3. Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Deliktsfähigkeit - Sonderregeln für Kinder + Jugendliche im Zivilrecht PDF

Title 3. Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Deliktsfähigkeit - Sonderregeln für Kinder + Jugendliche im Zivilrecht
Course Jugendrecht für Erziehungswissenschaftler
Institution Universität Hildesheim
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Mitschriften der Vorlesungen von der Vorlesung Jugenrecht im Sommersemester 2021....


Description

3. Vorlesung Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit von Minderjährigen

Bitte lesen Sie dazu - Text im Reader: S. 10-11 - Gesetzgebung: §§ 1-2, 104-113, 823, 828829, 832 BGB S. 10-11 Grundstruktur der Sonderstellung der Jugend im Recht Volljährigkeit mit 18 Jahren: Das bedeutet aber weder, dass eine Person unter 18 Jahren keine Rechte und Pflichten hätte, noch dass eine Person ab 18 immer als vollständig autonomes Rechtssubjekt behandelt wird. Folgende Fragen bilden das grundsätzliche Rahmenwerk für die rechtliche Sonderstellung der Jugend: 1. Jeder, der geboren ist, ist rechtsfähig (§ 1 BGB), d.h. er hat die Möglichkeit Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Welche Rechte haben Kinder/Jugendliche tatsächlich (nicht)? 2. Können Kinder/Jugendliche die Rechte, die sie haben, auch selbst und selbständig ausüben? 3. Für welche Handlungen können Kinder/Jugendliche rechtlich zur Verantwortung gezogen werden (Schuldfähigkeit, im Zivilrecht auch Deliktsfähigkeit genannt)? Zu 1: Es ist zu unterscheiden zwischen Rechten, die durch Vertretung ausgeübt werden können (alle Rechte, die mit Vermögensverwaltung und – Verfügung zu tun haben), und Rechten, die aufgrund ihrer Natur (z.B. Gewissensfreiheit) oder als Folge einer politischen Entscheidung (z.B. die Zustimmung zu sexuellen Handlungen) nur persönlich ausgeübt werden können. Rechte, die durch Vertretung ausgeübt werden können, hat eine Person von der Geburt an. Rechte, die nur persönlich ausgeübt werden können ('höchstpersönliche Rechte') setzen die Einsichtsfähigkeit voraus, die für diese Ausübung erforderlich ist. Für diverse Rechte hat das Gesetz genau festgelegt in welchem Alter das der Fall ist (s. Anhang „Mündigkeitsstufen“). Für andere persönliche Rechte ist in jedem Einzelfall konkret zu beurteilen, ob (und gegebenenfalls in welchem Maß) ein Minderjähriger bereits die erforderliche Reife für dieses Recht besitzt.

Zu 2: Aus 1 folgt bereits, dass die Rechtsfähigkeit und die Fähigkeit Rechtes selbst auszuüben bei den persönlichen Rechte nicht voneinander zu trennen sind. Die Ausübung von Vermögensrechten –die man haben kann ohne sie selber ausüben zu können- wird in § 104-113 BGB geregelt unter dem Stichwort 'Geschäftsfähigkeit': Geschäftsfähigkeit: die Möglichkeit Rechtsgeschäfte zu schließen. Rechtsgeschäft: eine Handlung, die zum Ziel hat Rechtsfolgen herbeizuführen. Kinder unter 7 sind geschäftsunfähig (§ 104), mit der Folge, dass ihre Willenserklärungen nichtig sind (§ 105). Personen ab 7, aber unter 18 sind beschränkt geschäftsfähig (§ 106), das bedeutet, dass ihre Willenserklärungen nur mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters wirksam sind (§ 107). Ausnahmen von dieser Grundregel: • Rechtsgeschäfte, die dem Minderjährigen ausschließlich einen Vorteil bringen (§ 107);

• Erreichen der Volljährigkeit nach dem Eingehen des Rechtsgeschäfts, aber vor der Einwilligung des Vertreters (§ 108 Abs. 3); • Bewirken der versprochenen Leistung mit Mitteln, die dem Minderjährigen zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung vom Vertreter oder mit dessen Zustimmung überlassen worden sind (§ 110); • Rechtsgeschäfte im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder im Rahmen des selbständigen Betriebs eines Erwerbsgeschäfts wozu der Minderjährige die Ermächtigung des Vertreters (und in der Hypothese von § 112 auch die des Familiengerichts) hat (§§ 112113). Zu 3: Die Schuldfähigkeit ist unterschiedlich geregelt im Zivil- und im Strafrecht. Zivilrechtlich ist eine Minderjährige verpflichtet den Schaden, der als Folge seiner unerlaubten Handlung (Definition: § 823 BGB) entstanden ist, zu ersetzen falls zwei Bedingungen erfüllt sind: (i) der Täter ist mindestens sieben Jahre alt (ii) er hatte bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht (§ 828 BGB). Aus Billigkeitsgründen kann der Täter, der diese Bedingungen nicht erfüllt und der deshalb schuldunfähig ist, trotzdem zum Schadensersatz verurteilt werden (§ 829 BGB). Im Strafrecht dagegen ist nur schuldfähig, wer mindestens vierzehn Jahre alt ist und nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§§ 1 und 3 JGG). (Alles weitere über das Jugendstrafrecht im Kapitel „Jugendstrafrecht“.)

Rechtsfähigkeit, § 1 BGB Jede Person, die geboren ist, ist rechtsfähig = kann Träger*in von Rechten und Pflichten sein • Kann das Baby Shiva S. im Grundbuch als Grundstückseigentümerin eingetragen werden?  Ja, kann als Rechtseigentümerin eingetragen werden. Sie ist geboren sie ist rechtsfähig. Jedoch muss sie bei vielen Angelegenheiten durch den gesetzlichen Vormund (Eltern meistens) vertreten werden. • Kann der 7-jährige Miroslav P das Vermögen von seinem Großvater erben?  Selbe Antwort wie 1. • Wie wäre es, wenn M noch gar nicht geboren ist, aber bereits gezeugt wurde?  Wer nicht geboren ist, ist nach § 1 BGB nicht rechtsfähig, nur jede Person die geboren ist, hat diese Rechte.  Außer einige Ausnahmen: §1923 Abs. 2 BGB - Erbrecht Sonderregung- ein gezeugtes, aber ein nicht geborenes Kind kann erben. • Kann ein Kind verpflichtet sein, Erbschaftsteuer zu zahlen?  Ja.

Rechte haben – Rechte selbst ausüben können… ein Unterschied • Rechte, die durch Vertretung ausgeübt werden können = (fast) alle Rechte, die Rechtsgeschäfte betreffen  Bsp. Verträge abschließen, Eigentumserwerb, Firmengründung… Rechte, die nur persönlich ausgeübt werden können (‚höchstpersönliche Rechte‘), wenn nötige Einsicht oder Altersgrenze erreicht  Operation, Ohrlochstechen, Piercing, Medizin einnehmen, einer medizinischen Behandlung zustimmen, Blut abnehmen lassen, sich fotografieren lassen …  Gewissenfreiheit, Wahlrecht, Meinungsfreiheit… • Zustimmung zu sexuellen Handlungen, Schwangerschaftsabbruch, Eheschließung … Einsichtsfähigkeit + Mündigkeitsstufen  (höchst-)persönliche Rechte‘ erfordern Einsichtsfähigkeit – also Beurteilung im Einzelfall – - wer die Einsichtsfähigkeit hat, hat das Recht höchstpersönlich + kann es ausüben  Typisierung durch gesetzlich festgelegte Altersgrenzen für Rechte: – Mündigkeitsstufen im Recht (Tabelle im Reader).  Geschäftsfähigkeit §§ 104-113 BGB = Möglichkeit Rechtsgeschäfte abzuschließen Was ist ein Rechtsgeschäft? -> eine Handlung (Willenserklärung), die zum Ziel hat, Rechtsfolgen herbeizuführen. -

Bsp: (Kauf-, Miet-, etc.)Verträge, Schenkung, Eigentumsübertragung, Kündigung…

Geschäftsfähigkeit… - Kinder unter 7 sind geschäftsunfähig § 104, ihre Willenserklärungen sind nichtig § 105 - ab 7, aber unter 18 Jahren: sie sind beschränkt geschäftsfähig § 106,Willenserklärung ist nur mit Einwilligung der gesetzl. Vertreter wirksam (§ 107 BGB) • nach § 1629 BGB ist die rechtliche Vertretung Teil der elterlichen Sorge; Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich. Fälle 1. Der 8-jährige S hat Glück. Sein Onkel O. schenkt ihm 100 EUR. S‘ Eltern halten das für übertrieben und hätten der Annahme des Geldes nie zugestimmt. - Rechtsgeschäft bringt ausschließl. rechtlichen Vorteil § 107 BGB - Eltern müssen nicht einwilligen Bsp: Kind bekommt Tier geschenkt- kein rechtlichen Vorteil. Hundesteuer muss bezahlt werden und versorgt werden. – Eltern müssen einstimmen Bsp: Kind will in der Bücherei Bücher ausleihen und braucht Bücherausweis- Eltern müssen einstimmen da Folgen entstehen können.

2. Die 16-jährige M kauft von der 18-jährigen Freundin F ein iPod für 80 EUR. 50 EUR zahlt sie sofort von ihrem Taschengeld, den Rest verspricht sie in zwei Wochen zu zahlen. Dann will sie aber lieber das Geld zurück - Eltern der 16 Jährigen müssten zustimmen, da sie nur eingeschränkt geschäftsfähig ist. - Handelt sich hier um Ratenzahlung, Eltern müssen einstimmen und Vertag ist dadurch widerrufbar.

Beschränkte Geschäftsfähigkeit – Ausnahmen von der Grundregel… - Rechtsgeschäft bringt ausschließl. rechtlichen Vorteil § 107 BGB - Erreichen der Volljährigkeit § 108 Abs.3 BGB - Leistung wird mit Mitteln bewirkt, die zu diesem Zweck oder freien Verfügung vom Vertreter (oder mit dessen Zustimmung) überlassen wurden § 110 BGB (sog. Taschengeldparagraph) • Rechtsgeschäfte im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder selbständ. Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, zu dem Minderjährige durch Vertreter*in (oder Familiengericht) ermächtigt war §§ 112, 113 BGB - Bsp. Auszubildende möchte Gewerkschaft Verdi beitreten mit 17. Darf sie, da es ihr höchtpersönliches Recht ist und im Rahmen der Ausbildung sie es darf. Zudem ist sie mit 17 Einsichtsfähig. Sie könnte sogar eine Wohnung im Wohnheim eine Wohnung mieten. - Bei Selbstständigkeit oder Arbeitsverhältnis müssen die Eltern einmal zustimmen und zustimmen, dann kann das Kind selbständig rechtlich handeln. - Zweck der Rechtbestimmungen: Schutz vor Rechtsfolgen, welche in der Wirkung vllt. Noch nicht abgewogen werden können.

Fall „Handy-Vertrag“ Um ein neues Smartphone ‚umsonst‘ dazu bekommen, will die 16-jährige M einen langfristigen Netzkartenvertrag schließen. Ihr Vater ist einverstanden, doch als die Mutter davon hört, widerspricht sie, weil sie der Auffassung ist, M solle nur voraus bezahlteTelefonkarten verwenden, um die Telefonkosten besser im Griff zu behalten. Ist der Vertrag mit Einwilligung des Vaters wirksam? §1629 & 27 BGB – Beide Eltern müssen zustimmen, Eltern müssen sich einigen (Bei Nichteinigung: Einer von beiden muss beim Familiengericht anrufen, diese geben dann die Entscheidungsfreiheit und geben dem Recht demjenigen, welches zum Vorteil vom Kind handelt) - Vertrag ist Ratenzahlung und Kreditvertrag- Kreditverträge dürfen Jugendliche nicht selbstständig abschließen. – Genauso Geldkontos eröffnen....


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