Title | Vorlesung 9 - Lernen mit Multimedia |
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Course | Allgemeine Psychologie I |
Institution | Universität Kassel |
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Lernen mit Multimedia - Wintersemester...
Lernen mit Multimedia Vorlesung 9 – 20. Dezember 2018 __________________________________________________________________________________
Kognitive Wende • Krise des Behaviorismus Sputnik-Shock • Zuwendung zu höheren kognitiven Funktionen - Gedächtnis und Lernen - Problemlösen/Denken - Textverarbeitung • Aktuelles (spätes) Beispiel: Lernen mit Multimedia
Was ist Lernen mit Multimedia? • Lernen: Absichtsvolle oder nicht absichtsvolle Aneignung von Wissen und Fertigkeiten. • Multimedia: Information unterschiedlicher Modalität (z.B. auditiv, visuell, haptisch, etc.) und Kodalität (z.B. sprachlich, bildhaft) muss integriert werden. • Beispiele: Texte mit Bildern; Tonfilme, etc.; Lehrer mit Tafel; Sprecher gestikuliert z.B in Vorlesung: Person die Informationen auditiv vermittelt, unterstützt mit Power Point, bei der geschriebene Sprache präsentiert, als auch bildhaft mit Bildern und Grafiken gearbeitet wird) Nicht nur Computerbasiertes Lernen Integration mehrerer unterschiedlicher Modalitäten und Kodalitäten
Cognitive Theory of Multimedia Learning (CTML) – Mayer 2001, 2009
Ablauf – Bildverarbeitung -
Strang Informationsverarbeitungsprozess Am Anfang Multimediale Präsentation: Aufteilung in Wörter und Bilder Information wird weiter an ein sensorisches Gedächtnissystem geleitet: entweder akustisches oder visuelles sensorisches Register Durch Aufmerksamkeitszuwendung Übertragung an Arbeitsgedächtnis Das Arbeitsgedächtnis ist modalitätsspezifisch aufgeteilt für Laute und für Bilder ähnlich wie phonologische Schleife und visuell-räumliches Notizblocksystem Im nächsten Schritt wird ein verbales Modell (bereits mit inhaltlicher Information angereichert) und bildhaftes Modell erstellt Es wird ein gemeinsames integriertes Situationsmodell aus verbalem und bildhaftem Modell erstellt unter Zuhilfenahme von Vorwissen Letzter Schritt: Resultat aus vorherigem Schritt wandert ins Langzeitgedächtnis 1
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ähnlicher Vorgang, nur auf der anderen Seite aktiv zwei getrennte Pfade für gesprochene Wörter und Bildverarbeitung daher Integration problemlos möglich Wörter werden über Augen aufgenommen (geschrieben) weitere Verarbeitung von visuell-
sensorisches System dann wird visuell-sensorisches Arbeitsgedächtnissystem in Betrieb genommen dann Rekodierprozess: Buchstaben werden phonologisch zu Lauten rekodiert
Exemplarische Behandlung • Modalitätseffekt Modalitätseffekt dockt an eben gesehenem Modell an • Multimediaeffekt Multimodalität von Vorteil: Besseres Lernen, wenn Texte und Bilder präsentiert werden (anstatt nur Texte oder nur Bilder)
Der Modalitätseffekt beim Lernen mit Multimedia Beispiel: Erklärung wie Blitz entsteht (bewegte Animationen mit Text) UV: Sprachliche Information wurde entweder auditiv oder visuell dargeboten. AVs: Wiedergabe (Free recall); Transfer • Arbeit mit Audiodateien, Informationen auditiv hören = Modalitätseffekt dieser wirkt sich positiv auf Wiedergabe und Transferaufgaben aus = bessere Ergebnisse
Das grundlegende Konzept 2
• Das grundlegende Konzept der CTML ist Cognitive Load • Visuo-spatial load Hypothese: Kognitive Überlastung des visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisses durch die Präsentation geschriebener Sprache und Bilder/Animationen. Visuelle Textdarbietung: VSSP wird überlastet, wenn geschriebene Sprache und Bilder gleichzeitig im Gedächtnis gehalten werden müssen overload-situation = Doppelbelastung Kognitive Überlastung Leistungsbilanz ist ruiniert, denn beide müssen kurz im gleichen Subsystem repräsentiert werden (im Arbeitsgedächtnissystem für Bilder bzw. nach Baddley im visuell-räumlichen System = VSSP)
Auditive Textdarbietung: direkte Aufteilung in VSSP und Phonologische Schleife Informationen können besser integriert werden sind nicht überlastend Laut Baddley: Visueller und auditiver Input landen beide gleichermaßen in phonologischer Schleife Misstrauen von Rummer und einigen anderen!
Illustration der Visuo-Spatial Load Annahme anhand des Arbeitsgedächtnismodells von Baddeley & Hitch (1974)
Baddeleys Phonologische Schleife
Der visuelle Input wird genauso über den Rehearsal-Process eingelesen wie der auditive Input gesprochene Sprache und visuelle/schriftliche Sprache landen im gleichen System = der phonologischen Schleife
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Wir sind fester Überzeugung, dass geschriebener Text auf der linken Seite nichts zu suchen hat, er wandert gleich in phonologische Schleife Wir glauben nicht an Visou-spatial load Hypothese! Voraussetzungen sind nicht gegeben Leseprozess ist so hoch automatisiert, dass wir es nicht lange speichern müssen wir lesen direkt aus dem sensorischen Register
Wie kommt dann dieser Effekt Zustande, wenn Doppelbelastung gar nicht besteht?
Verbleibende Erklärung Split Attention Annahme (zur Erklärung des Modalitätseffekts bei simultaner Darbietung) Aufmerksamkeitspsychologie
Gesicht von oben: Augen fokussieren Bild, Text wird über Ohren aufgenommen Gleichzeitige/simultane Verarbeitung möglich Bei Text und Bild visuell muss nacheinander geschehen Leistung wird reduziert x
ABER!
Wiedergabe simultan, als auch nacheinander/sequentiell! Dieser Befund (sequentielle Darbietung) widerlegt Split Attention und spricht für Visou-spatial load Hypothese
Ausgangsfrage Warum kommt es dann (auch) bei sequentieller Darbietung von Texten und Bildern zu einem Modalitätseffekt? wenn visou-spacial load Hyptohese angeblich nicht stimmt und man Split Attention ausschließen kann
Alternative Erklärung? Auditiver Recency Effekt (zur Erklärung des Modalitätseffekts – auch – bei sequentieller Darbietung) • Auditory recency effect immer gültig, unabhängig davon, was zusätzlich noch aufgenommen wird (visuell) • Genereller Vorteil von auditiver Information unabhängig davon, dass man ein Bild zusätzlich sehen muss • Satzende ist im englischen immer informativer als der Rest • Beim schriftlichen kann man sich das Ende schlechter merken, als bei auditiven Informationen Nachhall kann man nutzen diesen kann bei Bildbetrachtung nutzen (denn zuerst Präsentation vom auditiven Text, anschließen das passende Bild dazu) = mögliche Erklärung
Annahmen WICHTIG 1. Split Attention Effekt NUR bei simultaner Darbietung von Texten und Bildern 2. Auditiver Recency Effekt • Nur die letztgenannte Information wird bei auditiven Texten besser behalten (enkodiert) als bei visuellen.
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• Findet sich unabhängig davon, ob Bild und Text simultan, sequentiell oder ob nur der Text dargeboten wurde ≠ visou-spacial load Hypothese Immer wirksam, wenn auditive Information präsentiert wird, unabhängig davon, ob auch noch zusätzlich ein Bild verarbeitet werden muss Möglichkeit nur mit Texten zu arbeiten oder Text + Bilder (Multimedia) Zusätzliche Bedingung nur Text kein Unterschied, gleiches Ergebnis wie bei Text und Bildern zusammen = Grund: Selber Effekt
Visou-spacial load Hypothese -
Text und Bild kommen sich im visuell-räumlichen System in die Quere Gilt also nur dann, wenn Text und Bild nicht, aber wenn nur Text präsentiert wird
Versuchsdesign - Rummer 2 x 3 (zwischen Vpn) Design UV1: Textmodalität (auditv vs. visuell) UV2: Abfolge (simultan vs. sequentiell vs. nur Text) AV1: Bildrekognition (hits – false alarms) AV2: Antwort auf textbezogene Fragen
Ablauf -
Material (Sternbild) wird auf unterschiedliche Weise präsentiert Simultane Darbietung: Text und Bild gleichzeitig danach inhaltliche Fragen Bildrekognition – ist dies das gleiche Bild? = Bilderkennung ist besser = Split Attention Sequentielle Darbietung: Erst Text, dann Bild danach Fragen in unterschiedlicher Reihenfolge (ACHTUNG: letzte Info ist auditiv besser zu merken) = kein Unterschied Nur Textbedingung: Text dann inhaltliche Fragen (da kein Bild, daher keine BildRekognitionsleistung möglich)
Bildrekognition • Sequentielle Bedingung: Bei Text und Bild kein statistischer Unterschied • Simultane Bedingung: Bei der auditiven Textdarbietung ist Bilderkennung besser, als bei der visuellen Textdarbietung Split Attention Hypothese
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Antworten auf die textbezogenen Fragen Fünf Informationen im Text An welcher Position ist entsprechende Information genannt Multimediabedingung in den
Hypothese Nur auf Position 5 (letzte Position = bessere Merkleistung) sollte systematischer Vorteil bei auditiver Darbietung vorzufinden sein, auch dann, wenn nur der Text präsentiert wird, aber auch wenn Text und Bild simultan präsentiert werden Auditory recency effect Vorteil muss es an jeder Position zu sehen sein (genereller Vorteil) Visoul-space Hypothese = Falsifikation des Modells Texte und Bilder kommen sich im visuell-räumlichen System in die Quere (visuelle Darbietungen können sich nicht in die Quere kommen) Visuelle Präsentation geht auf Position 5 runter – Warum? einige Personen könnten letzte Information nicht gelesen haben, da sie zu langsame Leser sind
Self-paced Presentation
Self-paced = man kann selbst bestimmen wann es weitergeht, dadurch werden alle, alles lesen Anscheinend keine Begründung für den Abfall an Position 5, denn Effekt ist immer noch vorzufinden (Befundmuster genau gleich wie oben in der Mitte) = stabiler Effekt
DISKUSSION 1. Die Lernleistung ist besser, wenn mit Texten + Bildern gelernt wird als wenn nur Texte dargeboten werden (Multimediaeffekt). 2. Der systematische Nachteil für visuelle Texte + Bilder bei simultaner Darbietung lässt sich auf Split Attention zurückführen. 3. Auch beim Textbehalten lässt sich ein robuster auditiver Recency Effekt nachweisen (Replikationen). 4. Die visuo-spatial load Hypothese – und damit das Kernstück der CTML – muss abgelehnt werden.
Für Kinder oder langsame/ungeübte Leser hat visoul-space hypothese Bedeutung Denn kleine Kinder lesen nach Graphem-Phonem-Konversion jedem Zeichen wird ein Laut zugewiesen Für alle anderen automatisierten Leser muss der rote Pfeil hinzugefügt werden (visuell-räumliches Arbeitsgedächtnis ist nicht nötig)!!
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