operation, die dem Patienten ein längeres Leben bescheren könnte wie etwa eine Tumorentfernung. Die indirekte Sterbehilfe bezeichnet eine schmerzlindernde Behandlungsform bei der eine Lebensverkürzungsrisiko in Kauf genommen wird. Diese spezielle Form der Sterbehilfe ist ein theoretischer ethischer Grenzfall. In verschiedenen Literaturen wird die Opium-Behandlung als zugehörige Behandlungsmethode angeführt. Bei verschiedenen Krankheitsbildern mit heftigen Symptomen, wie etwa Lungenkrebs, bei der extreme Atemnot auftreten kann, müssen Medikamente höher dosiert werden um gewährleisten zu können das der Patient nicht leidet. Jedoch kann eben genau diese hohe Dosierung gegebenenfalls zu einer Lebensverkürzung führen. Die Beihilfe zur Selbsttötung bzw. der Freitodbegleitung oder auch assistierter Suizid ist ganz anders zu betrachten. Hierbei handelt es sich um eine Bewusste und auch gewollte Tötung des Patienten bzw. der kranken

Person. Der assistierte Suizid wird meist durch Beschaffung oder auch Bereitstellung des tödlichen Medikaments durchgeführt. Im Vergleich zu den anderen Formen ist hier das Ziel die Tötung und nicht die Schmerz Befreiung oder schmerz Linderung durch Behandlungsmethoden. Die vierte Form der Sterbehilfe ist die aktive Sterbehilfe, direkte aktive Sterbehilfe oder auch die Tötung auf Verlangen. Hierbei steht die absichtliche und aktive Herbeiführung des Todeseintrittes im Vordergrund. Hier liegt die Täterschaft nicht beim Betroffenen selbst sondern bei dem Dritten, der die Tötung letztendlich durchführt.5

2.4. Die Gesetzeslage in Österreich

5



Tötung auf Verlangen § 77 STGB 2.4.1.1 Wer einen anderen auf dessen ernstliches und eindringliches Verlangen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.



Mitwirkung am Selbstmord § 78 STGB Wer einen anderen dazu verleitet, sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe leistet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.



Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben – Mord § 75 STGB Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.



Eigenmächtige Heilbehandlung § 110 (besonders Abs. 1) StGB (1) Wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft, behandelt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Hat der Täter die Einwilligung des Behandelten in der Annahme nicht eingeholt, daß durch den Aufschub der Behandlung das Leben oder die Gesundheit des Behandelten ernstlich gefährdet wäre, so ist er nach Abs. 1 nur zu bestrafen, wenn die vermeintliche Gefahr nicht bestanden hat und er sich dessen bei Aufwendung der nötigen Sorgfalt (§ 6) hätte bewußt sein können. (3) Der Täter ist nur auf Verlangen des eigenmächtig Behandelten zu verfolgen.

Vgl. http://www.drze.de/im-blickpunkt/sterbehilfe, 1.1.2020



Patientenverfügung § 2 Abs. 1 PatVG Eine Patientenverfügung im Sinn dieses Bundesgesetzes ist eine Willenserklärung, mit der ein Patient eine medizinische Behandlung ablehnt und die dann wirksam werden soll, wenn er im Zeitpunkt der Behandlung nicht einsichts-, urteils- oder äußerungsfähig ist.6 2.4.1.

Passive Sterbehilfe

Die passive Form der Sterbehilfe ist legal und somit auch erlaubt in Österreich. Dies kann in einer Patienetenverfügung festgehalten werden. In Fällen, bei denen der Patient zuvor kein Patientenverfügungs-Formular ausgefüllt hat, obliegt es den Verwandten oder nahmen Bekannten falls Verwandte nicht mehr vorhanden sind, über die lebenserhaltenden Maßnahmen zu entscheiden. Sie sollten dabei im Sinne des Betroffenen handeln und für ihn über Leben oder Tod entscheiden. 2.4.2.

Indirekte Sterbehilfe

Die indirekte Sterbehilfe oder auch Sterbehilfe bei palliativen Behandlungen ist in Österreich erlaubt und bleibt straffrei. 2.4.3.

Beihilfe zum Suizid

In Österreich ist die Beihilfe zum Suizid verboten, Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren sind zu erwarten. 2.4.4.

Aktive Sterbehilfe

Diese Form ist in Österreich gesetzlich in jeder Form verboten. Auch wenn die betroffene Person sich unter notarischer Aufsicht dazu bereiterklärt, gerne getötet zu werden, ist es verboten. Eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahres ist zu erwarten.

2.5. Die Gesetzeslage im Europavergleich Die Tötung auf Verlangen ist im Europa-Vergleich in der Schweiz und in Deutschland ebenfalls strafrechtlich verboten. Die Beihilfe zum Freitod ist in Deutschland nicht verboten, jedoch wird in konkreten Fällen geprüft, ob ein anderer Straftatbestand vorliegen könnte wie zum Beispiel Totschlag, unterlassene Hilfeleistung, Verletzung der Garantenpflicht. Bezüglich der aktiven Sterbehilfe in Deutschland ist die Gesetzeslage etwas komplizierter. Die deutsche Bundesärztekammer lehnt die aktive Sterbehilfe 6

Geltende Gesetzeslage in Österreich stand 1.1.2020 siehe www.ris.bka.gv.at

ab und setzt diese unter Strafe. Die Regelung an sich ist jedoch uneinheitlich da die zehn Landesärztekammern das strikte Verbot der Suizidbeihilfe in ihre Berufsordnung aufgenommen haben. In der Schweiz hingegen ist die Beihilfe zum Freitod grundsätzlich strafbar jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Beihelfer unter eigenem Interesse handelt (Erbe, Geld, Pflegekosten). Begeht ein Arzt jedoch Beihilfe zum Suizid so zählt das Schweizer ärztliche Standesrecht dies nicht als Teil der ärztlichen Tätigkeit, da die Ziele der Medizin andere sind und diese sich mit dem Vorhaben widersprechen. Jedoch müssen sich schweizer Ärzte an besondere Sorgfaltskriterien halten. Diese recht offene Regelung begünstigt das Bestehen nichtkommerzieller Suizidhilfe-Organisationen. In einem Nachbarlands Deutschlands, den Niederlanden ist die Tötung auf Verlangen keine Straftat. Dieselbe Verordnung gilt auch für den assistierten Suizid, wenn sie unter Beachtung besonderer Sorgfaltskriterien von einem Arzt/einer Ärztin durchgeführt wird. In Belgien ist die Gesetzeslage den Niederlanden ähnlich, doch hier darf die Sterbehilfe auch auf Minderjährige angewendet werden nicht nur wie in den übrigen Ländern auf Erwachsene, zumeist ältere Personen.

2.6. Ethischer Gesichtspunkt Das Thema Sterbehilfe muss natürlich auch aus ethischer Sicht betrachtet werden. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Sichtweisen. 2.6.1.

• •



Pro Sterbehilfe aus ethischer Sicht

Jedes Individuum hat das Recht zu entscheiden wann und wo er oder sie stirbt. Weiters hat jeder Mensch das Recht auf einen menschenwürdigen Tod ohne unnötiges Leid am Ende einer schweren Krankheit. Euthanasie soll diesen qualvollen Schmerz stillen und dafür sogen das dieser entweder beendet wird oder mit Mitteln der indirekten Sterbehilfe erträglich gemacht wird. Bei Menschen, bei denen der Tod unausweichlich ist und der Schmerz das Leben beherrscht und nichts dagegen getan werden kann um die Person zu heilen, kann das Leben vorzeitig beendet werden. Hinter diesem Gedankengang steckt das Prinzip des Wohltuns und die Pflicht zur Fürsorge dahinter. Es geht um ein Handeln im Interesse des



Sterbenden und zu seinem Wohl. Hier steckt auch der Mitleidsgedanke dahinter. (ein Beispiel ist der Gnadenschuss im Krieg sowie auch bei Tieren) Es ist ethisch egal ob man einen Menschen an seiner Krankheit sterben lässt oder er aktiv getötet wird auf Verlagen, das Ergebnis alleine zählt (Utilitarismus)

2.6.2.











Contra Argumente aus ethischer Sicht

Wie kann man sich sicher sein ob der betroffene Mensch wirklich mit freiem Willen handelt? Es könnte doch sein das die Krankheit den Patienten so beeinträchtigt, dass er oder sie nicht mehr entscheiden kann. Genauso können Verwandte oder andere Angehörige ihn beeinflussen aus verschiedenen Gründen (Erbe, Geld, Pflegekosten). Es gibt keine Untersuchungsmethode, bei der man feststellen kann ob eine Person aus gänzlichem freiem Willen handelt. Letztlich kann man nur darauf Vertrauen was die Person selbst zu sagen hat. Weiters kann es sein, dass sich eine Pflegebedürftige Person schuldig fühlt und der Gesellschaft nicht zu Last fallen will und deshalb die Sterbehilfe in Anspruch nimmt. Nachdem ein Mensch von Geburt an das streben der Unabhängigkeit hat möchte der Mensch auch in solchen Situationen unabhängig von anderen sein. Was ist würdevoll? Wie kann man einen würdevollen Tod beschreiben oder durchleben? Da der Tod an sich ein natürlicher Prozess ist, der zu einem jeden Leben dazugehört muss jeder Tod selbst würdevoll sein. Oftmals ist die Situation für Angehörige oder Pflegende schlimmer als für den Betroffenen, es besteht die Gefahr das es sich nicht um wirkliches Mitleid handelt, sondern um das eigene Interesse. Die Diskussion der letzten Jahre hat gezeigt, dass die aktivpassivUnterscheidung Gültigkeit hat und einer tiefen moralischen Intuition praktisch aller Menschen entspricht.7

2.7. Standpunkte der Philosophen zu Euthanasie 2.7.1.

Immanuel Kant

Immanuel Kant war ein sehr kritischer Denker, so auch bei dem Thema Sterbehilfe. Er ist der Meinung, dass Suizid und Sterbehilfe ausnahmelos abzulehnen seien, dies widerspricht seiner Moralphilosophie. 7

Vgl. http://www.gym-hartberg.ac.at/schule/images/stories/Religion/themen_matura/21_Euth_Ethik.pdf,1.1.2020

Kant spricht in der Moralphilosophie davon das sie den Ursprung nicht in der biopsychischen Natur, sondern in der Vernunft des Menschen hat. Der gute Wille ist nach Kant ausschlaggebend für eine moralisch richtiges Handeln. Der eben genannte gute Wille darf nicht von Neigungen wie etwa dem Egoismus oder dem Mitleid bestimmt werden, sondern muss durch die Vernunft und durch die Pflicht bestimmt werden. Somit sieht Immanuel Kant den guten Willen als Grundlage für Entscheidungen im moralischen Gesichtspunkt, wie auch der Sterbehilfe. 2.7.2.

Jeremy Bentham

Der englische Philosophen Jeremy Bentham geht von der These aus das ein Mensch von Freude und Leid beherrscht ist. Er sieht die Strebehilfe, wie auch die andren Philosophen, die dem Utilitarismus nahestehen als ein Abwegen aus Nutzen und möglicher Alternativhandlungen. Bentham hat die These zum Prinzip der Nützlichkeit aufgestellt und definiert diese wie folgt: „Unter dem Prinzip der Nützlichkeit ist jenes Prinzip zu verstehen, das schlechthin jede Handlung in dem Maß billigt oder mißbilligt, wie ihr die Tendenz innezuwohnen scheint, das Glück der Gruppe, deren Interesse in Frage steht, zu vermehren oder zu vermindern […].“8

2.8. Praxisbeispiel Euthanasie FALL 1: Am 9. September 1987 um 9.30 Uhr starb Ingrid Frank, die durch einen Autounfall querschnittsgelähmt war. Sie trank durch einen geknickten Strohhalm eine Zyankali-Lösung. Die junge Sportstudentin, hatte sich am 16. April 1985 bei einem Autounfall das Genick gebrochen. Seither war sie querschnittsgelähmt, hatte aber keine heftigen Schmerzen. Nach ihrem Unfall hatte sie noch an einer Ausbildung des Berufsförderungswerkes in Heidelberg-Wieblingen teilgenommen. Sie wollte als Sozialpädagogin anderen Querschnittsgelähmten bei der Rehabilitation helfen. Sogar einen Schreibtisch hatte sie schon. Dann bekam sie Kontakt zur »Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben« (DGHS). Nach etwa einem halben Dutzend Treffen mit Gretlies Schwarzmann von der DGHS war Ingrid sich klar darüber, dass ihr Leben für sie nicht mehr lebenswert sei. Sie unterschrieb die »Freitod-Verfügung« des DGHS. Am 9. September um 9.30 Uhr war es dann soweit: Frau Schwarzmann 8

Vgl. Höffe [Hrsg.]: Einführung in die utilitaristische Ethik, 4. Auflage, (A. Francke Verlag: 2008), S. 55

stellte ihr einen Becher mit abgeknicktem Strohhalm, der eine ZyankaliLösung enthielt, ans Bett. Während Ingrid die ZyankaliLösung trank, machte Frau Schwarzmann Farbfotos für die Illustrierte »Die Aktuelle«. Dazu meinte die DGHS-Mitarbeiterin: Es sei Ingrids Wunsch gewesen, die Öffentlichkeit wachzurütteln. In »Bild am Sonntag« erklärte Frau Schwarzmann später, dass Ingrid in ihren Armen sanft entschlummert sei und ganz entkrampft gewesen sei. Mediziner bezweifeln dies. Schon Medizinstudenten lernen, dass die Einnahme von Zyankali starke Schmerzen verursacht, also kaum ein entspanntes »Entschlummern« ermöglicht. 9 An diesem Fall kann man erkennen, dass einerseits der eigene Wille nicht immer der innere Eigene Wille sein muss und, dass der eigene Tod nicht immer auf diese Art und Weise nicht immer schmerzlos verläuft. Frau Ingrid Frank wurde von der Gretlies Schwarzmann überzeugt das der Freitod eine Methode ist mit der Frau Frank doch den schönsten Tod hätte. Die betroffene querschnittsgelähmte Person hatte jedoch vor dem ersten Kontakt mit der Chefin der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben keinen Gedanken daran verschwendet sich umzubringen. Im Gegenteil die Frau war zuversichtlich und wollte eine Ausbildung anfangen um gleichgesinnten zu helfen. Ob die Einnahme von einer Zyankali-Lösung Schmerzen verursacht hat in diesem speziellen Fall kann heute nicht mehr geklärt werden, da es keine Aufzeichnungen über den Zustand der Frau am Ende ihres Lebens gibt. FALL 2: Am 18. Januar 1992 kommt ein Auto in der Nähe von Lecco in Norditalien bei glatter Fahrbahn von der Straße ab und prallt gegen eine Mauer. Am Steuer sitzt die 21-jährige Eluana Englaro, die beim Aufprall schwer verletzt wird. Die Ärzte können ihr Leben retten, aber die Patientin erlangt das Bewusstsein nicht mehr. Ihre Eltern finden sie in einem Wachkoma vor: Sie atmet, wacht und schläft, wird mithilfe einer Magensonde künstlich ernährt, verdaut, schlägt die Augen auf, lächelt manchmal, altert – 17 Jahre lang. Ihr Vater Beppino Englaro, der sie fast täglich besucht, sagt, weil es nicht möglich ist, mit ihr zu kommunizieren, sei sie für ihn wie tot. „Für uns, für mich und meine Frau, ist unsere Tochter am Tag des Unfalls gestorben.“ In den letzten Jahren hat er daher große Anstrengungen unternommen, die Erlaubnis dafür zu erhalten, ihre künstliche Ernährung abzubrechen. Vor ihrem Unfall hatte Eluana nach Angaben von Freunden und Angehörigen betont, dass sie in einem solchen Fall lieber sterben wolle. Trotzdem gab es in Italien eine ganze Reihe sich widersprechender Gerichtsentscheide zur Frage, ob die künstliche Ernährung abgebrochen werden darf. Selbst der Papst Benedikt XVI. nahm dazu Stellung. Ohne 9

vgl. Der SPIEGEL 8/88 und VKR 1.89.9

Eluara beim Namen zu nennen, betonte er „die absolute und oberste Würde jedes Menschen“, auch wenn er „schwach und in das Mysterium des Leids gehüllt“ ist. Am Ende hat der Mailänder Verwaltungsgerichtshof En...


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