Standorttheorie von Alfred Weber PDF

Title Standorttheorie von Alfred Weber
Author We Ni
Course Wirtschaftsgeographie
Institution Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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Zur Person Alfred Weber wurde am 30. Juli 1868 in Erfurt geboren. Er begann zunächst als Nationalökonom und gilt als einer der Begründer der Standorttheorie, welche 1909 aufgestellt wurde. Später wirkte er aber besonders als Kultursoziologe. Von 1904 bis 1907 arbeitete er als Professor in Prag und danach in Heidelberg. Der überzeugte Gegner des Nationalsozialismus wurde bei der Bundespräsidentenwahl 1954 ohne seine Zustimmung von der KPD für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Alfred Weber starb am 2. Mai 1958 in Heidelberg.

Die Standorttheorie Definition: Eine Standorttheorie versucht, die räumliche Verteilung der Industrie zu erklären bzw. einen optimalen individuellen Standort für den jeweiligen Betrieb zu finden. Allgemein: Dem Standortmodell von Weber lagen allerdings die folgenden, vereinfachten Annahmen zugrunde : Der Standort der Rohmaterialien ist bekannt und gegeben Die räumliche Verteilung des Konsums ist einheitlich Transportsystem und Transportkosten sind abhängig von Gewicht und Entfernung Die räumliche Verteilung der Arbeitskräfte ist bekannt, Arbeitskräfte sind immobil, unbegrenzt verfügbar und die Lohnhöhe ist konstant Die Homogenität des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Systems sind unterstellt. Schon die Kenntnis der Grundannahmen für das Modell offenbart die Schwächen des Modells, weshalb es auch später nur noch als Grundmodell bzw. Grundtheorie bezeichnet wurde und deshalb auch mehrmals weiterentwickelt wurde, z.B. von Taylor und Thrift (1983). Derartige Situationen sind realitätsfremd. -2-

Standortfaktoren : Standortfaktoren sind nach Weber örtliche Produktionsvorteile, die einen bestimmten Ort im Vergleich zu anderen Orten für die Industrie attraktiv machen, weil die entstehenden Kosten niedriger sind. Weber unterscheidet nur zwischen drei relevanten Standortfaktoren : 1. den Transportkosten, 2. den Arbeitskosten und 3. den Agglomerationsvorteilen (Ersparnisse durch Zusammenschlüsse). 1. Die Transportkosten: Transportkosten sind nach Weber von zentraler Bedeutung, da sich Materialkostenunterschiede als Transportkosten verstehen lassen. Ein Ort, der ein bestimmtes Material nicht aufweist, ist um die Transportkosten dieses Materials benachteiligt. Nicht überall vorkommende Materialien sind "lokalisierte" Materialien. Die Materialien dagegen, die überall vorkommen und daher keine Transportkosten verursachen, bezeichnet man als Ubiquitäten. Die lokalisierten Materialien werden wiederum in Gewichtsverlust, Reinmaterialien und Totalgewichtsverlustmaterialien (Energieträger) unterschieden.

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Gewichtsverlustmaterialien : Diese verlieren bei der Verarbeitung Gewicht und/oder Volumen und sind deshalb nach der Verarbeitung billiger zu transportieren. Deshalb werden sie am Ort des Vorkommens verarbeitet. Kohlekraftwerke zur überregionalen Stromversorgung werden deshalb beim Rohstoff angesiedelt. Steinkohle als Reduktionsmittel und Energieträger bestimmte den Standort der frühen Schwerindustrie "auf der Kohle". Reinmaterialien : Reinmaterialien gehen mit dem vollen Gewicht in die fertige Ware ein. Werden ausser Reinmaterialien noch Ubiquitäten (überall vorkommende Rohstoffe) benötigt, dann findet die Produktion am Konsumort statt, wird nur ein Reinmaterial benötigt, so kann die Produktion irgendwo zwischen dem Fundort der Materialien und dem Konsumort stattfinden. Da die Transportkosten von Gewicht, Volumen und Entfernung bestimmt werden, kann zwischen Rohstoffvorkommen und Konsumort ein Ort mit den niedrigsten Transportkosten, dem Tonnenkillometrischen- Minimal-Punkt (TMP oder Transportkostenminimalpunkt), gefunden werden. -3-

2. Die Arbeitskosten : Die Arbeitskosten können nun, nachdem der TMP (Transportkostenminimalpunkt) ermittelt wurde, zu einer Verlegung des Industriestandortes führen. Dies geschieht, wenn die Arbeitskostenersparnisse größer als die jetzt gestiegenen Transportkosten sind. 3. Die Agglomerationsvorteile (=Ersparnisse durch Zusammenschlüsse): Die Agglomerationsvorteile entstehen an einem Ort, an dem durch gleichartige Produktion verschiedener Betriebe Kostensenkungen gegeben sind, z.B. durch gemeinsamen Materialbezug, spezialisierten Arbeitsmarkt, gegenseitige Belieferung und gemeinsame Absatzwerbung (z.B. bei der Automobilindustrie, bei der die Zulieferfirmen direkt neben den Automobilherstellern angesiedelt werden). Eine Verlegung des Produktionsstandortes erfolgt nur dann, wenn eintretende Agglomerationsvorteile die Transportkostennachteile überwiegen. Zum Schluß bleibt die Frage, wo man den Betrieb ansiedelt. Dabei verfährt man so, dass man sich den Rohstoff, welcher am billigsten zu transportieren ist, an den Ort, an dem der Rohstoff vorhanden ist, der teurer zu transportieren wäre, anliefern lässt. Man gründet dann also dort den Betrieb. Dafür kann man nach dem von Weber ausgehendem Prinzip folgende Rechnung aufstellen:

In diesem Beispiel wird angenommen, dass M1 wie M2 mit je 10t in das Fertigungsprodukt einfließen. Für P = M1 (Produktionsort) ergibt sich dann folgende Rechnung : 10t x 60km +20t x 100km = 2600t/km. Für P = M2 : 10t x 60km + 20t x 80km = 2200t/km. Für P=K : 10t x 100km + 10t x 80km = 1880t/km. Wie die Rechnung es verdeutlicht, wäre in diesem Beispiel K der wirtschaftlichste Produktionsort.

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Kritikpunkte: Es wird von Beginn an deutlich, dass diese Standorttheorie für Industrien nicht direkt in die Realität umgesetzt werden kann. Sie ist sehr vereinfachend und idealisiert. Durch die vielen restriktiven Annahmen werden heutzutage übliche Praktiken ausgeschlossen. So sind z.B. die Transportkosten abhängig von den Frachttarifen, die mit zunehmender Entfernung stetig abnehmen. Des weiteren wird auch häufig nach Massen- und Stückgütern preislich unterschieden. Die Arbeitskräfte spielen heutzutage eine wichtigere Rolle bei der Suche nach dem richtigen Standort, da sie eben nicht unbegrenzt und zusätzlich noch mit der nötigen fachlichen Ausbildung überall vorhanden sind. Außerdem reichen diese drei Standortfaktoren nicht aus um eine sinnvolle Standortwahl zu treffen. Weitere wichtige Faktoren sind z. B. Umweltfaktoren, eine vorhandene Infrastruktur und die so genannten „weichen“ Standortfaktoren (Freizeitmöglichkeiten usw.). Alfred Weber hat den Markt vernachlässigt, daher ist der gefundene Standort kostenminimiert, nicht jedoch gewinnmaximiert. Alfred Weber selbst verstand seine Theorie lediglich als Grundlage für die Erstellung von umfassenderen Standorttheorien. Fazit: Für die Montanindustrie hatten die Kriterien Webers sicherlich Bedeutung, da der Transport von Erz und Kohle in früheren Zeiten mit hohen Kosten verbunden war. Heute spielen andere Faktoren eine Rolle. Wichtig ist die Struktur des Unternehmens. So wird ein einzelner Bäckerbetrieb immer den Absatzort/Konsumort zur Produktionsstätte wählen, während Hersteller von Mikrochips eine Anbindung an internationale Verkehrswege und ein Umfeld mit geeigneten Arbeitskräften vorziehen. Ein in unserer Zeit ständig aufkommendes Thema ist die Lohnfrage. Dadurch, dass in Deutschland und anderen EULändern der Lohnstandard vergleichsweise hoch ist, ziehen immer mehr Unternehmen es vor, ihre Produktionsstätten ins Ausland, in so genannte BilligLohn-Länder, zu verlagern. So ist die Standortbestimmung abhängig von der Strategie des Unternehmens und vor allem den am Ort gegebenen Umständen (siehe oben). Argumente zum Standort Deutschland allgemein: Positiv: hohe Produktivität Made in Germany (Qualität) Sehr gutes Ausbildungssystem sehr gute Transport-Infrastruktur

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politische Stabilität stabile Währung zentrale Lage

Negativ: kurze Arbeitszeiten hohe Personalkosten scharfe Umweltschutzgesetze fehlende Fachkräfte bzw. teilweise Überqualifizierung Gezieltes Beispiel für die Standortwahl eines Unternehmens: Das Kohlekraftwerk Altbach Altbach ist eine am Neckar liegende Stadt zwischen Plochingen und Esslingen. Dort betreibt die EnBW AG, eine der größten deutschen Energiekonzerne, eines der modernsten deutschen Kohlekraftwerke. Das Kraftwerk besteht aus zwei Blöcken, den Heizkraftwerken I und II. Bei der Planung des Kraftwerks wurde auf ein gutes äusseres Erscheinungsbild Wert gelegt, so dass dieses Kraftwerk auch einen Designpreis gewinnen konnte. Die beiden Schornsteine sind je 250 Meter hoch. Dieses Kraftwerk wurde am Konsumort angesiedelt, d.h. an dem Ort, an dem der Strom benötigt wird. Umgekehrt hätte man das Kraftwerk auch an dem Ort ansiedeln können, an dem die Kohle abgebaut wird. Dies hat man deshalb nicht getan, da die Transportkosten von Kohle wesentlich billiger sind als die Kosten, die durch den Verlust des Stromes bei dessen Transport entstehen. Natürlich sind die Transportkosten nicht mit allen Transportmöglichkeiten billiger, weshalb das Kohlekraftwerk auch an einem Fluß, dem Neckar, angesiedelt wurde. Da in Deutschland das Netz der Binnenwasserstrassen mit 7400 Kilometern gut ausgebaut ist, erlangte die Binnenschifffahrt einen neuen Stellenwert für die Industrie. Zwar läuft der Transport hier sehr langsam ab, ist aber auch umweltfreundlich, kostengünstig und meist frei von Staus. Die Kostenvorteile der Binnenschifffahrt gegenüber des Transportes durch LKWs entstehen zum einen durch die fast nie vorhanden Staus, zum anderen aber vor allem durch die Größe der Schiffe. Mit Motorgüterschiffen z. B. lassen sich mehr als 200 Container transportieren- eine Menge, für die auf der Strasse eine drei Kilometer lange Lastwagenkolonne nötig wäre. Dieser Vorteil entstand aber erst vor ca. 20-30 Jahren, da es erst seitdem Schiffe mit einer Ladekapazität von ca. 100000 Tonnen gibt. Noch zu erwähnen ist jedoch die Abhängigkeit der Schifffahrt vom Wetter, wie z.B. bei Hochwasser oder im Winter (Vereisung)....


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